Frühgeschichte

1) Historische Landkarten Online 1763, 1806, 1869, 1821, 1840, 1670

 2) Pfarrchronik Rappoltenkirchen, Beschreibung Funde 1876, 1888, 1890, 1928, 1896

 3) Museum Francisco-Carolinum, 1865

 4) Mögliches Foto Römergrab, nach 1900 

5) Mittheilungen der K.K. Central- Commission, 1905

6) Monatsblatt Verein Landeskunde NÖ, 1906

7) Annalen Naturhistorisches Hofmuseum, 1906

8) Topographie von Sieghartskirchen von Gustav Loidold, 17. Dezember 1913

9) Schulchronik Abstetten Teil 3, Schulchronik 1912/1913

10) Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, Nr. 1, Wien, Jänner 1924 (Tektonische Beschreibung)

11) Frühkaiserzeitlichen Hügelgräber im norisch-pannonischen Grenzgebiet, 1928

12) Schulchronik Rappoltenkirchen Teil 1, Schulchronik 1928/1929

13) Der Tullner Gau, 15. Jänner 1930, Erdställe

14) Der Tullner Gau, 15. September 1930, Bodendenkmäler, Erdburgen

15) Der Tullner Gau, 15. März 1931, Weistümer

16) Erich Rabl, Sieghartskirchen Festschrift, 1978

17) Josef Koller, Ollern, Orts- und Häuserchronik, 1983

18) Roland Dobersberger, Heimatbuch Abstetten, 1987

19) Roland Dobersberger, Heimatbuch Sieghartskirchen, 2001

20) Loibersdorf, Bergtaiding (1407) [1687]

21) Henzing, Bergtaiding (c. 1450)

22) Streithofen und Einsiedl, Gerechtigkeit (1450)

23) Ollern, Bruchstück des Taidings (c. 1560)

24) Rappoltenkirchen, Auszug aus dem Bannbüchel der Herrschaft (1580-1596)

25) Streithofen und Einsiedl, Zusätze in einer sonst ganz gleichlautenden Abschrift (1596)

26) Sieghartskirchen, Auszug aus dem Banntaidingsbüchel (16. Jh.)

27) Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst, 1845

28) Bitte, die Sammlung niederösterreichischer Weistümer betreffend, 24. Juli 1877

29) Niederösterreichische Weistümer, 1909

30) Konferenz Protokoll Sieghartskirchen, 24. Mai 1932

31) Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich, 1934

32) Heinike, Geschichte von Sieghartskirchen, 1935

33) Unsere Heimat, 1937

34) Der Tullner Gau, 15. Dezember 1938, Steinbruch Dietersdorf

35) Österreichs Urzeit im Bilde, 1938 (Originalveröffentlichung 1929)

36) Schulchronik Abstetten Teil 3, Schuljahr 1940/1941

37) Nachrichtenblatt f. d. Forschungsarbeit über die Römerzeit Österreichs, 1952

38) Archaeologia Austriaca, Beiträge zur Paläanthropologie…, 1953

Originalquelle: Archaeologia Austriaca, Beiträge zur Paläanthropologie, Ur- und Frühgeschichte Österreichs. Herausgegeben vom Anthroposophischen Institut und Urgeschichtlichen Institut der Universität Wien. Heft 13. Wien 1953. Seite 21 – 39. Scann im Gemeindearchiv aus Privatbesitz vorhanden.

Titel und Autor:
Das karolingische Gräberfeld von Sieghartskirchen, N.-Ö., und seine Bedeutung für die mittelalterliche Siedlungsgeschichte.
Von Herbert Mitscha-Märheim, Wien.

Im Jahre 1905 werden in der KG Sieghartskirchen 18 Skelettgräber aufgedeckt. Parzelle 987, 1,5 KM außerhalb der Ortschaft. Links der nach Kogl führenden Straße.

Inhalt:
Fundgeschichte

Fundmaterial (Liste und Fotos), Insgesamt werden 40 Gegenstände aufgelistet und 49 Abbildungen von Gegenständen aus Sieghartskirchen.

Analyse des Fundmaterials

Seiten 21 bis 39 inklusive Anmerkungen.

 

[Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec: Die richtige Parzellen-Nummer dürfte 978 sein.]

 

Aufgrund des Erscheinungsjahres 1953 läuft das Urheberrecht mit 31.12.2023 ab. (Wikipedia 70 Jahre in Österreich). Da es derzeit keine Abschrift gibt, wird diese bis dahin vorbereitet.

 

Internet-Recherche 10.11.2023.
Bereits im Jahr 1958 wird dieser Artikel erwähnt in:

Burgenländische Heimatblätter
Herausgegeben vom Volksbildungswerk für das Burgenland in Verbindung mit dem Landesarchiv und Landesmuseum
20. Jahrgang, Eisenstadt 1958, Heft Nr. 1

PDF Download im Gemeindearchiv.
 

Originallink:
https://www.zobodat.at/pdf/Burgenlaendische-Heimatblaetter_20_0001-0016.pdf


Seite 9:
Der Verwendungszweck der Beinhülse aus Grab 3, Nickelsdorf, ist nicht eindeutig geklärt; in ihrem Inneren waren keinerlei Eisenreste festzustellen, woraus hervorginge, daß sie als Nadelbüchse gebraucht wurde, wie es in Frauengräbern mehrfach belegt ist 16).
In der Anmerkung 16 ist nur Sieghartskirchen von Mitscha-Märheim angegeben.

Seite 12 (Gräberfeld Edelstal) und Seite 15 (Gräberfeld Zillingtal) ist Sieghartskirchen von Mitscha-Märheim mit vielen anderen lediglich in der Literatur angegeben. Bei Edelstal sind die Seiten 21/32 und bei Zillingtal die Seiten 27, 28, Abb. 10 und Seite 32 angeführt.

Letzte Veröffentlichung am 6.12.2023.

Abschrift:
Das karolingische Gräberfeld von Sieghartskirchen, N.-Ö. und seine Bedeutung für die mittelalterliche Siedlungsgeschichte.
 
Von Herbert Mitscha-Mährheim, Wien.
 
1. Fundgeschichte
Im Mai des Jahres 1905 wurden auf der Parzelle 987 *) der Katastralgemeinde Sieghartskirchen (1,5 km außerhalb der Ortschaft = links der nach Kogl führenden Straße) anläßlich der Abgrabung eines Hügels 18 Skelettgräber aufgedeckt. Sie wurden vom Lehrer Adalbert Heimel ausgegraben 1), das Fundmaterial gelangte später an die prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien, wo es heute unter den Inventarnummern 61189 - 61228 erliegt. Bereits 10 Jahre früher sollen beim Bau der genannten Bezirksstraße gegenüber der Parzelle 987 gleichfalls archäologische Funde (angeblich Gräber) zu Tage gekommen sein, über deren Art bzw. deren Schicksal aber nichts mehr zu erkunden war.
 
Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
*) Richtig Parzelle 978.

Die Gräber des Jahres 1905 sollen in Tiefen von 0,6 bis 1,5 m gelegen haben. Über die Verteilung der Fundgegenstände auf die einzelnen Bestattungen ist keine Nachricht erhalten geblieben, bloß soviel ist bekannt, daß die Glasperlen aus fünf Gräbern stammen und daß diese auch Tierknochen enthielten, die jedoch nicht mehr vorhanden sind.
Da das Fundmaterial im Schrifttum wiederholt erwähnt wurde, wobei man die verschiedensten Ansichten über seine Zeitstellung bzw. völkische Deutung äußerte, sei es hiemit der Öffentlichkeit vorgelegt. Es soll dabei versucht werden, durch genaue Analyse und Berücksichtigung von Parallelfunden, besonders alle Datierungsmöglichkeiten auszuschöpfen und es damit zur historischen Urkunde zu erheben. Daß die Zerreißung der ursprünglichen Grabzusammenhänge dieser Absicht Schwierigkeiten in den Weg liegt, ist klar. Dennoch ist aber der Aussagewert des Sieghartskirchner Fundkomplexes für die Siedlungsgeschichte des Wienerwaldes von beträchtlicher Bedeutung, zumal es bis heute noch an gut beobachteten ähnlichen Gräberfeldern in seinem Gebiet mangelt.
 
2. Das Fundmaterial
(mit den Inventarnummern der oben genannten Staatssammlung).
 
61189: Topf, dünnwandig, aus dunkelbraunem, sehr feinkörnigem, leicht glimmerhaltigem Ton; breit, bauchig, mit eingezogenem Hals, ausladenden Mundsaum und breiter Standfläche. Auf Schulter und Bauch je eine umlaufende breite Furche. H. 9.9, Mdg. 10.8, Bw. 12.1, Stfl. 7 cm (Abb. 1, 1)
 
61190: Topf aus dunkelbraunem, feinkörnigem Ton; dickwandig, schwer, mit breiter Standfläche, eingezogenem Hals und ausladendem Mundsaum. Auf der Schulter und auf dem Bauch je eine sehr grob ausgeführte Wellenfurche, die z. T. doppelt gezogen ist, z. T. nur durch kommaartige Striche angedeutet ist. Am Unterteil des Gefäßes zwei umlaufende Furchen je mit übergreifenden Enden. H. 9.4, Mdg. 9.1, Bw. 10.2, Stfl. 7.3 (Abb. 1, 2).
 
61191: Topf aus braungelben, feinkörnigem Ton, dünnwandig; mit konischem Unterteil, breiter Standfläche, eingezogenem Hals und ausgelegtem, außen breitem Mundsaum. Auf der Schulter und am Bauch durch je ein mehrzeiliges umlaufendes gerades Linienbündel begrenzt. Auch auf dem ausgelegten breiten Mundsaum läuft innerhalb einer den Rand begrenzenden Furche ein mehrzeiliges Wellenband. Auf der Standfläche ein erhabenes Kreuz innerhalb eines gleichfalls erhabenen Ringes. H. 10.4, Mdg. 8.4, Bw. 10.2, Stfl. 6.1 (Abb. 1, 11)
 
61192: Topf aus gelbbraunen, feinkörnigem Ton, dickwandig und schwer; mit eingezogenem Hals und steilem Mundsaum (z. T. ergänzt). Auf der Schulter zwei sehr nachlässig eingekämmte mehrzeilige Wellenbänder, darunter ein waagrechtes Linienbündel. H. 8.8, Mdg. 7.5, Bw. 9.2, Stfl. 5.5 (Abb. 1, 3)
 
61193: Gedrungener kleiner Topf aus schwarzbraunem, feinem Ton, sehr dickwandig und schwer. Sehr breite Standfläche, eingezogener Hals, schräg aufwärts stehender Mundsaum. Unter dem Hals eine umlaufende engwellige Furche, am Bauch eine ebensolche weitgewellt, darunter eine gerade mit weit übergreifenden Enden, sehr flüchtig ausgeführt. H. 7.1, Mdg. (z. T. ergänzt) 7.7, Bw. 9.3, Stfl. 7.2 (Abb. 1, 7)
 
61194: Hoher, schmaler Topf aus braunem, stark körnigem Ton, sehr dickwandig, schwer und grob. Eine Hälfte des Oberteiles ergänzt. Am Bauch drei nachlässig, eingerissene steile Wellenfurchen. H. 9.6, Mdg. 6.2, Bw. 7.7, Stfl. 6.1 (Abb. 1, 4).
 
61195: Sehr derber Topf aus dunkelbraunem, stark mit Steinchen vermengtem Ton, äußerst dickwandig und schwer ("Knetkeramik"), von unregelmäßiger Form. Rand und Oberteil z. T. ergänzt. H. 9.5, Mdg. 6, Bw. 8.8, Stfl. 5.6 (Abb. 1, 5).
 
61196: Kleines rundes Töpfchen aus Graphitton, ohne ausgeprägte Standfläche mit leichter Halseinziehung und schwach ausgeschwungenem Mundsaum, Oberteil einseitig fragmentiert. H. 6.2, Mdg. 6.2, Bw. 7.1 (Abb. 1, 10).
 
61197: Topf aus grauem, feinem, aber mit Steinchen versetztem Ton, sehr dickwandig und schwer. Am Hals zwei Reihen winkelig zueinander gestellter paralleler Kammspitzeneindrücke. Am Bauch zwei eingekämmte Wellenbänder, darunter eine breite umlaufende Furche. H. 9.8, Mdg. 8.2, Bw. 9, Stfl. 6 (Abb. 1, 6).
 
61198: Topf aus braunem, feinkörnigem Ton, dickwandig; mit eingezogenem Hals und schräg aufwärts gelegtem Mundsaum. Die Außenseite ist durch sechs unregelmäßige Wellenfurchen verziert. H. 11, Mdg. 8.2, Bw. 10.8, Stfl. 6 (Abb. 1, 9).
 
61199: Tulpenförmiger Topf, stark beschädigt, dunkelbrauner, steinchenversetzter Ton, dickwandig; mit wulstigem, leicht auswärts gelegtem Mundsaum. H. 7.9, Mdg. etwa 7.8, Bw. 7, Stfl. 4 (Abb. 1, 8).
 
61200: Randstück eines großen Topfes aus feinem, sehr stark graphithältigem Ton. Unter dem eingezogenem Hals eine umlaufende Kerbleiste. Rek. Mündungsweite etwa 22 cm (Abb. 2, 1).
 
61201: Rand- und Wandstück eines ähnlichen aber größeren Tongefäßes mit eingezogener Halspartie und leicht auswärts gewulstetem Rand. Auf der Schulter eine starke Kerbleiste. Sehr schwerer Graphitton. Mdg. 40 - 50 cm (Abb. 2, 2).
 
61202: Offener Armring aus Bronze, rundstabig, mit leicht stempelförmig verdickten Enden. Dm. 7.1, Dm. d. Stabes 0.4 - 5 (Abb. 6, 2).
 
61203: Desgleichen, an einem Ende ein aufgezogenes Ringlein. Dm. 7.3, Dm. d. Stabes 0.4 - 5 (Abb. 6, 3).
 
Seite 23:
Abb. 1: Sieghartskirchen, Keramik.
Fotos, schwarz-weiß.
Zu sehen sind Töpfe, Nr. 1 - 11.
 
Seite 24:
Abb. 2: Sieghartskirchen, grobe Keramik.
Abb. 3: Sieghartskirchner Eisenmesser.
Abb. 4: Sieghartskirchen, Ohrringe und Schmuckstücke.
Abb. 5: Sieghartskirchen, Spinnwirtel.
Alle Fotos schwarz-weiß.
 
61204: Halbmondförmiges Beschlagstück aus dünnem Silberblech, beide Enden scheibenartig erweitert, Mitte zu einer Spitze ausgezogen. Mit getriebenem Ornament, längs des Randes eine Perlstabreihe, im Mittelfeld mehrere Gruppen von Perlchen. L. 4.3, Br. 3.1 (Abb. 4).
 
61205: Zwei Ohrringe aus starkem Bronzedraht, an den Seiten je zwei ringförmige Verstärkungen. Ein Stück trägt unten einen Anhänger, an dem unten eine längliche, vierkantige, oben (innen) eine runde grüne Glasperle hängt. Beim zweiten Stück ist der Anhänger zwar erhalten, die Glasperle jedoch verloren. Dafür ist an seinem oberen Ende mittels einer Schlaufe aus Bronzedraht eine kleine runde Glasperle angehängt, die oben durch ein kleines Bronzescheibchen abgeschlossen wird. Br. d. Ringe 1.8, L. 2.3, L. d. erh. Anhängers mit den Perlen 2.4 (Abb. 4 links).
 
61206: Ohrring aus starkem Bronzedraht, an einem Ende und ihm gegenüber je eine ringförmige Verstärkung. Dm. 1.9 : 1.6 (Abb. 4).
 
61207: Ohrring aus vierkantigem Silberdraht, an einem Ende und gegenüber am Stab eine ringförmige geperlte Verstärkung. Unten eine traubenförmige hängende Pyramide aus 4 runden Perlchen. Dm. 1.6 : 2.3 (Abb. 4).
 
Seite 25:
Abb. 6: Sieghartskirchen, Armringe.
Fotos schwarz-weiß.
 
61208: Ohrring aus Bronzedraht, an einem Ende und am Stab gegenüber ein gekerbter Wulst. Dm. 2.2 : 2.3 (Abb. 4).
 
61209: Fragment eines Ohrringes aus dickem, oben dünnem Bronzestab, unten ein angegossenes, unten verdicktes Zierstück. Bruchstück eines zweiten, W-förmigen aus Bronze (Abb 4).
 
61210: Bronzereif auf dünnem, an den Längskanten leicht aufgebörteltem Band. Darüber ist ein rundstabiger Ring aus Bronzedraht gezogen, dessen Oberfläche eng quergeriefelt ist. Dm. 2.7 (Abb. 4).
 
61211: Ringförmiger Anhänger aus massiver Bronze mit quergestellter Schlaufe. Dm. 1.8 : 1.5. - Bruchstück eines quergeriefelten Bronzeröhrchens. - Verschiedene Bronzeblechfragmente (Abb. 4).
 
61212: Eiserne Messerklinge mit geradem Rücken und gegen die Spitze zu geschwungener Scheide. Breite flache Griffangel, die gegen Rücken und Schneide zu scharfwinkelig abgesetzt ist. Spitze abgebrochen. L. 17.4, dav. Angel 5, größte Klingenbreite 2.8 (Abb. 3, 3).
 
61213: Desgleichen, Spitze fehlt, Schneide gegen vorne langsam verjüngend. L. 15, dav. Angel 5.5, größte Klingenbreite 2.4 (Abb. 3, 4).
 
61214: Desgleichen mit gegen den Rücken geschwungener Spitze, allmählich schmäler werdend. L. 6.6, davon Angel 4.2, größte Klingenbreite 2.6, (Abb. 3, 1).
 
61215: Kleine schmale Messerklinge aus Eisen, Angel gegen den Rücken zu scharfwinkelig, gegen die Schneide zu sanft abgesetzt. L. 11.2, davon Angel 3.8, größte Klingenbreite 1.8 (Abb. 3, 7).
 
61216: Eiserne Messerklinge mit abgebrochener Angel, Schneide sanft gegen die Rückenlinie geschwungen. L. 9.4, größte Klingenbreite 1.7 (Abb. 3, 6).
 
61217: Spitze einer eisernen Messerklinge mit angerosteten Resten der Scheide. L. 6, größte Klingenbreite 1.4 (Abb. 3, 5).
 
61218: Eiserne Messerklinge mit leicht geschweiftem Rücken, flacher, langer und breiter Griffangel, die gegen den Rücken winkelig abgesetzt ist. Schneide stark abgeschliffen, gegen die Spitze zu rundlich geschweift. L. 17.2, davon Angel 7.7, Br. d. Klinge 2.2, der Angel 1.6 (Abb. 3, 2).
 
61219: Armring aus vierkantig profiliertem Bronzestab, offen. Auf den beiden nach außen liegenden Flächen je eine Reihe viereckiger Punkte eingestochen. Dm. 7.1 : 7.8 (Abb. 6, 1).
 
61220: Doppelkonischer Wirtel aus braunem, sehr feinem Ton. Auf jeder Hälfte ein umlaufendes Band von je drei eingeritzten Zickzacklinien, beiderseits von einer umlaufenden Geraden eingesäumt. H. 2.3, Dm. 3 (Abb. 5).
 
61221: Beinröhre mit ovalem Querschnitt, die Außenseite durch sieben Gruppen umlaufender Rillenbänder verziert. L. 7.1, Br. 1 : 1.4 (Abb. 7, 2).
 
Seite 26:
Abb. 7: Beinröhren, 1 - 3 Sieghartskirchen, 4 Absberg.
Fotos schwarz-weiß.
 
61222: Desgleichen, runder Querschnitt, an den Enden leicht beschädigt, von Edelrost grün gefärbt. Gleichfalls durch sieben Gruppen umlaufender Rillen verziert. L. 7.4, Br. 1.1 (Abb. 7, 1).
 
61223: Desgleichen, stark beschädigt, Oberfläche durch Gruppen umlaufender Rillen verziert, die ein Feld von Rhomben einschließen, das durch kreuzförmigen Kerbschnitt verziert ist. Erh. L. 5.9, Dm. 1.5 : 1.3 (Abb. 7, 3).
 
61224: Perlenreihe: 32 stangenförmig zu 2 - 4 aneinandergereihte Perlen mit Goldfolie. 2 detto aus blauem Glas. (Abb. 8). 5 bunte Röhrenperlen (Tafel* Abb. 1, 2, 4, 5, 6).
 
* Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
Zwischen Seite 34 und 35 ist eine Abbildung der Farbperlen. Diese sind in Farbe!
 
61225: Perlenreihe: 1 bunte Röhrenperle (Tafel, Abb. 3), eine kugelige Perle mit Goldfolie, eine doppelkonische aus weißem Glasfluß, eine kugelige aus schwarzem Glasfluß mit weißen Augen, die von einem Ring umgeben sind (Tafel, Abb. 8), eine tonnenförmige Perle, dunkelblau mit dunkelblauen von zwei weißen Ringen umgebenen Augen (Tafel, Abb. 9), eine längliche Perle, lichtgrün mit dunkelgrünen Strahlen, auf jeder Seite ein längliches Auge, bestehend aus einem schwarzen Kern, darum ein weißer, ein roter und ein gelber Ring (Tafel, Abb. 7).
 
61226: Perlenreihe: 2 Stangenperlen (je 2 und 3) mit Silberfolie und 50 dünnere und dickere scheibenförmige Perlen aus licht- bis dunkelblauem Glasfluß, einige grün (Abb. 9, unten).
 
61227: Perlenreihe: 2 Stangenperlen (3 und 2), eine längliche ehemals bunte, jetzt stark verwitterte, eine runde mit gelben Augen und dtto Ringen um die Löcher, 11 längliche, flachgedrückte, kürbiskernförmige Perlen aus schwarzem, grünem und blauem Glas. 1 kleine runde Perle aus blauem Glas, eng gestreift, eine gleiche gebuckelt (Abbildung 9 oben).
 
61228: Diverse Bruchstücke von Perlen.
 
3. Analyse des Fundmateriales.
 
1. Die Tonware.
 
Die Tonware des Sieghartskirchner Gräberfeldes gehört zu ihrem Großteil einem Formenkreis an, den wir aus Funden spätawarischen Charakters des ausgehenden 8. und karolingischen des 9. Jahrhunderts kennen. Bekanntlich ist es nur selten möglich, an Hand keramischer Funde allein diese beiden Gruppen zu trennen 2).
 
In unser Abbildung 1, 2 - 6 und 9 wiedergegebenen Töpfe lassen sich ohne weiteres mit der Tonware spätawarischer Nekropolen, etwa jener von Münchendorf oder von Mistelbach (N.-Ö.) vergleichen. Die Töpfe Abb. 1, 1 und 7 zeigen aber eine Form - gedrungener Körper bei durchaus gediegener Mache und klar herausgearbeiteter Hals-Randpartie -, die man in diesem Kreis kaum antreffen wird, den man vielmehr mit deutschen Erzeugnissen des fortgeschrittenen 9. Jahrhunderts vergleichen muß 3).
 
Seite 27:
Abb. 8, 9: Sieghartskirchen, Perlen.
Fotos schwarz-weiß.
 
Besonders hervorzuheben ist das Gefäß unserer Abb. 1, 11. Seine allgemeine Form leitet sich zweifellos gleichfalls aus dem Kreis der spätawarischen Tonware her, wobei wir hier nur auf den Topf des Grabes 50 von Mistelbach verweisen wollen  4), das sicherlich bereits der Zeit um 800 angehört, und auf zwei ähnliche Gefäße des zum Gutteil bereits dem Anfang des 9. Jahrhunderts angehörigen Gräberfeldes von Zillingthal (Burgenland, aus Grab 130 und 148, unsere Abb. 10). Insbesondere das Profil des Mundsaums deckt sich mit den angeführten Parallelen fast völlig. Anders die ausgeprägte hohe Schulter. Sie kommt m. W. in awarischem Zusammenhang nicht mehr vor, sondern ist eine spätere Entwicklung. Ich möchte daher diesen Topf dem ausgehenden 9. oder beginnenden 10. Jahrhundert zuweisen. Auch eine noch etwas jüngere Datierung stünde durchaus im Rahmen der Möglichkeit. Der den Mundsaum oben begleitende Randwulst, der offenbar für die leichtere Aufnahme bzw. das Festhalten eines Deckels gedacht ist, spricht gleichfalls für spätere Entstehung. Das Wellenband, das die Oberseite des ausgelegten Randes ziert, ist eine Erscheinung, die wir (abgesehen von der spätrömischen Tonware) bereits in spätawarischer Zeit (Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts) antreffen.
 
Seiten 28 und 29:
Abb. 10: Zillingthal, Burgenland
Photo: Bundesdenkmalamt.
 
Abb. 12: Ornding bei Pöchlarn.
Photo: Bundesdenkmalamt.
 
Abb. 11: Lichtenwörth bei Wr. Neustadt, Gefäß mit Innenverzierung des Mundsaumes.
Photo: Bundesdenkmalamt.
 
Abb. 13: Rabensburg, Gefäß mit Bodenmarke.
Photo: Bundesdenkmalamt.
Alle Fotos schwarz-weiß.
 
So trägt z. B. der Topf aus Grab 46 des Mistelbacher Friedhofes ein solches 5). Auch der karolingischen Tonware des 9. Jahrhunderts ist diese Zierart nicht fremd. Wir bilden hier ein Tongefäß dieser Zeitstellung aus Lichtenwörth bei Wiener Neustadt ab, von dem sich infolge der Ereignisse des Jahres 1945 leider bloß das Photo im Bundesdenkmalamt erhalten hat 6) (Abb. 11). Die Verzierung des Innenrandes durch andere Zierarten kennt auch die Tonware des Großmährischen Reiches. Ein kleines Töpfchen aus einem der 1952 in Rabensburg in Niederösterreich aufgedeckten Skelettgräber wohl des 9. Jahrhunderts, sei als Beispiel dafür angeführt  7) (Abb. 13). Verzierung des ausgelegten Randes durch Wellenbänder kommt - wenn aus selten - auch im südslawischen Gebiet vor; ich erwähne ein Gefäß aus dem Raum des Gräberfeldes auf dem Burgberg von Pettau  8), das wohl dem 10. Jahrhundert angehören dürfte. Noch eine Einzelheit unseres Sieghartskirchner Topfes sei hervorgehoben: das erhabene Ringkreuz, das seine Standfläche ziert (Abb. 1, 11b). Verzierungen dieser Art (in Form einfacher Kreuze oder Hakenkreuze) sind gleichfalls in der Tonware unserer Gebiete im 9. und insbesondere im 10. Jahrhundert, aber auch noch im 11. nicht seltenes. Gleich das hier bereits erwähnte Rabensburger Gefäß trägt ein solches Bodenmuster, die auch in der Köttlacher Kultur anzutreffen sind  9). Sehr häufig scheint das erhabene Ringkreuz im slowenischen Raum zu sein. So bildet es J. Korosec auf dem Gebiet des bereits erwähnten Gräberfeldes von Pettau mehrfach ab 10) und P. Korosec bringt eine Reihe von Beispielen auf Kugeltöpfen des 10./11. Jahrhunderts aus Laibach 11). Auch in Ungarn ist dasselbe Bodenzeichen in arpadenzeitlichen Funden des 10./12. Jahrhunderts gleichfalls nicht selten 12). Daß dieses Muster aber nicht bloß im ostmitteleuropäischen Raum bei Slawen und Deutschen üblich war, zeigen uns Funde aus Schweden. So hat eine Ansiedlung aus Silte in Gotland, die der Zeit um 900 angehört, mehrere Gefäße ergeben, die am Boden gleichfalls ein erhabenes, von einem Ring umgebenes Kreuz zeigen 13). Es ist somit kaum wahrscheinlich, daß wir es da mit einem sogenannten Töpferzeichen zu tun haben. Viel eher wird man an eine gewisse magische Bedeutung zu denken haben (kaum aber an ein mit dem Christentum zusammenhängendes Symbol), deren Sinn uns heute nicht mehr greifbar ist.
Aus dem üblichen Rahmen der karolingischen Tonware unserer Gebiete fällt das tulpenförmige Töpfchen unserer Abb. 1, 8 etwas heraus. Seine Form - die enge, aber am Rand aufgewulstete Standfläche, der auswärts geschwungene Körper, die schräg auswärts gebogene Mündung, die weiter ist als die Bauchung - ist im Kreise der slawischen und awarischen Tonware nicht geläufig. Aus dem Gebiet der letzteren kenne ich bloß eine einzige Parallele aus Grab 30 fes Gräberfeldes von Theben-Neudorf in der Slowakei, wo diese Form aber auch unter zahlreichen anderen völlig vereinzelt dasteht 14). Gute und häufigere Entsprechungen dazu finden sich aber wieder in Schweden, wo in dem ausgedehnten und reichen wikingischen Gräberfeld von Birka in mehreren Gräbern des 9. und beginnenden 10. Jahrhunderts Gefäße ähnlicher Gestaltung gefunden wurden 15).
Besondere Beachtung wert in unserem Sieghartskirchner Material ist das kleine kugelige Töpfchen Abb. 1, 10, mit seiner runden, kaum ausgeprägten Standfläche und dem charakteristischen, leicht ausgeschwungenen Rand. Es zeigt zweifellos Anklänge an die karolingischen Kugeltöpfe fes Westens, deren Randpartie allerdings anders (dicker, wulstiger) ausgeprägt erscheint. Dieselbe schalenartige Form zeigen aber wieder zahlreiche Gefäße aus Birka in Schweden, die zum Gutteil der Zeit um 900 und bald nachher angehören 16). Alle diese Entsprechungen sind aber aus dunklem, meist mit Steinchen versetztem Ton hergestellt, während unser Stück aus Graphitton besteht.
Die Verwendung von Graphitton (worunter wir einen Ton verstehen, der mit Graphit gemagert, daher außen und innen gleichmäßig graphitglänzend ist) ist besonders in den Donauländern weit verbreitet. Die Zeitstellung der so hergestellten Gefäße ist noch nicht eingehend untersucht worden. Es scheint jedoch, daß der Höhepunkt dieser Technik hierzulande in das 10. Jahrhundert fällt, wobei ihr Anfang ins 9. zu setzen ist und das 11., z. T. auch noch das 12. von ihr beherrscht wird. Dem awarischen Kreis ist sie jedenfalls völlig fremd. Eine andere Technik ist jene, die bloß einzelne Graphitbröckchen in die meist bräunlich gefärbte, körnig-sandige Tonmasse eingesprengt zeigt. Diese Manier ist im 11. Jahrhundert geläufig und hält sich bei den großen Vorratsgefäßen bis an das Ende des Mittelalters. Die mit der Graphittonware zusammenhängenden chronologischen Fragen müssen jedoch an Hand eines größeren Materials noch eingehend untersucht werden.
Wann erstmals im 9. Jhdt. Graphitton zur Gefäßherstellung verwendet wurde, ist somit heute noch nicht sicher zu sagen. Wohl noch diesem Zeitabschnitt scheinen die Gräber der kleinen Nekropole von Pösting im Mühlviertel (O.-Ö.) anzugehören, deren eines einen Graphittontopf enthiehlt  17). Aus geschlossenen Grabfunden des 10. Jahrhunderts kennen wir diese Technik z. B. aus dem Gräberfeld von Steinabrunn bei Groß-Mugl in N.-Ö., wo Graphittontöpfe in den Gräbern 4  39, 54, 64  18) und aus dem noch unveröffentlichten Grab 81  19) bekannt sind. Auch ein 1951 in Ornding bei Pöchlarn aufgedecktes Skelettgrab hat einen solchen Topf ergeben (H. 10 cm, Abb. 12), der aber mit Rücksicht auf seine Form erst dem Ende des 10. oder dem Anfang des 11. Jahrhunderts angehören dürfte. Sein Boden zeigt das bereits früher besprochene erhabene Ringkreuz 20).
Unser Sieghartskirchner Stück wird man mit Rücksicht auf seine Technik und besondere Form am ehesten der Zeit um 900 oder demAnfang des 10. Jahrhunderts zuweisen dürfen. Eines läßt sich allerdings mit unbedingter Sicherheit aussagen: seine Hersteller waren Deutsche.
In Zusammenhang mit diesem kleinen Grabgefäß aus Graphitton gewinnen auch die Bruchstücke der beiden großen Vorratsgefäße aus derselben Masse besondere Bedeutung. Einerseits zeigen sie eine Formgebung, die bei jüngeren Stücken ähnlicher Zweckbestimmung aus dem späteren Mittelalter nicht mehr üblich ist, andererseits ist ihre Tonmasse ganz außerordentlich graphitreich, gleichfalls eine Eigenart, die später (außer bei ganz anders gestalteten städtischen Spezialgefäßen) nicht mehr vorkommt. Schließlich aber weist das Vorkommen dieser Gefäßbruchstücke großen Umfanges innerhalb unseres Fundkomplexes darauf hin, daß sich im selben Raum neben dem Gräberfeld auch eine Ansiedlung befunden haben muß, aus deren Bereich diese Vorratsgefäße stammen.
Aus Ton ist schließlich auch der einzige Spinnwirtel unseres Fundmateriales hergestellt. Seine charakteristische doppelkonische Form bei außerordentlich feinem Ton kommt mit und ohne Zickzackmusterung häufig in spätawarischen, awaroslawischen und slawischen Gräberfeldern des 8. und 9. Jahrhunderts vor. Wir erwähnen nur die zahlreichen Stücke aus Theben-Neudorf  21) in der Slowakei, Horgos  22) und Martely  23) in Ungarn. Aus dem Gebiet des Großmährischen Reiches führen wir ein Stück aus dem Friedhof des 9. Jahrhunderts von Blucina in Mähren an  24).
 
2. Armringe.
 
Sie umfassen zwei Typen. Den rundstabigen mit bisweilen stempelförmig verdickten Enden und unverziertem Körper und den mit vierkantigem Querschnitt, dessen Flächen in unserem Fall durch eingestanzte Punkte verziert sind. Beide gehören in der Regel dem 9. Jahrhundert an. Sie finden sich im awarischen Bereich häufig in Nekropolen, die der Zeit nach der Niederwerfung des Awarenreiches durch Karl den Großen zuzuweisen sind. Als Beispiele hierfür seien genannt: ein vierkantiges mit Punkteinstichen verziertes Stück, dessen Enden wie eines der unseren mit aufgezogenen Ringchen verstärkt sind, aus Grab 145 von Edelsthal im Burgenland, wo Grab 113 auch den glatten Typ ergeben hat  25); aus dem Gräberfeld von Sirak, Kom. Nograd, Grab 69 zwei glatte mit aufgezogenen Ringchen an den Enden  26). Sechs Ringe gleicher Art mit kantigem Querschnitt und durch Zickzacklinien und Punkte verzierten Außenflächen ergab der Friedhof des frühen 9. Jahrhunderts von Paszto, Kom. Hevws  27). Auch im Gräberfeld von Regöly, Kom. Zala, finden sich beide Typen  28). Die letztere Nekropole gehört dem ausgehenden 8. und beginnenden 9. Jahrhundert an. Das älteste mir bekannte Stück dieses Schmucktyps könnte jenes aus Grab 60 des awaroslawischen Gräberfeldes von Theben-Neudorf sein, da das genannte Grab wohl aus dem älteren Teil des Friedhofes stammt  29) und vielleicht noch in die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts gestellt werden muß.
Aus Orten außerhalb des awarischen Bereiches kennen wir zwei gleiche Ringe mit vierkantigem Querschnitt und Punktverzierung aus den schon genannten Gräbern von Pösting im Mühlviertel  30), die wohl dem ausgehenden 9. oder beginnenden 10. Jahrhundert angehören. Auch die Köttlacher Gräberfelder von Hohenberg und Krungl in Steiermark, die vorwiegend dem 9./10. Jahrhundert zuzuschreiben sind, haben gleichartige Armringe ergeben. Ersteres einen solchen mit vierkantigem, letzteres einen mit rundstabigem Querschnitt  31). Im wikingischen Gräberfeld von Birka in Schweden sind ebenfalls Ringe unseres Typs gefunden worden. Ein rundstabiges Stück, durch eine geritzte Längslinie verziert, als Ring einer der in diesem Bereich gebräuchlichen Ringnadeln verwendet, ergab Grab 465 von dort, das durch eine arabische Silbermünze (geprägt 805) in die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts datiert wird  32). Einen ähnlichen rundstabigen, mit leicht stempelförmig verdickten, durch Einstiche verzierten Enden Grab 750, das gleichfalls durch arabische Silbermünzen (Prägezeit 894/912) datiert ist und demnach in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts gehört  33). Wir ersehen daraus, daß der Typus jedenfalls das ganze 9. Jahrhundert hindurch bis ins 10. in Verwendung gestanden ist. Der schwere Ring aus den durch Münzen der Ungarnkönige Stefan, Aba und Peter in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts datierten Gräber von Gerendas, Kom. Bekes in Ungarn  34) hat quadratischen Querschnitt, seine Fläche sind durch Punktaugen verziert. Er ist als Ganzes weit massiger als unsere älteren Stücke und stellt offenbar eine Weiterentwicklung dieser dar.
 
3. Ohrgehänge und sonstiger Metallschmuck.
 
Die Ohrringe mit an Stiften unten hängenden und oben steckenden, meist grünlichen Glasperlen sind eine allgemeine Erscheinung in awarischen Gräberfeldern von der Mitte des 8. Jahrhunderts an: z. B. Mistelbach, Grab 39 und 58  35), oder Münchendorf, Grab 51 und 53  36), aus Ungarn Sirak  37). Auch in den zum Großteil bereits dem frühen 9. Jahrhundert angehörigen Friedhöfen von Zillingthal und Edelstahl im Burgenland kommen sie häufig vor  38), ebenso im gleichzeitigen von Martely in Ungarn  39).
Eine Weiterentwicklung dieses Typs stellen jene Ohrgehänge dar, die an Stelle der auf einem beweglich dem Ring angefügten Stift aufgesteckten Perle ein dem Ringkörper angegossenes längliches Zierstück besitzen. Dies ist die Form, in der die Ohrringe dann in den slawischen Gebieten des Nordens sowohl wie des Südens im späteren 9. bis zum 11. Jahrhundert zahlreich und abwandlungsreich vorkommen. Ein solches Stück aus einem Zillingthaler Grab bildet Caspart (a. a. O. Tf. IV, 49) ab. Auch in unserem Sieghartskirchner Material findet sich ein Bruchstück eines gleichen (Abb. 4, unten Mitte).
Die Ringchen aus Silber oder Bronze mit unten anhängender Pyramide aus vier Kügelchen sind gleichfalls ein Leitttüpus des der Zeit um 800 und nachher angehörigen Fundmateriales unserer Gebiete. Wir erwähnen ein Stück aus Mußte  40) und eines aus einem wohl slawischen Grab des 9. Jhdts. aus Keszthely in Ungarn  41).
Auch die geriefelten dünnen Bronzeringlein gehören derselben Zeit an. Wir kennen sie unter vielen anderen aus Edelstahl  42). Ihre Zeitstellung wird uns durch ähnliche Stücke aus dem schwedischen Birka bestätigt, wo sie in Grabfunden insbesondere der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts nachweisbar sind  43).
Das getriebene, perlenverzierte Silberblechzierstück von Lunuaform ist am ehesten ähnlichen Stücken der Köttlacher Kultur zu vergleichen, einerseits den gleichgeformten Ohrgehängen  44), andererseits Blechanhängern  45), wie sie auch sonst in slawischen Fundkomplexen des 9./10. Jahrhunderts vorkommen  46).
 
4. Eiserne Messer.
 
Die Messer aus den Sieghartskirchner Gräbern sind durch breite und lange Griffangeln ausgezeichnet, von denen die Schneide scharf, oft beinahe rechtwinkelig abgesetzt erscheint. Die Schneide ist gegen die Spitze zu mehr oder minder stark nach oben geschweift. Die Formen unserer Stücke gleichen im allgemeinen stark jenen aus spätawarischen Gräberfunden wie z. B. jenen der bereits erwähnten Nekropolen von Sirak 47) oder solchen der Köttlacher Kultur 48). Auch das dem 10. Jahrhundert angehörige Gräberfeld von Steinabrunn hat gleichartige Formen ergeben 49). Aus Pettau bildet J. Korosec identische Messer aus seinen Gräbern Nr. 159, 281 und 297 ab 50).
Da die Gestalt der Eisenmesser als reine Zweckformen nur sehr wenig variiert, ist es nicht weiter verwunderlich, daß Stücke des 8. von solchen des 9. und 10. Jahrhunderts nicht ohne weiteres zu scheiden sind. Das einfache Arbeitsmesser ist in der Regel kein Typus, der chronologisch verwertbar ist.
 
5. Knochenhülsen.
 
Die aus Bein geschnitzten Hülsen mit und ohne Außenverzierungen sind vom späten 8. Jahrhundert an in verschiedener Verwendung gebraucht worden. Vorwiegend kommen sie als Nadelbüchschen in Frauengräbern vor: Münchendorf, Grab 51  51), Mistelbach, Grab 45, 43, 51  52), als Messergriffe in verschiedenen awarenzeitlichen Funden Ungarns  53). Leider ist die Lage im Grab bei unseren Stücken nicht beachtet worden, so daß ihr Verwendungszweck hier nicht angegeben werden kann. Da keines der Stücke
 
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Abb. 14: Absberg, Kettengehänge. Photo: Bundesdenkmalamt.
Foto schwarz-weiß.
 
Reste von Eisenrost zeigt, ist die Verwendung sowohl als Messergriffe als auch als Behältnis für Nähnadeln höchst unwahrscheinlich. Eines unserer Stücke weist starke Spuren von Kupferoxyd auf, dürfte somit mit irgend einem Bronzegegenstand in Zusammenhang gestanden sein. Unseren mit Gruppen umlaufender Grate verzierten Stücken entspricht z. B. völlig ein Röhrchen aus dem oben bereits erwähnten, dem Anfang des 9. Jahrhunderts angehörigen Friedhof von Paszto 54), während Hrab 44 von Szirak ein Stück mit dem durch einander kreuzende Schrägfurchen erzeugten Warzenmuster ergeben hat, neben einem zweiten durch Querrillen verzierten. Ersteres ist noch mit einer Silberblechauflage belegt, letzteres durch Kupferoxyd grün gefärbt 55). Das Rauten- oder Warzenmuster ist überhaupt eine Zierform, die im 9. und auch noch im 10. Jahrhundert die vorherrschende bei diesem Gerättypus geworden ist. Als Parallele zu unserem Sieghartskirchner Stück bilden wir ein ähnliches ab, das erst 1952 in einem der Gräber des späten 9., frühen 10. Jahrhunderts von Absberg, nördlich von Tulln zu Tage gekommen ist 56). Diese Gräber sind u. a. auch durch ein Kettengehänge, das wir gleichfalls im Lichtbild wiedergeben (Abb. 14) gekennzeichnet 57). Auch das durch ähnliche Rhombenschnitte verzierte Bruchstück einer Knochenröhre aus Grab 367 von Birka 58) paßt gut in unseren chronologischen Zusammenhang, da es zusammen mit Bruchstücken abbasidischer Dirhems aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts gefunden wurde.
 
6. Glasperlen.
 
Zu den reizvollsten und anziehendsten Produkten des Kunstgewerbes des 8. bis 10. Jahrhunderts gehören die vielfärbigen, meist röhrenförmig gestalteten Schmuckperlen aus Glas. In Sieghartskirchen sind sechs Stück zylindrische und eine ovale vertreten. Bei einigen der ersteren ist deutlich ihre Herstellungsart erkennbar. K. Krenn hat sie bei dem einen im Gräberfeld von Steinabrunn gefundenen Stück (unsere Abb. 12 der Farbtafel) trefflich beschrieben: ein kurzer, meist dunkelblauer Glasstreifen wird mit farbigen Glasstreifen überlegt, diese leicht aufgeschmolzen, dann der Streifen zu einem Ring, etwas spiralig zusammengelegt, so daß sich die abgerundeten Ecken etwas übergreifen. Die Augen bestehen aus kugeligen Glaskörpern, deren farbige Glasfäden in konzentrischen Kreisen aufgeschmolzen sind und die dann zu mehreren nebeneinander zwischen die Spiralstreifen gelegt werden. Durch leichtes Zusammenschmelzen und Rollen wurde dann das ganze Stück auf Walzenform gebracht 59). Die Augen unserer Stücke, durch rote, grüne und gelbliche Farbtöne gekennzeichnet, sind stets dadurch charakterisiert, daß sie von strahlenartig verlaufenden Streifen umgeben sind, was diesen Perlen den Namen "Strahlen-" oder "Sonnenperlen" eingetragen hat.
Bei einem unserer Stücke trägt das Auge in seiner Mitte eine kreuzförmige Darstellung, die durch vier weiße und einen roten Punkt angeordnete würfelförmige Flecken gekennzeichnet ist. Diese Art der Kreuzdarstellung ist selten, die gebräuchlichste besteht in einem dunklen Mittelpunkt, um den herum vier rote, drei- oder viereckig gebildete Punkte angeordnet sind. Als Beispiele dieser Art bringen wir hier eine solche Perle aus dem Gräberfeld von Köttlach 60) (Tafel, Abb. 13) und aus jenem von Bernhardsthal in N.-Ö.  61) (Tafel, Abb. 10) zur Abbildung. Ein dem Bernhardthaler Stück völlig gleichendes (es ist nur sehr stark verwittert) wurde 1950 in einem der Gräber des Friedhofes des 9./10.  Jahrhunderts von der Hochleiten bei Hohenau an der March N.-Ö. gefunden 62), ein weiteres hat das dem 10. Jahrhundert angehörende Grab 61 der großen slawischen Nekropole von Unter-Wisternitz in Südmähren ergeben 62a).
Zur Frage der Herkunft dieser schönen Schmuckstücke ist folgendes zu sagen. Es ist wohl anzunehmen, daß sie ursprünglich aus den alten Handwerkszentren im Raume des Schwarzen Meeres stammen, wo bereits in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten vielfärbige Glasperlen oft auch mit figuraler Darstellung erzeugt wurden 63). So können wir aus Umi bei Wladikawkas solche Strahlenperlen 64), die auch in den Kurganen von Werchne Saltowo bei Kiew belegt sind 65). In unserem Kulturbereich finden sie sich in spätawarischen Funden vom Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts an. Wir erwähnen als solche die Stücke aus Wien-Unter St. Veit 66), Paszto, Kom. Heves in Ungarn 67). Ferner kennen wir sie aus dem frühdeutschen Gräberfeld von Haddien in Oldenburg 68), aus Pinguente in Istrien und Wiederndorf in Kärnten 69).
 
Zwischen den Seiten 34 und 35 sind die Glasperlen in Fabe abgedruckt.
1 - 9 Sieghartskirchen,
10, 11 Bernhardthal,
12 Steinabrunn,
13 Köttlach.
 
Auch die Form mit Kreuzdarstellung im Auge stammt offenbar ursprünglich aus den südrussischen Handwerkszentren, denn hier kennen wir die fünf kreuzförmig zueinander gestellten Würfel schon frühzeitig 70). In dem reichen Material an Glasperlen, das die neueren Ausgrabungen in Alt-Ladoga in Rußland ergeben haben, ist auch eine sehr schöne lange Perle dieses Typs (nach Art unseres aus Köttlach abgebildeten Stückes, Tafel, Abb. 13) vorhanden  71), die die Ausgräber richtig dem 9./10. Jahrhundert zuschreiben. In unseren Gebieten kennen wir solche aus der reichen Siedlung der Heidenstatt bei Limberg, N.-Ö. 72), aus Walbersdorf im Burgenland 73), Stare Mesto bei Ung. Hradosch 74) und Temice in Mähren 75), Hohenberg 76) und Krungl in Steiermark 77).
Die schöne ovale Perle mit schwarzblauem Mittelpunkt, einem weißen, dann roten, dann gelben Ring herum und dunkelgrünen Strahlen in den hellgrünen Körper (Tafel, Abb. 7) kennen wir aus dem schon oft erwähnten spätawarischen Friedhof von Paszto in Ungarn  78), von Erfurt-Neuschmiedstedt und Böttelsborn in Thüringen  79). Ferner aus Schweden, wohin sie offenbar mit dem südrussischen Handelsstrom gelangte, aus den münzdatierten Gräbern Nr. 526 und 967 von Birka (1. Hälfte des 9. und 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts) 80) und Grab 1 von Gredly Mälby auf der Insel Adelsö (um 800) 81).
Die dunkelblauen Perlen mit weiß umränderten Augen (Tafel, Abb. 8, 9) sind vom 8. bis zum 10. Jahrhundert weit verbreitet. Wir kennen sie aus zahlreichen russischen Fundorten (so Alt-Ladoga, Saltowo, Podgorow, Tomnik, Lizzor)  82). Aus Mitteleuropa von Quedlingburg, Kallmütz in der Oberpfalz und Voltago, Prov. Belluno in Italien  83), von der Heidenstatt bei Limberg  84), Großromsted in Thüringen  85), Krungl 86), Hohenberg  87) in Steiermark usw.
Die übrigen in Sieghartskirchen gefundenen Glasperlen bieten in chronologischer oder völkischer Hinsicht nichts besonders bemerkenswertes, außer die kürbiskernförmigen aus dunklem (schwarzem, grünem und blauem) Glas, die ihre Zugehörigkeit zum awarischen Kulturkreis nicht verleugnen können.
 
4. Schluß und historischer Ausblick.
 
Unser kleines Sieghardskirchner Gräberfeld ergibt also, wie sich nun zusammenfassend sagen läßt, eine Reihe von immerhin nicht unbedeutenden Ausblicken. Vorerst seine Zeitstellung: es läßt sich, wenn man die verschiedenen chronologischen Anhaltspunkte vorsichtig abwägt, am ehesten der Zeit zwischen dem Ende des 8. oder Anfang des 9. und de. Anfang des 10. Jahrhunderts zuweisen. Wenn sich auch, wie das überall in den karolingischen Grabfunden unserer Alpengebiete der Fall ist, noch gewisse Anklänge an die awarische Kultur der Spätzeit zeigen, so kann doch mit aller Sicherheit festgestellt werden, daß unser Fundkomplex zweifellos mit Awaren nichts zu tun hat. Könnte die Tonware zu einem Gutteil etwa noch als slawisch oder awarisch bezeichnet werden, so widersprechen dem vier der Gefäße (Abb. 1: 1, 7, 10, 11) auf das Bestimmteste. Sie sind als deutsch anzusprechen. Bezeichnenderweise sind das gerade die jüngsten der vorkommenden Gefäßtypen. Auch die Bruchstücke der großen Graphittonvorratsgefäße zeigen eine Gestaltung, die im slawischen und awarischen Kulturgebiet nicht üblich ist. Gerade sie zeigen uns aber weiter, daß in unmittelbarer Nähe des Gräberfeldes eine Ansiedlung, wohl ein Einzelhof, bestanden haben muß, dessen Wohnbevölkerung in fem kleinen Friedhof hier bestattet worden ist 88). Dies, zusammen mit der Ausstattung der Gräber mit Schmuck und Tongefäßen gestattet es uns aber, einen weiteren klaren Einblick in die Siedlungsverhältnisse auch der umliegenden Gegend in jener Zeit des 9. und beginnenden 10. Jahrhunderts zu gewinnen.
Im Schrifttum wurde vielfach der Meinung Ausdruck gegeben, die Kirchenorte Rappoltenkirchen und Sieghartskirchen - von ersterem liegt unser Fundplatz etwa 700 m, von letzterem 1500 m entfernt - seien bereits Gründungen der Karolingerzeit und hätten ihre Namen vom karolingischen Markgraf Rapoto (836 - 854) und von dem 906 verstorbenen Grafen Sigehard, dem Stammvater der Grafen von Ebersberg erhalten  89). Dem widerspricht nun das Resultat unserer Analyse des Alters unseres  Gräberfeldes. Hätten bereits in der Karolingerzeit diese beiden Kirchen bestanden, so hätten die Toten auch unseres Einzelhofes sicherlich in den bei diesen angelegten nahen Friedhöfen ihre letzte Ruhe finden müssen. Denn weder die staatliche noch auch die kirchliche Ordnungsmacht duldeten in der späteren Karolingerzeit Ausnahmen von der Regel, wenn die Organisation einmal planmäßig ausgestaltet worden war.
Rappoltenkirchen ist vielmehr höchstwahrscheinlich erst eine Gründung des Inntal- und Traungaugrafen Rapoto von 1005/6, der vor 1017 vom König verurteilt und seiner Güter verlustig erklärt wurde 90). Hierfür spricht neben dem Ortsplan vor allem auch das Kirchenpatrozinium St. Georg, das in diesem Zusammenhang auf die Zeit Kaiser Heinrichs II. (1002 - 1024) weist, des Begründers des Bistumes Bamberg, dessen Hauptkirche eben diesem Heiligen geweiht war.
Sieghartskirchen aber dürfte, wieder unter Mitberücksichtigung des Orts- und Flurplanes 91), eine Gründung jenes Grafen Sigehard, Sohnes Graf Engelsberts und der Adala sein, der am 6. oder 7. August 1046 am ungarischen Königshof von Aufständischen ermordet und dann zur Bestattung nach Regensburg überführt wurde. Er hatte vor 1023 mit seiner Gattin Judith-Tuta von Ebersberg 92) das Stift Baumburg a. d. Alz begründet und der hl. Margaretha geweiht 93). Dasselbe Patrozinium trägt nun aber auch die Kirche von Sieghartskirchen 94).
So sehen wir, daß die Ergebnisse unserer Untersuchung des kleinen Gräberfeldes zwischen den Kirchenorten Rappoltenkirchen und Sieghartskirchen - zusammengehalten mit den diese betreffenden historischen Erwägungen - zu dem Schluß führen, daß das umliegende Gebiet erst nach der Ungarnzeit, zu Anfang des 11. Jahrhunderts siedlungsmäßig und kirchlich richtig und in größerem Maße ausgebaut worden ist.
 
Anmerkungen.
 
1) MZK., 3. F., 4., 1905, S. 243 f.
 
2) Ich habe seinerzeit (Die frühmittelalterlichen Gräberfunde von Mistelbach, Katzelsdorf, Münchendorf und Schwechat, Niederdonau, Natur und Kultur, Heft 8, Wien 1941, S. 56) versucht, die Gräberfunde des awarischen Friedhofes von Mistelbach als "germanisch in awarischem Gewand" zu erklären. Dieser Versuch muß als verfehlt betrachtet werden. Er ist ebenso verfehlt, wie es jener von L. Niederle war (Rukovet slovanske archeologie, Prag 1931, S. 72), dieselben Funde für Slawen in Anspruch zu nehmen. Es ist sicherlich richtig, daß Mistelbach zahlreiche Beziehungen zum westlich-deutschland Gebiet des Karolingerreiches aufweist. Aber hier ist der anthropologischer Befund der da Bestatteten maßgebend. Und da hat denn bereits eine oberflächliche Beurteilung seitens anthropologischer Fachleute (W. Ehgartner, Ä. Kloiber) gezeigt, daß ein Großteil der Schädel mongoloide Züge aufweist, also von ausgesprochenen Awaren herstammt. Ein Befund, der nach unserer heutigen Kenntnis der Dinge schon durch die zahlreichen typisch awarischen Gürtelgarnituren nahegelegt wird.
 
3) Z. B. Krachenhausen, BA. Burglengfeld in Bayern: P. Reinecke, Karolingische Keramik aus Bayern, Germania, 20., 1936, Tf. 42, Abb. 2/2.
 
4) H. Mitscha-Märheim, a. a. O., Tf. 24, 13.
 
5) Ebenda, Tf. 8, 3 und S. 13.
 
6) Fundber. aus Österreich, IV., S. 69.
 
7) Gehoben von A. Schultes, im Heimatmuseum in Hohenau a. d. March.
 
8) J. Korosec, Staroslovansko Grobisce na Ptujskem Gradu, Laibach 1950, Abb. 13  auf S. 247.
 
9) R. Pittioni, Der frühmittelalterliche Gräberfund von Köttlach, Sonderschr. d. Zweigstelle Wien des d. arch. Inst., 14, Wien 1943, Tf. I, 2 3.
 
10) J. Korosec, a. a. O., Abb. 187, 193 195, 205.
 
11) Archeoloski vestnik II/2, 1951. S. 180 f., bes. Abb. 13 und 16.
 
12) K. Höllrigl, Arpadkom keramikamk, AErt., 44, 1930, S. 142 ff.
 
13) H. Arbman, Schweden und das Karolingische Reich, Stockholm 1937, Tf. 30 f.
 
14) J. Eisner, Devinska Nova Ves, Bratislava 1952, Tf. 9, 3.
 
15) H. Arbman, Birka, Tf. 239, 3 aus dem in den Anfang des 10. Jhdts. münzdatierten Grab 886 sowie Tf. 244, bes. Nr. 6 und Grab 11.
 
16) H. Arbman, Birka, z. B. Tf. 223, 4 (Grab 212 um 900), Tf. 225, 1 (Grab 329), 2 (auch in der Größe voll entsprechend aus Grab 901 des 10. Jhdts.), Tf. 226, 2 (Grab 201) und 3 (Grab 772).
 
17) F. Stroh, Spätgermanische Gräber im Mühlviertel Linz 1943, im Selbstverlag, S. 6, Nr. 3161.
 
18) K. Krenn, Das frühdeutsche Gräberfeld von Steinabrunn, Prähistorica, 6, 1939.
 
19) Prähistorische Abteilung d. Nat. Mus. Wien, Inv. Nr. 71326, 71327.
 
20) Ich danke der Leitung des Heimatmuseums von Pöchlarn (N.-Ö.) für die Erlaubnis, den Topf hier in Abbildung vorlegen zu dürfen.
 
21) J. Eisner, wie Anm. 14 passim.
 
22) J. Hampel, Denkmäler des frühen Mittelalters aus Ungarn, III. Tf. 99, 17.
 
23) Ebenda, Tf. 91 (awarisch-slawisch, frühes 9. Jhdt.).
 
24) J. Poulik, Staroslovanska Morava, Brünn, 1948, Tf. 45.
 
25) J. Hampel, a. a. O., II., S. 130, III., Tf. 107.
 
26) Ebenda, III., Tf. 72.
 
27) Ebenda, III., Tf. 78, II., S. 94 f.
 
28) J. Hampel, a. a. O., II., S. 231, 235, 238, 239, 240, III., Tf. 184, 189.
 
29) J. Eisner, wie Anm. 14, Tf. 31, 14. Das Gräberfeld von Theben-Neudorf beinhaltet Gräber - sowohl awarische als auch slawische - vom Ende des 7. bis zum Beginn des 9. Jahrhunderts (vereinzelte gehören auch dem 10. Jhdt. an.). Leider ist der Originalgräberplan ein Opfer der Kriegsereignisse des Jahres 1945 geworden, der von Eisner abgedruckte nicht vollständig. Es fehlen darin einige der wichtigsten Gräber der Frühzeit. Daher ergeben sich bei vielen Bestattungen Datierungsschwierigkeiten.
 
30) F. Stroh, wie Anm. 17.
 
31) O. Fischbach, AErt., 1897, S. 135, Tf. II, 8 und S. 145, Tf. VII, 9.
 
32) H. Arbman, Birka, S. 133 und Tf. 109, 4.
 
33) A. a. O., S. 267 ff. u. Tf. 46.
 
34) J. Hampel, II., S. 855 f. u. III., Tf. 510.
 
35) H. Mitscha-Märheim, a. a. O., Tf. 5.
 
36) A. a. O., Taf. 19.
 
37) J. Hampel, a. a. O., I., Abb. 915 f. auf S. 351.
 
38) J. Caspart, MAG. 65, 1935, Tf. IV., 46 - 48.
J. Hampel, a. a. O., I., Abb. 906 ff. auf S. 351.
Zur Zeitstellung und Bedeutung der Friedhöfe von Edelstahl und Zillingsthal vgl. H. Mitscha-Märheim, Landeskunde Burgenland, Wien 1951, S. 687, Anm. 38.
 
39) J. Hampel, a. a. O., I., Abb. 911 f. auf S. 351.
 
40) H. Mitscha-Märheim, wie Anm. 1, Tf. 2, 12.
 
41) J. Hampel, a. a. O., III., Tf. 165, 14.
 
42)  J. Hampel, III., Tf. 107, 7.
 
43) H. Arbman, Birka, S. 60, z. B. aus Grab 138, das durch eine nach 816 geprägte arabische Münze datiert wird.
 
44) Pittioni, a. a. O., Tf. VI, 9, 10.
 
45) A. a. O., Tf. IX, 22 f.
 
46) Arch. Rozhledy II., 1950, S. 31, aus Gr. 481 von Unter-Wisternitz.
 
47) Hampel, a. a. O., I., Fig. 120 auf S. 93.
 
48) R. Pittioni, a. a. O., Tf. IV, Nr. 3 und 4.
 
49) J. Krenn, a. a. O., Tf. II, Nr. 3 - 5.
 
50) J. Korosec, a. a. O., III., Abb. 32, 91, 96.
 
51) H. Mitscha-Märheim, a. a. O., S. 36, Tf. 19, 7.
 
52) A. a. O., S. 13, 15, Tf. 5, 20, 22, 27.
 
53) Hampel, a. a. O., I., S. 96 ff.
 
54) Hampel, a. a. O., I., S. 98, Fig. 145.
 
55) A. a. O., II., S. 90.
 
56) Heimatmuseum Tulln.
 
57) Gleiche aus Gräbern von Rohrbach am Steinfeld (Mus. Neunkirchen), Pottschach (Caspart, MAG., 61, 1931, Tf. 3, 3 und 7) und Bernhardsthal in Niederösterreich (R. Pittioni, Das Gräberfeld von Bernhardsthal,  PZ., 26, 1935, Tf. IV auf S. 173,  Nr. 7). Ferner aus Hohenberg und Krungl in Steiermark (AErt., 1897, S. 135, Tf. II, 5 und S. 140, Tf. IV, 9). Es handelt sich hier um einen Schmucktypus zweifellos östlicher (wohl byzantinischer) Herkunft, der im Gebiet der mährischen Slawen bisweilen eine besonders prächtige Ausgestaltung erfuhr (z. B. Stare Mesto in Mähren: Arch. Rozhledy, II., 1950, Abb. 17 auf S. 19).
 
58) H. Arbman, Birka, S. 104 und Tf. 156, 9.
 
59) K. Krenn, a. a. O., S. 4 f.
 
60) Präh. Abtlg. Nat. Mus., Wien.
 
61) R. Pittioni, Bernhardsthal, Tf. VI und VII.
 
62) Heimatmuseum Hohenau.
 
62a) J. Poulik, Jizni Morava zeme Davnych Slovanu, Brünn 1950, Abb. 135 f.
 
63) D. Selling, Mosaikperlen mit Gesichtsmasken, Fornvännen 37, 1942, S. 23 ff.
 
64) Materiali po archeologii Kawkasa, VIII, 1900, Tf. 73, 6.
 
65) F. D. Gurewitsch, Altertümliche Perlen von Stara Lagoda, Sowjetische Archeologie, Akad. d. Wiss. d. UdSSR, Moskau - Leningrad 1950, XIV, Tf. 1, S. 171, Nr. 18.
 
66) Präh. Abtlg. Nat. Mus., Wien.
 
67) Hampel, a. a. O., III., Tf. 73, 24.
 
68) K. Dinklage, Mannus, 33, 1941, Tf. III, 25.
 
69) Derselbe, Frühdeutsche Volkskultur in Kärnten und seinen Marken, Laibach 1943, Tf. 8.
 
70) Z. B. aus Kamunta im Kaukasus, wie Anm. 64, Tf. 91, 20.
 
71) V. J. Rawdonikas, Alt-Ladoga, Sowjetische Archeologie, Akad. d. Wiss. d. UdSSR, Moskau - Leningrad, 1950, XII, S.  36, Abb. 32 und F. D. Gurewitsch, a. a. O., S. 174, Abb. 2, 3.
 
72) Höbarth-Museum Hoen, N.-Ö.
 
73) Mus. Ödenburg. A. Barb, Materialien zur Kunsttopographie des Burgenlandes, Mskr. im Landesmuseum in Eisenstadt.
 
74) R. Pittioni, a. a. O., S. 185.
 
75) J. L. Cervinka, Slovane na Morave, Abb. 32, Nr. 9.
 
76) Grab 20, Joanneum Graz.
 
77) Grab 162, Joanneum Graz.
 
78) Hampel, a. a. O., III. Tf. 73, 24.
 
79) K. Dinklage, Mannus, 33., 1941, Tf. III, 19, 22.
 
80) H. Arbman, Birka, Tf. 120, 10 und Tf. 122, 10.
 
81) H. Rydh, Förhistoriska undersökningar pa Adelsö, Stockholm, 1936, Tf. 2, 11 f.
Ich danke W. Holmqvist, Stockholm, für diesbezüglichen Hinweis.
 
82) F. D. Gurewitsch, a. a. O., Tf. 1, S. 171, Nr. 1 - 10.
 
83) K. Dinklage, Frühdeutsche Volkskultur in Kärnten und seinen Marken, Laibach 1943, Tf. 8.
 
84) Höbarth-Museum, Horn.
 
85) K. Dinklage, Mannus, 33., Tf. 3, 17.
 
86) Grab 75, O. Fischbach, A. Ert., 1897, S. 144, Tf. 6, 9.
 
87) Grab 6, O. Fischbach, a. a. O., S. 134, Tf. 1, 9.
 
88) Der Wohnbevölkerung eines Einzelhofes entsprächen die 18 Gräber im Zuge von etwa 100 Jahren völlig.
 
89) A. Schachinger, Der Wienerwald, Wien 1934, S. 123 und 132.
K. Lechner, Siedlungsnamen und Siedlungsformen als Zeugen geschichtlichen Lebens und: Geschichte des Tullner Bezirkes in der Karolingerzeit, Heimatkalender 1953 (erschienen 1952) S. 74 u. 90.
 
90) H. Mitscha-Märheim, Jb. f. Landeskunde N.-Ö., 29, 1948, S. 429 und Stammtafel 2.
C. Plank, Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum 31, 1951, Stammtafel nach S. 564.
Die alte Erfahrungstatsache, daß vom König konfisziertes Gut oft an nächste Familienmitglieder des Bestraften gelangt ist (zumal wenn es sich dabei um Geistliche handelte), könnte den Regensburger Besitz in dem Rappoltenkirchen benachbarten Gerersdorf etc. erklären. Denn der vor 1017 verurteilte Graf Rapoto war ein Bruder des Bischofs Gebhard I. von Regensburg (994 - 1023).
 
91) Ersterer läßt eine kleine Weilersiedlung erkennen, die noch aus der Karolingerzeit (aus der Zeit vor der Errichtung der "Sieghardskirche" stammen dürfte.
 
92) Daß unser Graf Sigehard mit einer Gräfin von Ebersberg vermählt war, ist mit Rücksicht auf die Tatsache bedeutsam, daß dieses Geschlecht in der näheren Umgebung unseres Ortes nachweisbar über reichen Besitz verfügte: Elsbach, Asperhofen, Lengbach (Monum. Boica XIV, S. 181 f.Nr. 3), vielleicht auch Oepping, das seinen Namen von einem der Eberharde desselben Hauses führen könnte.
 
93) Salzburger Urkundenbuch II. Nr. 70.
 
94) Es ist ja auch höchst bezeichnend, daß 200 Jahre später, 1228, der damalige Besitzer von Sieghartskirchen, der Pfalzgraf Rapoto II. von Ortenberg, die hiesige Kirche eben an Kloster Baumburg vergabte (Monum. Boica II, S. 196). Mann wird darin wohl das Fortwirken einer alten Tradition aus der Gründungszeit erblicken dürfen.
 
Abkürzungen
AErt.      Archaeologiai Ertesitö, Budapest
 
MAG. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, Wien, bzw. Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Prähistorie, Wien.
 
MZK      Mitteilungen der Zentralkommission für die Erforschung und Erhaltung der kunst- und historischen Demkmale, Wien.
 
PZ.     Prähistorische Zeitschrift, Berlin.
 
 
Im Anschluss folgt direkt:
 
Ein frühgeschichtliches Gräberfeld in Katzelsdorf am Wienerwald, pol. Bez. Tulln, N.-Ö.
Von Stefan Geiblinger, Tulbing.
 
Seite 45:
Bemerkenswert für Katzelsdorf ist im Gegensatz zu Köttlach und Steinabrunn oder Sieghartskirchen die Beigabenlosigkeit der Beisetzungen von Erwachsenen, denen gegenüber die Kindergräber durch Töpfe ausgezeichnet sind.

Letzte Veröffentlichung am 1.1.2024.

39) Eiszeitalter und Gegenwart, 1954 (allgemeine Info Löß)

40) Steyrer-Kalender mit Schematismus und Häuserverzeichnissen 1956, 63. Jahrgang

41) Archaeologia austriaca, 1963

42) Gürtelbeschläge, 1970

43) Fibeln, 1972

44) Griffzungenmesser, 1972

45) Glockenbecherzeitliche Grabfunde aus Henzing (Veröffentlicht November 1976)

46) Vier spätneolithische Skelette aus Henzing (Veröffentlicht November 1976)

47) Ein neolithisches Skelett mit Grabbeigaben (Veröffentlicht Februar 1978)

48) Germanen, Awaren, Slawen in NÖ, 1977

49) Erich Rabl, Sieghartskirchen Festschrift, 1978

50) Tulln, Stadt und Bezirk, 1980

51) Ersuchen um Graberlaubnis, 1982

52) Josef Koller, Ollern - Orts- und Häuserchronik, 1983

53) Erich Rabl, Rappoltenkirchen im Wienerwald, 1983

54) Roland Dobersberger, Heimatbuch Abstetten 1987

55) Vorerhebung der NÖ Flurdenkmale, 1989

56) Bescheid Bundesdenkmalamt, Römerzeitliches Hügelgrab, 1989

57) Bescheid Bundesdenkmalamt, Burgruine Ried, 1991

58) Emil Mlejnek, Heimatbuch Elsbach, 1992

59) Bescheid Bundesdenkmalamt, Frühmittelalterliches Gräberfeld 1992

60) Verschönerungsverein Kogl, 1994

61) J.W. Neugebauer: Bronzezeit in Ostösterreich, 1994

62) Awarische Grab- und Streufunde aus Ostösterreich, 1996

63) Anthropologische Gesellschaft Wien, 1996

64) Numismatische Zeitschrift, 1997

65) Prähistorische Archäologie als historische Wissenschaft, 1998

66) Schreiben Land NÖ, Erdstallforschung, 1998

67) Spätkupferzeit in Süddeutschland, 2000

68) Roland Dobersberger, "Sieghartskirchen, Ein Heimatbuch", 2001

69) Kurt Bors, 1983

70) Bescheid Bundesdenkmalamt, Meierhof Plankenberg, 1982

71) Rieder Werkstatt, Unser Dorf Ried am Riederberg, Zum Erinnern und zum Kennenlernen 1983/84

72) Chronik Freundorf, 2001

73) Antike Grabbauten in Noricum, 2001

74) Der römische Limes in Österreich", 2002

75) Beiträge zur Geschichte von Judenau und Zöfing, 2002

76) Passauer Universitätsschriften zur Archäologie, Band 9, 2004

77) Das karolingerzeitliche Hügelgräberfeld von Wimm, 2005

78) PDF Dokument: Beginnt mit Seite 421, ein Titel ist daher unbekannt, 2005

79) Archaeologia austriaca, 2005

80) Fotos Römergrab, 2006

81) Universität Wien, Diplomarbeit, Die frühmittelalterlichen Grabfunde von Micheldorf/Kremsdorf, OÖ, 2008

82) Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie, Internetfund im Jahr 2008

83) Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie, 2024

84) Universität Regensburg, Dissertation, Archäologische Untersuchungen zur Frage von Sozialstrukturen, 2008

85) Frühmittelalterliche Siedlungsstrukturen in Niederösterreich, 2009 

86) Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Sieghartskirchen, 2010

87) Universität Wien, Diplomarbeit, Die hallstattzeitliche Siedlung von Freundorf, 2010

88) Burgruine Ried am Riederberg, technisches Sanierungskonzept 2010/11

89) Römische Villa Sieghartskirchen, 2011

90) Burgruine Ried, Fundberichte aus Österreich, 2011

91) Burgruine Ried und Dietersdorf, Fundberichte aus Österreich, 2012

92) Katalog Studiensammlung des Institutes für Ur- und Frühgeschichte, Wien, 2012

93) Burgruine Ried, Fundberichte aus Österreich, 2013

94) Geologische Bundesanstalt, Dietersdorf-Formation, 2013

95) Berichte zur Archäologie 17/2014

96) Diplomarbeit „Frühchristliche Kirchen in Noricum – Ende und Weiterleben“, 2014

97) Fundberichte aus Österreich, 2014

98) PDF Dokument: Beginnt mit Seite 49, ein Titel ist daher unbekannt, 2015

99) About Bow-Shaped and Rod-Shaped Pendants, 2016

100) Fundort Wien, 2018

101) Burgruine Ried, Fundberichte aus Österreich, 2019

102) Eichgrabner, Zeitschrift des Fremdenverkehrs- und Verschönerungsvereines, 2019

103) Fundort Wien, 2019

104) Foto Eingangsbereich Römergrab, 2020

105) Tulln, Geschichte der Stadtgemeinde, 2. Auflage, 2021

106) Neue und wiederentdeckte Griffzungendolche mit Ringabschluss, 2021

107) Funde aus dem ehemaligen Heimatmuseum Tulln, Einsicht in das Depot 2023

108) Funde aus Open data Burgruine Ried, 2023

109) Amtliche Nachrichten der Niederösterreichischen Landesregierung, Jahrgang 1967

Am 25. Jänner 2024 konnten aus einem Originalexemplar in Privatbesitz die drei Seiten des Kulturberichtes für das Gemeindearchiv gescannt werden: 3 Artikel (Die neuen Funde in Pitten, Awarenzeitliche Gräberfunde, Das "Römergrab" bei Rappoltenkirchen).

Vollständiger Titel:
Amtliche Nachrichten der Niederösterreichischen Landesregierung, Jahrgang 1967, Wien, 15. Juli 1967, Nummer 13
Kulturberichte aus Niederösterreich, Seite 51
 
Das "Römergrab" bei Rappoltenkirchen
 
Ende der zwanziger Jahre hat sich Oberst J. Caspart mit der archäologischen Freilegung römerzeitlicher Grabhügel im nördlichen Wienerwald beschäftigt. Der größte und schönste Grabbau war der mächtige Hügel bei Bonna im Gemeindegebiet von Rappoltenkirchen, Gerichtsbezirk Tulln. Er liegt inmitten ausgedehnter Wälder in einer Talsenke an einer Stelle, wo drei Wasserläufe zusammentreffen. Es heißt dort "Bei den drei Wassern". Das Grab bestand aus einer rechteckigen Grabkammer mit einem aus vier behauenen Quadern gebildeten Tor, einem Vorraum, der wie die Grabkammer mit einem Tonnengewölbe eingedeckt war und einem 8 m langen offenen Zugang. Das Tor zur Grabkammer war ursprünglich mit einer Holztüre zu verschließen; die Zapfenlöcher der Tür und das Riegelloch sind noch sehr gut erhalten. Die gemauerten Wände des Zuganges, des Vorraumes und der Grabkammer waren verputzt und weiß getüncht und mit Pflanzenmustern in mehreren Farben bemalt, wie aus Bewurfstücken zu erkennen war. Der ganze Bau war mit Erde überdeckt. Dieses Grab war schon vor langer Zeit beraubt worden, denn man hat weder Reste einer Bestattung noch Beigaben gefunden. Lediglich wenige Bruchstücke von Keramik lagen in der Grabkammer.
 
Nach der Ausgrabung wollte man dieses Denkmal erhalten und baute über der nun offenen Grabkammer einen Schutzbau aus Holz. 1930 wurde das Grab feierlich zur öffentlichen Besichtigung freigegeben.
 
Doch schon nach 20 Jahren waren von dem Schutzbau nur mehr morsche Holztrümmer vorhanden, und das Mauerwerk verfiel immer mehr. Im Jahre 1965 stand nur mehr das Steintor; vom übrigen Mauerwerk war nicht mehr viel zu sehen. Im Hinblick auf die Bedeutung dieses interessanten Kulturdenkmales, das in seiner Art in Niederösterreich einmalig ist, entschloß sich die Kulturabteilung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung zur Renovierung, mit der die Firma Ing. L. Hofstätter, Wien IV, unter der Leitung von cand. phil. H. Ubl betraut wurde.
 
Es lag kaum mehr ein Stein auf dem anderen, doch waren von der Ausgrabung des Hügels ausgezeichnete Pläne und Photographien vorhanden, so daß man das Grab einwandfrei neu erstehen lassen konnte. Es wurde auch gegen Feuchtigkeit mit modernen Mitteln geschützt, und die Bauarbeiten mit einer archäologischen Nachgrabung verbunden. Nachdem der Grabbau aufgemauert war, wurde er mit Erde überdeckt, um ihm das ursprüngliche Aussehen zu geben. Die Wände des offenen Zuganges wurden nicht verputzt, um die Art der Steinaufmauerung zu zeigen und um zu verhindern, daß der Bewurf unter dem Einfluß der Witterung abfällt. Auf die Bemalung der Wände wurde ebenfalls verzichtet, da auf Grund der zu kleinen Bruchstücke des Wandbewurfes das Muster nicht mehr ganz zu rekonstruieren war. In den Torbau setzte man wieder eine Holztüre ein, die aus begreiflich Gründen aber versperrt bleiben muß. Um jedoch dem Besucher den Aufbau zu zeigen, wurde vor dem Hügel auf einem Stein Auf- und Grundriß des Grabbaues mit einer kurzen Erläuterung dargestellt.
 
Die Archäologen bezeichnen diese Gräber, die es auch in der Steiermark und im Burgenland häufig gibt, als norisch-pannonische Hügelgräber. Sie stellen die Bestattungsform der einheimischen kelto-illyrischen Bevölkerung der frührömischen Zeit in den Provinzen Norikum und Pannonien dar und können in die Zeit von zirka 50 bis 180 n. Ch. datiert werden. Die Gräber, die sich wahrscheinlich in der Nähe von Siedlungen befanden, liegen immer in Gruppen beisammen. Eigenartigerweise liegt unser Grabhügel abseits. Man erreicht ihn am leichtesten auf der von Preßbaum nach Au am Kraking führenden Straße. Knapp vor Au liegt das Gasthaus Fink, von wo Hinweistafeln (rote Markierung) zum "Römergrab" führen. Von diesem führt in nördlicher Richtung ein Fußsteig zur Kammhöhe. Dort, wo er eine Waldstraße kreuzt, liegen zur linken Hand einige Grabhügel, und wenn man den Weg weiter verfolgt, sieht man zu beiden Seiten dieses sogenannten Römerweges mehrere Hügel nebeneinander liegen. Insgesamt sind es - den großen Grabbau eingeschlossen - 13 Hügel.
Dr. Franz Hampl

Letzte Veröffentlichung am 28.1.2024.

110) Sonderamtsblatt zum Römergrab, 2024

Für die Wanderung zum Römergrab am 28.4.2024 wurde mit einem Sonderamtsblatt begonnen. Der erste Teil beinhaltet die bereits unter Frühgeschichte veröffentlichten Texte, ergänzt mit den Fotos aus der Pfarrchronik Rappoltenkirchen, Heimatbüchern, Internet und dem Gemeindearchiv.

Während dieser Arbeit erhielt das Gemeindearchiv weitere Quellen:
* Originalausgabe "Archaeologie Austriaca, Beiheft 8, 1967" mit zahlreichen Skizzen der Funde zur Abschrift.
* Fotos von Fundgegenständen von und lagernd in der Stadtgemeinde Tulln.
* Im Zuge dessen wurde auch das ehemalige Schularchiv von Rappoltenkirchen ausgewertet.

Aus diesen neuen Quellen entstand das Sonderamtsblatt Teil 2.

Die Abschrift der "Archaeologie Austriaca" wird unter Frühgeschichte Nr. 111, das Schularchiv Rappoltenkirchen unter Nr. 112 und eine Beschreibung der Fundgegenstände unter Nr. 113 veröffentlicht werden. Damit soll eine höhere Trefferquote bei einer Recherche im Internet ermöglicht werden.

Letzte Veröffentlichung am 30.5.2024.


HIER FINDEN SIE DEN LINK ZUM DOWNLOAD DER RÖMBERGRAB-BROSCHÜREN:

  • Römergrab-Broschüre Teil 1: LINK
  • Römergrab-Broschüre Teil 2: LINK

Letzte Veröffentlichung am 03.06.2024.

111) Archaeologie Austriaca, Beiheft 8, 1967

Quelle (Abschrift aus Privatbesitz):
ARCHAEOLOGIA AUSTRIACA BEIHEFT 8

BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DER NORISCH-PANNONISCHEN HÜGELGRÄBERKULTUR

II.

HELGA KERCHLER

Die römerzeitlichen Brandbestattungen unter Hügeln in Niederösterreich

(norisch-pannonische Hügelgräber)

Mit 79 Tafeln, 1 Karte und 21 Abbildungen im Text

1967

Franz Deuticke, Wien

Seite 2:

I. Fund- und Forschungsgeschichte

Im Grenzgebiet zwischen den Provinzen Norikum und Pannonien wurde in der frührömischen Kaiserzeit, d. i. im 1. und 2. Jhdt. n. Chr., die Brandbestattung unter Hügeln geübt. Diese Hügelgräber, die in Friedhöfen beisammen liegen, häufen sich in einzelnen Gebieten, so im westlichen Pannonien, in der Steiermark und dem südlichen Burgenland und am niederösterreichischen Donaulimes zwischen Melk und Wien [...]  1)

Anm. 1: O. Menghin, Zur Kenntnis der frühkaiserzeitlichen Hügelgräber im norisch-pannonischen Grenzgebiet, JbL., 21., 1928, S. 30 ff.

Im nördlichen Wienerwald, etwa zwischen Tulln und Neulengbach tritt wieder eine Häufung von Hügelgrabfriedhöfen auf und zwar befinden sich die die einzelnen Gruppen in den Katastralgemeinden Erlaa, Unteroberndorf, Götzwiesen, Hart, Rappoltenkirchen, Rekawinkel, Au am Kraking und Tullnerbach. [...]

Die genannten Hügelgräber liegen fast alle in heute ziemlich abgelegenen Waldgebieten und waren so vor der Einebnung durch Rodungsarbeiten oder Pflügen zum Großteil geschützt. [...]

 

Seite 3:

Die untenstehende tabellarische Aufstellung soll das Verhältnis der festgestellten, ausgegrabenen und schon vorher gestörten Hügel an den Fundplätzen Niederösterreichs veranschaulichen.

Fundort: Rappoltenkirchen

Zahl der festgestellten Hügel: 14

Zahl der ausgegrabenen Hügel: 13

Zahl der gestörten Hügel: 7

 

Auszug aus der Tabelle (Fundorte in Nähe der Marktgemeinde Sieghartskirchen):

Fundort: Au a. Kraking

Zahl der festgestellten Hügel: 9

Zahl der ausgegrabenen Hügel: 5

Zahl der gestörten Hügel: 2

 

Fundort: Rekawinkel

Zahl der festgestellten Hügel: 10

Zahl der ausgegrabenen Hügel: 5

Zahl der gestörten Hügel: 6

 

Fundort: Tullnerbach

Zahl der festgestellten Hügel: 16

Zahl der ausgegrabenen Hügel: 5

Zahl der gestörten Hügel: 3

 

Seite 4:

Zahlreiche Hügelgruppen befinden sich in Niederösterreich weiters im nördlichen Wienerwald, wo sich schon in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts u. a. F. Skribany und der Museumsverein Baden betätigte, ohne daß von seinen Untersuchungen viel bekannt geworden ist. Eine systematische Aufnahme aller dieser Gruppen begann G. Kyrle (Bundesdenkmalamt) 1926. J. Caspart grub dann zwischen 1928 und 1929 einen Großteil dieser Hügelgräber im Auftrag des Bundesdenkmalamtes aus und behandelte sie in seiner Dissertation 1932, die er in den MAG., 48., 1938, S. 146 ff. publizierte. [...]

 

Seite 7:

II. Bestattungsart

Bei den Bestattungen in den norisch-pannonischen Hügelgräbern handelt es sich ausnahmslos um Brandbestattungen.

Der Vorgang bei der Brandbestattung erfolgte in zwei Phasen und zwar

1. in der Verbrennung des Toten und

2. in der eigentlichen Beisetzung des Leichenbrandes. [...]

Der Tote war bei der Verbrennung bekleidet, was die Funde von Fibeln und Gürtelbeschlagteilen mit Feuereinwirkung beweisen. [...]

 

Seite 9:

Die Bestattungsart II (Brandflächen- und Brandgrubengrab) ist eindeutig am häufigsten nachzuweisen und zwar insgesamt mehr als 32mal. [...] Auch in den Hügeln B 4 und B 5 beobachtete tiefere Lagerung der Bestattung deutet er [J. Caspart] höchstens als Erweiterung einer natürlichen Senkung, um Schüttmasse für den Hügel zu sparen. [...]

 

Seite 10:

Tabelle:

Fundort: Rappoltenkirchen

Brandflächen – Brandgrubengrab: 7 x (B 2, 4, 5, 9 – 12)

Urnengrab: 2 x (B 8, 11)

 

Fundort: Au a. Kraking

Brandflächen – Brandgrubengrab: 1 x (C 2)

Urnengrab: 2 x (D 20, 23)

 

Fundort: Rekawinkel

Urnengrab: 1 x (?, aus Gruppe G)

 

Fundort: Tullnerbach

Brandflächen – Brandgrubengrab: 1 x (Z 3)

 

Seite 11:

[...] Auch die 4 Münzen, die im Hügel 4 von Winklarn zutage kamen, könnten auf eine Mehrfachbestattung weisen, da die Römer einem Toten in der Regel nur eine Münze auf den Weg ins Jenseits mitzugeben pflegten.

Eine eindeutige Doppelbestattung unter einem Hügel im nördlichen Wienerwald und zwar im Hügel B 11 von Rappoltenkirchen nachgewiesen werden, in dem 2 Grabkammern mit Bestattungen gefunden wurden, wobei die zweite eindeutig etwas später hineingebaut worden war, da sie um einiges höher lag als die erste Kammer. [...]

 

III. Grabbau

Tabelle Seiten 13 bis 15:

 

Rappoltenkirchen

B 2 Grabbau Steinkiste

B 3 zerstört?

B 4 kein Grabbau

B 5 Grabbau Steindecke

B 6 zerstört?

B 7 Grabbau Steindecke

B 8 Grabkammer rechteckig

B 9 kein Grabbau

B 10 kein Graubbau

B 11 Grabkammer rechteckig 2x

B 12 Grabbau Steindecke

B 13 Grabkammer rechteckig mit Dromos

Q kein Grabbau

 

Au am Kraking

C 1 Grabkammer rund

C 2 Grabkammer rund und Grabbau Steindecke

P 2 Grabbau Steindecke

P 3 Grabbau Steindecke

P 4 Grabkammer rund

 

Rekawinkel

G1 Grabkammer rund

G 2 kein Grabbau

G 4 Grabkammer rund

M 1 Grabkammer rechteckig

 

Tullnerbach

Z 3 kein Grabbau

Z 4 Grabkammer rund

Z 7 Grabkammer rund

Z 11 Grabkammer rechteckig mit Dromos

Z 15 Grabkammer rund

 

Seite 13:

Mehr als die Hälfte der in Niederösterreich ausgegrabenen Hügelgräber war mit einem steinernen Innenbau ausgestattet. Er diente zum Schutz der Bestattung und war in Bustumsgräbern auf oder unmittelbar neben dem Brandplatz errichtet. Grabbau bzw. Grabbau und Brandplatz wurden schließlich mit einem Erdhügel überdeckt. Der Grabbau befindet sich meist etwa in der Mitte des Hügels, doch sind z. B. im nördlichen Wienerwald auch deutliche Verschiebungen der Grabkammern von der Hügelmitte zu beobachten.

Wie schon O. Menghin 15) festgestellt hat, zeigen die Grabbauten der niederösterreichischen Hügelgräber einfachere und rustikaler anmutende Formen als sie im Burgenland und in der Steiermark vertreten sind, wo große und sorgfältig ausgeführte Grabkammern keine Seltenheit sind. [...]

Anmerkung Nr. 15 – Quelle wie Anmerkung Nr. 1.

 

Seite 17:

Die sorgfältigsten Grabbauten sind die rechteckigen Grabkammern mit Dromos (Taf. LXXVII/Fig. 1, 2), die ausschließlich in einigen Hügelgruppen im nördlichen Wienerwald vorkommen. (B 13, J 9, J 10, J 11, K 1, Z 11).

Die aus Bruchsteinen aufgebauten Mauern waren meist durch Mörtel gebunden und die Kammer mit einem Gewölbe eigedeckt. Doch nur in einem Fall (Hügel B 13) konnte eine besonders sorgfältige und reiche Ausstattung des Grabbaues festgestellt werden: Durch einen oben offenen Gang (Dromos) gelangt man zuerst in einen Vorraum, der von der eigentlichen Grabkammer durch ein Tor aus vier behauenen Quadern, das ursprünglich mit einer hölzernen Tür zu verschließen war, getrennt ist. Die Grabkammer war mit einem Tonnengewölbe überdeckt, der Vorraum ebenso überwölbt. Die Wände des Dromos, des Vorraumes und der Grabkammer waren weiß getüncht und mit roten Randstreifen versehen, außerdem deuten Spuren darauf hin, daß die Wände mit grünen Pflanzenmustern bemalt waren. Leider war dieses Grab bei seiner Ausgrabung schon völlig beraubt, sodaß auf Stellung, Rang und Reichtum des hier Bestatteten keine Hinweise mehr vorhanden sind. J. Caspart nimmt zwar an, daß dieses Grab nie belegt war, doch sprechen die Scherbenfunde in der Grabkammer dagegen. [...]

Diese rechteckigen Kammern mit Dromos charakterisiert J. Caspart als vorbereitete Grabanlagen, d. h. sie wurden schon zu Lebzeiten des hier Bestatteten errichtet und mit einem Erdhügel überdeckt, wobei der Zugang zur Kammer durch den nicht mit Erde bedeckten Gang (Dromos) offen gehalten wurde. Entgegen der Meinung J. Casparts, daß diese Gräber im nördlichen Wienerwald nur eine Bestattung enthalten und nach der Beisetzung für immer geschlossen und auch der Dromos mit dem Erdhügel bedeckt worden war, muß zumindest für den Hügel B 13 (Rappoltenkirchen) angenommen werden, daß der Dromos als Zugang zum Grab auch nach der Grablegung offen blieb. Dafür spricht nicht nur die Größe und der sorgfältige Bau der Kammer mit Vorraum, Holztüre und Giebelplatte am Eingang, sondern auch die am Ende des Dromos angelehnten großen Steinplatten, wie sie auch in Kapfenstein (z.B. Hügel T-1, O-1) als Dromosabschluß gefunden wurden. [...]

 

Seite 18:

4. Steinkiste

Hiebei ist die Bestattung in einer aus großen, aufrecht stehenden Steinplatten errichteten Kiste geborgen. Diese Form kommt in Niederösterreich nur zweimal vor und zwar in Rappoltenkirchen (Hügel B 2) und Eitzendorf. [...]

 

Seite 19:

In Rappoltenkirchen (Gruppe B) fällt das vollständige Fehlen der sonst im nördlichen Wienerwald sehr häufig vertretenen runden Grabkammer auf, die auch in Erlaa (Gruppe D) und Unteroberndorf (Gruppe E und F) überwiegt. [...]

 

Seite 20:

IV. Beigaben

Bei den Beigaben der norisch-pannonischen Hügelgräber unterscheidet man zwei verschiedene Arten:

1. die mitverbrannten und

2. die mitbestatteten Beigaben. [...]

 

A. Metallgegenstände.

Metallbeigaben sind in den norisch-pannonischen Hügelgräbern Niederösterreichs verhältnimäßig selten anzutreffen. Sie beschränken sich auf Münzen, verschiedene Fibelformen und Gürtelschließen und –beschläge. [...]

1. Münzen.

In den Hügelgräbern von Niederösterreich wurden insgesamt 28 bestimmbare Bronzemünzen gefunden. Es sind zum Großteil Asstücke verschiedener Kaiser des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. und verteilen sich auf folgende Herrscher: 13 Münzen des Hadrian, davon 1 fraglich, 5 Münzen des Domitian, 4 Münzen des Trajan, davon 1 fraglich, 2 des Tiberius, je 1 des Claudius I und der Faustina II, sowie 2 nicht näher bestimmbare Münzen der frühen Kaiserzeit.

Die Münzen weisen zum Teil starke Brandspuren auf und einige Stücke sind infolge starker Feuereinwirkung nicht bestimmbar. [...]

 

Seite 21:

Zeichnungen von: Flügelfiebel, Bogenfiebel, Kniefibel, Zweiknotenfibel.

 

Seite 27:

a) Terra sigillata.

[...] Die Bilderschüssel, die dem Typus Drag. 30 entspricht (Taf. XL/1, Rappoltenkirchen), stammt nach E. Polaschek   29) aus einer südgallischen Fabrik und dürfte seiner Meinung nach ans Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. zu datieren sein. [...]

Anmerkung 29) J. Caspart, Römerzeitliche Grabhügel im nördlichen Wienerwald, MAG., 48., 1938, S. 162.

Der größere Teil der in den norisch-pannonischen Hügelgräbern vertretenen Terra sigillata besteht allerdings aus der sogenannten falschen Terra sigillata. Mit der Terra sigillata-Imatition [...] handelt es sich um eine in unserer Gegend hergestellte, römerzeitliche Keramikgattung, welche in Anlehnung an die echte Terra sigillata angefertigt worden ist. [...]

 

Seite 45:

V. Datierung

Die Dauer des Brandbestattungsbrauches unter Hügeln in frührömischer Zeit im norisch-pannonischen Grenzgebiet ist verhältnismäßig kurz, da sie nur von der Mitte des 1. Jahrhunderts bis etwas nach der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. nachgewiesen ist, also auf etwa 130 Jahre beschränkt bleibt. Diese Bestattungsart tritt mit der Konsolidierung der römischen Herrschaft auf und ihr Ende fällt mit den Markomannenkriegen um 180 v. Chr. zusammen. [...]

 

Seite 46:

Nur für einzelne Gräber konnte eine genauere chronologische Fixierung an Hand von Münzen, Fibeln und Terra sigillata-Formen erstellt werden. [...]

Fundort Rappoltenkirchen

Grabnummer 11

Datierung durch Münze des Domitian

Datierung ab 80/81

Grabnummer 10

Datierung durch nor.-pann. 2-Knotenfibel A 236 h oder m

Datierung 1. H. 2. Jhdts.

 

Zwischen Seite 58 und 59:

Karte „Römische Kaiserzeit in Niederösterreich“, nach G. Pascher 1948.

 

Seiten 115 bis 128:

VIII. Die Hügelgräbergruppen im nördlichen Wienerwald von Au a. Kr., Erlaa, Götzwiesen, Hart, Rappoltenkirchen, Rekawinkel, Tullnerbach und Unteroberndorf.

12 Gruppen zu 31, 16, 14, 11, 7, 7, 6, 5, 5, 4, 3 und 1 Hügel.

Bundesland: Niederösterreich

Polit. Bezirk: St. Pölten, Tulln, Wien-Umgebung.

Ger.-Bezirk: Neulengbach, Purkersdorf, Tulln.

Ortsgemeinde: Hart, Johannesberg, Maria Anzbach, Preßbaum, Rappoltenkirchen, Rekawinkel, Tullnerbach.

Katastralgemeinde: Au a. Kr., Erlaa, Götzwiesen, Hart, Rappoltenkirchen, Rekawinkel, Tullnerbach, Unteroberndorf.

Parz.-Nr.: S. bei den einzelnen Hügelgruppen.

Flurname: S. bei den einzelnen Hügelgruppen.

Lagebeschreibung: Die Hügel liegen im Wienerwald, etwa in der Mitte zwischen St. Pölten und Wien im Einzugsgebiet der Kleinen und der Großen Tulln in 12 Gruppen. Sie liegen ca. 270 – 470 m über dem Meer und 100 – 300 m über der Donau bei Tulln (Abb. 4).

Abb. 4: Lageskizze der Hügelgräbergruppen im nördlichen Wienerwald (nach J. Caspart).

 

Fundgeschichte: In den Jahren 1927 bis 1929 erfolgte die Aufnahme sämtlicher und die Untersuchung eines Großteils der Hügel durch J. Caspart im Auftrage des Bundesdenkmalamtes Wien, nachdem 1926 schon durch Prof. G. Kyrle, Universität Wien, Erhebungen bezüglich dieser Hügelgruppen angestellt worden waren. 1927 grub Prof. G. Kyrle auch 2 Hügel aus.
Die Hügel wurden kartiert, wobei die Hügelgruppen mit lateinischen Buchstaben, die einzelnen Hügel innerhalb der Gruppen mit arabischen Ziffern bezeichnet wurden. A und H erwiesen sich als kleine Grabhügel, R blieb fraglich. Weitere Buchstaben wurden zur Bezeichnung von Funden, die nicht oder nicht sicher mit Grabhügeln zusammenhängen verwendet. Als Hügelgräber blieben daher: B, C, D, E, F, G, J, K, M, P, Q und Z. Bei der Ausgrabung erwiesen sich nicht alle Hügel als Grabhügel und bei einigen, die nicht ausgegraben wurden, bleibt die Frage offen, ob es sich um Gräber oder um natürliche Bildungen handelt. Schon vor den Untersuchungen J. Casparts waren viele Hügel von verschiedenen Personen an- oder ausgegraben worden und dadurch zum Teil stark zerstört worden. 5 Hügel der Gruppe Z grub Prof. G. Kyrle 1933 aus, 3 Hügel der Gruppe B schließlich Dr. F. Hampl, niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, in den Jahren 1949 und 1952.

Publikation: J. Caspart, Römerzeitliche Grabhügel im nördlichen Wienerwald, MAG. 48, 1938, S. 121 ff. Es ist die Publikation seiner Dissertation aus 1932 *).

*) L. FRANZ (Aus der Geschichte der ur- und frühgeschichtlichen Bodenforschung in Österreich, Lexikon ur- und frühgeschichtlicher Fundstätten Österreichs, Wien 1965, S. 210) nennt die älteste Überlieferung, die sich auf 2 Grabhügel im Wienerwald beziehen dürfte. Es handelt sich um eine Traditionsnotiz für das Hochstift Regensburg aus dem Jahre 808, die sich auf die Schenkung eines Landgutes bezieht. Dabei werden als einer seiner Grenzpunkte „duo tumuli“ genannt. Diese zwei Hügel befanden sich nach K. Lechner auf dem Leberfeld in Niederndorf bei Neulengbach.

Anmerkung Marktgemeinde (Andreas Bohnec): Zu dieser Traditionsnotiz aus dem Jahr 808 erschien im Hippolytus (1983) ein Artikel von Franz Zarl. Auf der Gemeindehomepage finden Sie den Text in der Epoche 9. Jahrhundert  (Überschrift 808  (1. Nachtrag). Die dazugehörige Skizze sehen Sie im 2. Teil des Sonderamtsblattes unter Frühgeschichte Nr. 110.

Unterlagen: J. Caspart, Grabhügel im nördlichen Wienerwald, Dissertation, Wien, 1932.
 F. Hampl, Fundberichte aus 1949 und 1952 im Niederösterreichischem Landesmuseum, Wien.

Verwahrung der Funde: Die Funde aus den Grabungen J. Casparts und G. Kyrles kamen zum Teil ans Niederösterreichische Landesmuseum, zum Teil ans Naturhistorische Museum, Wien.
Naturhistorisches Museum: Gruppen D, E, F, J und K, Inv.-Nr. 54057 – 54185 unter der Fundortsbezeichnung Winten und Götzwiesen.
Niederösterreichisches Landesmuseum: Gruppen B, C, P, Q und Z, Inv.-Nr. 4187 – 4231, 5733, 5737 – 5740, 6441 – 6475, 6486 – 6497 unter der Fundortsbezeichnung Au a. Kr. und Troppberg.
Im Niederösterreichischen Landesmuseum befinden sich weiters Funde aus der Gruppe G, Inv.-Nr. 2518 – 2541, aus der Gruppe B (Grabung F. Hampl), Inv.-Nr. 9319 – 9328 unter der Fundortsbezeichnung Finsterleiten bzw. Rappoltenkirchen.
Funde aus der Hügelgruppe D befinden sich im städt. Museum in Baden, aus der Gruppe E im Museum Neulengbach, Inv.-Nr. 35, aus der Gruppe B (Grabung F. Hampl) im Museum Tulln, Inv.-Nr. 2300, 2301.

 

VIII. A. Die Hügelgrübrgruppe von Rappoltenkirchen bzw. Au a. Kr.

(Gruppe B nach J. Caspart)

 

14 Hügel, 13 ausgegraben, 7 gestört.

Bundesland: Niederösterreich.

Polit. Bezirk: Tulln

Ger.-Bezirk: Tulln bzw. Purkersdorf.

Ortsgemeinde: Rappoltenkirchen bzw. Preßbaum.

Katastralgemeinde: Rappoltenkirchen bzw. Au a. Kr.

Abb. 5: Lageskizze der Hügelgruppen von Rappoltenkirchen und Au a. Kraking.
(Gruppen B und C) (nach J. Caspart).

 

Parz.-Nr.: 62/47, 62/48, 62/52.

Flurname: In der Gemeinde bzw. Riegletzberg.

Lagebeschreibung: Die Hügel 1 – 12 liegen im ehemaligen Gemeindewald „in der Gemeinde“, etwa 1500 m südwestlich von Au a. Kr., in der oberen Hälfte des Südhanges jenes Rückens, der den Frauenberg mit dem Krakingberg verbindet. Sie liegen zwischen dem längs der Kammlinie führenden Weg und dem Weg, der von Bonna über die „Waldandacht“ zur „Ochsenweide“ und weiter zur Straße führt, und zwar so, daß sie von keinem der beiden Wege aus sichtbar sind. Die Hügel 1 – 7 bilden eine Untergruppe, die Hügel 8 – 12 liegen ebenfalls in einer Gruppe beisammen, südlich davon.
Durch die nördliche Gruppe und östlich an der südlichen vorbei führt ein holwegartiger Graben in Richtung N-S zum Weg, der von Bonna über die „Waldandacht“ führt. (Die Beschreibung, die J. Caspart auf S. 135 seiner Publikation diesbezüglich gibt, stimmt mit den Gegebenheiten nicht überein!).
Die Hügel 8 – 10 liegen etwas entfernt von dem beschriebenen Hohlweg, tiefer, im Wald versteckt, während die Hügel 11 und 12 unmittelbar südlich des Hohlweges liegen. (J. Caspart vermutet, daß die Aufschüttung für die Hügel 1 – 12 aus diesem Weg genommen wurde und daß auch die Steine für die Grabkammern von hier stammen könnten).
Zur Gruppe B wurde nach ein 13. Hügel gezählt, der noch in der Flur „in der Gemeinde“ liegt und zwar in der Waldparzelle Nr. 62/52. Ca. 300 m südöstlich des Hügel B 12 vereinigen sich drei kleine Bäche, um gemeinsam in den Schmelzgrabenbach zu münden. Diese Gegend heißt „Bei den drei Wassern“. Bei der Mündung dieser drei Gewässer steht der „Leopoldstein“ aus dem Jahre 1678 und etwa 50 m nördlich davon liegt der Hübel B 13.
Bei der Fundstelle B 14 handelt es sich um kein Hügelgrab. Der Hügel B 15 liegt im Waldstück „Riegletzberg“, ca. 250 m östlich des Hügels B 14 im Bundesforst, Försterei Au a. Kr. in der Gemeinde Preßbaum. Bei seiner Ausgrabung erwies er sich allerding als natürliche Bildung.

Fundgeschichte: In den Jahren 1927 – 1929 grub J. Caspart 10 Hügel aus, einige davon waren schon früher angegraben worden. Die Hügel 1 – 10 zeigte 1922 ein Oberlehrer dr. R. Egger und Dr. L. Franz. Anläßlich der Begehung der Hügel im Jahr 1927 durch Prof. Kyrle wurden auch die Hügel 11 und 12 entdeckt. Die Hügel 9 und 10 wurden erst 1931 gefunden, da sie sehr versteck im Wald lagen, B 13 zeigte ein Waldarbeiter J. Caspart im Jahre 1927.
Die Hügel 8, 9 und 10 grub 1949 bzw. 1952 Dr. F. Hampl, Niederösterreichisches Landesmuseum, aus.
Die Hügel wurden vermessen und kartiert. (Abb. 5).

Publikation: J. Caspart, Römerzeitliche Grabhügel im nördlichen Wienerwald, MAG. 48., 1938, S. 125 ff.

Unterlagen: F. Hampl, Fundbericht aus 1949 und 1952 im Niederösterreichischen Landesmuseum, Wien.

Verwahrung der Funde: Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4187 . 4196, 4199 – 4210, 4216, 5733, 5735, 5737 – 5740 unter der Fundortsbezeichnung Au a. Kr. (Grabungen J. Casparts), Inv.-Nr. 9319 – 9328 (Grabungen F. Hampl), Museum Tulln, Inv.-Nr. 2300, 2301 (Grabungen F. Hampl).

 

Einzeldarstellungen der Hügelgräber von Rappoltenkirchen bzw. Au a. Kr.

(Gruppe B)

 

Hügel B 1.

Lage: Parz.-Nr. 62/47, am Berghang.

Ausmaße: Dm. 12, H. 1 m.

Störung: Oben Einsenkung von früherer Abgrabung.

Ausgrabung: Keine.

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 125.

Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec: Die Abkürzung „a.a.O.“ wurde in der damaligen Zeit oft verwendet, ohne Erklärung. Es ist damit eine zuvor angegebene Quelle (in diesem Fall J. Caspart aus dem Jahr 1938, siehe oben) gemeint.

 

Hügel B 2.

Lage: Parz.-Nr. 62/47.

Ausmaße: Dm. NS 8, OW 7 m, H. ?.

Störung: Ungestört.

Ausgrabung: 1927 durch J. Caspart. 1 m breiter Suchgraben in Richtung OW über den höchsten Punkt des Hügels, bis unter den gewachsenen Boden vertieft. Die in der Mitte angefahrene Grabkammer wurde freigelegt.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Rechteckiger Brandplatz in NW-Teil des Hügels. L. 2,5, B. 2 m, Orientierung NS.

Grabbau: Rechteckige Steinkiste aus unbehauenen Flyschplatten auf dem Brandplatz. Oben offen. Westliche Platte: L. 70, H. 50 cm, östliche Platte: L. 70, H. 40 cm, war etwas schräg von SO gegen NNW gestellt, südliche Platte: L. 100, H. 50 cm, nördliche Platte: L. 60, H. 65 cm. Zwischen ihr und der westlichen Platte 30 cm breiter Zwischenraum, der durch 3 senkrecht stehende Platten ausgefüllt war. Orientierung W – O.
Neben der SW-Ecke der Kiste annähernd runde Flyschplatte, 40 x 30 cm.
 In der Hügelaufschüttung vereinzelte große Steine.

Bestattung: Brandflächengrab in der Steinkiste.

Beigaben: In der Steinkiste Bruchstücke von Gefäßen.
 Südlich neben der Kiste 2 Gefäße.

Verwahrung der Funde: Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4187, 4188.

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 126 f.

 

Hügel B 3.

Lage: Parz.-Nr. 62/47, am Berghang.

Ausmaße: Dm. NS 11, OW 12, H. 1,20 m. Mit Bäumen bestanden.

Störung: ?

Ausgrabung: 1929 durch J. Caspart. 1 m breiter Suchgraben in Richtung OW, bis auf den gewachsenen Boden vertieft. In der Mitte des Hügels flächige Erweiterung.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Etwa rechteckiger Brandplatz auf dem gewachsenen Boden in der Mitte des Hügels. L. 3,70, B. 1,60 – 1,80 m, Orientierung NW – SO. (Nicht ganz freigelegt).

Grabbau: Keiner festgestellt. In der Hügelaufschüttung einzelne große Steine verstreut, gegen die Hügelmitte zu häufiger (gestörter Grabbau ?).

Bestattung: Brandflächengrab.

Beigaben: Gefäßbruchstücke, Eisenfragment.

Verwahrung der Funde: ?

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 127.

 

Hügel B 4.

Lage: Parz.-Nr. 62/48, am Berghang.

Ausmaße: Dm. NS 9, OW 6, H 0,50 m.

Störung: Ungestört.

Ausgrabung: 1928 durch J. Caspart. 2 m breite Suchgräben von O und W gegen die Hügelmitte. In der Mitte wurde der Graben auf 3 m L. bis 10 cm unter die Bestattung vertieft.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Keiner festgestellt.

Bestattung: Brandflächengrab 85 cm unter dem höchsten Punkt in der Mitte des Hügels.
 Rund, Dm. 1,50 m, Dicke 10 cm.

Beigaben: In der Bestattung Gefäßbruchstücke.

Verwahrung der Funde: ?

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 127.

 

Hügel B 5

Lage: Parz.-Nr. 62/48.

Ausmaße: Dm. NS 5, OW 5,50, H. 0,42 m.

Störung: Ungestört.

Ausgrabung: 1928 durch J. Caspart. Suchgraben in Richtung WO, in der Hügelmitte flächige Erweiterung.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Über der Bestattung 20 cm Erde, darüber annähernd runde Steindecke aus Flyschsteinen. Dm. ca. 2,50 m.

Bestattung: Brandflächengrab in der Mitte des Hügels. Rund, Dm. 1 m, Dicke 25 cm.

Beigaben: In der Bestattung Bruchstücke verschiedener Gefäße, Fibel.

Verwahrung der Funde: Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4189, 4190.

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 127 f.

 

Hügel B 6.

Lage: Parz.-Nr. 62/48, am Berghang.

Ausmaße: Dm. NS 14, OW 10,50, H. 1,12 m.

Störung: War schon zweimal ausgegraben, stark gestört.

Ausgrabung: 1928 durch J. Caspart. 1 m breiter Suchgraben in Richtung OW, in der Mitte flächige Erweiterung. Weitere Suchgräben im O und am SW-Ende der früheren Ausgrabung.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Keiner festgestellt. Vereinzelte Flyschsteine (Rest einer Steinbedeckung ?).

Bestattung: ? Gestört.

Beigaben: Bruchstücke verschiedener Gefäße.

Verwahrung der Funde: Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4191, 4192.

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 12

 

Hügel B 7.

Lage: Parz.-Nr. 62/47, am Berghang.

Ausmaße: Dm. NS 9,50, OW 8,10, H. 0,88 m.

Störung: Ungestört.

Ausgrabung: 1928 durch J. Caspart. 1 m breite Suchgräben von O nach W und N nach S, in der Mitte flächige Erweiterung.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Viereckiger Brandplatz in der Mitte des Hügels. Seitenlänge 1,30 x 1,50 x 0,90 x 1,35 m, Dicke 5 cm, Orientierung WO.

Grabbau: Unregelmäßige Steindecke aus kleinen Flyschplatten nördlich des Brandplatzes unmittelbar unter der Hügeloberfläche. Dm. 1,50 – 2 m.

Bestattung: Keine festgestellt.

Beigaben: Auf dem Brandplatz zahlreiche Gefäßbruchstücke. Unter der Steindecke Gefäß, Gefäßbruchstücke, Münze des Tiberius.

Verwahrung der Funde: Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4193, 4194, 5739.

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 128.

 

Hügel B 8.

Lage: Parz.-Nr. 62. Bauernöd.

Ausmaße: Dm. 9, H 1,20 m. Mit Bäumen bestanden.

Störung: Gestört.

Ausgrabung: 1949 und 1952 durch Dr. F. Hampl, Niederösterreichisches Landesmuseum.
1949: Suchgraben von O gegen Hügelmitte. Nach Auftreffen auf den Grabbau wurde dieser an zwei Stellen bis zur halben Höhe freigelegt. Dann wurden die deckenden Steinplatten und das darunter liegende Erdreich entfernt.
 1952: Der 1949 nicht zugeworfene Hügel wird weiter ausgegraben, sodaß die Grabkammer auch von außen freigelegt wird.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Rechteckige Grabkammer von der Hügelmitte nach SO verrückt. Mauern waren gemörtelt, oben war die Kammer mit Steinplatten gedeckt, der Boden war ebenfalls mit Steinplatten belegt. Ausmaße der Kammer innen: L. 99, B. 86, H. 69, Mauerstärke 30 cm. Die deckenden Steinplatten waren zum Teil nach unten gedrückt (Störung).

Bestattung: Urnenbestattung innerhalb der Grabkammer. Knochenklein im Grabraum verstreut (Störung).

Beigaben: Innerhalb der Grabkammer: ca. 25 cm unter dem Oberrand der Kammer Bruchstück eines Kruges. Auf der Grabsohle 2 Krüge, 1 Faltenbecher (liegend), 1 Schale (beschädigt), Dreifußschale mit Deckel (verkehrt liegend) und Leichenbrandurne. Gefäßbruchstücke im Grabraum verstreut.

Verwahrung der Funde: Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 9319 – 9328.

Publikation: Keine.

Unteralgen: F. Hampl, Fundbericht aus 1949 im Niederösterreichisches Landesmuseum.

Anmerkung: Nach der Lagerung der deckenden Steinplatten, der im ganzen Grabraum verstreuten Reste von Asche und Knochenklein und Gefäßscherben, sowie nach der an der Schale deutlich erkennbaren Schlagmarke von einem spitzen Gegenstand, nach der verkehrten und von der Fußschale abgerückten Lage des Deckels und dem Fehlen von Bronzebeigaben vermutet der Ausgräber, daß Grabräuber noch Bronzen oder Münzen suchten, den Gefäßen aber keine Beachtung schenkten.

 

Hügel B 9.

Lage: Am „Römerweg“, nördlich der „Drei Wasser“.

Ausmaße: Dm. 10, H. 1,20 m.

Störung: Ungestört.

Ausgrabung: 1952 durch Dr. F. Hampl. 60 cm breiter Suchgraben vom Weg im O gegen die Hügelmitte. Von dort wurde senkrecht dazu in südlicher Richtung weitergegraben.

Stratigraphie: Der nach W leicht ansteigende Berghang wurde zur Aufnahme der Bestattung flach grubenförmig ausgehoben. Nach der Bestattung wurde die Mulde mit dem ausgehobenen Material (hellgelbe feinkörnige Erde) aufgefüllt. Stärke ca. 55 cm. Darüber 25 cm braune Erde und 15 cm rezenter Humus.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Keiner festgestellt.

Bestattung: Brandflächengrab.

Beigaben: 2 Gefäße und Deckel dicht beisammen, kleines Eisenfragment.

Verwahrung der Funde: Museum Tulln, Inv.-Nr. 2300.

Publikation: Keine.

Unterlagen: F. Hampl, Fundberichte aus 1952 im Niederösterreichisches Landesmuseum.

 

Hügel B 10.

Lage: Am „Römerweg“, nördlich der „Drei Wasser“.

Ausmaße: Dm. 15, H. 1,14 m.

Störung: Ungestört.

Ausgrabung: 1952 durch Dr. F. Hampl, 60 cm breiter Suchgraben von O gegen die Hügelmitte. Von dort wurde senkrecht dazu in südlicher Richtung weitergegraben.

Stratigraphie: Für die Bestattung wurde der Boden eingeebnet und nach der Grablegung wurde das ausgehobene Material (hellgelbe feinkörnige Erde) bis 40 cm hoch aufgeschüttet. Darüber 25 cm braune Erde und 5 cm rezenter Humus.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Keiner festgestellt.

Bestattung: Brandflächengrab in 62 cm Tiefe, südlich der Hügelmitte.

Beigaben: Neben der Bestattung auf der Grabsohle Gefäße, Bruchstücke von Gefäßen und Fibelbruchstück.

Verwahrung der Funde: Museum Tulln, Inv.-Nr. 2301.

Publikation: Keine.

Unterlagen: F. Hampl, Fundberichte aus 1952 im Niederösterreichisches Landesmuseum.

 

Hügel B 11.

Lage: Parz.-Nr. 62/47, am Berghang.

Ausmaße: Dm. NS 17, OW 16, 2,65 m.

Störung: War schon mehrmals ausgegraben worden. Von der W-Seite Graben gegen die Mitte, dort große Einsenkung.

Ausgrabung: 1928 durch J. Caspart. 2 m breiter Suchgraben von N gegen die Hügelmitte. Ausräumung der Einsenkung und des Grabens der früheren Ausgrabungen mit Erweiterungen.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Großer Brandplatz in Form eines unregelmäßigen Sechsecks im SO-Teil des Hügels, 2,65 m unter dem höchsten Punkt. Größte Ausdehnung 4,40 x 4,30 m (Maße nach dem Plan J. Casparts).

Grabbau: 2 Grabkammern (etwas gestört).
1. Rechteckige Grabkammer, gemörtelt, im SO-Teil des Brandplatzes. Mit großer, unbehauener Steinplatte bedeckt, die etwas zu klein war, sodaß sie im N in die Kammer fiel und nur im S auf der Mauer liegen blieb. NW-Ecke der Kammer zerstört. Die Grabkammer war auf drei Seiten noch von einer Mauer umgeben, die durch den Erddruck nach außen gedrückt worden war. Ausmaße der Kammer innen: L. 1,20, B. 1, H 0,50 m, Mauerstärke 50 cm. (Maße nach dem Plan J. Casparts). Orientierung SSW – NNO.
2. Rechteckige Grabkammer mit falschem Gewölbe überdeckt nördlich der 1. Grabkammer, 0,55 m höher gelegen. Ausmaße innen: L. 85, B. 88, H. ?, Mauerstärke 40 cm. (Maße nach dem Plan J. Casparts). Orientierung WO (Taf. LXXVIII/Fig. 1).

Bestattung: In der 1. Grabkammer Brandflächengrab. (Boden 15 cm hoch mit Resten des Scheiterhaufens bedeckt).
In der 2. Grabkammer Urnenbestattung (?). (Henkelkrug mit Leichenbrand und Erde).

Beigaben: In der 1. Grabkammer:
In der Bestattung Gefäßbruchstücke, Eisennägel, 2 Fibeln, fragmentiert, Münze des Domitian. Auf der Bestattung Gefäße, darunter Schale aus Terra sigillata und Krug aus Glas, Hühnerknochen, weitere Tierknochen.
In der 2. Grabkammer:
Gefäße, Bruchstücke von Gefäßen, Fibelfragmenten, Bronze- und Eisenfragmente.
Auf dem Brandplatz:
Bruchstücke verschiedener Gefäße, darunter Bruchstück derselben Gefäße wie in der Bestattung der 1. Grabkammer.

Verwahrung der Funde: Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4195, 4196, 4199 . 4205, 5733, 5735, 5737, 5738, 5740.

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 128 ff.

 

Hügel B 12.

Lage: Parz.-Nr. 62/47, bei den „Drei Wassern“, am Berghang.

Ausmaße: Dm. NS 9,50, OW 10, H. 0,55 m.

Störung: Ungestört.

Ausgrabung: 1928 durch J. Caspart. 1 m breiter Suchgraben in Richtung NS, in der Mitte angefahrene Steinlage wurde freigelegt.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Einfache Lage verschieden großer Steine etwa in der Mitte des Hügels, 25 cm unter der Oberfläche. Dm. NS 0,80 – 1, OW 2,20 m.

Bestattung: Brandflächengrab unter der Steindecke. (25 cm dicke Schichte Erde mit Kohle und Knochenklein).

Beigaben: Gefäßbruchstücke und Eisenfragment in der Bestattung, Tierknochen.

Verwahrung der Funde: ?

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 131.

 

Hügel B 13.

Lage: Parz.-Nr. 62/52, bei den „Drei Wassern“.

Ausmaße: Dm. OW 13, NS 15,80, H. 2,90 m.

Störung: In der Mitte große Einsenkung von früherer Ausgrabung.

Ausgrabung: 1928 durch J. Caspart. Suchgraben vom N gegen die Hügelmitte, angeschnittene Grabkammer wurde freigelegt.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Gestört. Rechteckige Grabkammer mit Tonnengewölbe überdeckt (zum Großteil schon zerstört). Tor aus vier behauenen Quadern führt in einen kleinen Vorraum, der ebenfalls mit einem Gewölbe überdeckt war. An diesem Vorraum schließt offener Gang an. Wände der Kammer, des Vorraumes und des Dromos waren weiß getüncht, mit roten Randstreifen und scheinbar auch mit grünen Pflanzen bemalt.
Die Grabkammer war mit einem hölzernen Tor zu verschließen, wofür die Löcher für die Türangeln und der Falz für die Tür in den Torsteinen noch sichtbar sind. Reste von Eisenbeschlägen der Tür lagen auf der Schwelle.
Am S-Ende des Vorraumes lag, in zwei Stücke zerbrochen, die vermutliche Stirnplatte des Gewölbes im Vorraum.
Ausmaße (nach den Plänen J. Casparts):
Kammer innen: L. 2,70, B. 2, H. 1,50 (rek.), Mauerstärke 60 cm.
Türsteine: Seitensteine: 1,05 x 0,62 x 0,20 bzw. 0,30 m (mit Falz), Deckstein: 1,30 x 0,62 x 0,35 m. Schwelle: 1,48 x 0,62 x 0,30 m.
Vorraum: L. 1,24, B. 1,40, H. 2.10 m (rek.), Mauerstärke 80 cm.
Dromos: L. 6,24, B. 1,40, H. 1,76 gegen S bis 0,40 m abnehmend, Mauerstärke 60 – 80 cm.
Orientierung: SO – NW.

Bestattung: ? Gestört.

Beigaben: In der Grabkammer Bruchstücke verschiedener Gefäße, Eisen- und Bronzefragmente. (Beraubt).

Verwahrung der Funde: Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4206 – 4210.

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 131 f.

Anmerkung: Der Hügel wurde offen gelassen und im Jahre 1930 von der Niederösterreichischen Landesregierung mit Unterstützung des Bundesdenkmalamtes gesichert und mit einer hölzernen Schutzhütte versehen, die sich jedoch nicht als dauerhaft erwies. Da die Grabkammer nun von Jahr zu Jahr zusehends verfiel, wurde auf Anregung von F. Hampl durch die Niederösterreichische Landesregierung mit einer fachgemäßen Restaurierung des Hügels und seiner steinernen Einbauten im September 1966 begonnen. Die dabei zu erwartenden neuen Ergebnisse und Funde werden vom Leiter der Restaurierungsarbeiten, cand. phil. Hans Ubl, veröffentlicht werden.

 

Hügel B 15.

Lage: Im Waldstück „Riegletzberg“, ca. 250 m östlich von B 13 im Bundesforst.

Ausmaße: Sehr flach.

Störung: In der Mitte Einsenkung von alter Angrabung.

Ausgrabung: 1929 durch J. Caspart. Der Hügel erwies sich als natürliche Bildung.

Publikation: J. Caspart, a.a.O., S. 132.

 

Das Inventar der Hübelgräber von Rappoltenkirchen. (Gruppe B).

 

Die Objekte aus den Grabungen J. Casparts kamen an das Niederösterreichische Landesmuseum, Wien, sind aber nur zum Teil noch vorhanden. Inv.-Nr. 4187 – 4196, 4199 – 4210, 4216, 5732, 5733, 5735, 5737 – 5740. Die Beschreibung der nicht vorhandenen Gegenstände erfolgte nach Angaben J. Casparts, Abbildungen der nicht vorhandenen Gegenstände sind Umzeichnungen von Photographien J. Casparts. (Dies gilt für alle Funde aus Hügelgruppen, die an das Niederösterreichische Landesmuseum kamen und dort nur zum Teil vorhanden sind).
 
Die Funde aus den Grabungen F. Hampls befinden sich ebenfalls zum Teil im Niederösterreichischen Landesmuseum, Inv.-Nr. 9319 – 9328, zum Teil im Museum Tulln, Inv.-Nr. 2301, 2300. Fundortsbezeichnung ist Au a. Kr. bzw. Rappoltenkirchen.

 

Hübel B 2.

Kleiner Topf aus weilichgrauem Ton. Deutlich abgesetzte Standfläche, schlanker Körper, kurzer Hals mit waagrecht umlaufenden Furchen, ausladender, gekanteter Mundsaum. Stfl. 5,5, H. 15,3, Ms. 10,5 cm. Inv.-Nr. 4187. Nicht vorhanden. (Taf. XXXVII/2, ½ nat. Größe, Umzeichnung nach Photographie j. Casparts).

Henkelkrug aus rötlich-gelbem, feinem, weichen Ton. Leicht fußförmig abgesetzte Standfläche, bauchiger Körper, kurzer, enger Hals, schnabelförmiger Ausguß. Vom Mundsaum zur Schulter Bandhenkel mit senkrechter Furchung. Stfl. 5,5, H. 15,5, Ms. 3,9 cm. Inv.-Nr. 4188. Nicht vorhanden. (Taf. XXXVII/1,ca. ½ nat. Größe, Umzeichnung nach Photographie j. Casparts).

Bodenbruchstück einer Dreifußschale aus graubraunem Ton. (Nicht vorhanden).

4 Gefäßbruchstücke, darunter ein Mundsaumbruchstück aus stark gemagertem Ton. (Nicht vorhanden).

Knockenklein, nicht bestimmbar.

Kohle von Stieleiche.

 

Hügel B 3.

Mundsaumbruchstück aus grobem, gemagerten Ton. (Nicht vorhanden).

Wandbruchstück aus hellgrauem, feinem, weichem Ton. (Nicht vorhanden).

Wandbruchstück aus ziegelrotem, gemagerten Ton. (Nicht vorhanden).

Eisenfragment einer Fibel (?).(Nicht vorhanden).

1 Stückchen Knochenklein.

Kohle von Stieleiche.

 

Hügel B 4.

Bruchstücke eines kleinen Bechers aus im Kern rotem, außen schwarzem Ton. Abgesetzte Standfläche, runder Bauch, ausladender Mundsaum. Stfl. Ca. 4,5 cm. (Nicht vorhanden).

Mundsaumbruchstück einer Dreifußschale (?) aus grauem Ton. Gerade abgeschnittener Mundsaum. (Nicht vorhanden).

Bruchstücke eines Topfes aus hellgrauem Ton. Standring, runder Bauch, geschweifter Hals, leicht ausladender Mundsaum. Auf der Schulter waagrechte Rille. (Nicht vorhanden).

Knochenklein.

Kohle von Stieleiche.

 

Hügel B 5.

Bruchstücke eines Topfes aus grauem Ton. Deutlich abgesetzte Standfläche, birnförmiger Körper. Auf der Schulter waagrecht umlaufende Rillen. Inv.-Nr. 4190. (Zum Teil vorhanden).

Bruchstücke wahrscheinlich eines Henkelkruges aus rotgelbem, feinem Ton. (Nicht vorhanden).

Bruchstücke vermutlich einer Schüssel aus weißlichem Ton. (Nicht vorhanden).

Fibel aus Bronze, stark geschmolzen, fragmentiert. Kräftig profilierte Fiebel mit Verdickung am Bügel. Erh. L. 3 cm. Inv.-Nr. 4189. (Taf. XXXVII/3, a, b, 1/1 nat. Größe).

Knochenklein.

Kohle von Rotbuche.

 

Hügel B 6.

Mundsaumbruchstück einer Schale aus falscher Terra sigillata, Form Drag.27. Inv.-Nr. 4191. (Taf. XXXVII/5, ½ nat. Größe).

Bruchstücke vermutlich eines Henkelkruges aus rotem, feinem Ton. (Nicht vorhanden).

Mundsaumbruchstücke zweier Gefäße aus weißlichem Ton. Kehliger Hals, ausladender Mundsaum. Ms. 16 cm (rek.). (Taf. XXXVII/4, ½ nat. Größe). Inv.-Nr. 4192.

Weitere zahlreiche Bruchstücke verschiedener Gefäße, darunter einer Dreifußschale mit gerade abgeschnittenem Mundsaum. (Nicht vorhanden).

Knochenklein und Kohle von Linde.

 

Hügel B 7.

Teller aus rötlichem Ton. Deutlich abgesetzte Standfläche, leicht gewölbte Wand, eingezogener Mundsaum. Am Boden innen konzentrische Furche. Stfl. 12, H. 4,8, Ms. 16,5 cm. Inv.-Nr. 5739.

Zahlreiche Bruchstücke verschiedener Gefäße, darunter von Deckel, Schüssel oder Dreifußschale, Henkelkrug. Vorhanden nur: Wandbruchstück mit Bodenansatz eines großen, dickwandigen Gefäßes aus grauem Ton. Inv.-Nr. 4194.

Münze. As des Augustus. Prägung 14 – 15 v. Chr.
Avers: DIVUS AUGUSTUS PATER.
Kopf mit Strahlenkrone nach links.
Revers: Blitzbündel, S C.

Kohle von Rotbuche.

 

Hübel B 8.

Topf (Leichenbrandurne) aus weißlichem Ton. Fußförmig abgesetzte Standfläche, ziemlich schlanker Körper, kurzer, durch waagrechte Furchen abgesetzter Hals, ausladender, verdickter Mundsaum. Stfl. 8,2, H. 25, Ms. 18,2 cm. Inv.-Nr. 9319. (Taf. XXXVII/6, ½ nat. Größe).

Henkelflasche aus hellbraunem Ton. Standring, hoher, schlanker Körper, enger Hals, leicht ausladender Mundsaum. Von knapp unterhalb des Mundsaumes zur Schulter Bandhenkel mit senkrechter, breiter Mittelfurche. Stfl. 7, H. 29, Ms. 6 cm. Inv.-Nr. 9320. (Taf. XXXVII/3, ½ nat. Größe).

Henkelflasche wie oben. Inv.-Nr. 9321. (Taf. XXXVIII/6, ½ nat. Größe).

Kleiner Faltenbecher aus rötlich-gelben Ton. Fuß, senkrechte Wand, 6fach gefaltet, kurzer Hals, gerade abgeschnittener Mundsaum, Stfl. 3,5, H. 9, Ms. 5,5 cm. Inv.-Nr. 9322. (Taf. XXXVIII/1, ½ nat. Größe).

Dreifußschale aus grauem Ton, teilweise fragmentiert. Drei lappenförmige Füßchen, erst konisch, nach Wandknick etwa senkrecht aufsteigende Wand, ausladender, verdickter Mundsaum. Am Wandknick waagrecht umlaufende Furchen. Stfl. 7, erh. H. 6,5, Ms. 16 cm. Inv.-Nr. 9323. (Taf. XXXVIII/5, ½ nat. Größe).

Deckel, konisch, mit Griffknopf aus hellgelben Ton. Dm. 14,2, H. 4 cm. Inv.-Nr. 9324. (Taf. XXXVIII/4, ½ nat. Größe).

Bruchstücke eines Gefäßes aus hellgrauem Ton. Inv.-Nr. 9336.

Bruchstücke eines großen konischen Deckels aus weißlichem Ton. Inv.-Nr. 9327.

Bruchstücke verschiedener Gefäße. Inv.-Nr. 9328.

Schale aus falscher Terra sigillata, Form Drag. 46. Hohler Standfuß, konische, leicht eingezogene Wand, ausladender, leicht verdickter Mundsaum. Unterhalb des Mundsaumes tiefe, waagrechte Einkerbung. Stfl. 6, H. 7, Ms. 13,8 cm. Inv.-Nr. 9325. (Taf. XXXVIII/2, ½ nat. Größe).

 

Hügel B 9.

Henkelkrug aus hellbraunen Ton, leicht beschädigt. Standring, bauchiger Körper, abgesetzter, ziemlich hoher, kehliger Hals, scharf eingezogener Mundsaum. Von knapp unterhalb des Mundsaumes zur Schulter Bandhenkel. Stfl. 5,6, H. 17,5, Ms. 4,2 cm. Inv.-Nr. 2300 (Museum Tulln). (Taf. XXXIX/1, ½ nat. Größe).

Töpfchen aus hellgrauem Ton. Leicht fußförmig abgesetzte Standfläche, bauchiger Körper, ausladender Mundsaum. Unterhalb des Mundsaumes waagrechte Furche. Stfl. 4,6, H. 9,5, Ms. 7,6 cm. Inv.-Nr. 2300 (Museum Tulln). (Taf. XXXIX/3, ½ nat. Größe).

Konischer Deckel mit Griffknopf aus weiß-grauem Ton. Dm. 17,4, H. 4,5 cm. Inv.-Nr. 2300 (Museum Tulln). (Taf. XXXIX/2, ½ nat. Größe).

 

Hügel B 10.

Henkelflasche aus rötlichem, feinem Ton, teilweise ergänzt. Standring, eiförmiger Körper, enger, kehliger Hals, ausladender Mundsaum. Von unterhalb des Mundsaumes zur Schulter Bandhenkel. Stfl. 6,2, H. 25,6, Ms. 5,7 cm. Inv.-Nr. 2301 (Museum Tulln). (Taf. XXXIX/5, ½ nat. Größe).

Unterteil eines Topfes aus graubraunem Ton. Leicht fußförmig abgesetzte Standfläche 8,9 cm. Inv.-Nr. 2301 (Museum Tulln). (Taf. XXXIX/8, ½ nat. Größe).

Bruchstücke verschiedener Gefäße, darunter Mundsaumbruchstück eines Topfes aus braunem Ton. Kurzer, durch waagrechte Furchen abgesetzter Hals, ausladender, überhängender, im Querschnitt dachförmiger Mundsaum. Inv.-Nr. 2301 (Museum Tulln). (Taf. XXXIX/6, ½ nat. Größe).

Dreifußschale aus schwarz-braunem Ton. Drei sehr niedrige Füßchen, konische Wand, scharf eingezogener Mundsaum, unterhalb des Mundsaumes scharfe Profilierung der Wand. Stfl. 9,5, H. 6,5, Ms. 17,1 cm. Inv.-Nr. 2301 (Museum Tulln). (Taf. XXXIX/7, ½ nat. Größe).

Kleines Bruchstück einer Fibel aus Bronze. Inv.-Nr. 2301 (Museum Tulln). (Taf. XXXIX/4, ½ nat. Größe).

 

Hügel B 11.

Aus dem ersten Grab:

Topf aus grauem Ton, teilweise ergänzt. Standring, gefurcht, stark ausladender, bauchiger Körper, hoher, kehliger Hals, ausladender Mundsaum. Auf der Schulter 2 waagrecht umlaufende Furchen, darunter Reihen mit Spatelspitzeneindrücken. Stfl. 10, H. 22,5, Ms. 13 cm. Ohne Inv.-Nr. (Taf. XLII/4, ½ nat. Größe).

Henkelflasche aus gelbem, feinem Ton. Fußförmig abgesetzte Standfläche, bauchiger Körper, hoher, enger, kehliger Hals, waagrecht ausladender Mundsaum. Von knapp unterhalb des Mundsaumes zur Schulter Bandhenkel mit senkrechter Furchung. Um die Bauchmitte breites braunrotes Band gemalt. Stfl. 7,4, H. 23,4, Ms. 6 cm. Inv.-Nr. 5733. Nicht vorhanden. (Taf. XLI/1, ½ nat. Größe, Umzeichnung nach Photographie J. Casparts).

Bruchstücke einer Henkelflasche wie oben. Inv.-Nr. 4201.

Bruchstücke eines (?) großen Topfes aus grauem, feinem Ton. Hohler Standring, bauchiger Körper, kehliger Hals, ausladender Mundsaum. Auf der Oberfläche rote bis braune Bemalung, in die waagrecht umlaufende Wellenlinien und dazwischen Reihen von Spatelspitzeneindrücken eingeritzt sind. Inv.-Nr. 4195.

Wandbruchstücke eines Topfes aus grauem Ton mit Kammstrichverzierung. Inv.-Nr. 4202.

Mundsaumbruchstück eines Gefäßes. Ausladender, verdickter Mundsaum mit waagrechten Furchen. Nicht vorhanden.

Dreifußschale aus grauem Ton. Drei lappenförmige Füßchen, erst konisch, nach Wandknick etwa senkrecht aufsteigende Wand mit waagrecht umlaufenden Furchen, breiter, waagrecht ausladender Mundsaum, ebenfalls mit waagrechten Furchen. Teil der Wand und des Mundsaumes sind verbogen, die Füße nicht gleich lang. Stfl. 10, H. ca. 7, Ms. ca. 18 cm. Inv.-Nr. 4199. (Taf. XL/2, ½ nat. Größe).

Dreifußschale aus grauem Ton wie oben. Stfl. 11, H. 8, Ms. 15 cm. Inv.-Nr. 4200. (Taf. XL/4, ½ nat. Größe).

Dreifußschale aus grauem Ton. Drei lappenförmige Füßchen, etwa halbkugeliger Körper, gerade abgeschnittener Mundsaum, unterhalb des Mundsaumes waagrecht umlaufende Furchen. Stfl. 9, H. 7,5, Ms. 14,4 cm. Inv.-Nr. 4200. (Taf. XLII/2, ½ nat. Größe).

Töpfchen aus grauem Ton. Leicht fußförmig abgesetzte Standfläche, ziemlich schlanker Körper, kurzer Hals, ausladender Mundsaum. Auf der Schulter waagrecht umlaufende Furchen. Stfl. 4,5, H. 11, Ms. 8 cm. Inv.-Nr. 5738. (Taf. XLII/5, ½ nat. Größe).

Töpfchen aus grauem Ton, mit schwarzem Überzug versehen, Standring, bauchiger Körper, ausladender, ringförmig vorkragender Mundsaum. Stfl. 3,5, H. 7,9, Ms. 6,8 cm. Inv.-Nr. 5735. (Taf. XLII/3, ½ nat. Größe).

Konischer Deckel mit Griffknopf aus grauem Ton, ergänzt. Dm. 22,5, H. 7,5, H. 7,5 cm. Ohne Inv.-Nr.

Schüssel aus Terra sigillata, Form Drag. 30 mit umlaufendem Reliefband, das unter einem Eierstab metopenartig gegliedert ist. Ornamente und Figuren wechseln ab: Kreuz aus Perlenstöben mit Palmetten, Apollo eitharoedus, Dreiblätter zwischen Perlstäben, Minerva, Dreiblätter, Mann, Kreuz aus Perlstäben mit Palmetten, Penelope. Das Ganze zweimal. (J. Caspart). Stfl. 8,5, H. 12,5, Ms. 16 cm. Inv.-Nr. 5784. (Taf. XL/1, Photo J. Caspart).

Glaskrug, grünlich. Quadratische Standfläche mit 4 konzentrischen Wülsten, senkrechte Wände, deutlich abgesetzter, runde, leicht konischer Hals, waagrecht ausladender Mundsaum. Vom Hals zur Schulter geriefelter, stark geknickter Bandhenkel. Stfl. 8,7, H. 27,5, Ms. 6,9 cm. Inv.-Nr. 5785. (Taf. XLI/2, Photo J. Caspart).

Norisch-pannonische Flügelfiebel aus Bronze, Fuß fragmentiert. Auf den Flügeln je 2 Knöpfchen aufgenietet. Erh. L. 16 cm. Ohne Inv.-Nr. (Taf. XLII/6, a, b, 1/1 nat. Größe).

Bruchstücke einer ähnlichen Fibel wie oben. Inv.-Nr. 4203.

Eisennägel, lang, mit vierkantigem Schaft, flachem oder hakenförmig gebogenem Kopfteil. L. bis 9,5 cm. Inv.-Nr. 4202.

Vorreiber (Riegel) aus Eisen, stark verbogen. Vierkantiges Eisenblech, rechtwinkelig abgebogener Haken an einem Ende, am anderen Ende zu Ring umgebogen, darin Ring einer Angel, deren Enden im rechten Winkel nach außen gebogen sind. L. ca. 11,5 cm. Inv.-Nr. 4205.

Knochenklein, darunter
Tierknochen vom Schwein und Huhn. Inv.-Nr. 4196.

Kohle von Stieleiche.

Münze. As des Domitian. Prägung 80 – 81.
Avers: CAES DIVI AUG VESP F DOMITIAN COS
            Kopf mit Lorbeerkranz nach rechts.
Revers: AEQUITAS AUGUST S C

 

Aus dem zweiten Grab:

Henkelflasche (Leichenbrandurne) aus gelblichem, feinem Ton. Standring, kugeliger Körper, kurzer, enger Hals, waagrecht ausladender Mundsaum. Von knapp unterhalb des Mundsaumes zur Schulter Bandhenkel mit senkrechter Furchung. Um den Bauch breites rotes Farbband. Stfl. 6,8, H. 20, Ms. 6 cm. Nicht vorhanden. (Taf. XLI/3, ½ nat. Größe, Umzeichnung nach Photographie J. Casparts).

Dreifußschale aus rotem Ton. Drei lappenförmige Füßchen, erst konisch, nach Wandknick etwa senkrecht aufsteigende Wand, breiter, waagrecht ausladender Mundsaum. An der Wand und am Mundsaum waagrechte furchen. Stfl. 10, H. 7, Ms. 18 cm. Inv.-Nr. 5740. (Taf. XL/3, ½ nat. Größe).

Töpfchen aus grauem, feinem Ton. Standring, bauchiger Körper, kurzer, durch waagrechte Furchen abgesetzter Hals, ausladender Mundsaum. Stfl. 3,6, H. 8, Ms. 7,9 cm. Inv.-Nr. 5737. (Taf. XLII/1, ½ nat. Größe).

Kleines Bruchstück einer Fibel aus Bronze. Nicht vorhanden.

Eisenfragment. Nicht vorhanden.

Bruchstücke einer Dreifußschale (?) und einer Henkelflasche. Nicht vorhanden.

Knochenklein.

 

Hügel B 12.

Bruchstücke einer Henkelflasche (?) und eines anderen Gefäßes. Nicht vorhanden.

Eisenfragment von Nagel ? Nicht vorhanden.

Knochenklein, darunter
Tierknochen, Schweinezahn.

Kohle von Stieleiche.

 

Hügel B 15.

Bruchstücke eines Gefäßes, dünnwandig, aus rotem Ton mit schwarzem Überzug, rätische Ware mit Furchen und erhabenen Punkten. Inv.-Nr. 4208.

Bruchstücke eines Gefäßes aus gelblichem Ton. Bauchiger Körper, durch Furchen abgesetzter, zylindrischer Hals. Nicht vorhanden.

Bruchstücke aus grauem, feinem Ton mit roter Bemalung. Henkelflasche ?. Inv.-Nr. 4208.

Bruchstücke von Schale ? aus weißlichem Ton mit waagrechten Furchen. Nicht vorhanden.

Eisenstücke, eines mit Scharnier, von Türbeschlag. Inv.-Nr. 4210.

Bronzeblechfragment. Nicht vorhanden.

Rötelstift. L. 7,2 cm. Inv.-Nr. 4207.

Graphitstück. Inv.-Nr. 4206.

Lehm, Ocker, Kalktuff. Nicht vorhanden.

Wandbewurf mit Bemalung. Inv.-Nr. 4209.

Tierknochen, Ziege, Hund, Wolf, Hirsch.

 

Seiten 166 bis 167:

 

VIII. Ein weiteres Hügelgrab von Rappoltenkirchen. (Q nach J. Caspart).

1 Hügel, ausgegraben, gestört.

Bundesland: Niederösterreich.

Polit. Bezirk: Tulln.

Ger.-Bez.: Tulln.

Ortsgemeinde: Rappoltenkirchen.

Katastralgemeinde: Rappoltenkirchen.

Parz.-Nr.: ?

Flurname: In der Walchen.

Lagebeschreibung: Der Hügel liegt etwa 50 m südlich vom Westrand des ehemaligen Fischteiches entfernt, in der Walchen, südöstlich von Rappoltenkirchen.

Fundgeschichte: 1928 machte der Grundbesitzer auf den Hügel aufmerksam, den J. Caspart 1929 ausgrub. Er war schon gestört.
 Der Hügel wurde vermessen und kartiert.

Publikation: J. Caspart, Römerzeitliche Grabhügel im nördlichen Wienerwald, MAG. 48., 1938, 146 ff.

Verwahrung der Funde: Zum Teil Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4221 unter der Fundortbezeichnung Au a. Kr.

 

Der Hügel Q von Rappoltenkirchen.

 

Hügel Q.

Lage: In der Walchen von Rappoltenkirchen, am Berghang.

Ausmaße: Dm. 9, H. 0,48 m.

Störung: Gestört.

Ausgrabung: 1929 durch J. Caspart. 50 cm breiter Suchgraben in Richtung SWNO durch die Hügelmitte, dort und gegen SO flächige Erweiterung. Weitere Suchgräben nach NW und N.

Stratigraphie: Nicht beobachtet.

Brandplatz: Keiner festgestellt.

Grabbau: Keiner festgestellt.

Bestattung: ? (Etwas Knochenklein).

Beigaben: Gefäßbruchstücke, Sand- und Hornsteine.

Verwahrung der Funde: Zum Teil Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien, Inv.-Nr. 4221.

Publikation: J. Caspart, Römerzeitliche Grabhügel im nördlichen Wienerwald, MAG. 48., 1938, 156.

 

Das Inventar des Hügelgrabes Q von Rappoltenkirchen.

 

Die Objekte kamen ans Niederösterreichische Landesmuseum, Wien, sind aber dort nicht mehr vorhanden.

Zahlreiche Bruchstücke verschiedener Gefäße, darunter Henkelflasche, oder –krug (?) aus grauem Ton, Deckel, Schale mit scharfer Profilierung und breiten, ausladendem Mundsaum, Teller, großer, grober Topf aus grauem Ton mit ausladendem, verdicktem Mundsaum und waagrechten Furchen. Nicht vorhanden.

Sandstein, Hornsteinstücke, Quarzgeröll. Inv.-Nr. 4221. Nicht vorhanden.

Knochenklein.

 

Tafeln.

Seite 224: Fundortverzeichnis.
Rappoltenkirchen Taf. XXXVII – XLII

XXXVII
XXXVIII
XXXVIX
XL
XLI
XLII
[Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec: Die Tafeln sind später ein zweites Mal gedruckt. 31 Zeichnungen und 2 Fotos von Fundgegenständen.]

Tafel LXXVIII

Zeichnung: Fig.1. Grundriß rechteckiger Grabkammern. (Rappoltenkirchen, Hügel B 11. Nach J. Caspart).

 

Zwischen Seiten 114 und 115 eingelegt:

Kopie einer Seite 125, aus einer unbekannten Quelle: „Römerzeitliche Grabhügel im nördlichen Wienerwald.

Gruppe 2 (Abb. 2)

Schon im August 1922 hatte der Oberlehrer i.P. Konrad Ziegelwanger aus Preßbaum die Hübel B 1 bis 7 bekannt gegeben, ungeführ 1500 m südwestlich von Au am Kraking. Später wurden noch die Hügel B 8 bis 12 gefunden. Die Hügel B 1, 2, 3, 7, 8, 9 und 10 liegen in der Parzelle 62/47 des Ehepaares Leopold und Anna Berger in Rappoltenkirchen Nr. 14, die Hügel B 4, 5 und 6 in der Parzelle 62/48, welche Karl Egger in Öpping Nr. 2, Gemeinde Rappoltenkirchen, gehörte und im Herbst 1928 an Anton Leitgeb in Rappoltenkirchen verkauft wurde. Gleich östlich von den Hügeln B 1 – 7, noch in der Parzelle 62/47 führt ein holwegartiger Graben von der Westseite des Hügels B 1 bergab. Die 7 ersten Hügel bilden östlich von dem Graben eine geschlossene Untergruppe, während die Hügel 8 – 10 unmittelbar westlich von dem Graben in einiger Entfernung und tiefer liegen.

Noch südlicher liegen die Hügel B 11 und B 12, beide noch in der Parzelle 62/47.

Aus dem oben genannten Graben dürfte die Schüttmasse für die Hügel B 1 – 12 genommen worden sein, vielleicht auch die Steine dazu.

Zu der Gruppe B wurde dann auch noch der Hügel B 13, der Fundplatz B 14 und schließlich der Hügel B 15 gezählt, von welchen unten die Rede sein wird.

 

Hügel B 1

zeigt Spuren früherer Ausgrabungen. Er wurde nicht untersucht. Dm. 12 m. H. 1 m. 


Abb. 2 Gruppen B und C. Lage.
[Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec: B 14 ist nur hier eingezeichnet, ist aber kein Hügelgrab, laut diesem Buch, Seite 118).

[Ende der Kopie.]

 

Im ehemaliges Schularchiv, Mappe „Rappoltenkirchen, Heimatkunde“ fand sich zu dieser kopierten Seite folgende handschriftliche Abschrift (mit derselben Lagekarte, Abbildung 2. Gruppen B und C.):

[Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec: Vermutete Abschreibfehler sind in eckiger Klammer gesetzt. Mit dieser Abschrift ist nun klar, dass es sich hierbei um die originale Quelle von J. Caspart handelt, MAG. 48, 1938]

Fundbericht

Aus „Römerzeitl. Grabhügel im nördlichen Wienerwald von Jul. Caspart“

Broschüre aus dem Pfarrcharchiv Rappoltenkirchen.

 

Die Hügel 1, 2, 3, 7, 8, 9 und 10 (B) liegen in der Parzelle 62/47 des Ehepaares Leopold und Anna Berger Rapp. Nr. 14, die Hügel B 4, 5 u. 6 in der Parzelle 62/48, des Anton Leitgeb in Rapp. Gleich östlich von den Hügeln B 1 – 7, noch in der Parzelle 62/47 führt ein holwegartiger Graben von der Westseite des Hügels B 1 bergab. Die 7 ersten Hügel bilden eine geschlossene Untergruppe.

Hügel B 1 zeigt Spuren früherer Ausgrabung. Er wurde nicht untersucht. Dm. 12 m. H. 1 m. 

Hügel B 2: Dm von Nord nach Süd 8 m, von Ost nach West 7 m. Vereinzelte, unbehauene große Steine lagen unregelmäßig inmitten der Aufschüttung. In der Mitte fand sich eine Kiste aus unbehauenen Flyschplatten. Nahe der Kiste lagen 3 Tonscherben. Innen lag der Scherbe[n] und eine harte Mischung von Erde, Asche und Knochenklei[n]e. Außen, hart an der südl. Platte lag ein Topf und ein Henkelkrügchen.
Funde: Kohle von Stieleiche,
Knochenklein,
Dreifußschalen,
Topf aus Ton weißlichgrau,
Henkelkrügchen aus Ton, rötlichgelb, schlecht gebrannt.

Hügel B 3: Dm. N.-S. 11 m, H. 1,20 m.
O.-W. 12 m. In der Mitte des Hügels lag eine Brandstätte.
Funde: 3 Tongefäßscherben,
Knochen klein,
Kohle von Stieleiche und Ulme,
1 Eisenstückchen (Fibelknopf).

Hügel B 4: Dm. N.-S. 9 m, O.-W. 6 m, H. 0,50 m.
Die Bestattung lag 85 cm unter dem höchsten Punkt. Sie bestand aus einer 10 cm dicken Schichte von dunkler Erde und wenigen kalzinierten Knochen und einigen Tonscherben.
Funde: Knochen klein,
Kohle von Stieleiche,
19 Tonscherben von einer Urne, einer Dreifußschale und einem Becher.

Hügel B 5: Dm. N.-S. 5 m, O.-W. 5,5 m, H. 0,42 m.
Fast in der Mitte lat eine 25 cm starke, kreisrunde Aschenschicht von 1 m Dm; darin die Fundstücke. Darüber lag 20 cm Erde, dann eine kreisrunde Steindecke von 2 1/2  m Dm aus Flyschbrocken, obenauf Erde.
Funde: Knochen klein,
Kohle von Rotbuche,
Fibel aus Bronze, stark verschmolzen, Fuß und Nadelspitze abgebrochen. Der Bügel beginnt mit einer Öse für die Spirale aus Runddraht grün patiniert.
53 Scherben.

Hügel B 6: Dm. N.-S. 14 m, O.-W. 10,5 m, H. 1,12 m.
Zu finden waren nur vereinzelte Flyschbrocken und Teile einer Brandbestattung.
Funde: Knochen klein,
Kohle von Linde,
1 Randscherben aus Terra sigilatta von einem Schüsselchen,
35 Scherben.

Hügel B 7: Dm. N.-S. 9,5 m, O.-W. 8,1 m, H. 0,88 m.
Unter der Mitte des Hügels lag ein Brandplatz mit einer 5 cm dicken Brandschichte. Darin lagen viele Tonscherben. Nördlich davon wurden wenige Kohlen und Tonscherben gefunden, dafür ein Teller aus Ton und eine Bronzemünze.
Funde: Kohle von Rotbuche,
Münze aus Bronze von Tiberius Jahr 14 – 15 Coh 2 Ip 97, Nr 249 Matt. Syd. I, p 95 Nr 1
Telle aus Ton, rötlich,
194 Scherben von mindestens 8 Tongefäßen.

Hügel B 8 9 m Dm zeigt Spuren von Ausgrabung.

Hügel B 9 8 m Dm, scheint unverletzt zu sein, ebenso wie der gleichgroße 
Hügel B 10. Diese 3 Hügel wurden nicht untersucht.

Hügel B 11: Dm. N.-S. 17 m, O.-W. 16 m, H. 2,65 m.
Enthielt einen großen Brandplatz. Südöstlich davon war das zugehörige Grab errichtet. Eine rechteckige Grabkammer, gemörtelt, mit einer großen Steinplatte bedeckt. Boden der Kammer war 15 m hoch und mit Resten des Scheiterhaufens bedeckt. Darauf waren die eigentlichen Grabbeigaben gestellt.


Die gut lesbare Handschrift endet hier. Die nicht so gut lesbaren Seiten und die Skizzen zu den Funden sehen sie im 2. Teil des Sonderamtsblattes unter Frühgeschichte Nr. 110.

Letzte Veröffentlichung am 30.5.2025.

112) ehem. Schularchiv Rappoltenkirchen, ca. 1950/1960iger Jahre

Quelle 1

Auszüge aus dem Buch „Der Wienerwald“, eine landeskundliche Darstellung von Anton Schachinger.
Verlag für Landeskunde, Bd. ½, Eigentümer R. Heinike.

[Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec: Internet-Recherche am 20.4.2024: Erscheinungsjahr 1934.]

Seite 89, 93: Die urgeschichtliche Siedlung: Im Nordwesten Abdachungsgebiet, hinausblick in die Tullnerebene und in das tertiäre Hügelland dürfte die Rappoltenkirchner Gegend besiedelt gewesen sein. (Fund von 4 neol. Lochäxten (WPZ 1929 S. 108, MAG 1929 S. 44); auch in Öpping kam in jüngster Zeit eine neol. Lochaxt an das Tageslicht; neolitische Zeit (ca. 4000 – 1880 v. Chr.) = jüngere Steinzeit.
 

Seite 105: Römerzeit: Das nordwestliche vom Donaustrom entferntere liegende Randgebiet, das das Tullnerfeld und das tertiäre Hüggelland umrahmt, birgt nämlich in einsamen Waldteilen oft bis zu einer Höhenlage von 500 m eine große Anzahl Hügelgräber (tumuli) der frühkaiserlichen Zeit (1 – 2 Jahrhunderte n.Chr.). Grabhügel finden sich in der Ortsgemeinde Rappoltenkirchen (Waldparzelle No. 62/47, 48, 52, 13 Grabhügel) bei Au am Kracking (Waldparz. 63/2 2 Grabhügel). Außer diesen Grabhügeln wurden in der Folgezeit durch die verdienstvolle Forschungsarbeit Casparts noch ein Tumulus in der Walchen (Ortsgemeinde Rappoltenkirchen) 5 Grabhügel bei der Försterei Au am Kracking bekannt. Die Anlage der Tumuli wird von Caspart der venetr-illgrischen zugeschrieben, da aus der La Teneperiode (Keltenzeit) Hügelgräber fehlen und in unserer Gegend auch die Römer nur Flachgräber anlegten.

Seite 106: Die „Römerzeit“ des Wienerwaldes, um das Markante des Siedlungsgepräges noch einmal herauszuheben, brachte eine ziemlich dichte Reihung von Niederlassungen am Ostfluß, besonders in der näheren Umgebung Vindobonas und außerdem war das Nordwestgebiet, das im Bereich der Straßenzüge lag, besiedelt, wie die römischen Funde, die Tumulireihe sowie ein römerzeitlicher Mühlstein und Scherbenfunde bei den „Drei Wassern“ (Schmelzgraben Ortsgemeinde Rappoltenkichen) erweisen. Gewiß waren einzelne Siedlungen Neugründungen der Römer und gingen als solche auf die milit. Organisation des in Besitz genommenen Landes zurück. In der Mehrzahl aber knüpften sie an bestehende Wohnstätten an. Unerkennbar ist auch in unserem kleinen Siedlungsraum die Siedlungsbeharrung von der vorrömischen in die römische Zeit, die sich unter anderem im Zusammenfallen der prähistorischen und römischen Fundplätze zeigt. Das gleiche gilt von den die Niederlassungen verbindenden Verkehrslinien, den Straßen (heute noch vom Volke Hochstraßen oder Steinstraßen genannt) und Wegen. Eine Siedlung bei Preßbaum heißt Hochstraß.
[Ein Bild zur Hochstraße aus einer historischen Landkarte sehen Sie im 2. Teil des Sonderamtsblattes unter Frühgeschichte Nr. 110.]

Seite 123: Es hat die Annahme viel für sich, die die Entstehung der kleinen –ing Orte in der Mehrzahl der Fälle in die Zeit des ersten Siedlungsausbaues setzt. Was von siedlungsgeschichtlichem Standpunkt aber besonders an diesen –ing Ortsnamen auffällt, ist ihr ganz bestimmtes Verbreitungsgebiet. Es ist kein Zufall, daß sie sich im Wienerwald fast ausschließlich nur an der Nordwestabdachung und am Osthang, nur wenig dagegen im inneren Waldgebiet finden. Dieses scheinbare Rätsel löst sich aber sofort, wenn man die heute bekannten römischen Fundstellen mit der Verbreitung der 
 –ing Siedlungen in Verbindung bringt. Die –ing Namen im Nordwestteil des Waldes decken sich ihrer Lage nach auch fast vollständig mit der römerzeitl. Tumulireihe.

Als besonders markant sei für das Wienerwaldgebiet nur die Gegend um Kracking hervorgehoben, wo sich ein ganzes Nest dieser zu den ältesten Siedlungsschichten gehörigen Orte findet. Rappoltenkirchen mit seinem vielleicht den Markgrafen Ratpol (859 von Ludwig dem Deutschen abgesetzt) verewigendem Namen scheint der Mittelpunkt gewesen zu sein.

 

Quelle 2

Eine Maiwanderung.

[Maschinengeschrieben, Jahr unbekannt, vor 1952.]

Wir machen mit Verwandten aus Wien an einem schönen Frühlingstage eine eintägige Wanderung im schönen Wienerwald, um zum wahrscheinlich ältesten und auch imposantesten Baum des Alpenvorlandes, zur „Rieseneiche“ und dann weiter zu den Römergräbern zu gehen. […]

Wir gehen nun immer in östlicher Richtung und besuchen die Römergräber in den Gemeindewaldungen von Rappoltenkirchen. Die Gegend heißt auch „Zu den drei Wassern“, weil sich drei Wässerlein, aus verschiedener Richtung kommend, hier vereinigen. In dieser Gegend liegen verstreut 15 Hügel, die wurden so als Grabstätten der Römer erkannt. Sie sind zum größten Teil schon von Fachleuten erschlossen. Interessante, wertvolle Funde wurden dabei gemacht, wie Knochen, Töpfe, Krüge, Fibeln aus Bronze, Münzen, Teller, Urnen, Mühlsteine, Dreifußschalen und a.m. Alle diese Funde kamen nach Wien und sind im n.ö. Landesmuseum I., Herrengasse, zu sehen. Dem Vernehmen nach sollen im Sommer 1952 wieder eine Reihe von Gräbern geöffnet werden. […]

 

Quelle 3

Originaler Zeitungsausschnitt „Entdeckungsfahrten in der Heimat“, Jahr unbekannt.

Vergessenes Römergrab im Wienerwald.

[Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec: Im interessantesten ist die Zeichnung des Schutzbaues aus Holz aus dem Jahr 1930. Erwähnung siehe unter Frühgeschichte Nr. 109.]

Auf älteren Spezialkarten des Wienerwaldgebietes konnte man noch nördlich von Rekawinkel einen Punkt „Römergrab“ eingezeichnet finden, in jenem Graben, der an der „Wolfsleiten“ entlang seine Wässer bei Penzing dem Kogelbach zufließen läßt. Auf den neuen Spezialwanderkarten wird man jedoch das Römergrab vergebens suchen. Es ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit, es aufzusuchen. Am ehestens gelingt es noch, wenn man der Auskunft in der Gastwirtschaft „Au am Kracking“ folgt: Zuerst nach der roten Markierung gehen, Richtung Hagen. Bei der ersten Biegung geradeaus weiter den Holzweg, bis zu einem Bacherl. Dort münden vier Bacherln zusammen, und dort ist das Römergrab. Man hat das Römergrab der Vergessenheit anheimgegeben. Noch erkannt man die Grabkammer, zirka 3 m lang und 2,40 m breit, 1,70 m hoch. Noch kann man durch die 1 m hohe Öffnung mit dem Falz in das Innere gelangen, an dem einst die Gruftplatte angelegt war, noch kann man die Spuren gewaltsamer Öffnung sehen, noch hält der Mauerbogen des Vorraumes – aber wie lange noch? Unverständiges Betreten von oben kann ihn zum Einsturz bringen. Vor der Graböffnung liegt noch ein Stein mit der rohen Skulptur eines Baumes (Lebensbaum?). Das Innere ist erfüllt vom Gewirr der morschen Balkenreste, von Steinen und dürrem Laub. Ein Sinnbild verlassener Vergänglichkeit. Noch wäre es Zeit, hier noch zu retten, was zu retten ist. Noch ließen sich der Vorraum zur Grabkammer sowie der Bestand des Grabes erhalten. Es war die etwas rustikale Familiengrabstätte eines römischen Latifundienbesitzers oder Güterverwalters. Etwas nördlich von dieser Grabstätte liegt die Ortschaft Bona (in den Landkarten eingezeichnet), und dieser ungewöhnliche Ortsname ist nichts als der Plural von „bonum“ – Gut, Landgut. Zu Römerzeiten, mag das ganze Gebiet, heute von Wald bedeckt, ein Komplex von Landgütern gewesen sein.
Th. Arbogast.

 

Quelle 4

Der geschichtliche Lehrstoff des heimatkundlichen Unterrichtes.

Georg Klemm, Lehrer dzt. Feuersbrunn, Bezirk Tulln.

[Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec: Der Text ist nahezu ident wie mit dem Eintrag in der Pfarrchronik. Frühgeschichte Nr. 2]

 

Seite 30:
Römergrab 1890.
Im Dezember 1890 wurde beim Strassenbau im Rekawinkler-Forste ein Römergrab aufgedeckt. Fundgegenstände: größere und kleinere Thonscherben, die leider in die Strasse hinein verschüttet wurden.

Auf der „Winten“ ganz nahe der Försterwohnung von der Au nach dem Krackingberge, wurde im Herbst 1890 ein Grabfeld (bei 30 Gräber) aufgefunden.
Durch kommissionelle Beschau wurden dieselben als Römergräber aus der späteren Zeit erklärt.

 

Quelle 5

Abschrift „Sonderabdruck aus der Wiener Prähistorsischen Zeitschrift, XVI, 1929. Einzelfunde aus Österreich ober u. unter der Enns.

II. Steinerne Lochäxte.

4. Lochaxt aus fast schwarzem, grünsteinartigem Gestein. Mäßig abgerollt. Ober- und Unterseite bilden annähernd ebene, schlanke, spitzbogige Dreiecke mit schrägen Grundlinien. Schneide, Seitenflächen und Bahn stehen annähernd senkrecht dazu. Das Stück ist in der Mittelachse, knapp hinter dem Schwerpunkt senkrecht durchbohrt. Größte Länge 14,8, Länge der Bahn 6.0, Höhe 3.5 cm. Bohrloch an den Rändern kaum abgerollt, innen glatt; oberer Durchmesser 2.6, unterer 2.4 cm.

Gefunden vor etwa 30 Jahren in der Krems beim Stift Kremsmünster (Bez. Steyr, Oberösterreich). Im Besitze der Frau Paula Deckart in Rappoltenkirchen Nr. 3. (Bez. Tulln, Niederösterreich).

5. Lochaxt aus Serpentin, grau, mit schwarzen Einsprengungen. Die Oberseite gelblich verfärbt. Das Stück ist der obere Schneidenteil einer größeren Lochaxt, welche senkrecht durchbohrt war. Die Oberseite ist flach gewölbt, die Unterseite zeigt von der linken Seite bis zur Mitte parallel zur Längsachse (Sägespuren). Die Seitenflächen und die Schneide stehen annähernd senkrecht zur Ober- und Unterseite. Von der ursprünglichen Bohrung ist nur ein Teil erhalten, die jetzige Bahn stark beschädigt und abgearbeitet. Von der alten Bohrung ist das Stück neuerdings senkrecht durchbohrt. Länge nach 5.0, Breite nach bis zu 3.6, Höhe 2.5 cm. Das neue Bohrloch ist unbeschädigt. Es zeigt unten am Anfang eine kleine Abschrägung. Unterer Durchmesser des Bohrlochs 1.4, oberer ebenfalls 1.4 cm.

Gefunden vor 3 bis 4 Jahren bei der Kartoffelernte auf der Kellerbreite, westlich von der Straße von Rappoltenkirchen nach Sieghartskirchen von Frau Paula Deckart. Im Besitz der Finderin.

Auf derselben Flur fand der Arbeiter Eberl in Rappoltenkirchen eine steinerne Lochaxt, die flach und breit gewesen sein soll, aber verschollen ist.

Der im Jahre 1927 verstorbene Ziegler Eberl, ein Bruder des obigen, fand vor ungefähr 30 Jahren in der an die Kellerbreite westlich anstoßenden Ziegelei ebenfalls 2 steinerne Lochäxte, welche sein Bruder sah. Beide Stöcke sind verschollen.

Der Fund von 4 Lochäxten in engem Raum deutet auf eine neolithische Siedlung hin.

6. Lochaxt aus zersetztem Gestein, grau und braun gesprenkelt. Stark abgearbeitet. Das Stück scheint länger und breiter gewesen zu sein als heute, da die senkrechte Bohrung nicht in der Mittellinie und zu weit vorne ist. Auch ist die eine Seitenfläche stärker gekrümmt als die andere und geht in die Bahn über. Die Ober- und Unterseiten sind fast eben, Schneide und Seitenflächen stehen annähernd senkrecht dazu. Die Bahn ist stark abgearbeitet. Länge nach 9.5, Breite bis zu 4.6, Höhe bis zu 4.7 cm. Das Bohrloch ist ziemlich gut erhalten; oberer Durchmesser 2.5, unterer 2.1 cm.

Gefunden von Georg Ecker, Wirtschaftsbesitzer in Epping Nr. 2, Gemeinde Rappoltenkirchen, beim Pflügen nahe bei seinem Hause.

Jetzt im N.Ö. Landesmuseum in Wien.

(Aus einer Beilage der Pfarrchronik Rappoltenkirchen).

Letzte Veröffentlichung am 30.5.2024.

113) Beschreibung Fundgegenstände aus Römergrab, Stadtgemeinde Tulln, 2024

Aus dem Depot der Stadtgemeinde Tulln erhielten wir am 23.4.2024 folgende Fotos der Fundgegenstände aus der römerzeitlichen Grabfunden in Rappoltenkirchen und ein weiters Foto vom Eingangsbereich zum Römergrab (aus Internet):


Gruppenfoto 1 Henkelkrug, Töpfchen und Deckel

Foto nur Henkelkrug  (Inventar Nummer 2300/1). Beschreibung könnte unter Hügel B 9 sein, Henkelkrug aus hellbraunen Ton.

Foto nur Töpfchen. Beschreibung könnte unter Hügel B 9 sein, Töpfchenaus hellgrauem Ton.

Foto nur Deckel. Beschreibung könnte unter Hügel B 9 sein, Konischer Deckel mit Griffknopf.


Gruppenfoto zweiter Henkelkrug, Schale mit drei Füßen von oben
(Die Schale hat die Inventar-Nr. 2301/ ??, Rapp. B 10)

Foto nur Henkelkrug. Laut Hügel B 10 könnte die Beschreibung sein, Henkelflasche aus rötlichem, feinen Ton.

Foto nur Schale (von seitlich unten).  Laut Hügel B 10 könnte die Beschreibung sein, Dreifßuschale aus schwar-braunem Ton.

 

* Weitere Internetquelle mit Foto des Eingangsbereiches aus dem Jahr 2018. Es gibt nun keine Holztür mehr, sondern ein Eisengittertor. Es ist (28.4.2024) verschlossen, man kann aber in das Römergrab hineinsehen.

Die Fotos sehen Sie im 2. Teil des Sonderamtsblattes unter Frühgeschichte 110.

Letzte Veröffentlichung am 30.5.2024.

114) Kurt Bors, 1985: Zur Ortung von Wüstungen im Gelände

Mit Genehmigung zur Veröffentlichung am 17.5.2024 (Österreichische Gesellschaft für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie – ÖGM) wurde darauf hingewiesen, dass sich die URL aufgrund einer Namensänderung des Vereines wohl bis Juni 2024 ändern wird: von oegm.or at auf oegmn.or.at. 

Derzeit ist noch die alte URL gütlig. Hier gelangen sie zum PDF-Online.
(Obiger Link wurde am 24.08.2025 aktualisiert.)

Für ein besseres Suchergebnis im Internet wurde der Text auch abgeschrieben:

ZUR ORTUNG VON WÜSTUNGEN IM GELÄNDE

Neue Verfahren in der Wüstungsforschung und ihre Anwendung in Niederösterreich

von

KURT BORS, Wien

 

1. E I N L E I T U N G
 

Bevor ich die von mir angewandten Verfahren zur Ortung von Ortswüstungen in Niederösterreich darstelle, soll der bei Beginn meiner Arbeiten vorgefundene Forschungsstand kurz skizziert werden.

 

1. 1. DER HISTORISCH-SPRACHWISSENSCHAFTLICHE BEREICH
 

Hier wurde in Niederösterreich in den letzten Jahren etwas weniger gearbeitet. Wahrscheinlich deshalb, weil auf diesem Gebiet schon viel geleistet wurde und die archivalische Neuentdeckung von Wüstungen nun einmal an ihre Grenzen stößt. NEILL (1881), GRUND (1901), WEIGL (1948), EHEIM (1981) und andere haben abgekommene Ortswüstungen aus Urkunden und Flurnamen gesammelt 1). Diese kamen einerseits im 8. Band des Historischen Ortsnamenbuches von Niederösterreich (HOBN) zur Veröffentlichung 2), andererseits wurde auch im Archiv für Mittelalterarchäologie (AMA) aufgrund der an Prof. Felgenhauer übergebenen Manuskripte von WEIGL weitergearbeitet, sodaß letztlich zwei Sammlungen von Unterlagen zur Verfügung stehen 3).
 

1983 wurde das Wüstungsarchiv des AMA umgestaltet und durch die nur im HOBN aufscheinenden Nennungen ergänzt. Es unterscheidet sich nun vom HOBN aber auch durch seine Ausrichtung zur Benützung durch sprachwissenschaftlich weniger versierte Interessenten. Im HOBN wurden durch rigorose Kürzung der Weigl- Manuskripte alle unsicheren Nennungen ausgeschaltet, sodaß es derzeit 1234 Ortswüstungen in Niederösterreich umfaßt, wovon 176 heute wieder besiedelt sind. Das AMA umfaßt 2171 Angaben, obwohl wiederbesiedelte Orte mit Namensbeibehaltung ausgeschieden wurden.
 

Diese große Differenz ergibt sich aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung. Dient das HOBN als landeskundliches Nachschlagewerk mit gesicherten Angaben nach letztbekannter Schreibweise, so bietet das AMA dem Wüstungsforscher eine möglichst lückenlose, alphabetisch nach den Erstnennungen geordnete Sammlung von der lokalisierten Wüstung bis zum vermuteten oder nicht feststellbaren Standort. Eine zweite, nach Gerichtsbezirken gegliederte Kartei und eine Kartierungsgrundlage erleichtern die regionale Bearbeitung. Schließlich dienen die Archivmappen nicht nur zur Aufnahme von Kopien aller literarischer Quellen, sondern auch zur Sammlung von Photos, Luftbildern und archäologischen Berichten.
 

Aber weder das HOBN noch das AMA können mit ihren Unterlagen verläßliche Angaben über die Zahl der verschollenen Siedlungen liefern, liegt sie doch bei ersterem bestimmt weit unter dem Bestand, bei letzterem aber möglicherweise darüber, da hier etliche Doppelnennungen infolge sprachlicher Veränderungen und anderer Fehler enthalten sein können.
 
Wenn auch in Zukunft sicher noch weitere schriftliche Nachweise derzeit noch unbekannter Wüstungen aufgefunden und Fehler berichtigt werden, wenn die Durchsicht heimatkundlicher Arbeiten noch einige Beiträge liefern wird und wenn auch die noch fällige Durchsicht aller Flurnamen verschiedene Anhaltspunkte erbringen kann, so scheint der archivalische und sprachwissenschaftliche Teil der Wüstungsforschung, soweit es Niederösterreich betrifft, im wesentlichen abgeschlossen zu sein.
 

Diese rein geisteswissenschaftlichen Disziplinen haben die Wüstungsforschung nicht nur begründet, sondern auch entscheidend zu ihrer Entwicklung beigetragen. Aber die logische Überlegung angesichts der Masse von nur einmaliger Erwähnung verschollener Orte läßt den Schluß zu, daß es eine noch sehr große Zahl ungenannter Siedlungen gegeben haben muß. Arbeiten in Deutschland,
z. B. KERN (1966) 4), haben gezeigt, daß das aus schriftlichen Quellen gewonnene Bild des mittelalterlichen Siedlungsnetzes ein sehr lückenhaftes, teilweise irreführendes ist. Die primären historischen Quellen und auch die spätere Geschichtsschreibung haben sich vorwiegend an besitzgeschichtlichen Interessen und Geschehnissen der Herrschaft orientiert. So ist der Wissensstand um die Geschichte des bäuerlichen Menschen, also der Masse der Bevölkerung zur Zeit des Mittelalters unbefriedigend; das trifft auch für die Wüstungsforschung zu.

 

1.2. DER ARCHÄOLOGISCH-GELÄNDEKUNDLICHE BEREICH
 

Gehört schon die "prähistorische" Archäologie in Österreich keineswegs zu den überaus geförderten Forschungsbereichen, so gilt das in noch weit größerem Maße für die Mittelalterarchäologie. Es ist daher umso erfreulicher, daß sich F. FELGENHAUER diesem wenig bedankten, weniger· spektakulären, aber für die Landesgeschichte so wichtigen Forschungsbereich zugewandt und in einigen Ortswüstungen trotz anderweitiger Auf gaben bereits Grabungen durchgeführt hat 5).
 

Die Versäumnisse auf diesem Gebiet sind deswegen so bedenklich, da die moderne Technik samt ihren Folgewirkungen mit Straßen-, Siedlungs-, Industrie- und Regulierungsbauten, Kommassierung und Drainagierungen Unwiederbringliches zerstört und die Erforschung und Dokumentation verhindert.
 

Da in der geschilderten Situation mit einem verstärkten Einsatz der archäologischen Wüstungsforschung in nächster Zeit kaum zu rechnen sein wird, regte F. FELGENHAUER vor zwei Jahren erneut das Bemühen um intensivere Lokalisierung von Ortswüstungen an. Ich stellte mich als freiwilliger Mitarbeiter für diese Aufgabe zur Verfügung. Die in zwei Jahren gewonnenen Erfahrungen und die daraus abgeleiteten und von mir verwendeten Methoden werden im folgenden in Kurzfassung dargelegt, während die ausführlichen Ergebnisse regionaler Wüstungsbegehungen in eigenen Publikationen erfolgen sollen.

 

1.3. ARBEITSBERICHT 1982-84
 

1982 habe ich vier landschaftlich bzw. siedlungsgeschichtlich unterschiedliche Gebiete zur Bearbeitung ausgewählt: Die Marktgemeinde Sieghartskirchen, die Umgebung des "Langen Thales" östlich Hollabrunn, einen Abschnitt des Wr. Beckens und das Gebiet um Gerolding im Dunkelsteiner Wald. Dazu kam 1984 noch das Gemeindegebiet von Lichtenau im Waldviertel. Der Vorteil der Bearbeitung von mehreren unterschiedlichen Gebieten liegt einerseits im Gewinn einer umfassenderen Erfahrung, andererseits in der Ausweichmöglichkeit. Denn je nach Jahreszeit ist immer nur ein Teil einer Region bzw. ihrer Äcker begehbar. Aufgrund dieser Erfahrung konnte im Herbst 1983 die systematische Aufnahme in S i e g h a r t s k i r c h e n begonnen und im Sommer 1984 abgeschlossen werden. Da für dieses Gebiet zwar 10 Nennungen vorlagen, somit Wüstungen vorhanden sein mußten, aber nur eine davon ihrem Standort nach bekannt war, war die Geländeforschung allein auf ihre autonomen Methoden angewiesen und konnte damit ihre Möglichkeiten erproben.
 

Das Ergebnis ist vielversprechend. Den 10 Nennungen stehen 16 auf gefundene und 3 mögliche Ortsplätze gegenüber. Das entspricht einer um rund 70% höheren Siedlungsdichte im 14./ 15. Jahrhundert als heute, wobei natürlich die Siedlungsareale damals wesentlich kleiner waren. Daß dabei auch 7 weitere Siedlungsplätze aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit entdeckt wurden und somit für einige mittelalterliche Ortswüstungen eine zeitweise Besiedlung seit der Jungsteinzeit nachgewiesen ist, kommt hinzu. Aber nur 6 der 19 festgestellten Ortswüstungen konnten mit einiger Sicherheit identifiziert, d. h. einer der vorhandenen Nennungen zugeordnet werden.
 

Das so gefundene mittelalterliche Siedlungsnetz scheint die Siedlungslückentheorie von LORCH ( 1939) 6) auch für unser Gebiet zu bestätigen; der durchschnittliche Abstand von Ort zu Ort beträgt demnach etwas über 1 km.
 

Aus den engeren Lagefaktoren der Ortswüstungen lassen sich große Übereinstimmungen hinsichtlich der Lage zum Wasser und der Kleinmorphologie sowie Differenzen zu urzeitlichen Siedlungen feststellen.
 

An Hand der Oberflächenfunde können 6 Ortswüstungen für das 11. Jahrhundert belegt werden, was durch Nennungen nur für 3 der heutigen Orte zutrifft. 7 weitere Ortswüstungen sind ab dem 12. Jahrhundert nachzuweisen. Eine Siedlungsstelle zeigt Keramikfunde vom 9. bis zum 15. Jahrhundert. Bemerkenswert ist, daß einige Ortswüstungen zumindest partiell bis in die Neuzeit besiedelt waren.
 

Diese und noch weitere Ergebnisse scheinen sich im Arbeitsgebiet von H o l l a b r u n n , wenn auch mit lokalen Abweichungen, zu bestätigen. Hier wurden bisher etwa 30 Ortswüstungen lokalisiert und bearbeitet. Ein Abschluß soll Ende 1985 erreicht werden.
 

Einschließlich der Tätigkeit in den bisher etwas vernachlässigten weiteren Arbeitsgebieten konnten bisher rund 60 Ortswüstungen geortet werden. Die Ergebnisse und Erfahrungen dieser zweijährigen Geländeaufnahme schienen mir ausreichend zu sein, die von mir angewandten Methoden der Geländeforschung hier im Grundriß vorzulegen.

 

2. THE0RIE UND PRAXIS DER GELÄNDE - FORSCHUNG NACH MITTELALTERLICHEN ORTSWÜSTUNGEN IN NIEDERÖSTERREICH
 

2.1. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
 

Ich differenziere nach SCHARLAU ( 1938) 7) zwischen Ortswüstung (OW) und Flurwüstung. Diese Differenzierung erlaubt es auch, den Begriff OW auf andere wüste Siedlungen nicht agrarischer Funktion auszudehnen, wie dies schon BSCHORNER ( 1939) und JANSSEN ( 1968) für "Wüstung" gefordert haben 8).
 

Das Arbeitsgebiet der Geländeforschung ist die im Mittelalter (MA) besiedelte Landschaft. Hilfestellung erhält sie vor allem von der Geographie, hier insbesonders von der Geomorphologie (natürliche und künstliche Oberflächenformen), der Hydrographie und der Siedlungsarchäologie, soweit es die Auswertung der Oberflächenfunde betrifft. Ihre Methoden entwickelt sie aus den Erfahrungen im Gelände und in den unterschiedlichen Siedlungsgebieten.

 

2.2. ZIELSETZUNG DER GELÄNDEFORSCHUNG IN NIEDERÖSTERREICH
 

Aus den oben auf gezeigten Überlegungen geht hervor, daß der Wüstungsforschung ein neuer Schwerpunkt mit der präzisen Lokalisierung von OW erwächst. Einschließlich der besonderen Aufgabe im Dienste des Archivs für Mittelalterarchäologie und Berücksichtigung von Ergebnissen der jüngsten Zeit ergibt sich für die Geländeforschung folgende Zielsetzung:
 

a) Feststellung möglichst vieler OW mit präziser Lageangabe

b) Bearbeitung der OW um Grundlagen für Auswahl und Ansatz eventueller archäologischer Grabungen und Notbergungen zu gewinnen.

c) Systematische Durchforschung abgegrenzter Regionen zur Erstellung räumlicher und zeitlicher Siedlungsbilder.
 

Zu a): Der Begriff Lokalisation oder Ortung wurde bisher sehr differenziert gebraucht, . wobei er sich meist auf die Flur und nicht auf die Siedlung bezogen hat. Grundlagen für die Ortung bildeten vorwiegend überkommene Flurnamen oder Interpretationen urkundlicher Nennungen. Ich konnte aber nachweisen, daß OW mit den namenführenden Fluren nicht identisch sein müssen. Auch kommt irrtümliche Interpretation archivalischer Quellen ebenso vor, wie die Mehrfachbezeichnung eines überlieferten Ortsnamens auf verschiedene Standorte. In Niederösterreich waren 1982 nach den mir vorliegenden Unterlagen relativ wenige OW tatsächlich im Gelände fixiert. Damit fällt der Geländeforschung auch die Verifikation oder Falsifikation vieler bisheriger Angaben zu.
 

Zu b): Zur Bearbeitung einer OW gehören nicht nur ihre Beurteilung für eventuelle Grabungen, sondern auch die Vorlage von Belegen (Keramik und andere Artefakte, die oberflächlich gefunden wurden, aber auch stratigraphische Beweise, die mittels Bohrsonden erbracht werden können) und deren Beurteilung und Diskussion bis zur möglichen Beweisführung. Dazu zählt weiters die Identifizierung einer festgestellten OW mit der ihr zugehörigen urkundlichen Nennung. Letztlich zählt hierher auch die Dokumentation der aufgefundenen OW.
 

Zu c ): Schon MARGL ( 1971 ) 9) hat es vor mehr als einem Jahrzehnt unternommen, genannte Ortswüstungen eines Gebietes zu lokalisieren und methodische Probleme aufzuzeigen. Solche Ortungen unternahmen ferner EMINGER (1976) und ZELESNIK (1978) 10). Die von mir in den letzten Jahren gewonnenen Ergebnisse meiner Geländearbeit haben gezeigt, daß die systematische Bearbeitung eines Landschaftsbereiches neben der Ortung und Identifizierung namentlich bekannter OW auch überraschende Ergebnisse im Auffinden bisher ungenannter und unbekannter OW bringt. Sie liegen zum Teil auf Siedlungsplätzen, die seit der jüngeren Steinzeit immer wieder benutzt wurden. Durch diese erweiterte Geländeforschung kann die Wüstungsarchäologie der historischen Siedlungsgeographie, ebenso der Geschichtsforschung und der historischen Landeskunde wichtige Beiträge liefern.

 

2.3. ZIELVERWIRKLICHUNG
 

Angesichts der derzeitigen finanziellen Lage ist ein solches Vorhaben nur mit einer größeren Zahl freiwilliger Mitarbeiter möglich, die ihre Tätigkeit in der Freizeit betreiben und die anfallenden Kosten selbst tragen; das bedeutet, Mitarbeiter in den jeweiligen lokalen Bereichen zu suchen. Dieser von F. FELGENHAUER schon früher versuchte Weg könnte jetzt in einer neuen Einstellung zur Freizeitgestaltung gangbarer werden 11).
 

Der Einsatz solcher Mitarbeiter bedarf aber einer Einschulung und des Vorhandenseins von Arbeitsbehelfen. Da bei uns solche noch nicht vorhanden und ausländische Arbeiten nicht immer leicht zugänglich sind, müssen geeignete Grundlagen für unsere Verhältnisse erst geschaffen werden. Dabei wird man im Ausland bereits gemachte und veröffentlichte Erfahrungen auf ihre Anwendbarkeit in unserem Raum überprüfen 12).
 

Als erster Schritt soll eine Pilotstudie als Musterbeispiel für einen lokalen Bereich erarbeitet werden. Der zweite Schritt wird dann an Hand der Ergebnisse eine Methode der Geländeforschung - wenn nötig mit lokaler Differenzierung - zu erstellen haben. Der erste Schritt wurde bereits durchgeführt, das Resultat soll demnächst veröffentlicht werden.
 

Für den zweiten Schritt ist vorliegender Grundriß als Arbeitsgrundlage anzusehen. Es sei dabei besonders auf die Arbeit von CERNY 13) verwiesen, die auch für meine Bestrebungen als beispielhaft zu gelten hat.

 

2.4. GRUNDLAGEN, VORWISSEN
 

Wesentlich ist es, Grundbegriffe der fluviatilen Erosion und ihrer Erscheinungsformen zu kennen; Quellmulde, Quellgebiet, Mäandergürtel in der Talau, Trockenrand, Erosions- und Akkumulationsformen der Talböden und Hänge zu erkennen und sie von künstlichen, vom Menschen geschaffenen Formen zu unterscheiden. Dieses Wissen kann man sich durch Einfühlungsvermögen und Beobachtung aneignen, wenn man überlegt, daß die Natur nach ihren Gesetzen, der Mensch nach Zweckbestimmungen handelt. Stärker noch als die Fluren wird das Siedlungsgebiet umgewandelt sein. Die Beziehungen Gestein-Boden-Wasserhaushalt-Pflanzenkleid sollen bekannt sein.
 

Kartenkunde: Unerläßlich ist es, die Karte als Orientierungsmittel und Informationsträger benützen zu können. Die Österreichkarte 1 : 50.000 ( 1 : 25.000 ist nur eine Vergrößerung) genügt vollkommen. Aus ihr können wir an Hand der Isohypsen Geländeformen erkennen, potentielle Zonen herauslesen und Hinweise durch die Signaturen empfangen, bevor wir noch das Gelände betreten haben. Mit Karte, Bussole und Schrittmaß können wir uns nicht nur im unwegsamen Gelände zurechtfinden, sondern auch Gefundenes wiederfinden und in einem Kroki festhalten. (Siehe Dokumentation).
 

Nützlich für die Lokalisation sind Kenntnisse aus der Geologie, Bodenkunde, Orts- bzw. Flurnamenskunde und Siedlungsgeographie sowie ein Geschichtsbild des Mittelalters im allgemeinen und die landesgeschichtliche Situation im besonderen.

 

2.5. DIE SUCHE
 

Das Suchen nach Wüstungen geht nicht von schriftlichen oder mündlichen Quellen aus (s. d.), sondern von den im Gelände und an lokalisierten Objekten gewonnenen Erfahrungen und den davon abgeleiteten Regeln. Das heißt nicht, daß insbesondere Nennungen, Flurnamen und mündliche Aussagen die Ortung wesentlich erleichtern können, sie können auch irreführen.
 

2. 5. 1. Ausrüstung
 

Umhängetasche mit integrierter Kartentasche, Karte, Bussole, Maßbänder (2m, 30-50m), Fixiernagel (Zelt-Hering), Zeichenblock, Maßstabsleisten (siehe Kroki), Notizblock oder Diktiergerät, Plastiksäckchen für Funde, Markierungsstifte, evtl. Fernrohr, Apotheke, Mücken-Zeckenmittel (Impfung !).
 

2. 5.2. Suchplanung nach der Siedlungslückentheorie
 

Auf Plastikfolie aus Österreichkarte Gewässernetz und bestehende Orte einzeichnen (nicht das irre führende, derzeitige Straßennetz). Ausscheiden der wahrscheinlich nicht besiedelten Zonen oberhalb der Quellgebiete durch Einzeichnen der entsprechenden Höhenschichtlinie und Schraffierung. Den Durchschnitt der derzeit häufigeren, kürzesten Ortsentfernungen ermitteln (Kirche zu Kirche bzw. Zentrum). Er wird je nach Gebiet zwischen 1 - 1,5km liegen. Bei Orten mit etwa doppelter Entfernung ist in der Mitte ein potentieller OW-Platz am Wasserlauf zu suchen. Folie: Roter Kreis, Mittelpunkt Wasserlauf, Radius 5 mm. Dies vorerst für die Siedlungsstränge an Leitlinien (z. B. Haupttal).
 

Von dieser "intakten" Siedlungsreihe ausgehend suche ich nun die Eckpunkte der gleichseitigen Dreiecke, die sich aus den einzelnen Ortsentfernungen konstruieren lassen. Sie bilden so eine zweite Siedlungsreihe zu beiden Seiten der Leitlinie (des Hauptsiedlungsstranges), nur um eine halbe Entfernung versetzt. Alle Siedlungen haben gleichen Abstand.
 

Man hat also bei der Besiedlung anscheinend großen Wert auf möglichst gleiche Ortsabstände gelegt, zumindest soweit es die natürlichen Voraussetzungen zugelassen haben; ein wichtiger Hinweis für die Planung. Es wird zweckmäßig sein, erst den Siedlungsstrang zu orten, da sich nach jeder Lokalisation das "Netz" etwas verzerrt. Auch im Anschluß daran ist es besser, erst die schon auf der Karte erkennbaren, wahrscheinlichen OW-Standorte aufzusuchen (siehe engere Lagefaktoren) und daran das Netz weiter zu entwickeln.
 

Als letzten Schritt der Planung, wenn man das Gelände schon weitgehend kennt, soll man an mögliche Siedlungen außerhalb des agrarbedingten "Netzes" denken: Hausberge, Burgen, Bergwerkssiedlungen u. a. m. Auch die ausgesparten Höhenlagen können noch Überraschungen bringen.
 

2.5.3. Die Suche im Gelände
 

Sie erfordert viel Einfühlungsvermögen in die Absichten der Siedler und Motive der Lokatoren. Ungünstige geomorphologische Geländeverhältnisse haben eine "Siedlungsgeometrie" verhindert, günstige die Errichtung eines Ortes gefördert. Letztere leiten uns bei der planmäßigen Suche.

 

2.5.3.1. Überblick verschaffen
 

Lage der derzeitigen Ortskerne und Siedlungsformen beachten, wobei zur Diskussion steht, ob letztere auf die ursprüngliche Form schließen lassen. Geländeüberblick von Aussichtspunkten gewinnen, Leitlinien an Gewässern (nicht derzeitige Straßen) suchen, Regulierungen, Planierungen u.a. jüngere Veränderungen erfassen. Nicht durch derzeitige Verteilung von Feld-, Wald- und Höhengrenzen täuschen lassen. Das Klima war im Mittelalter zeitweise günstiger, die Quellgebiete lagen höher.

 

2.5.3.2. Lagefaktoren (nach Bedeutung gereiht)
 

Das Auffinden mehrerer oder ausgeprägter Lagefaktoren können Hinweise auf eine OW sein.
 

a) Lage zum Wasser: Selten weiter als 10-20m vom Gewässer bzw. dem Trockenrand der Bachau. Hier meist nahe den Nebenbachmündungen (Bachzwickel), in Flußschlingen. Häufig im Quellgebiet unterhalb der (ehem.) Quelle. Oberhalb von Teichen (jetzt meist verlandet, nur mehr schwer erkennbar). Etwas schwieriger liegen die Verhältnisse in Ebenen, wo die Talauen Überschwemmungsgebiete) und die Abstände zum Fluß größer sind; dazu sind die Nebengerinne, an denen die OW z. T. lagen, durch die Kommassierungsarbeiten kaum mehr zu erkennen.
 

b) Lage im Gelände: Meist Talsohle, Talverbreiterung nach Enge, Akkumulationsebene, Talterrasse (Niederterrasse). Selten Hanglage (an Nebengerinne). Manchmal Sattellage bei Brunnenmöglichkeit oder naher Quelle. Gefälle des OW-Platzes meist 0-6%, selten darüber.
 

c) Kleinmorphologie: Im OW-Bereich Frontstufe: das ist ein ausgeprägter, überformter, geradliniger Trockenrand (Niederterrassenrand). Bei stärkerer Hangneigung durch Abgraben der Hinterseite - Terrassenplanierung – auch eine Rücken- oder Hangstufe. Seltener: Gräben, Gruben, Hügel, Podeste, Wälle. Diese kaum auf Äckern, eher im Wald. Dies gilt auch für Relikte wie Mauern, Brunnen, Lesesteine.
 

d) Pflanzenwuchs: Unterschiede in Wuchs und Farbe, auch Bodenverfärbung. Wiesen- und Feldenklaven im Wald. Im Wald "Wüstungspflanzen", von vielen skeptisch beurteilt, scheint doch das Auftreten von Brennessel, Holler, Immergrün als Stickstoffanzeiger zumindest beachtenswert zu sein 14). Vom Pflanzenwuchs hängen auch die Suchbedingungen ab: Wald - nach Laubfall bzw. Winterschnee, Wiese - Herbst, Frühjahr, Acker je nach Frucht (Mai bis Juni), am besten geeggt und nach Regen.

 

2.5.3.3. Mögliche Ortswüstungs-Anzeiger in der Umgebung
 

Siedlungsnachfolger wie Mühlen, Gutshöfe, Forsthäuser, Einschichthöfe u.a. (Alt- )Wegkreuzungen oder Bündelung, Kapellen oder Kreuze am Rande der OW bzw. bei ehemaligen Wegabzweigungen von Hauptwegen (Straßen) zur OW. Furten, Brücken, Dämme, Teiche. Fossile Flurwüstungsrelikte wie Flurstufen (Ackerbauterrassen) im Wald, alte Steinbrüche, Sand- und Lehmgruben, Bergwerke u. a. m.
 

2.5. 3.4. Unterstützende Hinweise
 

Im HOBN, Bd. VIII (1981)  15), Wüstungsanhang sind Angaben über Nennung und Hinweise auf Lage bzw. Flurnamen. Ebenso im etwas schwieriger zugänglichen AMA 16). Heimatbücher, Chroniken, Flur- und Gehöftnamen in den Katasterblättern (Mappen) auf den Gemeindeämtern. Exzentrischer Grenzverlauf der Katastralgemeinden. franzisceischer Kataster und Protokolle zur Besitzanalyse (Überländ). Alte Kartenwerke in Guts- oder Klosterbesitz. Dienlich können auch Hinweise von Einheimischen auf Relikte und Oberflächenfunde sowie mündliche Überlieferungen sein (Ortsvorsteher, alte Leute, Forstbeamte usw.). Kaum anwendbar für den Laien sind chemische, physikalische oder elektromagnetische Methoden sowie Untersuchungen mit der Rillensonde oder Schürfungen, für die nicht nur die Zustimmung des Grundbesitzers, sondern auch des Bundesdenkmalamtes nötig ist. Auch die Auswertung von Luftbildmaterial ist in Österreich schwierig.

 

2.6. DIE BEARBEITUNG EINER ORTSWÜSTUNG
 

Ihre Aufgabe ist es,
 

a) möglichst viele Belege für die Existenz und Beurteilung der vermuteten OW zu sammeln,
 

b) möglichst viel Aussagematerial über Lage, Anlage, Lebensdauer u. a. m. zu gewinnen, die einer archäologischen Bearbeitung oder anderen Wissens- bzw. Forschungszweigen von Nutzen sein können,
 

c) auf Grund der gewonnenen Fakten zu mehr oder minder allgemeingültigen Aussagen über das Wüstungsproblem zu kommen.
 

Die Bearbeitung beginnt in den meisten Fällen nach Entdeckung der ersten Oberflächenfunde.

 

2.6.1. Oberflächenfunde
 

Sie stellen den aussagekräftigsten Beleg für eine OW dar, wenn wir von Relikten wie Mauern oder Fundamentsteinsetzungen absehen. Dies gilt insbesondere für Keramikscherben auf Feldern, wo andere Anzeichen meist entfernt oder eingeebnet sind.
 

Nicht jeder Fund zeigt aber eine OW an. Feldverluste (Jausengeschirr), Transportverluste (besonders an Wegen), spätere Ablagerungen - etwa von Aushüben aus bestehenden Dörfern, Abfall auf Rast- oder Fluchtplätzen u. a. m. können irreführen. Auch die Düngung, die wahrscheinlich erst im Spätmittelalter auf dorfnahen Feldern einsetzte, brachte Abfall auf die Felder; darum ist auch der Fund von hochmittelalterlichen Scherben so wertvoll.
 

Diese Umstände erklären auch, warum ein planmäßiges Aufsammeln nach Menge, Art und Lage so nötig ist. Am zweckmäßigsten ist die

 

2.6.1.1. Quadrantenmethode
 

Mit ihr werden die Funde kartiert, um Rückschlüsse auf Verteilung, Ausmaße und Schwerpunkte der diversen Fundgüter ziehen zu können. Cerny empfiehlt 5m Quadranten. Dies halte ich in der Praxis für organisatorisch zu aufwendig (es ergäben sich rund 500 Quadranten pro OW !). Ich arbeite mit 10 – 20 Doppelschrittquadranten. Konzentrationen und besondere Funde werden schon beim Sammeln eingetragen, die Keramik pro Quadrant in Säckchen deponiert, daheim gewaschen, getrocknet und gewogen. Das Gewicht zeigt wesentlich exakter die Menge an als die Scherbenzahl. Es wird mit der Datierung in die Quadranten eingetragen. Die so gewonnene Skizze ist Grundlage für die Dokumentation. Versuche haben mir gezeigt, daß weniger exakte Methoden nicht nur verzerrende, sondern auch vollkommen irreführende Ergebnisse liefern. Selbst innerhalb größerer Quadranten läßt uns das Gedächtnis bzw. die Abschätzfähigkeit im Stich, darum stets die Skizze mitführen und gleich eintragen!

 

2.6.1.2. Keramik
 

Eine Einführung über Erkennen oder Datieren mittelalterlicher Keramik überschreitet den Rahmen dieser Konzeption. Es sei auf FELGENHAUER-SCHMIEDT 17) verwiesen. Noch sind hier einige Fragen offen; so etwa, was das Auftreten glasierter Keramik im bäuerlichen Bereich betrifft (sporadisch ab 15. Jahrhundert ?) oder die Verwendung von Ziegeln, die auch erst in der Neuzeit einsetzen soll. Es müßte daher jede Keramik gesammelt und Belegstücke davon auf gehoben werden. Für die Datierung wichtig sind insbesondere Gefäßränder (Mundsäume), Töpfermarken (Stempel), für andere Nachweise (größte) Wandstärken, Mundsaum- , Bauch- oder Bodendurchmesser oder besondere Gegenstände wie Figuren, Spinnwirtel u. a. m.
 

Wichtig: Überschuß- (Abfall- )material nicht irgendwo im Gelände deponieren (Irreführung), sondern auf Mülldeponien!

 

2.6.1.3. Andere Oberflächenfunde
 

Gebrannte Lehmstücke (Hüttenlehm), Mörtel, Putz, Ziegelstücke, Schlacke, Holzkohle, Metall, Schmelzen, Knochen, Fremdgestein, bearbeitete Steine, feuergerötete Steine und Kiesel können OW-Platzanzeiger sein. Sie erhöhen in Zusammenhang mit Keramik die Wahrscheinlichkeit einer Ortung.

 

2.6.1.4. Sondierung, Schürfung, Rechtsfragen
 

In Sonderfällen, etwa bei OW in Wald oder unter Wiese und bei Belegnotstand, kann die Rillensonde (Mikroschürfung) Wüstungsanzeiger wie Hüttenlehm, Holzkohle, Keramikstücke zu Tage fördern oder eine Schürfung die Ecke eines Hausfundamentes freilegen. Hier sind allerdings die rechtlichen und moralischen Grenzen der Geländeforschung erreicht. Zu leicht kann ein Eingriff Bodendenkmale beschädigen oder zerstören. Hier beginnt das Arbeitsgebiet des ausgebildeten Archäologen.
 

Rechtlich wäre dazu nicht nur die Zustimmung des Grundbesitzers, sondern auch des Bundesdenkmalamtes einzuholen. Wie überhaupt auch Oberflächenfunde an letzteres gemeldet und zur eventuellen Veröffentlichung zur Verfügung gestellt werden müssen. Wertvollere Funde (Münzen z. B.) sind darüber hinaus innerhalb von 24 Stunden bei Gendarmerie oder Verwaltungsbehörde

zu melden.

 

2.6.1.5. Hinweise und Belege im Gelände
 

Nicht alle Lagefaktoren, kleinmorphologische Merkmale oder Hinweise in der Umgebung werden bei der Suche entdeckt. Sie sind nachträglich aufzuspüren um zusätzliche Unterlagen zu gewinnen.

 

2.6.1.6. Andere Belege
 

wie schriftliche oder mündliche Quellen (siehe oben Suche), sollten auch nachträglich erfaßt werden, um die Beurteilung zu erleichtern und die Dokumentation zu vervollständigen.

 

2.6.2. Beurteilung
 

Theoretisch könnte jede Wüstungsortung, deren Standort nicht durch Urkunden belegt ist oder von Archäologen mit dem Spaten überprüft wurde, angezweifelt werden. Mehrere Lagefaktoren oder Hinweise können nur zufällig zusammentreffen oder Oberflächenfunde auf die schon erwähnten Arten verlagert worden sein.
 

In der Praxis ist dieses Bild der Belegbarkeit nicht so düster und der Vergleich mit belegten OW zeigt, daß relativ sichere Aussagen mit unseren Methoden möglich sind.
 

Trotzdem erfordert die wissenschaftliche Korrektheit, daß die bei der Suche geforderte Phantasie einer kritischen Überprüfung der Belege bei Beurteilung und Dokumentation weichen muß. Nur das Abwägen von Pro- und Kontraargumenten kann zu einer glaubhaften und vertretbaren Beurteilung führen, für die ich folgende Stufen verwende:
 

Sicher: Siedlungsnetz, Lagefaktoren und Oberflächenfunde eindeutig, bzw. Fundstelle durch Urkundenaussage belegt.
 

Ziemlich sicher: Wenn einer der wesentlichen Faktoren nicht voll überzeugt. z. B. Außer Keramik kaum andere Oberflächenfunde/ fehlendes Hochmittelalter/ Ungewöhnliche Lage
 

Wahrscheinlich: Wenn wesentlicher Faktor ausfällt oder Unsicherheiten vorhanden sind, aber dennoch unübersehbare Hinweise bestehen. z. B. Geringe Oberflächenfunde im Wald, Aufschüttungen-Planierungen.
 

Möglich: Vorhandene Hinweise, keine Belege, größere Unsicherheiten.

 

2.6.3. Ausrüstung
 

Gut sichtbare, 30-40 cm hohe Markierungstafeln (Stangen) für Quadranten, umhängbare Zeichenunterlage für Skizze, Maßstabsleisten für 1 : 1000, 2000, 2500, 5000 (1 : 2880, alter Kataster = 1 : 1440) mit Meter und Doppelschritteinteilung = 1,5 m. Signaturenmuster für die diversen Oberflächenfundgegenstände. Bleistift, Farbstifte, Radiergummi. Umhängbaren Sammelbeutel, Plastiksäckchen mit Verschlußklipsen und Einlegezettel für die Quadrantenbezeichnung (Nummerierung). Um das dauernde Bücken zu vermeiden, verwende ich ein selbstgebasteltes "Scherbenpflückgerät", einen verlängerten Arm, der nach Hebeldruck das Fundstück ergreift, festhält und nach oben führt. Ein Diktiergerät erspart verschiedene Notizarbeiten im Gelände. Maßband, Wasserader oder Schlauchwaage und andere Hilfsmittel für genauere Vermessungen müssen nicht immer mitgeführt werden.

 

2.6.4. Dokumentation
 

Geländeforschung ist nur sinnvoll, wenn ihre Ergebnisse schriftlich niedergelegt werden und somit für Einsicht und Weiterbearbeitung zur Verfügung stehen.
 

Das Archiv für Mittelalterarchäologie sammelt diese Berichte. Hier liegen auch Aufnahmeblätter bereit, die für Kurzfassungen von OW-Dokumentationen geschaffen sind (Neuauflage 1985). Weitere Veröffentlichungsmöglichkeiten bieten sich in den fundberichten des Bundesdenkmalamtes und in vorliegender Zeitschrift 18).
 

Für meine Untersuchungen und Dokumentationen habe ich von der Geländeforschung her eine Checkliste entwickelt, die sich im Prinzip nicht viel von den Aufnahmeblättern des AMA unterscheidet (siehe Checkliste, Punkt 4).

 

2.6.4.1. Skizze/Kroki
 

Eine zeichnerische Darstellung kann viel Arbeit an umständlichen Beschreibungen ersparen. Besonders bei Kurzdokumentationen ist ihr besondere Beachtung zu schenken. Als Unterlagen verwende ich meist die Katasterblätter oder Pläne, die auch schon die Parzellenteilung aufzeigen. Sie kopiere, vergrößere oder verkleinere ich, um die OW auf ein Din A4 Format zu bekommen. Entsprechende Maßstabsleisten mit Meter und Doppelschritteinteilung erleichtern den Übertrag aus den Feldskizzen. Die durch die Quadrantenmethode gewonnenen Werte werden, meist vereinfacht, durch gekreuzte Schraffierung, Schraffierung und unterbrochene Schraffierung für dichte, durchschnittliche oder sporadische Scherbenführung eingetragen. Für andere Funde verwende ich im Feldkroki immer, in der Dokumentationsskizze nur bei ausgeprägten Vorkommen eigene Signaturen.

 

3. S C H L U S S B E M E R K U N G E N
 

Die Anwendung meiner Methoden, insbesondere der Dokumentation, wird aus einer kommenden Veröffentlichung über das Arbeitsgebiet Sieghartskirchen ersichtlich sein. Sie ist als Beispiel einer ausführlichen Beschreibung sowohl einzelner OW als auch eines geschlossenen Raumes gedacht.
 

Die Kurzform für eine Dokumentation von Ortswüstung und Arbeitsgebiet wird an Hand der Ergebnisse in der Gemeinde Hollabrunn entwickelt und eine alternative Darstellung bieten.

 

4. C H E C K L I S T E
 

NAME der Ortswüstung

(Wenn Name unbekannt, Arbeitstitel nach Flur-Gewässer o. a.)

 

Verwaltungsbezirk/Orts-Markt- od. Stadtgemeinde/Katastralgemeinde/Flurname/

Parz. Nr./Österreichkarte Nr., OW-Mittelpunkt in mm v. W, N (S, O)/Seehöhe/

 

1.0 TOPOGRAPHISCHE LAGE

Landschaft, Zugang (ev. Geologie, Klima, Vegetation, Verkehr u. a.)


2.0 ERGEBNIS DER GELÄNDEFORSCHUNG

2.1 Stellung im Siedlungsnetz des MA

Entfernungen zu nächsten Orten, Wüstungen, Hausbergen, Burgen

2.2 Mögliche·Siedlungsnachfolger

Gutshof, Forsthaus, Einzelhof, Mühle u. a. (Entfernung).

2.3 Engere Lagefaktoren

2.3.1 Geländelage der OW: Talsohle, Talterrasse, Hang, Sattel u. a., Insolation

(Sonn-, Schattseite), Geologie

2.3.2 Lage zum (ehem.) Wasser: Quelle, Bach, Teich/Bachzwickel, Flußschlinge/

Entfernung, Höhe darüber.

2.3.3 Kleinmorphologie: Künstliche Terrasse, Front-Hangstufe, Wall, Hügel,

Podest, Graben u. a.

2.3.4 Derzeitiger Nutzungsbestand: Feld, Wiese, Wald/Sichtbare Veränderungen

des Bewuchses (Farbe, Höhe)/Wüstungspflanzen

2.3.5 Spätere Veränderungen: Kommassierung (Schubraupe), Drainagierung,·

Regulierung, Straßenbau u. a. m.

2.4 Hinweise in der Umgebung

Wegbündelung, Kreuze, (ehern.) Teiche, Furten, Brücken, Steinbruch,

Sand-, Lehmgrube, Kapelle, Friedhof, Bergwerk/Flurwüstungsrelikte

2.5 Oberflächenfunde

2.5.1 Relikte: Mauern, Brunnen, Lesesteine u. a.

2.5.2 Keramik: Menge, Art, Datierung (wer ), Wandstärke, Bauch- oder Mundsaumdurchmesser,

Marken u. a.

2.5.3 Andere Funde: Gebrannter Lehm (Hüttenlehm), Ziegel, Mörtel, Putz,

Schlacke, (Holz -)Kohle, Schmelzen, Metall, Glas, Knochen, Fremdgestein,

Bruchsteine, Kiesel, feuergerötete Steine.

2.5.4 Ausmaße: der Fundfläche (Streuung), Konzentrationen, Hausstandorte,

Anordnung, Bemerkenswertes.

2.6 Sondierungen

Erdbohrer (Rillensonde), Schürfung -- Genehmigungen

2.7 Aufbewahrungsort der Belegstücke
 

3.0 SCHRIFTLICHE UND MÜNDLICHE QUELLEN

3.1 Karten, Kataster

Vischer, Seutter, Perspektivkarte, Administr. Karte d. V.f.Lk.NÖ, Atlas

v. Nö, Österr. Volkskundeatlas/Flurwüstungskarten im AMA/Franzisc.

Kataster, (Protokolle), Kataster(Mappen) auf Gemeindeamt.

3.2 Urkunden, Nennungen

3.3 Besitzanalyse (Überländ), Grenzverlauf

3.4 Überlieferung, Sagen, mündl. Hinweise

 

4.0 BEURTEILUNG

4.1 Argumentation pro-kontra

4.2 Beurteilung: sicher/ziemlich sicher/wahrscheinlich/möglich

 

5.0 BEMERKUNGEN

Zusammenhänge, Hypothesen, offene Fragen, Probleme, Abkommen usw.

 

6.0 SKIZZE/KROKI, ev. Katasterplan, Photos

 

7.0 BETREUUNG

 

4.1. BEMERKUNGEN ZUR CHECKLISTE
 

Während die Punkte 1.0 bis 3.0 nur Fakten enthalten können, werden bei 4.0 in Argumentation und Beurteilung unweigerlich verschiedene Erfahrungswerte und individuelle Abwägungen eine Rolle spielen. Theorien aber sollen ausschließlich nur in 5.0 (Bemerkungen) und als solche deklariert, Eingang finden. Für die weitere Betreuung einer OW (weitere Materialsammlung, Meldung bei Eingriffen wie Straßenbau) sollte man einen Mitarbeiter finden, falls man selbst nicht dazu in der Lage ist.

 

ANMERKUNGEN
 

1) NEILL, ST. (1881): Zur Geschichte der abgekommenen Ortschaften in Niederösterreich. BI. Lk. NO 15, 122 ff.

GRUND, A. (1901): Die Veränderung der Topographie im Wiener Walde und Wiener Becken. Geogr. Abhandlungen 8, Leipzig 1901.

WEIGL, H. (1948): Die verödeten Orte des Bezirkes Gänserndorf. Beiträge für den Unterricht 2. Folge.

EHEIM, F. und M. WELTIN (1981): Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich Bd. VIII, 1981.
 

2) HOBN: EHEIM, F. und M. WELTIN (1981), s. Anm. 1.
 

3) WEIGL-Manuskripte und Unterlagen von Wüstungsaufnahmen im Archiv für Mittelalterarchäologie, Leitung Univ. Prof. Dr. Fritz Felgenhauer, Institut für Ur- und Frühgeschichte der Univ. Wien, 1010 Universitätsstraße 7 /1.
 

4) KERN, H. (1966): Siedlungsgeographische Geländeforschung im Amöneburger Becken und seinen Randgebieten. Marburger geogr. Schriften 27, Marburg a. L.
 

5) FELGENHAUER, F. und S. (1968): Die Wüstung auf der Dörflerwiese bei Orth a. d. Donau, NO. Jb. Lk. NO 38, 1968-70, 158 ff.

FELGENHAUER F. und S. FELGENHAUER-SCHMIEDT (1969): Die Wüstung Gang, Gemeinde Eckartsau, p. B. Gänserndorf, NO, Probegrabung und Versuch einer Wüstungsanalyse. ArchA, Beiheft 10, 25 ff.

FELGENHAUER, F. (1971 ): Probegrabung in der Wüstung "Gangenhölzl" bei Orth a. d. Donau, NO. VUAG 5, 22 ff.

FELGENHAUER; F. ( 1973): Mittelalterarchäologie in Stillfried. MUAG 24, 85 ff.

FELGENHAUER, F. (1980 a): Arbeitsbericht Stillfried 1977, 1978, 1979, 1980. FIST 4, 177 ff.

FELGENHAUER, F. (1982): Ausgrabungen in der Wüstung Hard bei Thaya. Arbeitsberichte des Kultur- und Museumsvereines Thaya 1, 2, 125 ff.

FELGENHAUER, F. (1983): Stand und Aufgaben der Wüstungsarchäologie in Niederösterreich. Studien und Forschungen aus dem niederösterr. Institut für Landeskunde 6, 88 ff.
 

6) LORCH, W. (1939): Neue Methoden der Siedlungsgeschichte. Geogr. Zeitschrift 45, 294 ff.
 

7) SCHARLAU, K. (1938): Zur Frage des Begriffes "Wüstung". Geogr. Anzeiger 39, 247 ff.


8) BSCHORNER, H. (1939): Die Wüstungen und ihre Erforschung in Deutschland. BI. f, deutsche Landesgeschichte 85, 180 ff.

JANSSEN, W. (1968): Methodische Probleme archäologischer Wüstungsforschung. Nachrichten d. Akademie d. Wissenschaften in Göttingen, I. Philosophisch-historische Klasse 2.
 

9) MARGL, H. (1971): Zur Ortung von Siedlungswüstungen unter Wald. Informationsblätter z. Nachbarwissenschaften der Ur- und Frühgeschichte 2, 41 ff.

MARGL, H. (1973): Zur Ortung einiger Wüstungen im Marchfeld. Jb. Lk. NÖ 39. 1971 -73, 175 ff.
 

10) EMINGER, E, (1976): Geortete Wüstungen im Raume Wolkersdorf. Heimat im Weinland, 218 ff.

ZELESNIK, R. F. (1978): Zur Wüstungsforschung im nordöstlichen Weinviertel. UH 49, 84 ff.
 

11) FELGENHAUER, F. (1975): Zum Stand mittelalterarchäologischer Forschung in Österreich. MUAG 25, 197 4-75, 245 ff.

FELGENHAUER, F. (1978): Mittelalterarchäologie. Almanach d. österreichischen Forschung 48 ff.
 

12) z. B. England: Deserted Medieval Village Research Group; Fieldwork Questionnaire.
 

13) CERNY, E. (1973): Die Methodik der Geländeforschung der mittelalterlichen Orts- und Flurwüstungen des Drahauer Hochlandes. Zpravy es. spolecnosti arch. XV, 4, 5.
 

14) Zur Problematik von Wüstungspflanzen: MARGL ( 1971 ), s. Anm. 9.
 

15) HOBN, s. Anm. 2.
 

16) Archiv f. Mittelalterarchäologie, s. Anm. 3.
 

17) FELGENHAUER-SCHMIEDT, S. (1968): Das Fundmaterial des Hausberges zu Gaiselberg. Ein Beitrag zur Datierung hoch- und spätmittelalterlicher Keramik in Niederösterreich. Phil. Diss. Wien.

FELGENHAUER, F. ( 1980 b): Bibliographie zur Archäologie des Mittelalters in Österreich. ZAM 8, Stichwort Keramik, 214 ff.
 

18) Fundberichte aus Österreich. Hrsg. v BOA, Abt. Bodendenkmale. Schriftleitung Horst Adler. 1010 Wien, Hofburg, Säulenstiege.

Letzte Veröffentlichung am 1.6.2024.

115) Kurt Bors und Karl Krchnawy, 1986: Die Keramik des 1529 zerstörte Klosters St. Laurentio

Mit Genehmigung zur Veröffentlichung am 17.5.2024 (Österreichische Gesellschaft für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie – ÖGM) wurde darauf hingewiesen, dass sich die URL aufgrund einer Namensänderung des Vereines wohl bis Juni 2024 ändern wird: von oegm.or at auf oegmn.or.at. 

Derzeit ist noch die alte URL gütlig. Hier gelangen sie zum PDF-Online.
(Obiger Link wurde am 24.08.2025 aktualisiert.)

Für ein besseres Suchergebnis im Internet wurde der Text auch abgeschrieben:

DIE KERAMIK DES 1529 ZERSTÖRTEN KLOSTERS ST. LAURENTIO
 von
KURT BORS u. KARL KRCHNAWY, Wien

1. EINLEITUNG

Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Archivs für Mittelalterarchäologie (Leitung Univ. Prof. Dr. F. FELGENHAUER) zur Lokalisierung von Ortswüstungen im Gelände wurde auch das Gebiet der Klosterruine St. Laurentio im Klostergraben bei Ried am Riederberg begangen. Das 8 km westlich der Wiener Stadtgrenze gelegene Kloster wurde 1456 gegründet, 1509 durch Brand vernichtet, 1529 von den Türken nachweislich zerstört und soll einen Siedlungsvorgänger gehabt haben (vgf. Beitrag R. KOCH). Bei dieser Begehung blieb zwar die Suche nach einer früheren Siedlung erfolglos (BORS 1986), aber auf dem zum Bach abfallenden Hang konnte bei einer Rutschung eine Abraumhalde aus der Zeit des Klosters gefunden werden.

Drei Umstände gaben Veranlassung, eine Bergung in diesem Raum durchzuführen: Die Erosionsgefährdung des Hanges, die Gefährdung des Materials durch immer wieder vorkommende unbefugte Grabungen und die Gelegenheit, relativ genau zu datierende Funde aus dieser Zeit zu erhalten. Sie sollten Fortschritte in der Klärung noch ungelöster Fragen mittelalterlich-frühneuzeitlicher Keramik bringen können.

Zu danken ist für mehrfache Unterstützung dem Leiter des Archivs, Univ. Prof. Dr. F. FELGENHAUER, für die Bergungsgenehmigung dem Bundesdenkmalamt, Abt. Bodendenkmale und Dipl.Ing. PETER ROTHE von der Forstverwaltung Preßbaum der Österr. Bundesforste, sowie Dr. SABINE FELGENHAUER für die Beratung in Keramikfragen. Nicht unerwähnt und unbedankt sollen auch die freiwilligen Helfer des Archivs sein: KARL KRCHNAWY, der in zeitraubender Arbeit die künstlerisch wertvollen Fundzeichnungen verfertigte , was im Druck leider nicht zur Geltung kommt, sowie KURT ISDA und Dipl. Ing. FELIX LANG, beide bewährte Mitarbeiter im Gelände.

2. DER BERGUNGSRAUM

Der Bergungsraum befindet sich rund 40 m nordwestlich der Kirchenruine auf dem mit 76 % Neigung zum Bachbett abfallenden Hang, also außerhalb des ehemaligen Klostergebäudes. Er hat die Ausmaße von 10x5 Metern. Sondierungen ergaben, daß es sich um eine Abraum- oder Abfallhalde handelt, die an ihrem höchsten Punkt, 16 m oberhalb des Baches, eine vertikale Mächtigkeit von 1,5 m, 3 m oberhalb des Baches noch immer eine solche von 0,6 m besitzt.

Bei dieser Gelegenheit konnten einige stratigraphische Beobachtungen gemacht werden. Eine dunkle Humusschichte reicht bis 30 cm Tiefe und geht allmählich in einen gelben, sandigen Lehmboden über, der gegen den Grund der Halde fester gefügt ist, während die höheren Lagen locker geschichtet und von Hohlräumen durchsetzt erscheinen. Bruchsteine fanden sich in allen Tiefen, massierter aber gegen den Haldenboden. Auch Gefäßkeramik war in allen Schichten anzutreffen, konzentrierter aber zwischen 30 bis 60 cm Tiefe, wo auch der Hauptanteil der anderen Funde lagerte. Diese an drei verschiedenen Stellen erhobenen Befunde können für die gesamte Halde angenommen werden. Nähere Angaben befinden sich im AMA, Ortswüstung St. Laurentio, Nr. 910.1.

3. INTERPRETATION UND DATIERUNG

An Hand dieser Beobachtungen kann versucht werden, den Datierungszeitraum von 73 Jahren, der durch die Lebenszeit des Klosters gegeben ist, noch einzuengen.

Wenn man auch annimmt, daß die am Haldengrund liegenden Bruchsteine nicht von der Brandschuttbeseitigung des Jahres 1509 oder der Schleifung des Klosters 1529 stammen, sondern als Abraum der Planierungsarbeit bei der Erbauung des Klosters aufzufassen seien und darüber lagernde Funde als Abfalldeponie zu deuten sind, so ist doch die auffallende Fundverdichtung in der obersten Zone als deutliches Anzeichen außergewöhnlicher Ereignisse zu werten. Für solche kommen aber nur die vorhin erwähnten Einschnitte in der Klostergeschichte in Frage, die selbst wohl kaum stratigraphisch noch an Hand der Überreste zu trennen sind. Damit kann man, da der größte Teil des geborgenen Materials aus diesen oberen Bereichen stammt, das erste Viertel des 16. Jahrhunderts mit größter Wahrscheinlichkeit als Zerstörungsperiode der Fundgegenstände ansehen.

4. DIE KERAMIK DES KLOSTERS ST. LAURENTIO

Von der geborgenen Keramik entfielen gewichtsmäßig 63 % auf unglasierte und 10,5 % auf glasierte Gefäße, 18,5 % auf unglasierte und 8 % auf glasierte Ofenkacheln. Ziegel und andere Baukeramik wurden nicht mengenmäßig erfaßt. Ihr Anteil war relativ groß, doch fanden sich zum Unterschied vom ehemals verbauten Gelände vorwiegend nur Dachziegelbruchstücke in der Halde. Kein einziger Fundgegenstand war vollständig erhalten und von der Gefäßkeramik konnten nur zwei Profile zusammengesetzt werden.

4.1 Unglasierte Gefäßkeramik

Der Hauptanteil der Scherben entfällt auf Töpfe. 75 Randstücken von Töpfen stehen 24 von Deckeln, 10 von Schüsseln, 6 von Bechern und 3 von Krügen gegenüber.

Die Größe der Töpfe kann, da sonst keine ganzen Profile vorliegen, nur nach dem Mdm angegeben werden, der zwischen 15 und 32 cm liegt, wobei 50 % mehr als 20 cm haben. Die 12 Bodenscherben zeigen Bdm zwischen 9 und 24 cm. Die Wandstärken reichen von 0,3 cm bis 1,9 cm.

Zur Formung der Töpfe: Sie sind mit drei Ausnahmen nur geringfügig gebaucht und besitzen, von (Taf. 2/20) abgesehen, einen rund umgebogenen, meist untergriffigen Mundsaum. Dieser ist bei der kleineren Ware unter 18 cm Mdm kaum (Taf. 2/9, 12, 17, 22) oder nur mäßig (Taf. 2/6, 13, 14, 15, 18, 19), bei den mittelgroßen durchwegs verdickt (Taf. 2/16, 21) und bei den großen Töpfen vielfach sogar wulstartig ausgearbeitet (Taf. 1/1, 3, 4, 5; Taf. 2/10, 11), oder sogar bis an den Hals umgebogen (Taf. 1/3). Bei drei kleinen Töpfchen ist der Rand außen mehr oder weniger glattgestrichen, bei drei großen Exemplaren elliptisch flachgedrückt (Taf. 1/1, 3, 5). Sieben Mundsaumbruchstücke weisen Quetschlappen auf, die alle Töpfermarken tragen (z.B. Taf. 1/1, 4, 5; Taf. 2/10). Der Hals ist kaum bis mäßig eingezogen, der Schulteransatz weist bei 70 % der Scherben eine Tonstufe auf. Aus der Reihe fallen nur 2 Töpfchen mit stärkerem Halseinzug; eines davon ist die schon erwähnte Ausnahme mit keulenförmig ausgearbeitetem Rand (Taf. 2/20). Henkeltöpfe sind nur durch drei Vorkommen nachzuweisen (Taf. 2/23).

Der Ton der meisten Töpfe zeigt Graphitbeimengungen, die von groben Graphitbrocken (Taf. 1/6) bis zu feingemahlenen Graphitschüppchen reichen (Taf. 2/8), die dem Ton ein scheinbar geglimmertes Aussehen verleihen. Mit Ausnahme von (Taf. 1/1) ist die gesamte Töpfermarkenware graphitiert. Zusätzlich sind die größeren Gefäße mit gröberen Steinchen gemagert. Die Farbe des Bruches reicht vom Dunkelgrau der größeren Töpfe bis zum hellen Beigegrau der kleineren. Bei drei Scherben ist der dunkle Kern mit einer hellen Schichte gleichsam ummantelt, was wahrscheinlich auf einen besonderen Brennvorgang zurückzuführen ist (Taf. 1/3). Ein Wandbruchstück besteht zur Hälfte auf der Innenseite aus dunkelgrauem, auf der Außenseite aus rotem, oxydierend gebranntem Ton.

Die Oberflächen der Töpfe zeigen die durch reduzierenden Brand entstandenen Grau- bis Grauschwarztöne. Nur zwei Scherben bilden eine Ausnahme: Einer aus lichtbraunem und einer aus weißlichem Ton, beide mit gleicher Oberfläche. Sechs Scherben weisen einen metallisch schimmernden Glanz auf.

Als Verzierungen wurden nur umlaufende Ritzrillen oder etwas breitere Furchen vorgefunden; dies ist auf mehreren Abbildungen ersichtlich. Als einzige Ausnahme trägt der große Topf (Taf. 1/1) mit 27 cm Mdm und einem der wenigen elliptisch umgebogenen Mundsäume sowie der dreifachen Krückenmarke eine im Halsschulterbereich umlaufende Wellenfurche. Ein kleinerer Teil der Gefäße ist gänzlich unverziert.

Ruß- und Schmauchflecken weisen über die Hälfte der Mundsäume auf. Sie könnten alle vom Herdfeuer stammen und sind kein stichhaltiges Argument für einen größeren Brand. Eher schon sind die verrußten Bruchstellen als Hinweis auf die bekannten Ereignisse zu deuten, die bei 30 % der Mundsäume zu finden sind und auch bei einer großen Zahl der Wandbruchstücke aufscheinen.

Töpfermarken tragen außer den Mundsäumen mit Quetschlappen drei weitere Ränder. Alle haben einen größeren Mdm als 22 c m und mehr als 5 mm Wdst. Die häufigste Marke ist die Krücke; sie kommt einmal in einer Ellipse (Taf. 1/4) und sechsmal im Schild vor, wobei sie einmal in Dreierkombination (Taf. 1/1) und einmal mit einem eingeschnittenen Kreuz vergesellschaftet (Taf. 2/7) zu finden ist. Der Stempel Y in einem Kreis erscheint zweimal (Taf. 2/8), einmal davon als Doppelmarke (Taf. 1/2). Je einmal tritt ein mehrlappiges Zeichen (Taf. 1/5), ein langovaler Eindruck (Taf. 2/ 10) und fünf nebeneinanderliegende Fingerkuppeneindrücke als Markierungen auf.

Von 28 Flachdeckelfragmenten sind bis auf eines aus bräunlichem Ton und gleicher Oberfläche alle reduzierend gebrannt, aber von unterschiedlicher qualitativer Verarbeitung. Die Durchmesser liegen zwischen 10 und 30 cm. Auf einem einzigen Scherben sind umlaufende Rillen als Verzierung in Knaufnähe eingedreht (Taf. 3/29). Hier sind auch die Eindellung auf der Knaufoberseite und die Mittelerhöhung wenig, bei (Taf. 3/30) die Eindellung mäßig, die Erhöhung stark und bei (Taf. 3/31) beide stark ausgeprägt. Bruchstellen von 8 Deckeln weisen Ruß- bzw. Schmauchspuren auf. Hinweise auf glockenförmige Deckel wurden nicht gefunden.

Schüsseln sind nur wenige nachzuweisen. Von den acht Scherbenfragmenten hat eines einen Rdm von 16 cm, vier von 20 cm (wie Taf. 3/26, 27) und je eines von 21 cm (Taf. 3/24), 28 cm und 56 cm (Taf. 3/25). Letzteres hat eine Wdst von 2 cm, einen nach innen gezogenen Rand mit Ausgußdelle und zwei Tonstufen an der Außenseite. Auch einen mehr oder weniger nach innen gezogenen Rand haben fünf weitere Scherben wie (Taf. 3/26) mit 5 mm Wdst, einer Ausgußdelle und umlaufender Furchenverzierung, sowie (Taf. 3/24) mit 8 mm Wdst und drei Tonstufen an der Außenseite. Nach innen und außen verbreitert ist der Rand bei zwei Bruchstücken; so bei (Taf. 3/27), das zum Unterschied von (Taf. 3/24) eine Kalottenform vermuten läßt, wobei die Randpartie wieder konisch erweitert ist.

Krüge sind nur durch drei Bruchstücke belegt. Ein trichterförmiger Rand (Taf. 3/28) ist etwas verdickt und drei Tonstufen als Verzierung befinden sich auf Höhe des Henkelansatzes knapp unter dem Rand.

Becherbruchstücke stammen von fünf verschiedenen Exemplaren. Ein Fuß-Wandscherben hat einen leicht eingedellten Boden und weist mit einer Wdst von 6 mm auf eine recht plumpe Ausarbeitung hin. Drei trichterförmige Randstücke mit einer Wdst von 3 mm sind gut geglättet, hart gebrannt und zeigen einen kurzen (Taf. 3/32), einen steileren langen (Taf. 3/33) oder einen langen, flacher nach außen liegenden Mundansatz (Taf. 3/34).

Schalen sind nur an einem einzigen, im Profil erhaltenen Bruchstück nachzuweisen. Es hat einen Rdm von 14 cm, eine Höhe von 3,6 cm, eine Wdst von 6 mm und einen leicht verdickten, nach außen abgekanteten Rand.

4.2 Glasierte Gefäßkeramik

14 % der Gefäßkeramik ist glasiert. Darunter finden sich 22 Mundsäume von Töpfen, zwei Krugränder, drei Ränder von Schüsseln und vier kleinen Schalen; ferner zwei Topfhenkel, zwei Pfannen- und ein Grapenstiel mit einem zugehörigen Fuß-Wandbruchstück, der Boden-Wandscherben eines Siegburger Bechers, 11 Bodenteile von Töpfen und 50 Wandscherben. Nur drei dieser Scherben sind beiderseits glasiert, alle anderen haben, von Überlauf- oder Abtropfflecken an Rändern, Henkel oder Schulter abgesehen, nur Innenglasur. Eine Ausnahme bildet der importierte Siegburger Trichterhalsbecher aus grauem Steinzeug (Taf. 4/52) mit nur teilweiser, fleckiger, kadmiumrötlicher, wenig glänzender, außenseitiger Salzglasur, der in die folgenden Ausführungen nicht mehr einbezogen wird.

Der Ton ist von Bruchstücken mit 3-4 mm Wdst feiner geschlämmt, zeigt keine oder nur geringe Steinchenmagerung und härteren Brand. Größere Exemplare mit Wdst von 5-6 mm zeigen gröberen Ton und Steinchenmagerung. Die Tonfarbe im Bruch reicht von Orangerot bis Lichtocker, bei einigen Stücken zeigt sich diese Farbtönung im einzelnen Bruch auch von innen nach außen in dieser Abfolge. Entsprechend ist auch die Oberflächenfarbe in den meisten Fällen Lichtocker, bei wenigen auch hier orangerötlich (Taf. 4/46, 49).

Verzierungen scheinen noch seltener zu sein, als bei der unglasierten Keramik. Außer seichten Furchen an der Schulter oder Rillen bzw. Tonstufen am Hals sind keine weiteren Anzeichen zu finden, wenn wir von der Gestaltung des Mundsaumes von (Taf. 4/50) absehen. Töpfermarken oder -zeichen sind weder am Mundsaum, noch an Henkeln oder Böden vorhanden.

Schmauch- oder Rußspuren, mehr oder minder stark, weisen viele Außenseiten und etliche Innenseiten auf; an den Brüchen der Mundsäume 13 von 22 und an den anderen Scherben 33 %.

Die Bleiglasuren sind relativ dünn aufgetragen und erscheinen daher bei der durchwegs ungleichen Verteilung als dunkel gepunktet, getupft, gefleckt oder gesprenkelt. Diese Ton- in-Ton Differenzen entstehen aber nicht nur durch größere Glasurdichte in den Vertiefungen, Poren oder Drehrillen, sondern auch durch ungenügende Durchmischungen der Pigmente.

Die Farben der Glasuren sind fast ausschließlich Tönungen zwischen Gelbocker und Rotbraun, was sicherlich auf hauptsächliche Verwendung von Eisenoxyd und Braunstein hinweist. Ein Topf (Taf. 4/44) ist orangegelb, einige Scherben zeigen stellenweise leichte Verfärbungen zu Olivgrün. Fünf Bruchstücke, die zu drei Krügen gehören dürften, sind grün glasiert. Nur wenige Besonderheiten sind zu erwähnen: Ein rötlicher Scherben von 10 mm Wdst mit weißlicher Engobe unter der z. T. abgesplitterten, etwas dick aufgetragenen, grünfleckigen Glasur; ein ziegelroter Wandscherben, außen durchwegs gerillt, mit stark glänzender, dichter, kaffeebrauner Innenglasur; ein weiterer rotbrauner Wandscherben mit fast schwarzer Innenglasur und darüberliegender, silbrig-glänzender Sprenkelmusterung, die allerdings auch als spätere Veränderung gedeutet werden kann; letztlich der Mundsaum eines Topfes (Taf. 4/42) mit dunkelbrauner, etwas dichterer Innen- und Außenglasur, wobei der Hals bis zur Tonstufe am Schulteransatz unglasiert blieb.

Die Formen der Töpfe sind vollständig nur in einem Profil erhalten (Taf. 4/45). Dem übrigen Material nach zu schließen sind sie im allgemeinen bei mehr oder weniger starkem Halseinzug mäßig gebaucht. Größer sind die Unterschiede der Mundsaumformen. Während (Taf. 4/ 41) den rund umgebogenen Rand zeigt, wie er bei den unglasierten Töpfen dieser Zeit in überwiegender Zahl vorkommt, wenn auch selten so ausladend, nähern sich die Formen über (Taf. 4/42, 43, 44) der häufigsten Randausbildung an, die das Töpfchen (Taf. 4/45) repräsentiert; spitz umgeklappter, sehr flach nach außen gestellter und an der Außenseite glattgestrichener, ja verschiedentlich sogar leicht konkav eingedrückter Rand [Taf.]4/48). Die spitze Außenkante stellt auch die Glasurgrenze dar, die meist nur wenig nach außen-unten überronnen ist.

Das Töpfchen (Taf. 4/45) mit 10 cm Mdm, 6,3 cm Bdm und einer Höhe von 10,6 cm ist lichtbraun glasiert ·und zeigt starke dunkelbraune Körnung, aber auch größere dunkle Flecken. Einen Mdm von 25 cm hat (Taf. 4/48), ferner eine Wdst von 5 mm, eine Tonstufe am Hals und mittelbraune, etwas fleckige Glasur. Der Henkeltopf (Taf. 4/49) aus rötlichem Ton ist ebenso glasiert, hat einen Mdm von 11 cm und eine Wdst von 4 mm. Ein Unikat stellt das Töpfchen (Taf. 4/50) mit einem gestuften, durch zwei Rillen verzierten und gelappten, nach außen gebogenen Rand dar; sein Mdm mißt 11 cm, die Wdst 4 mm.

Von einem Krug stammt das innen grünfleckig glasierte, trichterförmige Halsstück mit einem Henkelansatz knapp unter dem Rand. Der Rdm beträgt 10 cm, die Wdst 5 mm, der Ton ist im Bruch lichtocker, die äußere Oberfläche mittelocker. Ein weiteres Bruchstück besteht nur aus einem leicht eingezogenen Kragenrand mit einem Rdm von 11 cm und beidseitig mittelbrauner Glasur mit dunklen Tüpfchen.

Eine kleine Schale (Taf. 4/47) ist in Bruchstücken weitgehend erhalten. Sie hat einen Rdm von 9,5 cm, eine Höhe von 4,2 cm und eine Wdst von 5 mm. Das lichtockerfarbene Gefäß ist unter dem Rand mit zwei Tonstufen verziert, innen gelbfleckig glasiert und beinhaltet einen 10 mm hohen, eingetrockneten, grünlichblauen Farbsatz.

Der Pfannenstiel (Taf. 4/54) mit Längsfurche an der gelb glasierten Innenseite läßt zwei umlaufende Rillen unter dem Pfannenrand erkennen. Gleiche Glasur besitzt der Griff eines Grapen (Taf. 4/51), zu dem ein weiteres Bodenstück dieser Dreifußpfanne mit angesetztem Fußstummel gehört.

4.3 Ofenkacheln

An unglasierten Kacheln wurden ein halber Nischenkachel mit 11 cm Breite und einer Tiefe von 5 cm, sowie weitere 48 Bruchstücke von zwei Blattnapfkacheln und mindestens 12 quadratischen Schüsselkacheln gefunden (vgl. S. FELGENHAUER-SCHMIEDT 1982, 118, 119). Sie bestehen aus steinchengemagertem, lichtgrau- oder bräunlichem Ton und gleicher Oberflächenfarbe im Bodenbereich, während die oberen Partien und Randzonen dunkelgraue Färbung zeigen. Die Höhen der Schüsselkacheln wurden mit 7,0, zweimal 10, 5 und 11, 1 gemessen, was errechneten Seitenlängen von 20 bis 24 cm entspricht. Die Bdm liegen zwischen 14- 16 cm. Die Scherbenstücke einer Blattnapfkachel zeigen drei Blätterzweige in der rechten oberen Ecke mit dem Teil eines Pferdekopfes samt Mähne darunter, sowie in der rechten unteren Ecke zwei Pferdebeine. Vom Blatt einer anderen Kachel ist nur ein kleines Bruchstück mit einem (Pferde- ?) Ohr am oberen Rand erhalten. Der Teil einer Ofeneckverzierung (Taf. 4/53) läßt auf einer Seite den Rand einer Nischenkachel, auf der anderen den einer Schüsselkachel erkennen.

Glasierte Ofenkacheln wurden in der fast gleichen Menge geborgen. Eine Blattnapfkachel mit stilisiertem Lilienmuster konnte teilweise zusammengesetzt werden (Taf. 4/40). Die grünfleckige Glasur wurde auf eine lichtocker- bis weißliche Engobe des Kachelblattes aus rötlichem Ton aufgetragen. Die Seitenlänge der vollständigen Kachel mißt 24 cm. Weitere Randbruchstücke stammen von einer Blattnapfkachel anderer Ausführung, sowie grün glasierten Schüsselkacheln.

4.4 Ziegel

Zum Unterschied vom Gelände des ehemaligen Klosterbaues, auf dem viele verstürzte Mauerteile mit Ziegeln liegen, fanden sich im Bergungsgebiet nur wenige Mauerziegelbruchstücke. Dafür war der Anteil an Dachziegeln beträchtlich. Es handelt sich einerseits um Flachziegel mit Nase und einer Breite von 20 cm (eine vollständige Länge konnte nicht rekonstruiert werden) und einer Stärke von 1,8 cm. Ein abgerundetes Bruchstück deutet auf Biberschwanzziegel hin. Die meisten Scherbenreste stammen von einer Mönch-Nonne-Eindeckung und weisen Breiten von 7-12 cm auf. Darunter mögen sich auch Scherben von halbrunden Ziegeln befinden, deren Ende sich bis auf 7 cm verjüngt. Von ihnen ist ein Exemplar vorhanden, das wahrscheinlich als Firstziegel zu deuten ist. Neben diesem Material kommen auch Fragmente ähnlicher Tonformen vor, die grob verarbeitet, mit größeren Steinchen gemagert und wahrscheinlich reduzierend gebrannt sind, da sie dunkelgraue Farbtöne aufweisen.

5. ANDERE FUNDE

5.1 Mörtel und Verputz

waren in größerer Menge zu finden und hafteten teilweise noch an verschiedenen Ziegeln oder Bruchsteinen. Zwei Mörtelstücke tragen Feinverputz mit Resten von Wandbemalung; das eine nur in Violett, das andere in Violett und Beige, getrennt von zwei orangefarbenen Streifen.

5.2 Metall

Die großteils mit dicken Korrosionskrusten behafteten Eisenfunde bestehen aus 2-6 mm starken Beschlägen (Taf. 3/ 39), Wandhaken, einer Bauklammer, einem Kettenglied, verflochtenen Drähten und 19 Nägeln in der Länge von 7- 17 cm. Drei von ihnen (Taf. 3/38) haben einen runden Kopf auf einem im Querschnitt quadratischen Stift; zwei stecken noch in Beschlägen, zu deren Befestigung sie dienten, wie auch quadratische Löcher in anderen Beschlagstücken zeigen (u.a. Taf. 3/ 39). Die anderen Nägel (Taf. 3/37) haben einen Stift mi t rechteckigem Querschnitt, der zum schmalrechteckigen, im Aufriß trapezförmigen Kopf quer steht. Ein 37 cm langes, 1,5 c m bis 2 cm breites und 5 mm starkes, einseitig abgerundetes Bleistück zeigt ein quadratisches Nagelloch und könnte feuerverformt sein. Ein halbkugelförmiges, schellenartiges Fundstück aus Messingblech hat zwei Löcher, die durch einen Schlitz verbunden sind (Taf. 3/ 35).

5.3 Glasfunde

An Glasfunde n sind die Reste von farblosen Butzenscheiben zu erwähnen. Sie sind 0,6 mm stark, haben einen Durchmesser von 9,5 c m und einen umgebörtelten Rand. Weitere, zum Teil deformierte Flachglasstücke zeigen eine auch im Einzelstück wechselnde Stärke von 1-2, 5 mm, sind gelblich oder grünlich getönt und weisen einen leicht abreibbaren Lüsterüberzug auf. Das Relikt eines Glasgefäßes mit rund 5 mm Wdst (Taf. 3/36, Querschnitt und Grundriß) ist von einer mehrschichtigen Ummantelung umgeben, die wohl als Korrosionsbelag gedeutet werden muß.

5.4 Knochenfunde

Knochenfunde, die sich durch Hackspuren als Küchenabfälle aufweisen, wurden freundlicherweise von Dr. E. PUCHER, Naturhistorisches Museum Wien, beurteilt.

Von den bestimmbaren Exemplaren stammen 30 vom Schwein (Sus scrofa f. domestica), wobei es sich bei 12 größeren auch um Wildschwein (Sus scrofa) handeln könnte. Vom Rind (Bos primigenius f. taurus) liegen 7 Knochen vor, 3 von jüngeren, 4 von älteren Tieren; zwei stammen sicher vom Schaf (Ovis ammon f. aries), drei von Schaf oder Ziege (Capra aegagrus f. hircus), von den letzteren zwei von Jungtieren. Ferner wurden die Gans (Anser anser f. dom.) und das Haushuhn (Gallus gallus f. dom.) nachgewiesen, von dem auch mehrere Eierschalenreste aufgefunden wurden.

Über Art und Größe der mittelalterlichen Haustiere in unserem Raum sind noch viele·Fragen offen. Aus diesem Grund wurden diese Funde in die archäologisch-zoolgische Sammlung des Naturhistorische n Museums aufgenommen und unter der Nummer 1986- 9 inventarisiert.

6. VERGLEICHE

Die Fundauswertung scheint die aus den Ergebnissen der Sondierungen gezogenen Folgerungen zu bestätigen. Vor allem sind es die vielen Schmauch- und Rußspuren an den Bruchstellen, die neben geschmolzenen Glasuren und Deformationen von Gläsern und dem Bleistück auf größere Brandeinwirkung hinweisen. Da die als Küchenabfälle ausgewiesenen Knochen aber keine Brandspuren zeigen, ist anzunehmen, daß die Halde zumindest von 1509 bis 1529 auch als Abfalldeponie benützt wurde.

Es liegt nahe, die Keramik des Klosters anderen Funden des näheren und weiteren geographischen Raums gegenüberzustellen. Vergleichbar ist sie in erster Linie mit Material aus dem klösterlichen, städtischen oder feudalen Bereich, das aus annähernd derselben Zeit stammt.

6. 1 Klösterlicher Bereich

Aus diese m Bereich stammen Funde von der Bernhardikapelle des Stiftes Heiligenkreuz bei Baden, Niederösterreich, die PITTIONI (1974) an das Ende des 15. Jh. bzw. an den Beginn des 16. Jh. stellt.

Die beschriebene Schwarzhafnerware zeigt hier fast durchwegs verdickte, umgebogene Mundsäume der Töpfe, doch sind diese stärker untergriffig, als in St. Laurentio, wo sie nur bei (Taf. 1/2, Taf. 2/8, 21) vorkommen. Die knolligen oder oval-flach-gedrückten Ränder wie (Taf. 1/1, 3, 4, 5; Taf. 2/10, 11) sind bei PITTIONI nicht zu finden. Auch die Töpfermarken sind, mit Ausnahme der Krücke, verschieden. Ein Gegenstück zur Ofeneckverzierung wie (Taf. 4/53) treffen wir auch in Heiligenkreuz an.

6.2 Die städtische Keramik

Die städtische Keramik, für die "Keramische Bodenfunde aus Wien" (S. FELGENHAUER-SCHMIEDT 1982, A. KIES 1982, G. KOHLPRATH 1982) herangezogen wurden, zeigt verschiedene Parallelen. Das Fehlen von Profilen verhindert zwar eine exakte Gegenüberstellung der Gefäßkörper bei der grauen, unglasierten Ware, aber die Mundsäume der Töpfe des 15. Jahrhunderts sind, wie erwartet, übereinstimmend. Dies trifft speziell auf die Ofenkacheln zu, die nicht nur gleiche Form, sondern auch dieselben Maße haben (S. FELGENHAUER-SCHMIEDT 1982, Kat. Nr. 182, 184).

Bei den glasierten Gefäßen entspricht der Henkeltopf (Kat. Nr. 140) dem unseres Topfes (Taf. 4/49). Auch die gepunkteten Glasuren von St. Laurentio scheinen mit der des Kruges (S. FELGENHAUER-SCHMIEDT 1982, Abb. 7, Kat. Nr. 139) übereinzustimmen, wenn dieser auch in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts gestellt ist. Auch der Siegburger Trichterhalsbecher (Kat. Nr. 200) hat einen nur um 4 mm geringeren Bdm als der des Klosters. Der Griff der Dreifußpfanne (Taf. 4/51) findet sich in ähnlicher Form bei KOHLPRATH (1982, Kat. Nr. 334) wieder. Von den Töpfermarken ist nur die Krücke bei KIES (1982 u. 1985) wiederzufinden, der sie als zweithäufigste in Wien anführt. Sie soll vom 14. bis zum 17. Jahrhundert in Verwendung gestanden, nach einem Höhepunkt im 15. Jahrhundert aber bereits zu Ende des 16. Jahrhunderts zur Bedeutungslosigkeit abgefallen sein.

6.3 Herrensitze

Auf Herrensitzen war wohl ähnliche Keramik in Gebrauch wie auf Klöstern, einerseits wegen der besseren wirtschaftlichen Möglichkeiten, qualitativ höher stehende Ware zu erwerben, andererseits wegen der Notwendigkeit, eine größere Anzahl von Menschen verpflegen zu müssen.

Die diesbezüglich nächstgelegenen Funde stammen aus dem "Schloß" Atzelsdorf bei Rappoltenkirchen (BORS 1986, 9 ff). Die Zeit seines Abkommens ist ungeklärt, sie fällt möglicherweise in den Beginn des 15. Jahrhunderts, doch sind Siedlungsnachfolger nicht auszuschließen. Die Größen der reduzierend gebrannten, unglasierten Töpfe entsprechen denen von St. Laurentio, auch wulstige, untergriffige Mundsaumformen wie (Taf. 1/4) treten auf, aber mit einer Ausnahme nur einfache Töpferzeichen wie Fingerkuppeneindrücke am Randlappen oder mehrere schräge Einschnitte am Rand. Die Knaufformen der Deckel gleichen sich. Es liegt auch ein Siegburger Becher vor. Glasierte Keramik fehlt, nur das Bruchstück einer Ofenkachel, möglicherweise aber von einem Siedlungsnachfolger, zeigt grün geflammte Glasur.

Von der hausbergähnlichen Anlage in Grafendorf, VB Korneuburg, gibt es unveröffentlichte Keramikzeichnungen von E. SZAMEIT 1).

Diese "Feste" muß zwischen 1519, wo sie urkundlich noch als aufrecht, und 1529, wo sie bereits als öd bezeichnet wird, abgekommen sein 2). Die unglasierten Töpfe zeigen gleiche Formen und Größen, allerdings nur wenige wulstige Ausführungen der Mundsäume wie (Taf. 1/4) und keine elliptischen wie (Taf. 1/1 oder 3). Die Töpfermarke mit Krücke findet sich auch hier, doch nicht so exakt ausgeprägt wie in St. Laurentio. Die andere unglasierte Keramik weist viele ähnliche Exemplare auf. Besonders interessant ist neben einer gleichen Ofeneckverzierung (Taf. 4/ 53) und einer Nischenkachel die Blattnapfkachel 3), die in Form und stilisiertem Lilienmuster genau der Kachel (Taf. 4/40) des Klosters entsprechen, nur daß letztere grün glasiert ist. Die wenigen glasierten Töpfe von Grafendorf zeigen Formen wie (Taf. 4/42-45) nicht jedoch die konkave Eindellung wie bei (Taf. 4/47). Auch der alleinstehende Topf (Taf. 4/50) findet im Mundsaum bei E. SZAMEIT 4) ein Pendant, allerdings ohne gewellten Rand.

Ein Vergleich mit den Funden des allerdings schon 60 km entfernten Hausberges von Gaiselberg bei Zistersdorf im Weinviertel (S. FELGENHAUER-SCHMIEDT 1977) zeigt im zeitgleichen Horizont V u. VI viele Übereinstimmungen in der unglasierten Ware; so der Graphitüberzug, Tonstufen am Schulteransatz, umlaufende Verzierungsfurchen und rund umgebogene Mundsäume wie (Taf. 2/12-15). Es fehlen jedoch die wulstigen Topfränder wie (Taf. 1/1,3,5).

6.4 Die Keramik der Ortswüstungen

Sie mit der des Klosters zu vergleichen, stößt auf mehrere Schwierigkeiten, vor allem methodischer Art. Die OWs der Umgebung sind zwar vom Verfasser geländekundlich systematisch geortet und bearbeitet worden (BORS 1986, 9 ff), aber das Scherbenmaterial besteht nur aus Oberflächenfunden. Diese sind stratigraphisch nicht zu erfassen, vielfach in schlechtem Zustand und können auch nach Abkommen der Siedlung, das zeitlich nur in wenigen Fällen annähernd bekannt ist, an den Fundort gelangt sein.

6.5 Verschiedene Bereiche

Aus verschiedenen Bereichen stammt die von STEININGER (1985) veröffentlichte münzdatierte Keramik. Sein Kat. Nr. 94, um 1450, aus Ossarn, Herzogenburg, stammender Topf entspricht unserem (Taf. 2/22), Kat. Nr. 144, um 1500, aus dem Ort Gaiselberg unseren (Taf. 2/12, 14 ). Die Henkeltöpfe Kat. Nr. 160, nach 1520 aus Langmannersdorf, GB Herzogenburg, sowie Kat. Nr. 171, 1529, aus Unterwölbling, GB Herzogenburg, sind dem Henkeltopf des Klosters (Taf. 2/23) in der Formung des Mundsaumes und der Größe ähnlich.

Von den innenglasierten Töpfen zeigen nur zwei eine ähnliche Mundsaumform. Kat. Nr. 262 aus dem relativ weit entfernten Fundort Pleissing, GB Retz, entspricht in der Randform zwei von unseren Töpfen (Taf. 4/45 u. 48), doch sind gefurchte Halspartie, Überzug der Außenseite und die dunkelbraune Innenglasur sowie die Datierung mit 1670 stark verschieden. Auch der unserer Mundsaumform (Taf. 4/ 44) nahestehende Henkeltopf Kat. Nr. 279 aus Höbersdorf, GB Stockerau, liegt mit der Datierung "nach 1693" weitab; es sei denn, er wäre viele Jahrzehnte als "Sparkasse" verwendet worden, was nach den Fundumständen nicht vollkommen auszuschließe n ist.

7. DIE FUNDE VON ST. LAURENTIO UND DIE KERAMIKENTWICKLUNG AN DER WENDE ZUR NEUZEIT

Die Bedeutung der Funde liegt nicht nur in der guten Datierbarkeit der Keramik, sondern auch in dem Umstand, daß sich anscheinend in der Lebenszeit des Klosters neue Strömungen in der Gebrauchskeramik durchzusetzen beginnen, die gerade in diesem Milieu früher aufgenommen werden. Dies betrifft vor allem die Anfänge und Weiterentwicklung der glasierten Keramik.

Die unglasierte und hier fast ausschließlich graue Gefäßkeramik zeigt wenig Unterschiede zu den Vergleichsfunden. Das war zu erwarten, blieben doch die Formen im 14. und 15. Jahrhundert im wesentlichen gleich. Nur Qualität und durchschnittliche Größenverhältnisse zwischen dörflicher und städtisch- feudaler Keramik scheinen unterschiedlich zu sein. Auffallend ist aber das häufige Auftreten der nicht nur verdickten, sondern auch zusätzlich wulstigen Mundsäume. Besonders der oval flachgedrückte und mit relativ exakter Töpfermarke versehene Mundsaum (Taf. 1/1) und der sogar an die Schulter angelegte, scheinbar ummantelte (Taf. 1/3), finden kein Gegenstück; ausgenommen ein Bruchstück vom Haaberg (OW 606.2, BORS 1986, 22 ff), das letzterem entspricht.

Viel deutlicher scheint sich in diesem Zeitraum eine Entwicklung bei der glasierten Gefäßkeramik abzuzeichnen. Die in (Taf. 4/41, 45, 48) dargestellten Mundsaumformen könnten eine vielleicht aus arbeitstechnischen Gründen erzwungene, typologische Wandlung aufzeigen. Anscheinend hat sich der überlieferte, rund umgebogene Rand der Grautonware (Taf. 4/41) für das Glasieren nicht gut geeignet, denn es findet sich nur ein Exemplar vor; auch aus den umliegenden OWs ist kein Oberflächenfund dieser Art bekannt. Übergangsformen könnten die Töpfe (Taf. 4/42-44) darstellen, falls es sich nicht um modische Abwandlungen oder lokale Ausprägungen handelt 5). Die entwickeltsten Formen scheinen die stark ausgestellten Mundsäume mit scharfer Umklappkante zu sein (Taf. 4/45), besonders die mit gekehlten Außenrändern. Diese Vermutung resultiert aus der Beobachtung, daß die zweifellos als später zu datierenden Oberflächenfunde innenglasierter Ware aus den Wüstungen auch umgeklappte und gekehlte Mundsäume aufweisen, nur sind diese breiter und anliegender; auch finden wir die dichte, tiefbraune und relativ gleichmäßige Glasur vieler dieser Fundstücke noch nicht in St. Laurentio. Daß andererseits die Formen der glasierten Klosterkeramik nur sporadisch in den OWs vorkommen, mag daran liegen, daß diese Siedlungen entweder zu dieser Zeit schon abgekommen waren und später neu bestiftet wurden (temporäre OWs), oder daß diese Keramik vorerst noch Luxusware und für den Großteil der ländlichen Bevölkerung noch unerschwinglich war. Außerdem ist bei vielen OWs nicht gewiß, ob es sich um eine agrarische, handwerkliche, oder kleinadelige Siedlung gehandelt hat, die sich jeweils durch verschiedene Wirtschafts-, Vermögens- und Bedarfsstruktur voneinander unterschieden haben. Dem mag auch ein verschiedener Keramikbedarf entsprochen haben, der dem des Klosters mehr oder weniger ähnlich war; auch an verschiedene Bezugsquellen ist zu denken.

Die in diesem Raum in den OWs fast durchwegs verwendete, reduzierend gebrannte, graue, unglasierte Ware zeigt mit wenigen Ausnahmen nur Größen von Topfmundsäumen, die unter 20 cm Mdm liegen und rund umgebogene Ränderformen wie (Taf. 12-15) auf. Generell gesehen ist die Ausführung qualitativ minderwertiger, vor allem sind "Eisenton" und Töpfermarken selten zu finden. Glasierte Keramik kommt in einigen OWs auch in größerer Menge mit einem Anteil ·von 10 - 33 % vor, was auf einen längeren Bestand oder eine Wiedererrichtung hinzuweisen scheint. Mundsaumformen  mit Glasuren in der Art des Klosters aber sind nur sehr sporadisch; dies trifft in der Umgebung auf die OWs Haaberg und Steinfeld und Hofgraben zu, sowie auf neun weitere OWs im Wr. Becken, bei Hollabrunn und im Waldviertel, mit insgesamt 14 Topfbrandscherben. Alle anderen lassen in Verarbeitung, Form und Glasur auf chronologisch und typologisch später stehende Keramik schließen. Relativ häufig finden sich kleine Bruchstücke grün glasierter Ofenkacheln.

Abschließend mag gefolgert werden: Während um die Jahrhundertwende die in ihrer Entwicklung schon lange stagnierende unglasierte, graue Ware nur wenigen Veränderungen unterlag, scheint sich bei der glasierten Gebrauchskeramik eine rasante Wandlung vollzogen zu haben. Die Funde beim 1529 zerstörten Kloster St. Laurentio könnten die Keramikforschung des ausgehenden Mittelalters und der Frühneuzeit um ein Stück weiter gebracht haben.

ANMERKUNGEN:

1) Die unveröffentlichten Abbildungen der in verschiedenem Privatbesitz befindlichen Keramikfunde, aufgenommen und gezeichnet von SZAMEIT, befinden sich im Archiv für Mittelalterarchäologie im Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien, 1010 Wien, Universitätsstraße 7.

2) Näheres von MAYER J., Das Kolomansheim und der Berggarten in Grafendorf…, in:
Heimatkundliche Nachrichten zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg Nr. 4, 3. Jg. 1974.

3) Siehe SZAMEIT (Anm.1l) Tafel 14/1 und 2.

4) Siehe SZAMEIT (Anm. 1) Tafel 10/4 .

5) Diese Vermutungen könnten erst anhand eines umfangreichen Materials verifiziert oder falsifiziert werden; dagegen sprechen würden vielleicht die schon erwähnten Töpfe bei STEININGER (1985), die an das Ende des 17. Jahrhunderts gestellt sind, wenn auch die Münzdatierung ein größeres Alter des Gefäßes nicht ausschließt.

LITERATURVERZEICHNIS:

BORS; K. (1986) : Archäologisch- geographische Geländeforschung nach mittelalterliehen Ortswüstungen in der Marktgemeinde Sieghartskirchen, VB Tulln, NÖ. In: Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich, Beiheft 1 . Wien.

FELGENHAUER-SCHMIEDT; S. (1977): Das Fundmaterial des Hausberges zu Gaiselberg, NÖ. In:
Archaeologia Austriaca LXI/LXII, 209 ff. Wien.

FELGENHAUER- SCHMIEDT; S. (1982): Überblick über die mittelalterliche Keramik aus Wien. In:
Keramische Bodenfunde aus Wien-Mittelalter- Neuzeit, Katalog im Eigenverlag der Museen der Stadt Wien, 20 ff, 37 ff. Wien.

KIES; A. (1982) : Die Töpfermarken des Wiener Raumes. In : Keramische Bodenfunde aus Wien, Katalog im Eigenverlag der Museen der Stadt Wien, 25 ff. Wien.

KIES; A., REISAMER; G., BAUER; W., (1985): Neutronenaktivierungsanalyse mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Keramik. In : Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 1, 29 ff. Wien. 

KOHLPRATH; G. (1982) : Neuzeitliche Keramikfunde in Wien . In: Keramische Bodenfunde aus Wien, Katalog im Eigenverlag der Museen der Stadt Wien, 140 ff. Wien.

PITIONI; R. (1974 ): Schwarzhafnerei aus dem Stift Heiligenkreuz bei Baden, NÖ. I. Die Funde bei der Bernhardikapelle 1969 , In: Archaeologia Austriaca, Heft 56, 37-52, Wien.

STEININGER; H. (1985) : Die münzdatierte Keramik in Österreich, 12. - 18. Jahrhundert. Fundkatalog. Wien.

Letzte Veröffentlichung am 1.6.2024.

116) Rudolf Koch, 1986: Das ehemalige Franzsikanerkoster „S. Maria in Paradyso“

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DAS EHEMALIGE FRANZISKANERKLOSTER "S. MARIA IN PARADYSO" BEI
RIED AM RIEDERBERG UND DIE ST. LAURENTJUS- KAPELLE

von

RUDOLF KOCH, Wien

1. EINLEITUNG

Etwa 600 m südwestlich der Riederberghöhe liegt im sog. Klostertal die Ruine einer einschiffigen gotischen Kirche (Taf. 1/ 1). Seit der Mitte des 19. Jhdts. wird sie mit dem 1529 durch die Türken zerstörten Franziskaner-Observantenkloster "S. Maria in Paradyso" in Verbindung gebracht und hat, nicht zuletzt wegen der romantischen Lage, vor allem in der heimatkundlichen Literatur Beachtung gefunden. Bis in die Vierzigerjahre sind allein 9 Aufsätze und Mitteilungen zu diesem Thema erschienen, ohne daß damit wesentlich über die Arbeiten von KEIBLINGER (1864) und KERSCHBAUMER (1875) hinausgegangen wurde. Das Thema "Franziskanerkloster am Riederberg" schien zunächst erschöpft. Mit ortsnamenkundlichen Untersuchungen zur Laurentius-Kapelle, einem Vorgängerbau des Klosters, durch WEIGL (1975 u. 1981) und einer Interpretation der hierin ge[n]annten Urkunden durch KOLLER (1983) ergaben sich neue Aspekte zur Geschichte des Klosters. Zusammen mit archäologisch-geographischen Untersuchungen in der Umgebung der Ruine von BORS (1986) und der Vorlage der Oberflächenfunde (s. Beitrag K. Bors in diesem Band) dürfte eine neuerliche Publikation gerechtfertigt sein. Dies umso mehr, als es sich zeigte, daß in keiner der Arbeiten eine kritische Auseinandersetzung mit der Literatur und eine nur annähernd richtige Bauaufnahm e vorlag. Außerdem haben forstliche Umgestaltungen in jüngster Zeit bis dahin noch sichtbare Mauerreste zum Verschwinden gebracht.

2. DIE GESCHICHTE DES K LOSTERS "S. MARIA IN PARADYSO"

Sowohl KEIBLINGER (1864) als auch KERSCHBAUMER (1875) hatten zwei Quellen zur Verfügung, die sie im wesentlichen aus dem Lateinischen übersetzten: die "Cosmographia" der Österr. Franziskaner-Ordensprovinz der strengen Observanz von Herzog (1740) und die um einige Quellenangaben erweiterte Geschichte des Deutschen Franziskanerordens von GREIDERER (1777). Über das Schicksal des Klosters weiß HERZOG (1740, S. 63ff) zu berichten, daß das Kloster auf Veranlassung von Johannes Kapistran durch den späteren Generalvikar der Österr. Ordensprovinz, Gabriel von Verona, als Ausbildungsstätte und Studieranstalt für den in Österreich neu entstandenen Franziskanerorden der strengen Observanz gegründet wurde. Für die Platzwahl abseits der großen Siedlungen war die weltferne Abgeschiedenheit des Ortes ausschlaggebend, der Gabriel von Verona von frühen Reisen her bekannt war. Nicht unwesentlich ist der Umstand, daß hier bereits eine ältere Kapelle, dem Heiligen Laurentius geweiht, bestand.

1464 wählte die Kongregation den Gründer im neu errichteten Kloster auf ihrem Provinzialkapitel zum Generalvikar. Nach LAUTINGER (1941, S. 241) verlegte man das Noviziat und die Studieranstalt der Österr. Ordensprovinz erst später hierher, "sodaß noch 1473 an dem Hause gebaut wurde." 1509 brach im Klosterbereich ein Brand aus, der auch die Kirche betraf und einen gewissen Pater Zacharias, welcher beim Altar Zuflucht gesucht hatte, das Leben kostete (HERZOG 1740, 488; GREIDERER 1777, 401). Der Terminus "ad summum Altare" läßt darauf schließen, daß die Klosterkirche bereits mehrere Altäre besaß.

Die zweite Katastrophe ereignete sich 1529, als am 26. September die Türken das Kloster überfielen, die Anlage niederbrannten und die Mauern soweit wie möglich dem Erdboden gleichmachten. Dabei wurden 18 Fratres teils ins Feuer geworfen, teils fanden sie durch das Schwert den Tod; vier weitere fielen auf der Flucht. Wer den Überfall überlebte, soll im nahegelegenen Schloß Neulengbach Aufnahme gefunden haben. Wegen der unsicheren Zeit wurde schließlich auf der Provinzialsynode von Langenlois 1530 beschlossen, das Kloster endgültig aufzugeben.

Sowohl HERZOG (1740, 489) als auch GREIDERER (1777, 401) berufen sich auf die Klostertradition und meinen, daß der Konvent in Neulengbach seine Fortsetzung fand. Das Franziskanerkloster in Neulengbach wurde jedoch nach längeren Streitigkeiten erst rund hundert Jahre später, 1623- 1627, erbaut (vgl. DEHIO 1972, 227), sodaß an einer Kontinuität im Klosterlebe n zu Zweifeln ist.

Ob nach 1529 im "Paradies" weiterhin kirchliches Leben bestand, ist auch aus den Quellen nicht eindeutig zu erschließen. Während HERZOG (1740, 63) schreibt, daß lediglich vor der Klostergründung eine Laurentius-Kapelle vorhanden war ("antea ad S. Laurentium compellatus"), gibt GREIDERER (1777, 401) bei der Ortsangabe der Ruinen des Klosters an: "ubi adhuc Sacellum S. Laurentii ad Sylvam visitur…“, woraus man schließen könnte, daß die Laurentius-Kapelle weiter benützt oder revitalisiert wurde.

KOLLER ( 1983) hat in seiner Arbeit über die St. Laurentius-Kirche als Klosterkirche die Behauptung aufgestellt, daß um 1436 die Kapelle St. Laurenz als habsburgisches Eigentum an die Franziskaner bzw. den damaligen Vikar, Gabriel von Verona, verschenkt wurde. Der Klosterbau soll in die Zeit zwischen 1436 und 1442 fallen. HERZOG (1740, 63) macht jedoch deutlich, daß das Kloster "S. Maria in Paradyso" als Gründung der reformierten Franziskaner unter der Kapistranbewegung anzusehen ist. Diese Reformbewegung entstand innerhalb des Franziskanerordens im 15. Jhdt. aus dem Bedürfnis, sich wieder dem Armutsideal und der Eigentumslosigkeit des Gründers Franz von Assisi anzuschließen. Die Bewegung fand unter dem berühmten Prediger Johannes Kapistran weitere Verbreitung (vgl. HUNDSBICHLER 1982, 200 ff). Erst um 1451 beginnt Kapistran - auf mehrfache Bitte Friedrichs III. - mit seiner Reise nach Österreich und bezieht die erste Observantenniederlassung nördlich der Alpen in St. Theobald zu Wien. 1452 erfolgt die Gründung der Österr. Observantenvikarie; 1454 wird in Maria Enzersdorf, 1455 in Langenlois und St. Pölten ein Kloster errichtet (HUNDSBICHLER 1982, 208f). Eine Gründung des Klosters am Riederberg vor 1452, wie sie KOLLER (1983) annimmt, ist mit Sicherheit auszuschließen.

3. ST. LAURENTIUS ALS VORGÄNGER DES FRANZISKANERKLOSTERS

HERZOG (1740, 63) und GREIDERER (1777, 400f) verweisen auf die Existenz einer vorklösterlichen Laurentius-Kapelle, wobei nicht klargestellt wird, ob diese Kapelle selbständig neben dem Kloster geführt wurde oder in die Klosterkirche umgewandelt wurde. WEIGL (1972, 22 u. 1981, 319) nennt weitere Urkunden, welche sich auf ein St. Laurentius bei Ried beziehen. So wird in den passauischen Matriken 1476 ein "S. Laurentii prope Ried" erwähnt (SCHMIEDER 1885, 24) und in den Regesten der Stadt Tulln ist die Rede davon, daß mehrere Nachbarn von Ollern um 1435 dafür Sorge tragen, daß ein nach "St. Lorenzen bei Ried" gestifteter Kelche nicht veräußert werde (KERSCHBAUMER 1874, 400; nach KOLLER 1983 stammt die Urkunde von 1429).

Mit dem nahe bei Ried liegenden Ollern (Alaren, Olaren) wird in Freisinger Urbaren mehrmals eine St. Laurentius-Kirche genannt: 1315 die "ecclesia sancti Laurencii prope Alaren" (FRA II/36, 51), 1305/06 ein "plebanus de sancto Laurencio" (FRA II/36, 372), 1296 die "capella sancti Laurencii" (FRA II/36, 375). In diesem Zusammenhang ist interessant, daß die Urkunden des 15. Jhdts. von einer Kirche bei Ried sprechen, die freisingischen Urbare sich jedoch auf das weiter entfernte Ollern beziehen. Auch der kirchenrechtliche Status läßt sich nicht eindeutig festlegen, wie z. B. im Freisinger Urbar von 1305/06, wo ein "plebanus de Ried" und ein "plebanus de sancto Laurencio" erwähnt werden, gleichzeitig aber von einer "capelle in sancto Laurencio" die Rede ist (FRA II/36, 374).

KOLLER (1983) hat sich mit diesen Urkunden auseinandergesetzt und zieht für die Laurentius- Kirche noch ein weiteres Freisinger Urbar von 1160 heran, in welchem der Nutzen einer Kapelle in Ollern erwähnt wird (FRA II/36, 16). Er kommt zu folgenden Ergebnissen: Im 9. Jhdt. war St. Laurentius Kapelle der Mutterpfarre Abstetten, Anfang des 12. Jhdts. bestand bereits mit Sicherheit eine Laurentius-Kirche als Kirche von Ollern (obwohl der Ort mehrere Kilometer vom Standort des späteren Klosters entfernt liegt!), welche spätestens um 1305/06 den Rang einer Pfarrkirche besaß. Um 1330/40 wurde die Kirche widerrechtlich an die Habsburger verkauft und im Anschluß daran der pfarrlichen Stellung enthoben (KOLLER 1983, 29 f). Von der historisch nicht haltbaren Schenkung an die Franziskaner vor der Mitte des 15. Jhdts. war schon die Rede.

Sieht man sich die Urkunden genauer an, insbesondere jene von 1305/06 (FRA 11/36,374), gewinnt man den Eindruck, daß zwischen einer Pfarre mit Leutpriester (plebanus de sancto Laurencio) und einer Filialkirche (capelle in sancto Laurencio) unterschieden werden mu ß, wobei letztere aufgrund der Grenzbeschreibung im Gebiet des späteren Klosters lag. Von den heute noch bekannten Namen werden in der Grenzbeschreibung die Tulbinger Au (Dultigesawe), der Alerbach, der Mauerbach, der Schliefgraben (Chlepfenden graben) und die Gablitz erwähnt (Taf. 1/2). Dieses große Gebiet kann sich nun wieder nicht auf die Kapelle St. Laurentius beziehen, sondern gehört zur "ecclesia" bei Ollern (vgl. FRA 11/36, 51).

Auch die archäologischen Befunde sprechen für eine Unterscheidung zwischen der Kapelle und der mit einem Leutpriester besetzten Kirche. Zu letzterer gehört unter anderem das Begräbnisrecht. Es haben sich bis jetzt jedoch weder konkrete Hinweise auf einen Friedhof im Bereich des Klosters gefunden, noch Spuren einer vorklösterlichen Siedlung (vgl. BOrS 1986). Man wird mit Recht annehmen dürfen, daß die bei HERZOG und GREIDERER erwähnte Laurentius-Kapelle bereits im 14. Jhdt. bestand, jedoch mit der ehemaligen Pfarrkirche von Ollern nicht identisch ist.

Die Annahme KOLLERs (1983, 27), daß wegen des Patroziniums der Kapelle und des Klosterbründls eine bis auf römische Zeit zurückreichende Kultkontinuität nachzuweisen sei, kann wissenschaftlich nicht belegt werden. Die von ihm beobachteten "römischen Dachziegel" im Mauerverband der Klosterruine stamme n eindeutig aus der Zeit des Klosters. Auch die bisher unpublizierten Grabungen im Klosterbereich durch das Österr. Archäologische Institut in den Siebzigerjahren haben keinerlei Funde oder Hinweise aus vorklösterlicher Zeit erbracht.

Die gleichzeitige Nennung von S. Maria in Paradyso und St. Laurentio (HERZOG 1740, 83: „in Paradyso ad B. V. & Laur.“) läßt den Schluß zu, daß wahrscheinlich die ehemalige Laurentius-Kapelle ihr Patrozinium beibehielt, aber zusätzlich als Klosterkirche diente.

4. DIE KLOSTERRUINE NACH 1529

GREIDERER (1777, 400) bemerkt in einem Nebensatz über die Lage des abgekommenen Klosters „ubi adhuc Sacellum S. Laurentii ad Sylvam visitur“. Es bestand demnach noch im 18. Jhdt. bei den Ruinen eine kleine Waldkapelle, welche wohl im Zuge der Gegenreformation errichtet worden war. 1839 berichtete der damalige Pfarrer von Sieghartskirchen, Adam Mihm, von seinen Untersuchungen an der Klosterruine, daß innerhalb von 12 Jahren, in welchen er sich mit dem Kloster beschäftigt, „vieles davon zusammengefallen und verschwunden sei“. Seinem der Pfarrchronik beigelegten Plan kann man entnehmen, daß die "Gruft im Schiffe" eingestürzt sei, ebenso die Fenster neben dem Hochaltar und an der östlichen und südlichen Seite der Kirche. Die Hauptmauer des Klosters (im Norden) und die Mauer mit den Strebepfeilern (an der Südwestseite) sei ebenfalls nur mehr in Spuren erhalten. Der Platz um das Kloster war größtenteils eingeebnet und wurde als Wiese benutzt. Schon 1840 hatten hier Arbeiter beim Umgraben in 3/4 Fuß-Tiefe einen eisernen Sporn gefunden (KOLLER 1983, 30f).

SCHWEICKHARDT (1835, 208ff) fand die Kirche gleichfalls lediglich in ihren Langhausmauern aufrecht stehend vor und berichtet: „An dem Bogen vor dem Schiffe der Kirche gegen Norden erkennt man deutlich eine Hauptreparation, die damals (1509) vorgenommen worden seyn.“

Im sog. "Kronprinzenwerk" von 1888 erscheint die erste Abbildung der Ruine. Sie zeigt bereits den heutigen Zustand, jedoch war an der Nordwestecke der Kirche noch ein Teil der zweigeschossige n Klostermauer zu erkennen.

Das östlich der Kirchenruine liegende rechteckige Gebäude wurde erst 1942 durch FUCHS entdeckt (FUCHS 1942). Wie LAUTINGER (1941, 242) richtig bemerkt, dürfte ein Großteil der späteren Zerstörungen durch die Einwohner von Ried erfolgt sein, welche die Ruine als Steinbruch benützten.

5. BESCHREIBUNG DER KLOSTERRUINE (Taf.  2)

Das Gelände um die Klosterruine gliedert sich in drei Ebenen: das zwischen dem tief eingeschnittenen Klosterbach und dem Westhang des Weidecks liegende Plateau (I) mit de Kirchenruine (A), ein kleines, höher liegendes Plateau (II) östlich der Kirche mit den Grundmauern eines rechteckigen Gebäudes (B) und eine nördlich der Kirche liegende, etwa 30 m breite und 300 m lange mit Jungwald bestandene Terrasse (III) zwischen dem nach Ried führenden Forstweg (Wanderweg) und dem Klostergraben. Diese Terrasse endet beim Zusammenfluß des Klosterbaches mit einem in westöstlicher Richtung vom Riederberg kommenden Gerinne. Während der heutige Wanderweg hangaufwärts das tief eingeschnittene Gerinne auf einer kleinen Holzbrücke überquert, bestand ursprünglich im Zwickel der beiden Wasserläufe eine heute noch erkennbare Furt mit einem altartigen Hohlweg, der auf die Terrasse (III) führte. Am Fuße des oberhalb der Kirche in den Westhang des Weidecks künstlich eingegrabenen Plateaus (II) entspringt in unmittelbarer Nähe des Gebäudes (B) das sog. Klosterbründl (E) und fließt, einen tiefen Wasserriß an der Südseite der Kirche bildend, in den Klostergraben. Im Westen der Kirchenruine sind noch ein Strebepfeiler (C), eine am Steilhang des Klostergrabens liegende Substruktion (D) und ein Mauerrest (E) gegen die nördliche Terrasse (III) erhalten.

5.1 Die Kirchenruine (Taf.  3,4)

Das rechteckige Langhaus besteht ebenso wie der eingezogene Chor aus Bruchsteinmauerwerk mit deutlich erkennbaren Ausgleichsschichten. Der Chor ist asymmetrisch an das Langhaus angesetzt und hat mit diesem die Nordwand gemeinsam. Ost- und Südabschluß des Chores sind nicht mehr erhalten, aber noch in ihren Ansätzen zu sehen. Die südliche Langhauswand zeigt die Reste zweier gotischer Fensterlaibungen im Osten und einer kleinen Fensterausnehmung im Westen. Sämtliche Fenster sind bis zum heutigen Boden ausgebrochen, im Westen fehlt ein Drittel der Wand. An der Westseite befand sich ursprünglich ein Portal mit Riegelbalken, darüberliegend ein heute ausgebrochenes Fenster (?). An der Südostecke steht der einzige Strebepfeiler der Kirche. Die Innenseite der Westwand zeigt deutlich mehrere Reihen von Balkenlöchern, welche mindestens zu zwei Bauphasen einer Westempore gehören. Von der Empore läßt sich noch der Mauerabsatz an der Westseite und ein vorspringender Konsolstein ca. 3 m vor der Nordwest-Innenecke der Langhaus-Nordwand feststellen. Die Empore hatte an dieser Stelle einen ziegelverkleideten Durchgang zur Nordseite.

Zwischen der Westwand und der Nordwand kann man an der Innenseite eine Baufuge sehen, während die Außenseite den Ansatz der auf der Ansicht von 1888 (Taf. 5/3) sichtbaren zweigeschossigen Klostermauer zeigt. In Höhe des ehemaligen Westfensters (?) ist der originale Verputz in einem horizontalen Streifen brandgerötet. Zusammen mit einigen Rüstlöchern an der Westseite ergibt sich der Befund eines Vordaches oder eines zweiten Zugangs auf die Empore.

Neben dem Ansatz des Triumphbogens an der Langhaus- Nordseite wurde eine dreifach abgetreppte Segmentbogennische mit Ziegelverkleidung angebracht, darunter wurde bei Grabungen ein etwa 1 m breiter Altarsockel angefahren. Die dabei erkennbare Quermauer belegt einen relativ stark eingezogenen Triumphbogen. In der Südostecke des Langhauses liegt knapp über dem heutigen Bodenniveau, welches durch Versturz mindestens 1 bis 1, 5 m über das ursprüngliche Kirchenniveau angehoben wurde, eine rechteckige Kredenznische. Hier stand ebenfalls ein Seitenaltar.

Das Langhaus war mit einem dreijochigen Ziegelgewölbe versehen, der Chor hatte vermutlich zwei Joche, wie aus den Gewölbenansätzen abzuleiten ist (SCHWEICKHARDT 1835 hielt sie für Ausbesserungen nach dem Brand von 1509).

 

Eigenartig stellt sich der Befund des Chorschlusses dar. Der Plan des Sieghartskirchner Pfarrers Mihm von 1839 gibt einen strebepfeilerlosen, polygonal geschlossenen Chor mit Fenstern in den Schrägwänden an (vgl. KOLLER 1983). Eine Kopie des Planes bei HEINIKE (1927, 268) stimmt bis auf das stark verzogene Polygon mit dem Original überein (Taf. 5/1). KASCHNITZ (1908) hingegen zeichnet an der erhaltenen Chornordecke einen Strebepfeiler ein und ergänzt die übrigen Seiten sinngemäß (Taf. 5/2).

Vor Ort ergibt sich jedoch ein anderer Befund. Knapp über der Nordostecke des Chores verläuft eindeutig eine Mauer rechtwinkelig nach Süden, dahinter lagert halbkreisförmig ein Schuttwall in Breite des Chores. Damit steht fest, daß der Chor ursprünglich platt geschlossen war. Ob der Schuttwall tatsächlich den Rest eines strebenpfeilerlosen Polygons darstellt oder nur aus Versturz besteht, könnte erst nach einer genehmigten Freilegung der Mauer geklärt werden.

Auffallend ist zweifellos das fehlende Scheitelfenster am Plane Mihms, der sonst recht genau den Grundriß mit drei Altären und dem stark eingezogenen Triumphbogen wiedergibt. Eine Lichtführung dieser Art würde man vor allem im Barock erwarten. Es wäre denkbar, daß nach Zerstörung des Klosters der Chorteil der Kirche polygonal umgestaltet wurde und als das erwähnte "sacellum" diente (vgl. GREIDERER 1777). Bei dem Mauerdurchbruch an der Nordwand des Chores bleibt unklar, ob er ursprünglich schon vorhanden war oder beim Abbruch der Kirche entstand. Von der bei Mihm erwähnten Gruft und dem auf seinem Plan eingezeichneten Keller fehlt heute jede Spur (vgl. KOLLER 1983, HEINIKE 1927, 268).

Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec, 1.6.2024.
Zu einem späteren Zeitpunkt folgt an dieser Stelle ein PDF mit Fotos von 2013 und 2005.


FOTOS VON DER KLOSTERRUINE - LINK

5.2 Die Klostergebäude

Mihm gibt auf seinem Plan von 1839 nördlich der Kirche einen geschlossenen Mauerzug an, der eine Art längsrechteckigen Hof mit schräger nördlicher Abschlußmauer und eine Einziehung im Osten umfaßt. In Fortsetzung der Kirchennordmauer verläuft seinen Beobachtungen nach die Umfassungsmauer bis an den Steilabfall des Klosterbaches und wird durch drei Strebepfeiler gegen den Klostergraben abgestützt. Während diese Mauer 1839 noch als bestehend bezeichnet wird, waren die übrigen nur als "bloße Grundmauern des Klosters" erhalten. Die von KASCHNITZ (1908) festgehaltenen Mauerzüge westlich der Kirche, die Substruktion am Klostergraben und ein heute noch aufrecht· stehender Mauerrest fehlen bei Mihm (Taf. 5, 1 u. 2).

Eigene Untersuchungen von Mauerspuren, welche sich knapp unter dem Humus abzeichnen, und die Befunde der bis heute offenen Suchabschnitte des Archäologischen Institutes bei der Substruktion ergaben ein geändertes Bild. An der Außenseite der Chornordwand setzt, ca. 5,5 m vom Ende des Chorquadrates entfernt, eine nach Norden führende Bruchsteinmauer von ca. 1 m Breite an. Diese ist mit dem Chor gleichzeitig. In derselben Flucht konnten noch in 20 bis 22 m Entfernung die Reste eines Fundaments unter dem Bauschutt festgestellt werden. Östlich des Maueransatzes wurde in die Chorwand eine Segmentbogennische der gleichen Art wie beim Triumphbogen eingebaut. KASCHNITZ (1908, 38) deutete die Nische als vermauertes Fenster, jedoch läuft an der Chorinnenseite die Mauer ungestört weiter und muß daher als Nische zu einem östlich des Maueransatzes rekonstruierbaren Innenraum gehört haben.

Die gesamte Außenseite der Langhaus-Nordmauer hat eine teilweise stark zerstörte Oberfläche, man kann aber dennoch mindestens fünf Ansätze eines Ziegelgewölbes und darüberliegend den horizontalen Ausriß einer Zwischendecke erkennen (Taf. 4). Zusammen mit dem Befund der Ansicht von 1888 mit dem Mauerrest an der Nordwestecke der Kirche wird belegt, daß im Verband mit der Kirchennordmauer ein zweigeschossiger, gewölbter Bauteil vorhanden war, welcher sich über die Länge der Kirche hinaus nach Westen erstreckte.

Der noch aufrecht stehende Strebepfeiler westlich der Kirche hat einen zum Klostergraben hin reichenden Ansatz, nach Norden war die Grenze nicht klar erfaßbar. In der gleichen Mauerflucht des Strebepfeilers konnte 6 m nach Norden ein weiterer strebepfeilerartiger Mauerrest entdeckt werden. In 16 m Entfernung lag die Außenkante einer bis in 25 m Entfernung weiterreichenden Grundmauer. Diese führt vielleicht noch weiter nach Norden, biegt aber sicher schräg nach Osten ab. Hier entspricht sie der schräg verlaufenden Klostermaue r auf dem Plane Mihms.

Die über 2 m hohe, mächtige Substruktion am Steilabfall zum Klostergraben hat nach Süden einen Maueransatz, der sich aufgrund der Geländeform mit der Verlängerung der Kirchennordmauer als Südweststecke des Klosters rekonstruieren läßt. Der noch aufrecht stehende Mauerteil am Nordrand des Plateaus zeigt die Reste eines ziegelverkleideten Fenstergewändes. Die Mauer führt rechtwinkelig nach Süden und bildet mit der Substruktion den Grundriß eines querrechteckigen, turmartigen Gebäudes von 7 x 6 m.

Soweit aus diesen Befunden geschlossen werden kann, befand sich an der Kirchennordwand der Kreuzgang mit darüberliegenden Räumen (Mönchszellen ?), im Westen erstreckten sich mehrere kleinteilige, gewölbte Nebenräume und ein turmartiger Anbau. Den Nordabschluß des Klosters bildete eine schräg verlaufende Begrenzungsmauer. Zumindest im Nordosten setzte sich das ummauerte Gebiet weiter bis auf die Terrasse am Klostergraben fort.

Ein weiteres Gebäude lag auf dem Plateau östlich der Kirche. Leider wurden die Befunde der archäologischen Ausgrabungen noch nicht publiziert, der Suchschnitt durch das Gebäude war bis vor wenigen Jahren zu sehen. Das Gebäude selbst zeigt längsrechteckigen Grundriß und einen erkerartige n Vorsprung (Turm ?) zur Kirche hin. Knapp unterhalb der Westecke des Gebäudes entspringt das Klosterbründl. Die Ausmaße der Anlage - sie hat nahezu die Größe der Kirche - veranlaßten KOLLER (1983, 27), hier die St. Laurentius-Kapelle oder den Pfarrhof der zu Ollern gehörenden Kirche zu vermuten. Sowohl die Orientierung als auch der Grundriß des Gebäudes sprechen jedoch für einen Profanbau. Die archäologischen Ausgrabungen erbrachten ebenfalls keine Hinweise auf eine Kirche.

5.3 Der Steinbruch

Das Gelände hinter dem zuletzt genannten Gebäude ist künstlich abgegraben und zeigt die von FUCHS (1948) beschriebenen Sandsteinrundlinge. Teils ragen sie aus dem Hang heraus, teils liegen sie verrollt an der Längsmauer des Gebäudes. An mehreren Steinen können breite, nicht sehr sorgfältig angelegte Keilbüchsen ausgemacht werden. Ein Rundling weist zwei Bohrungen für Sprenglöcher auf. Die altartige Steinspalttechnik durch Keilbüchsen, die in ihrer Ausführung an Beispiele erinnern, wie sie FELGENHAUER (1980) für Antlangkirchen in Oberösterreich beschrieben hat, läßt zunächst an einen klosterzeitlichen Steinbruch denken. Eine nähere Untersuchung der Keilbüchsen ergab jedoch, daß keine Spaltung erfolgreich durchgeführt wurde. Die Tiefe der Keilbüchsen belegt, daß sie nicht vollständig ausgeführt wurden und man zur einfacheren Sprengung der Steine überging. Außerdem liege n die Steine noch in Bearbeitungslage auf der Längsmauer des Gebäudes. Der Steinbruch dürfte daher im Zuge der Abtragung des Klosters im 19. Jhdt. angelegt worden sein.

6. ZUR KUNSTGESCHICHTE DES KLOSTERS

DONIN (1935) zählt das Kloster am Riederberg zur Gruppe der unter der Kapistran-Bewegung gegründeten Anlagen, wie z. B. jene von Katzelsdorf bei Wr. Neustadt, Eggenburg bei Horn, St. Pölten und Graz. Diesen Observanten-Kirchen ist die bewußte Wahl schlichter Architekturdetails und der Verzicht auf komplizierte Bautypen gemeinsam. Der Rückgriff auf stilistische Formen des 13. u. 14. Jhdts. erweist sich nach DONIN (1935, 279ff) als e in Charakteristikum de r Bauten unter der Kapistran-Bewegung. So weist etwa die Langenloiser Franziskanerkirche aus der Mitte des 15. Jhdts. im Prinzip Formen der Bettelordensarchitektur des 13. Jhdts. auf. Auch in Ried sind solche Rückgriffe festzustellen. Hierzu gehören die sehr breiten, unprofilierten Fensterlaibungen und der nahezu gänzliche Verzicht auf eine Gliederung des Außenbaues durch Strebepfeiler. Solche unverzierten Schräglaibungen und relativ hochliegende Fenster finden sich unter anderem bei der Bettelordenskirche in Bruck a. d. Mur aus der Zeit vor 1300 (DONIN 1935, 30).

Die asymmetrische Anlage des Chores vergleicht DONIN (1935, 291) ebenfalls mit Bettelordenskirchen der Frühzeit, doch dürfte in Ried für diese Sonderform das Gelände verantwortlich sein. Die Lage des Klosters außerhalb einer Siedlung ist für Bettelordenskirchen, welche in der Regel am Stadtrand errichtet wurden, ungewöhnlich. Zwar steht das Kloster von Katzelsdorf auch abseits der Siedlung, doch spielt in Ried die Funktion des Klosters als Ausbildungsstätte eine wesentliche Rolle. Daraus kann entnommen werden, daß das Kloster vom Beginn an als Ausbildungsstätte geplant war und nicht, wie sonst üblich, der seelsorgischen Tätigkeit des Bettelordens innerhalb einer größeren Siedlung dienen sollte.

7. ZUSAMMENFASSUNG

Das Franziskaner-Observanten-Kloster bei Ried am Riederberg wurde um 1455 anstelle einer älteren, wohl aus dem 14. Jhdt. stammenden Laurentius-Kapelle errichtet und diente als Ausbildungsstätte der durch Kapistran ins Leben gerufenen Österr. Ordensprovinz. In einer ersten Phase bis zum Brand 1509 dürfte man die ältere Kapelle als Klosterkirche benützt haben. Danach renovierte man die Anlage und veränderte sie vor allem im Westteil der Kirche. Aus der gleichen Zeit stammt ein weiteres großes Gebäude oberhalb der Kirche, wohl ein Wirtschaftstrakt nahe beim Klosterbründl. Nach der Zerstörung des Klosters durch die Türken im Jahre 1529 dürfte am Ort weiterhin eine kleine Laurentius-Kapelle bestanden haben, welche im 19. Jhdt. bereits in Vergessenheit geraten war. Zu diesem Zeitpunkt begann die umliegende Bevölkerung die Kirchenruine als Steinbruch abzutragen, bis sie im 20. Jhdt. unter Schutz gestellt wurde.

Die Ergebnisse der historischen und architektonischen Untersuchungen ergeben in der Zusammenschau mit den archäologischen Funden einen Einblick in die noch wenig bekannte Geschichte des mittelalterlichen Klosterlebens von S. Maria in Paradyso.

LITERATURVERZEICHNIS

BERGOLTH; L. (1982): Beiträge zur Geschichte des Ortes Ried. Der Tullner Gau Bd. 3, Folge 2, 6ff. Tulln.

Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
Alle Exemplare „Der Tullner Gau“ wurden von Herrn Ing. Herbert Gutscher 1993 gesammelt und als Buch gebunden. Ein Exemplar befindet sich in der Gemeindebücherei.

BINDING; G. (1982): Die Franziskaner-Baukunst im deutschen Sprachgebiet. Ausstellungskatalog "800 Jahre Franz von Assisi", Kat, d. Niederösterr. Landesmus. NF 122, 499ff. Wien.

BORS; K. (1986): Archäologisch-geographische Geländeforschungen nach mittelalterlichen Ortswüstungen in der Marktgemeinde Sieghartskirchen, VB Tulln, NÖ, Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich, Beiheft 1. Wien.

Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
Stand 17. Mai 2024 ist, dass die ÖGM um die Rechte der Veröffentlichung verhandelt.
Aktueller Stand zum 27.5.2024 – Die Einverständnis zur Veröffentlichung liegt vor, siehe Frühgeschichte Nr. 69.

BÜTTNER; R. (1970): Ried am Riederberg, Handbuch der histor. Stätten Österreichs, Bd. 1, 500f. Stuttgart.

BÜTTNER; R. (1982): Burgen und Schlösser in Niederösterreich, Bd. 5, 2. Aufl., 55 ff. Wien.

Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
Ein Scann von einem Original im Privatbesitz ist im Gemeindearchiv vorhanden.

DEHIO (1972): Dehio Handbuch Niederösterreich, 5. Aufl. Wien - München.

DONIN; R.K. (1935): Die Bettelordenskirchen in Österreich, ·Baden b. Wien.

FELGENHAUER; F. (1980): Spuren altartiger Steingewinnung im oberösterreichischen Innviertel – Zur Problematik „römischer“ und „mittelalterlicher“ Keilspaltungen. Festschrift H. Hinz. Offa Bd. 37, 309ff. Neumünster.

FRA II/36: Frontes rerum Austriacarum. Österreichische Geschichtsquellen, II, Abteilung, 36. Bd. : Sammlungen von Urkunden und Urbaren zur Geschichte der ehemals F[r]eisingischen Besitzungen in Österreich, Wien.

FUCHS; H. (1942): Mitteilungen zu Otto LAUTINGER (1941). Unsere Heimat NF 15, Nr. 1 - 3, 30f. Wien.

FUCHS; H. (1948): Arkose Sandsteinrundlinge bei Ried am Riederberg. Unsere Heimat NF 19, 108. Wien.

Hier gelangen Sie zu den Publikationen des Vereines für LANDESKUNDE VON NIEDERÖSTERREICH. Unter anderem finden Sie hier die oben erwähnten Quellen „Unsere Heimat“.

GREIDERER; V. (1777) : Germania Franciscana seu chronicon geogr. - historicum ordinis S. P. Francisci in Gerrnania, Tom. 1, 400f, 443. Oeniponte.

HEINIKE; R. (1927): Ein Stück Vergangenheit im nördlichen Wiener Wald. Die Quelle, Vereinigte Monatshefte f . pädagog. Reform und Schule, 77. Jg., 3. Folge, 265ff. Wien.

HERZOG; P. (1740): Cosmographia Austriaco-Franciscana, seu exacta descriptio Provinciae Austriae Ord. Minor. s. Francisci strictoris observantiae, Pars 1, p 62f, 85, 488ff. Coloniae Agrippinae.

HÖGL; F. (1926): Ruine des Franziskanerklosters. Der Tullner Gau Bd. 1, Folge 4, 3ff. Tulln.

Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
Eine Abschrift befindet sich im Gemeindearchiv.

HUNDSBICHLER; H. (1982) : Johannes Kapistran. Ausstellungskatalog "800 Jahre Franz von Assisi". Kat. d. Niederösterr. Landesmus. NF 122, 200ff. Wien.

KASCHNITZ v. Weinberg; G. (1908): Klosterruine bei Ried. Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines zu Wien, Bd , 9, Nr. 2, 25 . Jg., 37ff. Wien.

KEIBLINGER; J.F. (1864): Das Franciscaner Kloster im Paradeis. Hippolytus 7. Jg., 246 ff. St. Pölten.

KERSCHBAUMER; A. (1874): Geschichte der Stadt Tulln, 400f. Krems.

Hier gelangen Sie zur Online-Ausgabe.

KERSCHBAUMER; A. (1875): Das Paradies am Riederberg. Blätter des Vereines für Landeskunde von NÖ, NF 9, 78ff. Wien.

Hier gelangen Sie zur Online-Ausgabe. Weitere Ausgaben siehe Link oben (Unsere Heimat).

KOLLER; J. (1983): Ollern. Orts- und Häuserchronik . Ollern.
Ein Exemplar ist in der Gemeindebücherei vorhanden.

"Kronprinzenwerk": Die Österreichisch- Ungarische Monarchie in Wort und Bild, 1. Bd., 2. Abt.: Niederösterreich, Abb. S. 13 . Wien 1888.

LAUTINGER; O. (1941) : Die Klosterruine und die Burgruine bei Ried am Riederberg. Unsere Heimat NF 14, Nr. 10- 12. 240ff. Wien.

Hier gelangen Sie zur Online-Ausgabe. Weitere Ausgaben siehe Link oben (Unsere Heimat).

SACKEN v . ; E. (1878): Archäologischer Wegweiser durch das Viertel ober dem Wienerwald, 109. Wien.

SCHMIEDER; P. (1885): Matricula episcopatus Passaviensis saeculi XV, 24. Wels.

SCHWEICKHARDT v. Sickingen, F. (1835): Dartstellungen des Erzherzogtums Österreichs unter der Enns, Viertel ober dem Wienerwald, Bd. 2, Wien.

Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
Alle Texte von Schweickhardt wurden bereits in Abschrift auf der Gemeindehomepage in Epoche 19. Jahrhundert veröffentlicht (2024).

WEIGL; H. (1972 ) : Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich, IV. Bd., 22. Wien.

WEIGL; H. (1981) : Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich, VIII. Bd. 319. Wien.

WOLF; H. (1955): Erläuterungen zum histor. Atlas der österr. Alpenländer, II. Abt., 6. Teil: Niederösterreich . Wien.

ZAK; A.G. (1911) : Österreichisches Klösterbuch, 162 . Wien.

Letzte Veröffentlichung am 1.6.2024.

117) Kurt Bors, 1990: Die Keramik des Klosters S. Maria in Paradyso

Mit Genehmigung zur Veröffentlichung am 17.5.2024 (Österreichische Gesellschaft für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie – ÖGM) wurde darauf hingewiesen, dass sich die URL aufgrund einer Namensänderung des Vereines wohl bis Juni 2024 ändern wird: von oegm.or at auf oegmn.or.at. 

Derzeit ist noch die alte URL gütlig. Hier gelangen sie zum PDF-Online.
(Obiger Link wurde am 24.08.2025 aktualisiert.)

Für ein besseres Suchergebnis im Internet wurde der Text auch abgeschrieben:

DIE KERAMIK DES KLOSTERS S. MARIA IN PARADYSO
(ST. LAURENTIO) BEI RIED AM RIEDERBERG, N.Ö., BERGUNG 1988

von

Kurt Bors, Wien

1.0 Einleitung

Bei der Geländeforschung nach mittelalterlichen Ortswüstungen im Rahmen des von Univ. Prof. Dr. Fritz FELGENHAUER geleiteten Archivs für Mittelalterarchäologie 1) wurde immer wieder in den georteten Siedlungsstandorten innenglasierte Keramik aufgefunden, die auf einen Weiterbestand des Ortes oder eine temporäre Wiederbesiedlung in der Frühneuzeit hinwies. Da es für die meisten dieser Ortswüstungen keine schriftlichen Quellen über den Zeitpunkt der Verödung gibt, wäre die Erarbeitung einer brauchbaren Datierungsgrundlage für dieses glasierte Scherbenmaterial nötig. Wenn auch für den städtischen und feudalen Bereich, wo glasierte Keramik schon im späten Hochmittelalter auftritt, datierbares Material vorliegt, so fehlt es für den ländlichen Raum fast zur Gänze.

Die vorliegende Untersuchung wurde mit der Absicht unternommen, einen Ansatzpunkt zu finden, von dem aus diese Lücke geschlossen werden könnte.

Nach der bisherigen Erfahrung ist mit der Verwendung glasierter Wirtschaftskeramik in Ortswüstungen vor der Wende zur Neuzeit nur in geringem Ausmaß zu rechnen. Es ist daher anzunehmen, daß erst in dieser Periode beträchtlicher Veränderungen auf vielen Gebieten des geistigen und kulturellen Lebens auch in der Keramikherstellung neue Impulse aufgetreten sind, die zu einer Verbreitung von Herstellung und Gebrauch neuer Arten und Formen der Keramik geführt haben.

Die 1984 aufgefundene Müll-Brandschutthalde des 1456 gegründeten und 1529 von den Türken zerstörten Franziskanerklosters S. Maria in Paradyso im Klostergraben bei Ried am Riederberg, auch St. Laurentio genannt, bot eine gute Gelegenheit, datierbares Material für diesen Zeitabschnitt zu gewinnen. Bei einem Bettelorden war außerdem zu erwarten,·daß auch mehr allgemein gebräuchliche Ware in Verwendung stand, als in anderen Klöstern.

1984 wurde die erste Bergungsaktion durchgeführt, über die ein Bericht in dieser Reihe vorliegt, dem auch die näheren Umstände von Örtlichkeit sowie Fund- und Lagerungsbedingungen zu entnehmen sind 2 ). Um die Bandbreite des keramischen Spektrums zu erweitern, erfolgte 1988 ein weiteres Unternehmen, dessen Ergebnis hier vorgelegt wird.

Die Studie will die verschiedenen Abhängigkeiten zwischen Brenntechnik, Oberflächenbehandlung, Randformen und Gefäßgröße innerhalb eines zeitlich eng begrenzten Keramikmaterials, das vorwiegend aus Töpfen besteht, rechnerisch herausstellen. Kultur- und wirtschaftsgeschichtliche Fragen werden in diesem Rahmen nicht angeschnitten, auch auf Literaturvergleiche wird verzichtet.

Für Beratung in Keramikfragen danke ich Frau Univ. Doz. Dr. Sabine FELGENHAUER, für die Genehmigung der Bergungsarbeiten Herrn OFM Dipl. Ing. Peter ROTHE von der Forstverwaltung der österr. Bundesforste, für die Mithilfe bei der Bergung und Bearbeitung des Fundmaterials meinem Sohn Wolfram und meinem Enkel Michael.

Für die Unterstützung ist auch der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes, Herrn Dr. Horst ADLER sowie Herrn Dr. Erich PUCHER vom Naturhistorischen Museum Wien zu danken. In ersterer wurde ein Großteil der Zeichnungen angefertigt und für diese Publikation zur Verfügung gestellt, letzterer hat das Knochenfundmaterial begutachtet und bestimmt.

2.0 Datierung und Stratigraphie

Die Datierungsgrundlage für das aufgefundene Material ergibt sich aus etlichen schriftlichen Nachrichten, deren letzte übersichtliche Zusammenfassung von R. KOCH stammt 3). Die meisten dieser Nachrichten gehen auf KEIBLINGER (1864) 4) und KERSCHBAUMER (1875) 5) zurück. Danach ist das Kloster nicht vor 1452 errichtet worden und wurde später, als die Ausbildungsstätte und Studieranstalt für den Franziskanerorden hierher verlegt wurde, weiter ausgebaut. 1509 vernichtete ein Brand zumindest einen Großteil des Klosters und der Kirche. 1529 brannten die Türken die Anlage nieder und zerstörten weitgehendst die Mauern. Daraufhin·wurde das Kloster aufgegeben. Die Keramik stammt sicherlich nur aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. wahrscheinlich großteils aus dessen letztem Drittel, und dem ersten Viertel des 16. Jh..

Die Funde stammen aus dem steil zum Klosterbach abfallenden Hang, aus dessen Halde auch das 1986 veröffentlichte Material geborgen wurde. Die wesentlichsten Angaben in dieser Hinsicht sind schon im Bericht über die Bergung 1984 niedergelegt 2). Detaillierte Angaben dazu finden sich im Archiv für Mittelalterarchäologie unter der Wüstungsnr. 910.1.

Ergänzend sei vermerkt, daß diesmal in einer vertikalen Tiefe von 40 - 70 cm der rund 70 % steilen Halde eine Linse von Küchenabfällen vorgefunden wurde. Da sowohl unter ihr nach einer eher fundarmen Schichte, als auch über ihr Keramik sowie Brand- und Bauschuttmaterial lagern, kann davon ausgegangen werden, daß das Fundmaterial sowohl als Abraumdeponie nach dem Klosterbrand 1509 wie auch als solche nach der Vernichtung durch die Türken 1529 zu deuten ist. Die fundärmere, fast humusfreie Schichte unter den Küchenabfällen läßt die Vermutung nicht ausschließen, daß es nach dem Brand 1509 auch Erdbewegungen gegeben hat.

3.0 Die glasierte Keramik

Insgesamt wurden 110 Randstücke innenglasierter Keramik gefunden, die größtenteils von Töpfen stammen. Das sind 22 % aller geborgenen Gefäßränder. Gewichtsmäßig ist dieser Anteil noch wesentlich geringer, da zum Unterschied zur Grautonware nur vier Stück davon einen größeren Mundsaumdurchmesser (Mdm) als 20 cm aufweisen. Der größte, ein Henkeltopf mit 26 cm Mdm, ist aus rötlichem bis gelblichem Ton, hat orangefarbene Innenglasur und einen grünen Glasurstrich am Außenrand, der unterhalb davon eine Leiste mit Fingerquetschverzierung trägt (Taf. 5/1). Von einem Henkeltopf mit 20 cm Mdm ist weitgehend das Profil erhalten (Taf. 5/2).

3.1 Die Randformen (vor allem Töpfe)

3.1.1 Typisierung der Randformen

Sie führt zu keinem voll befriedigenden Ergebnis. Zu verschwommen sind die Übergänge nicht nur zwischen den einzelnen Formen innerhalb der Typengruppen, sondern auch zwischen verschiedenen Typen. Es muß auch festgestellt werden, daß die Zuordnung der einzelnen Randformen zu Typen oder auch Typengruppen nicht immer eindeutig erfolgen konnte. Die Frage, ob es sich bei den Form- sowie den Typenunterschieden um Waren aus verschiedenen Erzeugungszentren, um individuelle Fertigungen verschiedener Töpfer einer Töpferei, um Variationen der Ausführung eines Töpfers, oder aber auch um Versuchs- bzw. zeitliche Entwicklungsstufen handelt, bleibt offen. Zweifellos aber fällt die Entstehungszeit dieser Ware an den Beginn der Verbreitung und Massenherstellung glasierter Keramik und damit in eine Periode der Umgestaltung.

3.1.2 Die Profiltypen (Taf.1)

Die Formen Typ A zeigen noch den rund umgebogenen Rand der durch über zwei Jahrhunderte fast gleichgebliebenen grauen Topfkeramik, während Typ E, nicht mehr so ausladend wie viele Zwischentypen, schlankere und spitzere Formen des umgeklappten Randes aufweist, die als Vorstufe der späteren eng anliegenden und hohen Randprofile gedeutet werden können. Aber noch haben sie Dreieckform mit mehr oder minder untergriffigem Rand, die später verschwindet. Diese "Verwandtschaft'' zeigen die Typen B, C und D noch nicht, was ihre Einordnung als Zwischen-, Versuchs- oder Entwicklungsformen wahrscheinlich macht.

Aus dem Rahmen fallen die Formen Typ X, von denen X/1 und X/2 nur einmal, X/3 dreimal auftreten. Zumindest bei X/3 handelt es sich wohl um einen Krug. Auch die beiden Ränder Typ S sind nur einmal vorhanden (Sondertyp), wobei S/1 auch zu Typ D gereiht werden könnte.

3.1.3 Die Anzahl der Profilformen

Auch die Anzahl der zu den jeweiligen Formen zählenden Randstücke, dargestellt durch die unter den Profilen angeordneten Punkte, scheint die Annahme einer Entwicklung der Formen in dieser Zeit zu bestätigen. Während von den rund umgebogenen Mundsäumen der von der Grautonware überlieferten Art nur 6 Ränder (5,4 % ) aufgefunden wurden (Typ A ·1-4), vielleicht deswegen, weil sich diese Form für das Glasieren nicht gut eignet, sind von den Übergangsformen des Typ B und C 62 Exemplare (56 % ) vorhanden. Der Typ E dagegen, der sich den späteren schlanken Formen annähert ist wieder nur mit 12 (11 %) Fundstücken vertreten, was nach der aufgestellten Theorie auf einen zögernden Ansatz im ersten Drittel des 16. Jh. zu den neuen Formen hinweisen könnte.

Bei Typ D scheint es sich, so wie bei Typ Bund C, um Versuchs- oder Übergangsformen zu handeln. Eine nähere Begründung dafür kann bei einer Gegenüberstellung mit den Funden in Dorfwüstungen gegeben werden.

3.1.4 Profiltypen und Mundsaumdurchmesser (Mdm)

Eine Beziehung zwischen Typ und Mdm besteht signifikant nur innerhalb der Typen. Meist, aber nicht immer entsprechen massivere Exemplare einem größeren Mdm. Die bei den Formen mit mehr Exemplaren bestehenden Mdm-Unterschiede: A 5 13-15 cm, B 3 12-17 cm, B 4 13-19 cm, B 6 14-24 cm, C 1 12-18 cm, C 2 19-28 cm und D 2 17-26 cm.

Ein Unterschied zwischen den Typen (E, X und S fallen wegen der geringen Stückzahl bei der Betrachtung weg) ergibt sich kaum; bei allen finden sich Exemplare zwischen 13-20 cm Mdm. Allerdings ist Typ A der einzige, der nicht wie die anderen Typen auch größere Mdm bis 25 cm aufweist.

Den kleinsten Mdm mit 10 cm hat die Sonderform S 2.

3.1.5 Henkel, Verzierungen

Insgesamt konnten nur 7 Henkel gefunden werden. Neben den schon erwähnten Töpfen (Taf. 5/1 u.2), als weitere Beispiele die Profile kleinerer Henkeltöpfe; einer mit Mdm 12 cm und grünfleckiger Innenglasur (Taf. 5/3) und ein weiterer mit Mdm 13 cm und lichtbraun-fleckiger Innenglasur (Taf. 5/4).

Mit Ausnahme der Randverzierung des Topfes (Taf. 5/1) finden sich als Verzierung bei einigen Exemplaren nur 1-2 Furchen auf Schulter oder Bauch.

3.1.6 Die Glasuren

Die Farben der Bleiglasuren liegen in überwiegender Anzahl zwischen gelbbraun und rotbraun. 36 Randstücke sind in verschiedenen Gelbbrauntönen, 16 in Mittelbrauntönen und 43 in Orange- oder Rotbrauntönen. Nur 9 sind grünbraun, 2 dunkelbraun, 3 flaschengrün und einer dunkelgrün. Dichte Glasuren sind selten. Meist sind sie fleckig, getupft, gepunktet oder gekörnt, was auf ungleichmäßige Pigment- und Glasurverteilung schließen läßt. Engoben unter den Glasuren sind nicht zu bemerken.

3.1.7 Der Ton

Der Ton ist bei kleineren Gefäßen feiner geschlämmt, weist nur geringe Steinchenmagerung und härteren Brand auf. Größere Exemplare zeigen gröberen Ton und stärkere Steinchenmagerung. Die Bruchfarbe reicht von lichtocker bis orangerot, in einem Fall ist sie ziegelrot. Ein beträchtlicher Anteil ist sekundär gebrannt.

Die Oberflächenfarben liegen zwischen Hellbeige und Rotbraun. Es handelt sich also durchwegs um in oxydierender Atmosphäre gebrannte Ware.

3.2 Andere glasierte Gefäße

Neben den weitaus überwiegenden Relikten von Töpfen wurden Bruchstücke von 5 Krügen, 9 Schalen, 4 Grapen, 2 braun glasierten Pfannenhenkeln und 1 Teller geborgen.

Beispiele:
Scheibenhalskrug aus lichtbeigem Ton und gelber, braunrot getupfter Innen- sowie Außenglasur, Wdst 3,5 mm (Taf. 5/5).

Kleines Krüglein gleicher Tonart und ähnlicher Glasur, Mdm 7 cm (Taf. 5/6).

Schale, Außen- und Innenglasur braun getupft, Bdm 7 cm (Taf. 5/7).

Bauchige Schale, orangebraune Innenglasur, fleckig, Bdm 6,5 cm (Taf. 5/8).

Schale, grüntupfige Glasur, Bdm 6 cm, weißgrauer Ton (Taf. 5/9).

Grapen, gelbbraun glasiert, sekundär gebrannt, Schmauchflecken, Mdm 16 cm (Taf. 5/10).

Tellerfahne, Mdm 35 cm, braunfleckig innenglasiert (Taf. 5/11).

Einmalig war der Fund eines Majolikagefäßes, das auf weißer Glasur eine Bemalung in den Farben Blau, Ocker und einem lichten Blaugrün zeigt (Taf. 5/12).

3.3 Glasierte Keramik als Oberflächenfunde in Dorfwüstungen

Bis 1988 wurde in 93 Ortswüstungen (OWs), meist Dorf- oder Hofwüstungen aller vier Viertel Niederösterreichs, auch die glasierte Keramik aufgesammelt und mit EDV verbucht.

Von diesen 853 Randstücken sind 181 den Typen der gegenständlichen Untersuchung zuzuordnen, davon 17aus 12 OWs dem Typ A, 10 aus5 OWs dem TypB, 8 aus 5 OWs dem Typ C, 21 aus 13 OWs dem Typ D und 189 (!) aus 62 OWs dem Typ E.

Daraus ergibt sich, daß den 90 Exemplaren der Randtypen A-D des Klosters 56 Exemplare in Wüstungen gegenüberstehen, den 12 Exemplaren des Typs E aber 189 in OWs.

Die wahrscheinlichste Erklärung wäre darin zu suchen, daß die Typen A-D erste Entwicklungsformen darstellen, die im bäuerlichen Bereich noch wenig Eingang gefunden haben, während der Typ E eine spätere Form darstellt, die erst in den letzten Jahren des Klosterbestandes auftrat, daher nur mit wenigen Exemplaren vertreten ist, während sie in den länger bestehenden Wüstungen allmählich Eingang fand.

3.4 Formengleichheit mit Grautonware

Innerhalb der Klosterfunde treten Formengleichheiten von glasierter Ware und Grautonware auf. Für Typ A wurde dies schon eingangs erwähnt. Ihnen sowie 1 und 2 von Typ B und etliche von Typ D entsprechen den Exemplaren 1-20 der Grautonware (Taf. 3). Sehr selten finden sich die spitz-dreieckigen Formen B/4-7 und C/1-5 in unglasierter Form, im Kloster nur je einmal in der Entsprechung B/5 - Grautonexemplar 21 (Taf.3) und C/1, das 1985 gefunden wurde.

Erwähnenswert wäre noch, daß die Topfform Typ D/4 (Taf. 1) mit 13 Exemplaren in Wüstlingen zu finden war, in weitaus mehr Stücken aber in unglasierter Ausführung mit reduzieren gebrannter grauer Oberfläche, oft glättverziert, oder auch in beigefarbigem Ton. Dies besonders im Bereich von Waidhofen a.d.Thaya.

4.0 Die unglasierte Keramik

Der überwiegende Teil der aufgefundenen Keramik (78 % der Randbruchstücke, gewichtsmäßig aber noch weit mehr) ist unglasierte Grautonware und stammt hauptsächlich von Töpfen. Diese stellen schätzungsweise über 90 % der Gefäßkeramik dar. Das vorliegende Bergungsgut scheint daher großteils aus dem Küchenbereich zu stammen.

Von zwei Töpfen konnte ein vollständiges Profil zusammengesetzt werden. Eines stammt von einem Topf (Taf. 2, Typ A, Nr. 2) mit 40 cm Höhe, 34 cm Mdm und 29 cm Bdm, der Ton ist ohne Graphitbeigabe (Taf. 6/1). Der zweite Topf (Taf. 6/2) mit 28 cm Höhe, 28 cm Mdm und 20 cm Bdm ist gedrungener und besteht aus graphitiertem Ton. Das Randstück gehört dem Typ D, Nr. 12 (Taf. 2), an.

Die Typisierung der 379 aufgefundenen Randstücke war noch weniger eindeutig durchzuführen, als bei der glasierten Keramik. Das dort Gesagte gilt auch hier, nur sind die Übergänge noch verschwommener und die Querverbindungen der verschiedenen Formenelemente noch schwieriger zu trennen. Der Versuch einer Gliederung zeigt folgendes Bild:

4.1 Die Randformen (vor allem Töpfe)

4.1.1 Typisierung der Randformen

Wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung der Ränder hat die Größe der Gefäße und damit bleibt der Mundsaumdurchmesser (Mdm). Danach wurde auch die bildliche Darstellung der Profilformen angelegt. Tafel 2 umfaßt mit den Randtypen a-ds die großen (25-43 cm Mdm) und mittelgroßen (17-24 cm Mdm) Topfformen, Tafel 3 die mittelgroßen und kleinen (10-16 cm Mdm) Topfformen mit den Randtypen e, g, h, k, n und j.

4.1.2 Die Profiltypen

Tafel 2:

Typ a

(1-4),

dicker, eiförmiger, umgebogener und untergriffiger Rand.
Zu ihm zählen die größten Gefäße.

Typ b

(5, 6),

schräg gestellter, eiförmiger, nicht untergriffiger Rand.

Typ bs

(9-11),

ähnliche Form, aber flach abgestrichen, daher kantig erscheinender Rand.

Typ c

(7, 8),

kugeliger bzw. walzenförmiger Rand.

Typ d

(12-22),

umgebogener, dickwandiger und untergriffiger Rand mit abgerundeter (U-15) bis spitzer (16-22) Lippe. Auf eine Unterteilung nach mehr oder weniger stark eingezogenem Hals und damit meist größerer oder geringerer Bauchung des Gefäßes wird aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet.

Typ ds

(23-26),

Sonderausformung von d.

 

Tafel 3:

Typ e

(1-7),

umgebogener, nicht dickwandiger, untergriffiger Rand.

Typ g

(9, 10),

Übergangsform zu Typ h.

Typ h

(12-20),

klein kugeliger bzw. wulstiger Rand, nicht oder nur gering untergriffig.

Typ ks

(22),

einmalige Sonderform.

Typ n

(21),

sonst nur bei glasierten Gefäßen vorkommende Form.

Typ i

(11),

einmalige Form mit nach innen gebogenem Rand.

 

4.1.3 Beziehungen zwischen Randformen, Größe, Ton und Töpfermarken (Tabellen Tafel 4)

Eine übersichtliche Zusammenschau dieser Faktoren bieten die beiden Tabellen der Tafel 4. In ihnen ist zu jeder Randform die Anzahl der vorgefundenen Bruchstücke, der Bereich der Mundsaumdurchmesser (Mdm), die Anzahl der Ausführungen in Graphitton (Eisenton) oder ungraphitiertem Grauton (reduzieren gebrannte Ware) sowie jeweils die Anzahl der Exemplare mit Töpfermarken angegeben.

Von der Einbeziehung der ursprünglich erfaßten Wandstärken wurde abgesehen. Sie bieten kein signifikantes Merkmal, variieren selbst im einzelnen Stück und weisen keinen irgendwie gearteten Zusammenhang mit anderen Faktoren auf. Bei den Mdm 10-16 cm liegen sie zwischen 3-4 mm, bei Mdm 17-24 cm zwischen 4-7 mm und bei Mdm 25-43 cm zwischen 4-11 mm. Die Graphitware ist nicht immer, aber im Durchschnitt zwischen 0,5-1 mm dicker.

Ergebnisse:

Der Versuch einer Auswertung muß mit Vorsicht betrachtet werden. Die Stückzahl kann auch Mundsäume desselben Gefäßes erfassen, da durch Sekundärbrand und unterschiedliche Lagerung Farbe und Zustand des Scherbens oft stark verändert wurden. Sogar Form und Mdm sind, wie oben bei den Wandstärken angegeben, bei identen Gefäßen abweichend, wenn der Ton vor dem Brand zu weich war oder Fehler bei der Trocknung gemacht wurden. So variiert bei einem Topf der Gruppe c7 der Mdm zwischen 24 und 31 cm!

Die Erwartung, eindeutige Zusammenhänge aufzuspüren, wurde nicht erfüllt. Hier die relativ spärlichen Ergebnisse:

Tafel 2:

Typ a:

Ihm gehören die größten Gefäße.an. Nur 3 Exemplare liegen im Bereich mittlerer Mdm-Größe. Von den 26 Bruchstücken sind 77 % aus Graphitton.

Typ b und bs:

Zusammen gehören diesen Typen nur 12 Stück an. Typ b mit einer Ausnahme aus Graphitton, bs nur Grauton.

Typ c:

84 Stück großer und mittlerer Größenordnung,
60 % Graphitton.

Typ d:

90 Stück. Nur 28 % in Graphitton. Mit den verwandten Typen ds und e die dominierende Randform im mittleren und kleinen Mdm-Bereich.

Typ ds:

43 Stück mit 2 Ausnahmen nur ungraphitierter Grauton.

 

Tafel 3:

Typ e:

85 Stück (dominierende Formen, siehe d). Den fast gleichen Formen e1 und e7 gehören die meisten kleinsten Töpfe mit 10 cm Mdm an.

Typ g:

16 Stück, Zwischenform von e-h.

Typ h:

61 Stück. 70 % gehören der kleinsten Gruppe mit 10-16 cm Mdm an. Die wulstigen, nicht oder kaum untergriffigen Ränder können auf rationellere Arbeitsweise und - oder auf jüngere Formen hinweisen, da sie dem Typ A der innenglasierten Keramik nahezustehen scheinen.

Typ n:

Das einzige unglasierte Exemplar in Grauton der sonst bei den glasierten Töpfen häufiger vorkommenden Form B 5.

 

4.1.4 Töpfermarken

Insgesamt wurden auf 49 Randstücken Töpfermarken oder Zeichen vorgefunden. Sie befinden sich nur auf Rändern mit mehr als 17 cm Mdm und überwiegend auf Graphitton (63 %). Auf 38 % der Ränder von Typ a gibt es solche Marken, auf Typ b zu 42 % und bs zu 20 % wie schon erwähnt, Schnitte. Bei den Typen c und d nur auf 20 % bzw.19 %, beim Typ ds nur auf 4,6 %. Wenn auch der Zufall eine Rolle spielen mag, welcher Randteil aufgefunden wurde, so scheint das Ergebnis doch darauf hinzuweisen, daß vorwiegend die großen Gefäße markiert wurden, die mittleren und kleineren anscheinend nicht in allen Fällen. Solche Auswahlgründe sind aber aus dem vorliegenden Material weder ersichtlich noch nachzuweisen.

Arten der Töpfermarken (Beschreibung nach A. KIES  6):

Krücke im Halbrundschild: 12 mal. Bei Typ a1, a2, c7 (5x), c8, d12, d13, d18, davon einmal bei a1 mit nebenstehendem Kreuzschnitt. Als Doppelmarke bei d12 und d18. Als Dreifachmarke zweimal bei a1 (Taf. 6/4, 35 und 38 cm Mdm).

Krücke mit gerundetem Dreieckschild bei d16, im Kreis mit nebenstehendem X-Schnitt auf c7.

Lateinisches Kreuz in gerundetem Dreieckschild – a1 (Taf. 6/5), im Kreis - a2, mit schwebendem Balken auf einem Henkel (Taf. 6/6). Wahrscheinlich ein Kreuz mit einem seitlich angesetzten Sparren in elliptischer Umrahmung in elliptischem Feld oder Dreieckschild (Taf. 6/7).

Andreaskreuz im Kreis c8, d22.

Zwei keulenförmige Marken in angepaßten Vertiefungen c7, sich am gegenüberliegenden Rand wiederholend (Taf. 6/8).

Zwei kreisförmige Lappen auf stehendem Schaft in gerundetem Dreieck-Schild - c8 (Taf. 6/11).

Anker ? im Kreis, wahrscheinlich Doppelmarke (Bruchstelle) - c7 (Taf. 6/10).

Ein V- oder B-förmiges Zeichen in angepaßter Vertiefung – a1 (Taf. 6/9).

Zwei ähnliche Zeichen im Kreis als Doppelmarke - al.

Zwei Bindenschilde unter je einem Balken.

Ein Wiederkreuz in kreisrundem(?) Feld mit nebenstehendem X-Schnitt auf Rand c8 (Taf. 6/12).
Fingerkuppeneindellung, dreifach - d16 (Taf. 6/13), weitere Fingerkuppenzeichen auf c7, d12 (Graphitton), auf Grautontöpfen der Formen d13, 17, 18, 19, 21 sowie ds23 und 26.
Kerben 5 auf d14 und d19, 3 auf d20.

Schnitte X-Form b5, V-Form b6, c7, d6, 1 bis 6 Schnitte auf b5 und bs10.
Ferner einige undeutliche Töpfermarken.

Eine Besonderheit stellt das Fragment eines Topfes dar, das auf dem Rand die Doppelmarke eines Zeichens mit Kreuz und darüberliegendem Sparren im Dreieckschild trägt und auf der Schulter ein zweiteiliges Band mit Pseudoschriftzeichen aufweist. Der Ton ist stark graphithältig (Taf. 6/3).

Leider sind aus dieser Aufstellung nur wenige Schlüsse zu ziehen. Die Krücke kommt zwar vorwiegend, aber nicht nur auf Graphitton vor, und auch auf Randtypen, die andere Marken tragen. Auf c7 finden sich nicht nur 4 verschiedene Marken, sondern auch V-Schnitte und Fingerkuppeneindellungen vor.

Das bescheidene Ergebnis: Töpfermarken führen in erster Linie die Randstücke der größeren Typen a und c sowie einige Typen von d, und dies vorwiegend auf Graphitton. Bei den Typen b und bs sind nur Schnittmarken zu finden, solche aber auch bei anderen Typen. Fingerkuppeneindellungen tragen - mit einer Ausnahme ( c7) - nur die Typen d und ds und dies zu 70 % auf Grauton.

Die Frage, ob die verschiedenen Töpfermarken aus verschiedenen Töpfereien stammen, ob sie verschiedene Qualität oder Größen anzeigen, ist an Hand dieses Materials nicht zu beantworten und führt eher zu verwirrenden Schlüssen.

4.1.5 Wandanstiegwinkel (WAs)

Insgesamt wurden 186 Bodenfragmente gefunden, die Bodendurchmesser (Bdm) von7-38 cm aufweisen. Zwischen 7-12 cm waren es 62, von 13-18 cm Bdm 77, von 19-24 cm Bdm 36 und von 25-38 cm Bdm 11. Bei 23 der vielen Bodenfragmente war soviel von der Gefäßwand vorhanden, daß man den Wandanstiegwinkel (WA, Mz. WAs) ermitteln konnte. Darunter verstehe ich den Winkel an der Außenseite des Gefäßes zwischen (durchschnittlichem) Wandverlauf und der Standfläche. Aus ihm kann man, so wie aus der Hals-Schulterregion, in begrenztem Maß auf die Topfform schließen. Die 12 Exemplare mit den kleineren Bodendurchmessern von 7,5-17 cm, alle aus ungraphitiertem Grauton, haben WAs zwischen 69 und 85 Winkelgraden, die 11 Exemplare zwischen 18 und 39 cm Bdm WAs zwischen 77 und 86. In beiden Fällen gehen Bdm und WA nicht konform, wie nachstehende Tabelle zeigt (Gt = Grauton, Gph = Graphitton):

Bdm/cm

WA

Ton

7,5

69

Gt

7,5

77

Gt

7,8

73

Gt

8,5

80

Gt

10,4

76

Gt

11,3

76

Gt

12

75

Gt

14

79

Gt

14

79

Gt

16

73

Gt

17

70

Gt

17

85

Gt

18

84

Gph

18

85

Gph

18

77

Gph

19

82

Gph

19

83

Gt

20

77

Gt

20

82

Gph

21

82

Gph

22,5

85

Gt

24

86

Gph

39

84

Gph

 

Die einzige Aussage, die getroffen werden kann: Die größeren Töpfe weisen durchschnittlich steilere WAs (82 %) auf, als die kleineren (76 %); sie sind daher - wieder nur im Durchschnitt – weniger gebaucht. Zwischen den Extremen gibt es verschiedene Anstiegvarianten, wie einige ausgewählte Profile zeigen (Taf. 7/2).

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Töpfe nur schwach bis mäßig gebaucht sind, wobei man mangels genügender voller Profile (wie Taf. 6/1 und 2) weder über die Höhe noch das Verhältnis Bdm-Mdm (schlank oder gedrungen) verläßliche Aussagen treffen kann.

4.1.6 Der Ton.

Der Graphitton ist von sehr unterschiedlicher Qualität, die noch dazu wegen der verschiedenen Lagerung und bei Scherben mit Brandeinwirkung nicht eindeutig zu beurteilen ist. Die Graphitbeimengung reicht von grob-bröckeliger Zugabe bis zu geringfügiger, fein verarbeiteter Beimischung.

Der Grauton zeigt bei großen Gefäßen vielfach grobe Struktur und Steinchenmagerung, bei mittleren und kleinen aber auch hart gebrannte, dünnwandige Scherben mit lichtgrauem Kern und glatter, dunkelgrauer Oberfläche. Wenige Exemplare nicht so qualitativ hochwertiger Ware weisen eine glatte Oberfläche mit metallischem Lüster auf.
Auf einzelne Tonqualifikationen und Zuordnungen mußte verzichtet werden.

4.1.7 Henkel-Verzierungen

Topfhenkel wurden bei der Grautonware unerwartet wenige gefunden und selbst diese nur selten in Zusammenhang mit dem Gefäßkörper. Auch an den Mundsäumen gibt es nur 12 Henkelansätze und dies bei kleineren Gefäßen. Erwähnenswert ist ein großer Grifflappen von 9 cm Breite, der wahrscheinlich von einem Vorratsgefäß stammt (Taf. 6/14). Mit Ausnahme des schon erwähnten Topfes (Taf. 6(3), ist diese Keramik relativ schmucklos. Nur Stufen oder 2-3 mm breite Furchen an der Schulter, wie sie aus den Profilen bzw. des Topfes Taf. 6/1 ersichtlich sind, finden sich vielfach. Manchmal sind es auch nur 1 mm breite Rillen.

4.2 Topfdeckel

Eine große Anzahl von Scherben ist flachen Topfdeckeln mit Knauf zuzuordnen, wovon 8 Halbprofile erstellt werden konnten, die zwischen 25 und 12 cm Deckeldurchmesser liegen. Die wesentlichsten Knaufprofile zeigt Taf. 7/1. Ein im Zentrum aufgesetzter Bandhenkel stammt von einem größeren Deckel (Taf. 7/3). Einige Fragmente stammen von zwei Glockendeckeln (Taf. 7/4).

4.3 Krüge

Eine Anzahl von Bruchstücken gehört mindestens 18 unglasierten Krügen an, wovon einige Henkel-Wandstücke erhalten sind (Taf. 7/5 und 6). Die Scherben lassen bei 8 Krügen auf einen langen und bei 2 auf einen kurzen trichterförmigen Rand schließen. Einer hat einen kragenförmigen Rand und ist aus stark graphithältigem Ton. Alle anderen haben weißgrauen Tonkern mit meist dunkelgrauer, glatter Oberfläche und sind hart gebrannt. Einer davon ist innen hellgrau, ein zweiter weiß. Ein Krug besteht aus weißlichem Ton mit gleicher Oberflächenfarbe.

8 Krüge zeigen als Verzierung 2 oder 3 flache Stufen am Hals, zwei haben nur Rillen.

4.4 Andere Gefäße

Weitere Scherben stammen von etwa 6 Bechern sehr unterschiedlicher Qualität und Wandstärke, von 4 Schüsseln, eine davon hat beigegrauen Tonkern mit rötlicher Ummantelung und beige Engobe (Profil Tafel 7/7) und von einem Lämpchen.

Ein kleiner Tiegel mit 2,5 cm Bdm, 5,2 mm Höhe und 3 mm Wdst besteht aus stark graphithältigem Ton und hat einen dreieckig ausgezogenen Rand (Taf. 8/9).

5.0 Ofenkacheln

Von Ofenkacheln wurde eine größere Menge in Bruchstücken gefunden. 55 % davon waren grün glasiert. Trotz der großen Anzahl an Scherben konnte keine vollständige Kachel zusammengesetzt werden. Das Vorhandene reichte allerdings aus, um die Ausmaße zu errechnen.

5.1 Grün glasierte Ofenkacheln

Die Reste der in geringerer Menge vorhandenen Blattnapfkachen zeigen ein stilisiertes Lilienmuster, das auch in dem 1986 veröffentlichtem Material enthalten war 7). Eine Nischenkachel mit einem Durchmesser von 11 cm trägt etwa 1/4 dieses Blattes (Taf. 8/1). Die quadratischen Blattnapfkachen haben eine Seitenlänge von 24 cm. Höhe und Bdm waren nicht zu ermitteln, werden aber nur wenig von denen der etwas kleineren Schüsselkacheln unterschieden sein. Bei zwei von letzteren beträgt die Seitenlänge 21 cm, der Bdm 16 und die Höhe 11,2 - 11,5 cm. Neben der vorhin erwähnten Nischenkachel mit Blatt fand sich eine noch wesentlich größere ohne Blatt mit 22 cm Bdm und einer Höhe von 27,5 cm, wobei der Grundriß wie bei voriger auch kein ganzes Halbkreissegment bildet. Die Boden-Wandkante ist rechtwinkelig, die Deckenkante rundlich, die Decke selbst leicht gewölbt, wie aus anderen Bruchstücken ersichtlich ist. Innenseite und Ränder sind grün glasiert (Taf. 8/2).

5.2 Unglasierte Ofenkacheln

Die meisten Scherben stammen von grautonigen Schüsselkacheln. Aus ihnen wurden zwei Größen errechnet:

Seitenlänge

22,5 – 24 cm
22 – 24 cm

Bdm 14,5 – 15 cm
18 cm

Höhe 11,5 cm und
8 cm

 

Auch bei den Nischenkacheln sind zwei Größen vorhanden; solche mit 10 und 18 cm Radius des Bodensegments.

Von den drei Blattnapfkacheln zeigt ein Blatt einen Helm mit Heimzier (Taf. 8/3), ein zweites den Arm eines lanzentragenden, geharnischten Ritters (Taf. 8/4) und ein drittes den Unterteil einer Figur, die ein Spruchband hält (Taf. 8/5).

Das Bruchstück einer Ofenkante zwischen einer Schüssel- und einer Nischenkachel ist mit zwei gedrehten Tonwülsten verziert (Taf. 8/6).

6.0 Andere Funde.

6.1 Model

Bemerkenswert ist der Fund von drei Modelbruchstücken aus Ton, die zum Guß von Knabenkörpern dienten (Taf. 8/7 und 8).

6.2 Ziegel

Groß war der Anteil an Dachziegelresten, allerdings konnte kein einziger vollständig gefunden werden. Es handelt sich einerseits um Flachziegel mit Nase und einer Breite von 20 cm (eine vollständige Länge konnte nicht rekonstruiert werden) und einer Stärke von 1,8 cm. Ein abgerundetes Bruchstück deutet auf Biberschwanzziegel hin. Die meisten Reste stammen von halbrunden Ziegeln wie einer Mönch-Nonne Eindeckung. Allerdings könnte es sich auch, zumindest bei einem Teil davon, um Firstziegel handeln, da die Breite variiert. Die Rekonstruktion des mit etwas mehr als 1/3 Kreisbogen gekrümmten Ziegels ergibt eine Breite von 13,5 cm an einem Ende, die sich bis zur Länge von 30 cm auf 9 cm verjüngt, um dann eine 8 cm lange und breite Fortsetzung zu bilden. Die Gesamtlänge beträgt damit 38 cm, der innere Krümmungsradius am breiten Ende 6 cm, am schmalen 3 cm, die Wandstärken 1,3 cm.

Obwohl sich am Plateau des ehemaligen Klosterstandortes Mauerziegel finden und auch die Mauern mit solchen ausgebessert wurden, zeigten sich im Bergungsraum nur wenige. Nur 15 m oberhalb und südlich davon wurden bei einem Probeschnitt einige solcher verglasten Ziegelreste, vergesellschaftet mit Schlackenstücken aufgefunden, die auf Metallverarbeitung hinweisen.

6.3 Metall

Abgesehen von Nägeln, deren Form schon 1986 veröffentlicht wurde, konnte ein Messer (Taf. 7/8), eine Sichel (Taf. 7/9), eine Schnalle (Taf. 7/12), ein unvollkommenes, schaufelartiges Instrument (Taf. 7/11), ein Griff (Taf. 7/10) und eine Buchschließe geborgen werden.

6.4 Glas

Außer unbedeutenden Flachglasresten wurden wieder Reste von Butzenscheiben mit 10 cm Durchmesser gefunden, außerdem die Böden von zwei Glasbechern mit ausgezipftem Rand und 6 cm Bdm (Taf. 8/10). Alles Glas ist farblos.

6.5 Knochen

Die Annahme, daß es sich im Bergungsraum um den Abfall oder Abraum der Klosterküche handelt, wird dadurch erhärtet, daß die Fundschichten eine relativ große Zahl von Knochenresten und Eierschalen enthielten.

Die von Dr. E. PUCHER, Nat. Hist. Museum Wien bestimmten, teils gehackten Knochen stammen von Schweinen, Rindern, Schafen bzw. Ziegen, Hühnern und einem großen Reh, ein Eckzahn von einem Haushund, ein Backenzahn von einem Pferd.

Am häufigsten ist das Schwein vertreten, wobei zumindest die größten Knochen und ein selten großer Hauer Wildschweinen angehört haben mußten, die kleineren Hausschweinen.

Vom Rind sind zumindest zwei große Ochsen und eine kleinere Kuh nachzuweisen. Für die Ochsen wurde eine Widerristhöhe von 124 und 119 cm, für die Kuh von 108 cm errechnet.

Die Knochen von Hühnern stammen von Jungtieren und weiblichen Exemplaren.

7.0 Fundaufbewahrung

Das Fundmaterial befindet sich im Heimatmuseum Gablitz, Belegstücke im Archiv für Mittelalterarchäologie am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien, 1190 Wien, Franz Klein - Gasse 1, sowie beim Verfasser. Die Knochen werden in der archäologisch-zoologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien gemeinsam mit den Funden der Bergung 1984 unter der Nr. 1986-9 aufbewahrt.

Anmerkungen

1) Archiv für Mittelalterarchäologie am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien, 1190 Wien, Pranz Klein-Gasse 1.

2) Kurt BORS, Die Keramik des 1529 zerstörten Klosters St. Laurentio, in: Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich, 2/1986, S. 59-72. (St. Laurentio ist der zweite gebräuchliche Name für das Kloster S. Maria in Paradyso ).

3) Rudolf KOCH, Das ehemalige Franziskanerkloster "S. Maria in Paradyso“ bei Ried am Riederberg, in: Beiträge ,zur Mittelalterarchäologie in Österreich, 2/1986, S. 73-79.

4) J.F. KEIBLINGER, Das Franciscaner Kloster im Paradeis. Hippolytus 7. Jg., St. Pölten 1864, 246 ff.

Hier gelangen Sie zu einer Online-Ausgabe.

5) A. KERSCHBAUMER, Das Paradies am Riederberg. Blätter des Vereins f. Landeskund v. Niederösterreich, NF. 9, Wien 1875, s 78 ff.

6) Adolf KIES, Mittelalterliche Töpfermarken. Ein Beitrag zur Terminologie und Verbreitung. Unsere Heimat, Zeitschrift des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich. Jg. 60, 1976, S. 129 ff.

Hier gelangen Sie zu den Publikationen des Vereines für LANDESKUNDE VON NIEDERÖSTERREICH. Unter anderem finden Sie hier die oben erwähnten Quellen zu Kerschbaumer und Kies.

7) wie Anm. 5), S. 71.

Letzte Veröffentlichung am 1.6.2024.

118) SPÖ Pressbaum, 1966: Das Römergrab

Pressbaumer Mitteilungen
Nachrichtenblatt der Sozialistischen Partei Pressbaum 
 
Nr. 2, Jahrgang 1966
[Aufgrund der Weihnachtswünsche zum Jahresende erschienen.] 
 
Das Römergrab "Bei den drei Wassern" 
 
Niederösterreich ist als Teil einer einstigen römischen Provinz reich an Fundstücken aus der frühchristlichen Zeit. Besonders der nördliche Wienerwald, und hier wieder das Pressbaumer Gemeindegebiet, ist eine wahre Fundgrube für den Archäologen. Seit einigen Wochen bemühen sich nun Beauftragte der niederösterreichischen Landesregierung, ein einzigartiges Kulturdenkmal in diesem Gebiet, das Römergrab bei Au am Kracking, den Krallen des natürlichen Verfalls zu entreißen. Vielen werden die hügeligen Erhebungen nahe der Biegung des Schmälzgrabens bekannt sein. Hier wurde schon vor Jahrzehnten ein aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. stammendes Grabgewölbe freigelegt, untersucht und mit einem hölzernen Schutzdach versehen. Doch der Zahn der Zeit vernichtete diese schützende Decke, so daß die erstaunlich gut erhaltenen Überreste der Grabstätte dem Verfall preisgegeben waren.

Nach Vollendung der Renovierungsarbeiten, deren derzeitigen Stand das nebenstehende Bild zeigt, wird der Grabbau in seiner ursprünglichen Form dem Interessierten offenstehen.

Man muß kein Wissenschaftler sein, um die geheimnisvolle Atmosphäre von der ein derartiges zeitgeschichtliches Denkmal umgeben ist, verspüren zu können. Aber auch für den nicht geschichtlich Interessierten bietet der Besuch dieser Stätte den Reiz einer einzigartigen Waldwanderung, die in der heutigen, verhasteten Zeit eine wirkliche Erholung für überlastete Nerven bietet. Besonders im Winter wird der Weg durch den verschneiten Wald zu einem einzigartigen Erlebnis.

Für Wanderlustige empfehlen wir von Rekawinkel aus der roten Markierung zu folgen, die nach dem "Hagen" in eine blaue übergeht. Diese führt durch den Schmälzgraben zu "Den drei Wassern". Für Bequemere führt eine Straße von Pressbaum nach Au am Kracking, welche man bei der linksseitig angebrachten Hinweistafel "Römergrab - 20 Minuten Gehzeit" verläßt, und der blauen Markierung folgt. Auch "müde" Wanderer erreichen ihr Ziel auf dem idyllischen Weg in der angegebenen Zeit. Unweit des "Tumulus", wie der Grabhügel in der Archäologensprache genannt wird, befinden sich auch zwei interessante Grenzsteine. Einer davon ist ein "Leopoldstein", mit einem "L" und der Jahreszahl 1677. Der zweite stammt aus der Regierungszeit der Kaiserin Maria Theresia und ist mit der Zahl 1743 datiert.

Diese hügelige Waldgegend ist imstande, jeden, der für die Geheimnisse längst vergangener Zeiten und dem Zauber eines verschneiten Winterwaldes empfänglich ist, in eine weihevolle Stimmung zu versetzen. 
 
Photo: Robert Koch:
Eingang

Quelle: Aus Privatbesitz. Scann im Gemeindearchiv.

Letzte Veröffentlichung am 26.3.2025.

119) Grabung Röhrenbach Juni 2022

Bundesland: Niederösterreich
VB/PB: Tulln
KG: Röhrenbach 
MG: Sieghartskirchen 
Mnr.: 20174.22.01, 20174.22.02
Gst.Nr.: 1025/1, 1025/2, 1026/1, 1026/3
Anlass der Maßnahme: Errichtung eines Futtersilos
Leiter:in der Maßnahme: Fritz Preinfalk
Dauer der Maßnahme: 20.06.2022 - 27.6.2022
Zeitstellung/Befunde: Neolithikum, Bestattung, Siedlung 

Vor der Errichtung eines neuen Futtersilos wurden auf der Flur Kirchenäcker, im Süden der Ortschaft Röhrenbach auf dem Grundstück 1026/1 archäologische Untersuchungen durchgeführt, da dort seit Längerem altneolitithische Oberflächenfunde bekannt waren. Die Arbeiten wurden von der Firma ARDIG im Juni 2022 durchgeführt und betrafen eine Fläche von 1315 m2. Es wurden dabei ein linearbandkeramisches Gräberfeld mit mindestens acht Bestattungen freigelegt. Die Gräber waren Ost-West orientiert und auf einer Fläche von etwa 13 x 10 Meter verteilt.  In keinem der Gräber zeigte sich Skelettmaterial, darüber hinaus konnten aber auch sonst keinerlei (Tier-)Knochenreste oder Mollusken festgestellt werden, was darauf hinweist, dass die chemische Zusammensetzung des anstehenden Bodens eine Erhaltung dieser Materialien nicht ermöglichte. Drei Gräber waren völlig fundleer (Grab 3, 4 und 8), zwei weitere Gräber enthielten nur sehr geringe Keramikreste (Grab 1 und 2), drei weitere Gräber enthielten zwar keine menschlichen Skelettreste, dafür aber jeweils eine übliche Grabbeigabenausstattung. In Grab 5 befanden sich ein fragmentiertes Gefäß sowie zwei Silices, eine Dechsel und eine in zwei Teile zerbrochene kleine Reibplatte. Grab 6 enthielt ursprünglich zwei Gefäße sowie fünf Silices und eine Dechsel. Aus Grab 7 stammen drei weitgehend vollständig erhaltene Gefäße. 

Leicht südöstlich der Gräbergruppe zeigt sich in einer nur mehr sehr seicht erhaltenen, kleinen Grube eine Keramiklage, bei der es sich möglicherweise um die Überreste eines weiteren Grabes handeln könnte. Deutlich nordwestlich beziehungsweise südwestlich von der Gräbergruppe abgesetzt fand sich jeweils ein Nord-Süd orientiertes, Grabschacht-artiges, länglich rechteckiges Objekt. Der Befund im Nordwesten wurde ausgegraben und enthielt keinerlei Funde, jener im Südwesten wurde vorerst nur an der Oberfläche dokumentiert und soll im Zuge einer späteren Grabungskampagne ausgegraben werden. Aufgrund der Entfernung zur eigentlichen Gräbergruppe und der abweichenden Orientierung ist es unklar, ob es sich bei diesen beiden Objekten ebenfalls um Gräber handelte. Das Gräberfeld umfasste also mindestens acht, möglicherweise aber bis zu elf Gräber in der durch die Grabung erfassten Fläche. Die Nekropole könnte aber noch weiter ausgedehnt sein, vor allem nach Osten hin, wo die erfassten Grabbefunde bis direkt an die Grabungsgrenze reichten. 

Im Nordwesten der Grabungsfläche, neben dem Grabschacht-artigen Befund zeigte sich eine weitere Grube sowie randlich eine Pfostengrube, die beide fundleer waren. Im Südosten wurden ebenfalls neben dem Grabschacht-artigen Objekt zwei weitere Gruben erfasst, an deren Oberfläche sich linearbandkeramisches Fundmaterial zeigte. Diese drei Objekte wurden allerdings nach der Erstdokumentation mit Bauvlies und Humus wieder überdeckt und sollen erst im Zuge einer späteren Maßnahme ausgegraben werden. 

Die geborgenen Funde wurden nach der Sortierung, Verwaltung, Reinigung und fotografischen Dokumentation in das Zwischendepot der Firma ARDIG in Pottenbrunn verbracht, wo sie bis zur Klärung des endgültigen Verbleibs in den Depoträumen gelagert werden. 

Abbildungen:
Abb. 1: Röhrenbach. Linearbandkeramisches Grab Nr. 7 (Foto: ARDIG, F. Preinfalk).

Autoren:
Dr. Anna Preinfalk
Mag. Fritz Preinfalk
ARDIG Archäologischer Dienst GesmbH, Porschestraße 39, 3100 St. Pölten

Quelle:
Abschrift von einer "Zusammenfassung" aus Privatbesitz, erhalten am 18.11.2024 für das Gemeindearchiv.
Schriftliche Genehmigung zur Veröffentlichung des Textes vom 7.2.2025.

Letzte Veröffentlichung am 13.4.2025.
 

120) Grabung Röhrenbach Dezember 2022

Bundesland: Niederösterreich
VB/PB: Tulln
KG: Röhrenbach 
MG: Sieghartskirchen 
Mnr.: 20174.22.03
Mbez.: Röhrenbach Kirchenäcker
Gst.Nr.: 1025/1, 1025/2, 1026/1, 1026/3
Anlass der Maßnahme: Errichtung eines Futtersilos
Leiter:in der Maßnahme: Fritz Preinfalk
Dauer der Maßnahme: 01.12.2022 - 20.12.2022
Zeitstellung/Befunde: Neolithikum, Siedlung 

Vor der Errichtung eines neuen Futtersilos wurden auf der Flur Kirchenäcker, im Süden der Ortschaft Röhrenbach auf dem Grundstück 1026/1 archäologische Untersuchungen durchgeführt, da dort seit Längerem altneolitithische Oberflächenfunde bekannt waren. Die Arbeiten wurden von der Firma ARDIG bereits im Juni 2022 (MNr. 20174.22.01 + 20174.22.02) durchgeführt und erbrachten eine linearbandkeramische Gräbergruppe sowie Gruben. Da in der Folge auch eine größere Halle für landwirtschaftliches Gerät im direkt südlich anschließenden Areal errichtet werden sollte, wurde im Winter 2022/23 erneut eine Grabung notwendig (MNr. 20174.22.03). 

Dabei konnte ein Ausschnitt aus der zum um Sommer 2022 erfassten Gräberfeld gehörenden Siedlung aufgedeckt werden. Es handelte sich dabei um ein annähernd Nord-Süd orientiertes dreischiffiges Haus mit allerdings etwas unregelmäßiger Pfostensetzung, wobei vor allem die östliche Pfostenreihe unklar erscheint. Das Gebäude weist eine Größe von etwa 10,6 x 5 Meter auf. Seitlich parallel zum Gebäude zeigten sich große unregelmäßige Lehmentnahmen. Im Umfeld des Hauses konnten noch einige weitere einfache Gruben beobachtet werden. 

Das mengenmäßig wenig umfangreiche Fundmaterial war eher schlecht erhalten. Die Keramik weist auf eine Zeitstellung in die ältere Linearbandkeramik hin. Bemerkenswert ist wiederum - wie schon bei der Grabung im nördlich anschließenden Gräberfeldbereich im Sommer 2022 - dass keinerlei Knochenmaterial aufgefunden werden konnte. Dies kann wohl nur auf die speziellen Bodenverhältnisse im Bereich dieser Fundstelle zurückzuführen sein. Ansonsten konnte an weiteren Funden lediglich ein ortsfremder Stein festgestellt werden. 

Die linearbandkeramische Fundstelle von Röhrenbach erfährt ihre besondere Bedeutung durch die befundmäßige Erfassung eines Gräberfeldes und der zeitgleichen und zweifellos dazugehörigen Siedlung, die nur 37 Meter voneinander entfernt lagen. 

Die geborgenen Funde wurden nach der Sortierung, Verwaltung, Reinigung und fotografischen Dokumentation in das Zwischendepot der Firma ARDIG in Pottenbrunn verbracht, wo sie bis zur Klärung des endgültigen Verbleibs in den Depoträumen gelagert werden. 

Abbildungen:
Abb. 1: Röhrenbach. Linearbandkeramischer Hausgrundriss Blickrichtung Norden (Foto: ARDIG, F. Preinfalk). 

Autoren:
Dr. Anna Preinfalk
Mag. Fritz Preinfalk
ARDIG Archäologischer Dienst GesmbH, Porschestraße 39, 3100 St. Pölten

Quelle:
Abschrift von einer "Zusammenfassung" aus Privatbesitz, erhalten am 18.11.2024 für das Gemeindearchiv.
Schriftliche Genehmigung zur Veröffentlichung des Textes vom 7.2.2025.

Letzte Veröffentlichung am 13.4.2025.