Gründung von Rapoltenkirchen.
Ueber die Gründung unseres Pfarrortes herrschen verschiedene Ansichten, von denen wir einige aufführen wollen.
Schweickhardt 1) vermuthet den Gründer in Rapoto, einem Sohne Haderichs aus dem Babenberger Stamme, der mit seinem Bruder 1136 Klein-Mariazell stiftete, und versetzte die Anfänge von Rapoltenkirchen in das XI. oder XII. Jahrhundert.
Nach Dr. Much 2) trägt Rapoltenkirchen ohne Zweifel seinen Namen von Ratbod oder Ratbold (friesischer Name), einem der
1. Schweickhardt, Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Enns, V.O.W.W., II., S. 112 und 113.
2. Blätter für Landeskunde für Niederösterreich, 1872, S. 90.
Markgrafen der Ostmark, der vielleicht noch am Kriege gegen die Avaren Theil genommen hatte. Sein Sitz dürfte Tuln gewesen sein, wo er bedeutende Güter hatte 1).
Ignaz Keiblinger, Benedictiner von Melk, bezeichnet als ersten Erbauer der Kirche und des Ortes einen Rapoto, und zwar vermuthlich jenen Rapoto, welcher ein Sohn des Albero von Chuenring war, und als herzoglicher Burggraf von Medling 1161 und 1179 in Urkunden des Schottenstiftes in Wien unter den Zeugen genannt wird 2).
Dr. Alois Huber schreibt: „Rapoltenkirchen mit seinem ritterlichen St. Georgspatrocinium wird als eine dem Grenzgrafen Rapoto, der sich dort wenigstens zeitweise aufgehalten zu haben scheint, gemachte Concession gelten dürfen; aber Seelsorgskirche war es nicht, sondern einfach Burgkapelle“ 3).
So verschieden diese Meinungen sind, so stimmen sie doch darin überein, dass Rapoltenkirchen ein uralter Ort ist, seinen Namen von einem Ratbod oder Rapoto hat, und daher richtig „Rapotenkirchen“ geschrieben werden sollte.
Der erste bekannte Besitzer von Rapoltenkirchen war Markgraf Leopold IV. der Heilige (1096 – 1136), welcher diesen Ort nebst Herzogenburg, Gumpoltskirchen u. s. w. seiner Schwester Elisabeth (
1100), welche mit Ottokar IV. von Steiermark vermählt war, zur Morgengabe überliess 4).
1. Dieser Ratbold folgte 828 als Markgraf der Ostmark dem Markgrafen Gerold und wurde 859 von König Ludwig, gegen den er sich verschworen hatte, abgesetzt.
2. Hippolytus, 1864, S. 240.
3. Geschichte der Einführung und Verbreitung des Christenthums in Südost-Deutschland, IV., S. 316.
4. Preuenhuber, Annal. Styrens., S. 364 und 391.
Quelle: Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt, VII. Band, St. Pölten 1903. Seiten 41-70. (Genehmigung zur Veröffentlichung Diözesanarchiv vom 31.7.2023).
Letzte Veröffentlichung am 25.12.2023.