Erste Nachricht über die Veste Kogl
Originalquelle: Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich, Redigiert von Dr. Anton Mayer, Sekretär; Neue Folge. XIV. Jahrgang 1880. Seite 117 – 126.
Es folgt eine originalgetreue Abschrift mit Angabe der darin zitierten Quellen:
Die Veste Kogel bei Rappoltenkirchen.
Vortrag, gehalten im Vereine für Landeskunde von Niederösterreich,
von Dr. Anton Kerschbaumer.
Wenn man von der mit stolzen Pappelbäumen bepflanzten Reichsstrasse bei der ehemaligen Poststation Sieghartskirchen südlich abbiegt, so gelangt man in einer halben Wegstunde zu dem herrlichen Schlosspark der Baron Sina´schen Herrschaft Rappoltenkirchen. Kurz bevor man sich jedoch dem genannten Schlossparke nähert, zweigt eine kleine Straße nach Westen ab, die zu einem Dorfe führt, welches Kogel heisst. Wenige wissen heutzutage, dass bei diesem Dorfe, durch welches ein Bächlein rieselt, einst eine gewaltige Veste stand, von welcher nichts übrig geblieben ist als der Name Kogel, den das unansehnliche Dörfchen mit 40 Häusern führt. Einige alte Grundmauern auf dem nahen waldangeflogenen Hügel, der heutzutage noch Schlossberg heissst, sind die einzigen Ueberbleibsel der einstmaligen Veste Kogel, die daselbst vor Jahrhunderten sich erhob. Sie war einer der vielen Ritterburgen, welche das alte Oesterreich zierten; ein Edelmannssitz, von dem jedoch nicht einmal die Romantik einer malerischen Ruine sich auf die Gegenwart erhalten hat. Nur der Name ist, wie gesagt, geblieben. Sic transit gloria mundi.
Ueber diese alte Veste will ich heute einen Vortrag halten und dadurch der Aufgabe des Vereines für Landeskunde: die dunklen Partien unserer vaterländischen Geschichte zu erhellen, nach Massgabe meiner Kräfte entsprechend. Ist es auch nicht viel, was ich – trotz aller Mühe, die ich mir gab – bieten kann, so ist es doch ein kleiner Baustein im Gefüge des grossen historisch-topographischen Gebäudes, das wir zu bauen Willens sind. Vielleicht werden durch meinen Vortrag tüchtigere Kräfte angeregt, um die etwaigen Lücken desselben zu ergänzen.
Die erste geschichtlich beglaubigte Nachricht über die Veste Kogel findet sich im Jahre 1261. In diesem Jahre erteilte Ottokar, König von Böhmen und Herzog von Oesterreich, allen Schiffsleuten zu Tuln dieselben Rechte und Freiheiten, wie sie die Schiffer zu Wien hatten, und erklärt sie für steuerfrei. Unter den Zeugen dieser Urkunde kommt ein Wolfgherus de Chogel vor.1) Wir werden kaum irre gehen, wenn wir uns unter diesem Wolfgher von Chogel den damaligen Besitzer der Veste gleichen Namens denken, welche von Tuln beiläufig drei Stunden entfernt lag. Es scheint, dass die jeweiligen Besitzer der Veste untergeordnete Ministerialendienste bei den österreichischen Herrschern verrichteten. Beleg dafür ist eine 60 Jahre später ausgestellte Urkunde, welche in dem Archiv des Hauses, in welchem wir uns jetzt befinden, aufbewahrt wird. In derselben kommt ein Herr Ludwig vom Chogel vor, welcher Forstmeister in Oesterreich genannt wird, und einen Hof zu Aw2) dem Herrn Niclas von Ezlarn3) um 400 Pfund Pfennige verkauft.4)
Vierzehn Jahre später, 1335, verkauft Weichart von Toppel, Hofrichter in Oesterreich, mit seinen Söhnen Hans und Niclas sein von den Herzogen von Oesterreich erhaltenes Lehen, nämlich „das Haus zu dem Chogel vnd was darzv gehöret“, um zwölfthalbhundert Pfund Wiener Pfennige.5)
1344 erscheinen urkundlich Reinprecht und Leopold von Chogel, Söhne des verstorbenen Conrad von dem Chogel, welche dem Abt Friedrich von Melk 6 Joch Aecker im Sierninger Felde bei Haunoldstein um 30 Pfund Wiener Pfennige verkaufen.6)
- Original im Stadtarchive zu Tuln. Vergl. Kerschbaumer, Geschichte der Stadt Tuln, 1874. Regesten, S. 314. – Ein Wolfkerus de Chogel erscheint auch in einer Urkunde, ddto. Wien, 6. Jänner 1276 als Zeuge. (Hornmayr, Gesch. Wiens, II. Jahrg., II. Band, 2. u. 3. Heft, S. cc.)
- Aw heisst noch jetzt ein Teil des Wienerwaldes zwischen Rappoltenkirchen, Pressbaum und Reckawinkel.
- Ezlarn, vielleicht Elsbach, ein Dorf zwischen Ried und Sieghartskirchen.
- ddto. 14. Juli 1321. Original-Urkunde im n.ö. Landesarchiv (Siehe Anhang I.)
- ddto. 15. August 1335. Original-Urkunde im Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien. (S. Anhang II.)
- ddto. 22. Februar 1344. Original im Melker Stiftsarchiv. Aus dieser Urkunde ist das Wappen der Besitzer der Veste Kogel ersichtlich. (Vergl. Hueber, Austria ex Archiv. Mellic, illustrata. Tab. XV., Nr. 7.) S. Anhang III.
Es scheint, daß die Herren von Kogel nicht gar sonderlich gut wirtschafteten, denn 50 Jahre später (1394) besagt eine Urkunde: „Jörg der Choblinger front Gemsel dem Seebecken die Fest Chogel.“1)
Möglich, ja sogar wahrscheinlich ist es, dass die in den Buchenwaldungen des Wienerberges versteckte Veste Kogel später – dem Zeitgeiste huldigend – zu einem jener vielen Raubnester sich entwickelte, welche Herzog Albrecht IV. (das Wunder der Welt) durch das von ihm errichtete Strafgericht („das Geräume“) zerstören liess. Möglich, aber nicht bewiesen. Denn besagtes „Geräume“ waltete bereits 1402 seines Amtes, während die Veste noch im Jahre 1408 ungebrochen bestand. In diesem Jahre trug sich nämlich ein Ereignis zu, bei welchem sie eine Rolle spielt und das daher ausführlicher erwähnt werden will.
Im Beginne des XV. Jahrhunderts gab es in Oesterreich traurige Bruder- und Bürgerzwiste und in Folge dessen politische Parteikämpfe, in welchen die Leidenschaften entbrannten und nicht selten blutige Opfer forderten. Dies war auch im Jahre 1408 der Fall. Herzog Albrecht IV. hatte einen minderjährigen Sohn (Albrecht V.) hinterlassen und über dessen Vormundschaft stritten sich die beiden Brüder des verstorbenen Herzogs Leopold und Ernst von der sogenannten Leopoldinischen Linie. Jeder hatte seine Partei in Städten, Schlössern und Klöstern. Für Leopold den Aelteren sprach das formelle Recht; der schlichte Herzog Ernst dagegen besass viele Freunde unter dem österreichischem Adel und unter den angesehenen Bürgern, namentlich Wien´s, weil die ausserordentlichen Steuern und Geldforderungen Leopolds diesen lästig fielen. Ein plötzlich entstandenes Gerücht (ob wahr oder falsch, bleibt dahingestellt), dass Leopold mit dem Plane umgehe, den jungen Albrecht zu verdrängen und sich selbst zum Landesfürsten aufzuwerfen, gab Anlass zu einem schrecklichen Bürgerkriege. In Wien riefen die Anhänger Leopolds, bestehend aus Handwerkern, verabschiedeten Söldnern, und anderen stets zur Unruhe geeigneten Elementen der Bevölkerung einen Aufstand hervor, welchen der damalige energische Bürgermeister Konrad Vorlauf dadurch im Keim erstickte, dass er fünf Handwerker am 8. Jänner 1408 wegen versuchter Meuterei enthaupten liess. Diese etwas voreilige Strenge des Bürgermeisters wurde von Manchen als ein Racheakt politischer Parteileidenschaften ausgelegt und namentlich von Herzog Leopold übel aufgenommen, der inzwischen unter Mitwirkung der stände mit seinem Bruder Ernst einen Friedensvertrag geschlossen hatte, in welchem Leopolds Recht der Vormundschaft aufrecht erhalten wurde. – In der Politik gaben jederzeit die vollbrachten Thatsachen den Ausschlag. Dies sollte auch der wackere Bürgermeister Konrad Vorlauf empfinden.
Am 9. April 1408 berief Herzog Leopold Abgeordnete der Stadt Wien nach St. Pölten. Dieser Aufforderung war der Bürgermeister Konrad Vorlauf mit fünf Räthen gefolgt. Wahrscheinlich handelte es sich um Beitragsleistungen der Stadt zu den Geldbedürfnissen der herzoglichen Kammer; vielleicht verweigerten die Deputirten die Geldforderung Leopolds - beides ist unbekannt. Gewiss ist nur, dass die Abgeordneten auf dem Rückwege von St. Pölten nach Wien – trotz des erhaltenen Geleitsbriefes – von Parteigängern des Herzogs überfallen und gefangen gesetzt worden.
Es war am Palmtage 1408 – die Reisenden passierten eben die waldigen Höhen des Riederberges in der Nähe von Gablitz – als plötzlich geharnischte
- Schlager: Wiener Skizzen aus dem Mittelalter, II. 1836, p. 105.
Männer über sie herfielen, an der Spitze ein Hans Ritter von Laun. Einige der Rathsherrn setzten sich zur Wehr und wurden verwundet, einer – Namens Niclas Fluschhart, ein junger angesehener Bürger aus Wien – wurde getödtet. Einige entkamen durch die Flucht, drei aber wurden gebunden und in die Gefangenschaft fortgeschleppt, nämlich die Rähte Hans Rock, Niclas unterm Himmel und der Bürgermeister Konrad Vorlauf.1)
Man brachte die Gefangenen zuerst nach Kogel,2) jener waldumkränzten, abgelegenen Veste, deren Schicksale uns heute beschäftigen. Dort schmachteten die armen Gefangenen und harrten in banger Ungewissheit des ihnen bevorstehenden Looses. In jener Zeit des wiedererwachenden Raubrittertums und der adeligen Privatfehden war die gewaltsame Habhaftmachung (dazumal gebrauchte man dafür den technischen Ausdruck „schanzen“) unliebsamer Gegner gar nichts Seltenes, ja diese fand oft nur statt, um Repressalien auf eigene Faust auszuüben oder (beiläufig wie heutzutage noch in Sicilien) Gelderpressungen für die eventuelle Befreiung aus der unfreiwilligen Haft zu versuchen.
Ein ähnlichen Verhältnis obwaltete hier zwischen dem Hans Ritter von Laun und dem Bürgermeister der Stadt Wien. Herzog Leopold hatte nämlich in der Versammlung zu St. Pölten den Stadtrath von Wien von dem Erlage eines Anschlages von 8000 Pfund Pfennige zu Gunsten einer Forderung des besagten Hans Ritter von Laun enthoben und letzterer war somit der Gläubiger der Stadt Wien geworden. Wahrscheinlich weigerten sich die Wiener Abgeordneten den erwähnten Anschlag zu übernemen und Hans Laun – alle juridischen Bedenken beiseite setzend – nam sie gefangen, um sich durch einen Akt der Erpressung wenigsten teilweise jene Deckung zu sichern. Er vesprach dem gefangenen Bürgermeister auf der Veste Kogel die Befreiung gegen ein Lösegeld von 200 Pfund Pfennigen (2000 fl.) und Unterschreibung einer sogenannten Urfehde, dass er sich an ihm (dem Ritter) uns seinen Helfern nicht rächen wolle. In Erwägung, dass die Freiheit ein kostbares Gut ist, stellte der Bürgermeister von Wien für sich und seine gefangenen Kollegen einen revers aus, in welchem er friedlich und williglich für sich und seine Erben gelobte, dass er dem Hans dem Laun und all´ seinen Freunden und Helfern keine Feindschaft, Unwillen, noch keinerlei Schaden zuziehen solle und wolle.3)
Nun durften die Gefangenen Kogel verlassen, doch wurden sie noch nicht in Freiheit gesetzt, sondern auf dem Umwege über die Veste Kreuzenstein (bei Korneuburg) nach der Veste Ternberg (bei Wiener-Neustadt) geschleppt. Erst am 20. Juni 1408 (es war der Frohnleichnamstag) erhielten sie durch Vermittlung des Herzogs Ernst die Freiheit und kehrten nach Wien zurück. Doch nicht lange genossen sie die Freude, sich wieder innerhalb der Mauern Wiens zu befinden. Die Anhänger Leopolds erhoben einen neuen Aufstand; der Bürgermeister mit zwei Räthen wurde unerwartet gefangen genommen und vier Tage später – am
- Nach der Erzählung des Thomas Ebendorfer de Haselbach, Chronicon Austriacum libris V. compehensum, bei Hieron. Pez. Scriptores rerum Austriacarum. Tom. II. 834.
- „ducti sund ad castrum Chogell prope sylvam.“ Damals gehörte die Veste dem Ritter Sebekh. (Schlager, a.a.O.V. 1846, S. 93.)
- Ausstellungsort Kogel 1408 (Juni?). Originalbrief des Hans Laun an den Stadtrath von Wien von wegen etlicher Bürger, die er gefangen und geschänzt hat, im Archive der Stadt Wien. Das Grabdenkmal des Hans Ritter von Laun befindet sich in der ehemaligen Stiftskirche zu Baumgartenberg in Oberösterreich.
11. Juli 6 Uhr Morgens – am Schweinemarkt (jetzigem Bürgerspitalsplatz) hingerichtet.1) So endete der wackere Bürgermeister Konrad Vorlauf als ein bedauernswertes Opfer politischer Parteikämpfe. In neuerer Zeit hat man sein tragisches Schicksal dramatisch bearbeitet – mit welchem Erfolge ist mir unbekannt.
In Kogel hat sich die Erinnerung an die Erlebnisse des Wiener Bürgemeisters als Volkssage bis auf den heutigen Tag – mit einigen Modifikationen – erhalten. Die Volkspoesie geht aber ihre eigenen Wege und kümmert sich nicht um urkundliche Belege; sie erzählt nämlich Folgendes: Irgend ein Ritter habe eine holde Schöne aus Wien entführt und wollte sie nach der Veste Kogel bringen. Als der ehrsame Bürgermeister von Wien davon Kunde erhielt, setzte er mit Bewaffneten dem losen Räuber der Unschuld nach und auf dem Riederberg kam es zu einem Gefecht. Doch in Folge eines Misverständnisses wurde nicht die Unschuld befreit, sondern der Bürgermeister in höchst eigener Person gefangen genommen und auf die Veste Kogel gebracht. (Der österreichische Humor ist auch in dieser Volkssage nicht zu verkennen.)
Ueber die weiteren Schicksale der Veste Kogel und des am Fuße derselben liegenden Dörfchens gleichen Namens ist weiter wenig Geschichtliches zu melden. Der Tradition zufolge ist der Ort zweimal gänzlich ausgestorben; einmal zur Zeit der Türkeninvasion, das andere Mal zur Pestzeit. Nur eine einzige etwas täppische Weibsperson kam mit dem Leben davon. – Die Veste Kogel kam in den Besitz der benachbarten Herrschaft Rappoltenkirchen, zu welcher sie noch heute gehört.2) Je mehr das Schloss Rappoltenkirchen sich erhob, desto mehr sank die alte Bergveste Kogel. Unbewohnt und verlassen, wurde sie frühzeitig zur Ruine. Nach einem Ausweise vom Jahre 1560 trug das „Ambt am Khogll“ von gestifteten und behausten Gütern „truckhen“ 7 π, 3ß, 4z Gülte.3) Dreissig Jahre später (1594) wird die Veste Kogel bereits als eine „Oede“ bezeichnet.4) Dass die Veste Kogel mit dem Besitz der Herrschaft Rappoltenkirchen verbunden war, beweist eine Urkunde vom Jahre 1627, in welcher die Gebrüder Adam, Seyfried und Sigmund von Mallendin den Verordneten der löblichen Landschaft Oesterreich unter der Enns anzeigen, dass sie verkauft haben ihr erblich angefallenes Gut Rappoltenkirchen und Sieghartskirchen sammt dem öden freien Edelmannsitz „Purkstall zum Khogel“, Aylandstorff und Eysenpruck, an Bernhard Freiherrn von Questenberg.5)
Im vorigen Jahrhundert standen noch die Mauern der ehemaligen Veste Kogel. Doch auch diese verschwanden. Das bairische Stift Baumburg erbaute 1763 zu Kogel eine Kirche samt Pfarrhof, und liess die dazu nötigen Steine von der öden Veste brechen. Bei Gelegenheit der neuen Pfarrerrichtung unter Kaiser Josef II. wurde Kogel zu einer Lokalie erhoben, gieng aber bald wieder ein; nur Schule und Friedhof ist daselbst geblieben; seelsorgerlich gehört Kogel zu
- Weiss, Geschichte der Stadt Wien, 1872. S. 103
- Siehe Anhang IV.
- Gültbuch von Rappoltenkirchen (Landesarchiv.)
- „…. Sambt dem Oeden Purgstall zum Kogel, so vormalls gliecher massen Ein Edlmannsicz gewesen, Aber nun alle gült vndt guetter desselben öden Sicz zu Vesten Rappoltenkirchen einverleibt worden sein.“ Urbarium, Ain Kauffs-Anschlag vnnd lautere Verzaichnuss über die Vesten Rappoltenkirchen mit Ihrer ein vnnd Zugehörung. ddto. 9. Sept. 1594 (Blätter f. Landeskunde in Niederösterr. Der Wildbann in Niederösterr. 1873. S. 1.)
- Landesarchiv
Rappoltenkirchen. Die Herrschaft Rappoltenkirchen verlangte und erhielt die Ablösungssumme von 14 fl. aus dem Religionsfonde, weil Pfarrhof und Keller zu Kogel auf herrschaftlichem Grunde gebaut waren, und dieses Reluitionsquantum (wie es im Regierungsdekrete hieß) nicht übertrieben ist.1)
So wenig ist es, meine Herren, was ich Ihnen über die alte Veste Kogel bieten kann. Ein Schelm, der mehr giebt als er hat. Mich soll es freuen, wenn ein anderer Urkundenpionnier mehr findet, als mir bisher zu finden gelungen ist. Inzwischen lade ich Sie ein, das idyllische Kogelthal bei Rappoltenkirchen einmal zu besuchen; es wird Sie gewiss nicht reuen und ist von der Station Pressbaum oder Rekawinkel aus in anderthalb Stunden durch einen prachtvollen Waldweg leicht zu erreichen. Es kommen wol im Sommer manchmal Sonntagsfrischler in das stille Thal hinab, aber so viel ich hörte, kümmern sie sich mehr um Küche und Keller, als um die alte Veste. Um so ehrenvoller sind die Ausnahmen, und von einer solchen will ich zum Schlusse noch erzälen, zumal sich eine nette, aber wahre Anekdote daran knüpft.
Der alte Erzherzog Ludwig, Bruder des sel. Kaisers Franz, besass den sogenannten Reichersbergerhof im kleine Dorfe Weinzierl bei Ried. Dort brachte er in gänzlicher Abgeschlossenheit glückliche Stunden und Tage zu, und es war ihm nichts lieber, als wenn er ungekannt die Abhänge des Wienerwaldes durchstreifen und so Land und Leute näher kennen lernen konnte. Wie schlicht und einfach seine Erscheinung und sein Benemen war, geht schon daraus hervor, dass man ihn kurzweg „den guten alten Herrn“ nannte. – Einst besuchte er, es war am 27. Juni 1834, die alte Veste Kogel und den hinter prachtvollen Laubholzwaldungen versteckten Buchberg (den ich nebenbei sowol den Touristen als historischen Forschern empfehlen möchte; denn es giebt nicht leicht eine herrliche Fernsicht in der Nähe Wiens, und das alte „Burgstall“ bei dem nahen Johannesberg mit dem Maidhof – dem ehemaligen Schlosse der Ritter von Hagenau – birgt eine Menge historischer Mysterien, die heutzutage noch nicht gelüftet sind). Als der Erzherzog in seine Villa – den Reichersbergerhof – zurück kam, fand er alles verschlossen. Niemand war zu sehen als eine Stallmagd. Als diese des hohen Herrn ansichtig wurde, sprach sie in ihrer naiven Weise:
„O je, Sö sein da? Und der gnädige Herr (Verwalter) und die gnädige Frau sind ausgefahren!“
„Macht nichts“, erwiderte lächelnd der Erzherzog. „Du wirst die Schlüssel zu meinen Zimmern wissen?“
Die Magd antwortete: „Ja, gehen´s nur dorthin, das Stubenmädl von der gnädigen Frau wird Ihnen schon den Schlüssel geben.“
Höchlich amüsirt befolgte der erlauchte Herr die empfangene Weisung und gelangte so in seine Appartements, um sich ernsten Staatsgeschäften zu widmen.
Folgen Sie, meine Herren, einem so erlauchten Beispiele und besuchen Sie bald den Buchberg mit dem Burgstall und die alte Veste Kogel.
- ddto. Wien, 1787 (Landesarchiv)
ANHANG.
I.
Ich Lvdweig vom Chogel, zv den zeiten forstmayster in Oesterreiche vnd Geisel sein havsfrawe. Wir veriehen vnd tun chunt allen den die disen prief lesent oder horent lesen, die nv lebent vnd hernach chvnftich sint, daz wir mit vnser erben gutem willen vnd gunst mit verdachtem mvte vnd mit gesamter hant zv de zeit do wir ez wol getun mochten, verchavft haben vnsers rechten gechavften Aygens aynen Hof, der da leit ze Awe, mit alle dev vnd darzv gehorent ez sei purchrecht oder lehen, in vrbar ze holtz, zu velde vnd ze dorf, ez sei gestift oder vngestift, versucht oder vnversucht, swie so daz genant ist. Denselben Hof haben wir verchavft vnd geben mit allem dem Nutz vnd recht als in vnser vordern vnd wir in Nutz vnd in Aygens gewer herpracht haben vnd auch durch rechte Frvndschaft, vmbe vier hundert phunt Wienner phenninge, der wir recht vnd redlicher gewert sein, dem erben manne hern Nichlasen von Ezlarn vnserm aydem ledichlichen vnd vreilichen ze haben. Vnd allen seinen frumen da mit zeschaffen verchaffen versetzzen vnd geben swem er welle an allen irresal vnd vmbe die vbertvre (Ueberschuss?) des vorgenannten Hoves die wir im zv vnser tochter Lucien ze morgengabe geben haben, also mit avzgenommner rede, ob daz were daz vnser tochter Lucie an erben verfuere daz layder geschehen ist, so solt er vns vnd vnseren erben bei seinem lebentigem leibe oder sein erben nach seinem tode zway hundert phunt Wienner phenninge geben, der selben zway hundert phunde phenninge hat vnser aydem her Nichlas von Ezlarn bei seinem lebentigem leibe vns vnd vnser erben recht vnd redlich verrichtet vnd gentzlichen gewert, daz wir weder in noch sein erben fürbaz nichtes nicht enzeihen, vnd darvber zv ayner pezzern sicherhait so sezzen wir vns Ich vorgenannter Ludweig der forstmaister vnd ich Geisel sein havsfrowe vnd ich Chadolt vnd ich Seifrid ir payder sone vnverschaydenlichen vnserm aydem hern Nichlasen von Ezlarn vnd seinen erben vber den vorgenannten hof da zu Awe vnd vber alles daz darzv gehoret swie so daz genant ist, ze rechtem gewern vnd scherm fur alle Ansprache als aygens lehens vnd purchrechtes recht ist vnd des Landes recht zu Oesterreiche vnd wande vnser sone Chadolt vnd Seifrid nicht aygner Insigel habent, da von so haben wir fur vns vnd fur sie geben vnserm aydem hern Nichlas von Ezlarn vnd seinen erben disen prief zu aynem sichtigen vrchunde vnd zu aynem waren gezevge diser sache versigelten mit vnserm Insigil vnd mit hern Dietriches Insigil von Pilihdorf zv den zeitten havptman in Oesterreiche vnd mit hern Wichartes insigil von Toppelz v den zeiten Lantrichter in Oesterreiche, die diser sache gezev sint mit ir Insigiln vnd ander frume levte genvch. Diser prief ist geben zu Wienne do von Christes geburt waren ergangen Drevzehn hundert Jar. In dem ayn vnd zwentzzigisten Jahre dar nach, an Sand Margreten Tage.1)
- Landesarchiv Wien. Perg. Mit anhängendem verletzten Siegel, Nr. 127.
ANHANG.
II.
Ich Weichart von Toppel, Hofrichter In Oesterreich. Vergich vnd Tun chunt allen den, die diesen brief lesent oder horent lesen, die nu lebent vnd hernach chunftich sint. Daz Ich mit meiner Syne Jansen Weycharts vnd Nychlos gutem willen vnd gunst aller meiner Erben mit verdachtem mvte nach meiner pesten ere vnd Rat, zv der zeit, da ich ez wol getun möchte Recht vnd redlichen verchauft han meines Rechten Lehens, das Ich von meinem gnädigen Herren den Hertzogen in Oesterreich gehabt han, das Haus zv dem Chogel vnd swas darzv gehoret. Ez sei In vrbar zv Holtzze zu Velde vnd ze Dorffe, Es sei gestift oder vngestift, versucht oder vnversucht, swie so das genant ist vnd Ein Dörffel haizzet zv dem Gerart. Das Ich snid malen hin zu gechauft han vnd ander Gut, da mit Eine Hoff vnder dem Hause, der weilen vnde des Eysenpertels was vnd der aygen ist vnd ain Phunt Geltes Aygens das da leit zv Rörnbach vnd Ein Hoff der da heizzet Ruetzenmayr vnd swas Ich Gutes zv Rörnbach gehabt han. Das alles Mein Lehen mit sampt den Hoff mein Lehen gewesen ist, von meinen Herren von Schowenberch swie so das genannt ist, das selbe vorgenant Haus zv dem Chogel vnd alles das darzv gehört vnd auch alles das Gut das vor benant vnd geschriben ist. Ez sei aygen oder Lehen, swie so das genant sei. Das han Ich alles verchaufft vnd geben mit allem dem nuzze vnd recht als Ich Ez veuersprochenlichen In Aygens vnd In Lehens gewer mit Recht herpracht han vmb zwelifthalb hundert Phunt Phenninge Wiener Mvntzze, der Ich gar vnd gentzlichen verricht vnd gewert pin, den egenanten meinen gnädigen Herrn den Edeln vnd den hochgeborn Fürst Hertzog Albrecht vnd Hertzog Otten In Oesterrich in Steyr vnd in Chärnten, vnd allen Iren Erben fürbaz Ledichlichen vnd vreilichen ze haben vnd allen Iren Frumen damit ze schaffen verchauffen versetzzen vnd geben swem Sev wellen, als In das wol chöme vnd füge, an allem irresal vnd durch pezzer sicherhait so setzzen wir vns Ich vorn genanter Weichart von Toppel Hofrichter in Oesterrich vnd Ich Jans vnd Ich Weychart vnd Ich Nyclas sein Sune vnuerschaiderlichen mit sampt vnsern Erben den egenanten vnsern gnädigen Herrn Hertzog Albrecht vnd Hertzog Otten vnd allen Iren Erben vber das vorgenant Haus zv den Chogel vnd swas dar zv gehöret vnd auch vber alles das Gut, das vorbenant vnd verschriben ist, swie so das genant se ze Rechtem gewern vnd scherm für alle Ansprach als aygens vnd Lehens Recht ist vnd des Landes in Oesterrich, vnd swaz In fürbaz mit Rechte daran abget, das schellen Se haben vnuerschaiderlichen auff vns vnd auff allem vnserm Gut, das wir haben. In dem Lande ze Oesterrich, oder wo wir Ez haben, wir sain Lebendig oder Tode. Vnd daz der Chauff vnd die Rede fürbaz also stäte sei vnd vntzebrochen beleibe, dar vber so geben wir Ich vorgenannter Weichart von Toppel vnd Ich Jans vnd Ich Weichart vnd ich Nyclas sein Svene den egenanten vnsern Herren Hertzog Albrecht vnd Hertzog Otten vnd allen Iren Erben disen Brief zv einem offen vrchunde vnd zu einem waren gezeyge vnd zv einer Ewigen vestunge versigelten mit vnsern Insigeln vnd mit des Erber Herrn Insigel hern chadoltes von Ekchartsawe vnd mit hern Fridreichs Insigel von Toppel, meines Pruder die diser sache gezevge sint, mit Iren Insigeln vnd ander Erber Herren genuch. Dieser Brief ist geben ze Wienne nach Christes geburt drevtzehen hundert Jar dar nach In dem fünf vnd dreizigisten Jar an vnserer Vrowen Tage der Schidunge.1)
- Staatsarchiv. Orig.-Urk. Perg. mit 6 anhängenden Siegeln.
ANHANG.
III.
Ich Reimprecht vnd ich Lewpolt vleischleich pruder Chunrats sun von dem Chogel dem got gnad veriehen vnd tun chunt allen den di disen prif sehent, lesent oder hornt lesen, Daz wir mit wol verdachtem mut mit gesampter hant zeitigem rat vnd gunst aller vnser erben ze der Zeit da wir iz wol getun machten verchauft haben vnsers rechten vnd vreyn aigens, sechs Jeuch akhes di do ligent in Sirnicher veld, in Haunoldsteiner pharr dem erbern geistleichen herren herrn Ffridreichen ze den zeiten apt ze Melch vnd seinem Conuent do selbs omb dreyzzich phunt phennig wyenner munzz, der wir aller recht vnd redleich gewert sein mit allen den nuczen vnd mit allen den rechten als wir di selben aekcher in aygens gewer her pracht haben vnd seczen wir vns denselben herren abbt Fridreichen vnd seinem Conuent ze rechtem scherm vnd gwern über di selben aecker fur all anspruch mit den rechten, als aygens recht ist vnd des landes recht vnd gewohnhait ist in Oesterreich. Wer auer daz di egenanten herren dar vber chainen schaden namen mit den rechten den ir ainer mit seinem trewn gesagen möchte den selben schaden schullen sev haben auf vns, vnd alle dev vnd wir habenin dem land ze Oesterreich vnd schullen vns dar vm phenden auf wazzer vnd auf land an fürbot vnd an chlag mit vnserm guten willen Vnd geben in dar vber disen prif ze einem offen vrchung vnd wren gezug diser sach versigelt mit vnserm anhanganden Insigel vnd mit der erbern chnecht wulfings von pyelach vnd weycharts von Egelse anhanganden Insigeln, di dieser sach gezeug sind. Der prif ist geben nach Christes gepurd Dreuzehen Hundert Jar in dem vir vnd vircigisten Jar des Suntags in der ersten Vastwochen.1)
ANHANG.
IV.
Chronologische Reihenfolge der Besitzer von Rappoltenkirchen, respective
der Veste Kogel.
1353 Friedrich von Kreisbach durch Kauf von Josef von Dobra.
1371 Wilk von Kreisbach
1415 Die Herren von Toppel.
1468 Bernhard Seebeck.
1503 Andreas von Lappitz durch Kauf.
1531 Joachim von Lappitz
1542 Cornelius von Lappitz
1559 Georg Bascio von Wassmayer durch Kauf von seinem Schwager Cornelius von Lappitz.
1572 Carl Bascio von Wassmayer von seinem Vater Georg.
1580 Franz Freiherr von Prösing durch Kauf vom Curator der Kinder des Vorigen Albert von Sachwitz.
1596 Heinrich von Oedt durch Kauf.
1603 Sigmund von Mallendein als Gerhab des Johann Bernhard von Oedt.
1629 Adam, Seyfried und Sigmund von Mallendein von ihrem Vater Sigmund.
1630 Gerhard Freiherr von Questenberg durch Kauf.
1677 Johann Anton Freiherr von Questenberg von seinem Vater Gerhard.
1701 Johann Adam Freiherr von Questenberg von seinem Vater Johann Anton.
1740 Johann Ferdinand Graf von Kuefstein durch Kauf.
1777 Johann Ferdinand Graf von Kuefstein von seinem Vater Johann Ferdinand.
1821 Franz Joseph Fürst von Dietrichstein durch Kauf von Johann Ferdinand Graf von Kuefstein
- Original im Melker Stiftsarchiv. Scrin. 59. Fasc. 3. Litt. c. Codex Mellic. Fol. 101b bis 102a.
- Wisgrill, Adelslexikon. II. 269.
1821 Georg Simon Sina de Hodos & Kizdia durch Kauf von Fürst Dietrichstein.
1857 Simon Freiherr von Sina.
1876 Iphigenia Freiin von Sina, Witwe nach Sr. Excellenz dem Freiherrn Simon von Sina.
Letzte Veröffentlichung am 26.7.2023.