Reformation und Gegenreformation
Zweites Buch.
Dechanat auf dem Tulnerfelde.
Kapitel . Sieghartskirchen, Michelhausen, Zwentendorf, Langenlebarn, Reidling, Heiligeneich.
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Am 20. Oktober 1580 hilt es nun der Klosterrath für angezeigt, dem Official Klesel aufzutragen, dass er bei den Pfarreien Tulbing, Tuln, Freundorf, Lembach, Amstetten, Sieghartskirchen, bei geistlichen und weltlichen Personen nachfrage, ob der Prädikant von Judenau in der Umgegend Sakramente spende, pfarrliche Rechte ausübe, und fremde Pfarrkinder an sich ziehe. Klesel berichtete nun, dass in Tulbing, Sieghartskirchen, Freundorf der Judenauer Prädikant geradezu herrsche. Klesel forderte den weltlichen Arm auf, diesem Unwesen zu steuern.
Die Visitation des Jahres 1586. fand in Tulbing den früheren Pfarrer von Sieghartskirchen Thomas Heiss. Die Visitatoren bemerkten, dass er selten horas canonicas bete, seit . 3 Jahren nicht gebeichtet habe, in die österliche Taufe habe er keinen Chrysam gethan und diese Taufe auch nicht per totam Octavam, sondern nur die drei Feiertage benedicirt. Der Schulmeister sei katholisch und halte die Kinderlehre. Dieser Pfarrer kam nach St. Andrä, 1598 aber wieder nach Tulbing.
Kapitel 2. Sieghartskirchen, Michelhausen, Zwentendorf, Langenlebarn, Reidling, Heiligeich.
Die Pfarrei Sieghartskirchen war ein Lehen des regul. Chorherrenstiftes Baumburg in Oberbayern ¹) . Der am 26. August 1555 investirte Pfarrer Johann Schellhamer neigte sich der neuen Lehre zu, beweibte sich und entlief dann. Am 2. Januar 1582 schrieb Propst Lorenz von Baumburg an Klesel : Er sehe aus dessen Schreiben und habe es auch durch seinen Diener erfahren, dass der Pfarrer Thomas Heiss zu Sieghartskirchen wegen seiner luth. Lehre und seinem Lebenswandel auf der Pfarre nicht länger belassen werden könne und diese mit einem guten katholischen Pfarrer zu besetzen sei, damit die Leute wieder katholisch werden. Er habe vorher von diesem Pfarrer und seinem ärgerlichen Lebenswandel nichts gewusst, nur soviel, dass derselbe durch den früheren Propst 1576 präsentirt und confirmirt worden sei. Einen andern Pfarrer könne er jedoch für den Augenblick nicht schicken ; er habe in Salzburg, München und Ingolstadt sich um einen solchen umgesehen, allein keinen gefunden, der nach Oesterreich gehen möchte, da er daselbst, wenn er streng darein gehe, bei der weltlichen Macht nur geringen Schutz finde. Klesel möge sich noch einige Zeit gedulden, er wolle den Pfarrer in Correction nehmen und wenn das nichts nütze, einen andern Priester senden, da eben einige studieren. Propst Lorenz forderte nun den Pfarrer vor sich ; allein dieser antwortete er könne nicht kommen, weil er schon zu alt sei, er werde aber künftig gut katholisch sein, man möge ihn öfter visitiren, auch bei seinem Beichtvater Balthasar in Königstetten nachfragen, seine Concubine möge man ihm belassen, sie sei eben 60 Jahre alt und bekomme sonst nirgends mehr einen Dienst. Nun bat Propst Lorenz den Official, den
1 ) Pfalzgraf Rapoto von Kraiburg schenkte dieses Pfarrlehen nach Baumburg. Die bischöfliche Bestätigung, vom Jahre 1228, ist abgedruckt Mon. Boica, II. p. 196-198.
Pfarrer zu belassen, wenn er sich bessere, er bitte nur den Pfarrer vorzurufen, ihm die lutherischen Bücher abzunehmen und ihn zu bewegen, der Häresie abzuschwören. Nächsten Georgi werde er ihm einen eifrigen kath. Mitpriester den Michael Eglsten schicken, der mit Klesel bei den Jesuiten in dem Heiss an die Hand gehen und später etwa die Pfarre selbst erhalten werde. Klesel wolle sorgen, dass dieser vom Pfarrer eine gute Besoldung von etwa 80 Gulden erhalte und ihn schützen ; denn in dieser Pfarre sei nicht nur der gemeine Mann lutherisch, sondern auch die weltliche Obrigkeit (Hektor Geyer von Osterburg) ; sie verbiete ihren Unterthanen Messehören und Wallfahrten bei schwerer Strafe. Seit dem Brande geschehe nichts für das Gotteshaus, eine Seite des Kirchendaches sei wieder eingefallen, die Friedhofmauer an mehreren Orten abgedeckt und zerrissen, und die Kirche inwendig so unsauber, dass man vor Koth kaum die Thür aufthun mag. Man habe der Kirche etliche Aecker und Gründe entzogen, und lege keine Kirchenrechnung. Um dem abzuhelfen sei kaiserliche Hülfe nothwendig. Sollte der Pfarrer katholisch werden, so wolle man ihn belassen, wo nicht, so könnte mit Klesels Rath Herr Michael dahin gesetzt werden ; übrigens möge Klesel dem Propste von dem Angeordneten Nachricht geben (19. Merz 1582). Am 12. November 1582 gab nun Klesel Nachricht : Heiss habe sich bei ihm etlichemale gestellt, er habe ihn vermocht bei den Jesuiten zu beichten, allein bei Heiss sei Alles Betrug, er halte an seinem gottlosen Leben fest, er wolle ihn nicht länger dulden, der Propst möge ihn absetzen und einen andern Pfarrer präsentiren. Dechant Raidel von Tuln berichtete am 15. November 1582 an Klesel : Heiss habe kein katholisches Herz im Leibe, er und sein Gesellpriester Wolfgang, ein ausgeloffenen sectischer Mönch aus Bayern, halten den Gottesdienst lutherisch, keine Messe, dies habe Heiss schon zu Abstetten gethan und sei desshalben zweimal incarcerirt worden, man möge diesen Heiss geradezu absetzen, er sei übrigens schon trigamus, auch der Gesellpriester sei beweibt. Der Heiss Khlumper" sei ziemlich bei Jahren, aber eine unzüchtige volle Person und sage, sie lasse sich nicht vertreiben, fahre mit dem Pfarrer auf die Kirchtage, Hochzeiten und meine das „ Zyllmitzl mit Mäder geprämbt" stehe ihm gar wohl; vom Kirchenornat fehle nur Manipel und Humeral. Auf diesen Bericht Raidels, den Klesel nach Baumburg gesendet hatte, schrieb Propst Lorenz am 20. Juli 1583 an Klesel : Heiss sei unverbesserlich und daher nicht länger auf der Pfarre zu dulden. Er habe sich wohl um einen andern Priester umgesehen aber keinen finden können, der Official möge den Heiss absetzen und einen andern Priester dahin stellen, der sich aber dem Kloster Baumburg vorstellen möge, um sich mit ihm wegen der Einkünfte verständigen zu können. Solle ihm aber der Weg zu weit sein, so möge Official mit ihm nach dem nachfolgenden Vertrage abhandeln, er werde ihn dann präsentiren. Klesel wolle nur sorgen, dass Heiss das Inventar unversehrt und vollständig zurücklasse. An Heiss selbst schrieb der Propst : Er sei unverbesserlich, sein Alter helfe nicht, keine Ermahnung fruchte, er verrichte den Gottesdienst ohne Messgewand nach lutherischer Weise, bereite den Kranken das Altarssacrament ausser der Messe im Hause, bringe die Feldfrüchte nach Tuln und in andere von ihm erkaufte Häuser. Er habe dem Official volle Gewalt gegeben, ihn abzusetzen und über ihn zu verfügen. Dieses Schreiben schickte der Propst an Klesel mit dem Bemerken, es an Heiss zu senden, wenn er es für nützlich erachte. Als Propst Lorenz sich am 27. September 1583 erkundigte, ob Klesel diesen unverbesserlichen Heiss abgesetzt oder was er sonst verfügt habe, antwortete Klesel am 8. Dezember 1584, er habe den Heiss abgesetzt und einen exemplarischen Priester Michael Hagenbucher provisorisch eingesetzt. Er habe grossen Mangel an guten Priestern, müsse noch etliche mit Concubinen dulden, bis er aus dem Seminare, das der Kaiser errichten wolle , genug bekomme. Das Inventar habe er richtig gestellt, die Kirche sei ganz baufällig und habe nichts als das Dach, keine Bilder, Messgewänder , anstatt des Weihwasserkessels sei ein „ Kammerlaug- Geschirr" da, dem neuen Vicar möge man das Absent von 24 fl. nachsehen ; Hagenbuecher könne nicht nach Baumburg reisen, weil im Lande und auch in Sieghartskirchen die Infection herrsche.
Dieser Heiss war, wie schon erwähnt, ein durchtriebener Patron. Wir finden ihn in St. Andrä, in Tulbing, in Abstetten als Pfarrer, überall als Sectirer gekennzeichnet. Selbst Klesel verlor ihm gegenüber seine Energie, entsetzte ihn in Sieghartskirchen, investirte ihn aber wieder 27. Dezember 1584 für Tulbing, 6. Aug. 1586 für St. Andrä , 1589 wieder für Tulbing, 1604 wurde er Pfarrer in Königstetten, überall der alte ,,unverbesserliche" Heiss ¹). 1605 starb er. Dieser Mann ist so das Prototyp des damaligen Klerus , halb sectisch, halb katholisch, halb Wahrheit, halb Lüge, weder warm noch kalt, nicht einmal lau, sondern geradezu schlecht. Zu Sieghartskirchen gehörte die Filiale Ried. Hier waltete ein Kooperator, Namens Wolfgang, den wir schon oben mit seiner Frau kennen gelernt haben. Ueber seine Pastoration berichtete Raidel am 9. September 1583: Wolfgang hat zu Ried festo trinitatis den Gottesdienst lutherisch verrichtet, in einem kleinen kindischen Chormäntelein und habe ausser der Mess auf deutsch ohne Stola 7 Personen communiciert. Am Feste St. Bartholomä sei er (Raidel) heimlich nach Sieghartskirchen gekommen und habe gesehen, dass der Gesellpriester und Schulmeister und ein Chorknabe den Gottesdienst verrichten; der Priester in einem neuen, kurzen Mantel und einem kurzen Leibrocke, der ihm kaum das Hosen Gsäss bedeckt" , mitten im Chor, nicht beim Altar . . . Als Introitus half er das lutherische Vater Unser singen , ging dann zum Altar, kehrte sich gegen das Volk, las Epistel und Evangelium vor und schloss mit der offenen Beicht und einem Vaterunser ohne Ave Maria. Er sang darauf: es wolle uns Gott gnädig sein. Das war das Offertorium und das ganze Amt, wobei eilf schlechte Bauernpersonen und zwei Weiber ohne alle Andacht gewesen sind.
1) Auf das Ableben des Pfarrers Moritz Gobitsch von Abstetten wurden Heiss und Thomas Gobitsch zu Ainsiedl Vormünder der hinterlassenen Kinder. Als am 15. Februar 1577 Vormundschafts- Rechnung gepflogen wurde, zeigte sich, dass der ehrenwerthe Heiss das Vermögen der Mündel geplündert hatte. Consistorial - Protokoll.
Mit dem „ exemplarischen" Vikar Hagenbuecher hatte es auch seinen Haken, Klesel hätte ihn von Abstetten her kennen sollen. Am 17. Mai 1585 klagte der katholische Schulmeister Johann Khanitz gegen Hagenbucher contra castitatem, furta et negligentiam in sacris. Klesel sendete am 13. Sept. den Dechant Georg Ursylvanus von Tuln und den Pfarrer Villanus von Abstetten als Commissäre die Klagen des Schulmeisters zu untersuchen und gab ihnen die Vollmacht, wenn die Beschwerden begründet befunden würden, den Pfarrer in Gewahrsam zu nehmen und den Prediger von Turna Georg Lochmann als Pfarrer einzusetzen, denn Hagenbucher werde an Leib und Gut bestraft werden. Die Beschwerden waren begründet ; die Commissäre berichteten noch, dass der Schullehrer die Weiber vorsegnen und die Leichen einsegnen müsse, der Kaplan Hanns habe keine Formaten, predige in den Filialen Röhrenbach und St. Johann lutherisch. Die Commissäre meinten, der Pfarrer möge diesen Herrn Hanns festnehmen, der Pfarrer sagte es zu, versicherte aber später, Herr Hanns sei gar nicht nach Hause gekommen.
Nun entschloss sich Propst Lorenz selbst nach Oesterreich zu reisen. Er schrieb (8. Juni 1585) an Klesel, er werde im September kommen und die Angelegenheiten in Sieghartskirchen ordnen, er könne das Absent (24 Gulden) nicht aufgeben, weil man sonst leicht das Patronatsrecht einmal anstreiten könnte, er wolle zu den früheren 50 Gulden noch 50 beilegen, damit man Kelch, Messgewande anschaffen könnte. Ein Infection hinderte die Reise, er theilte dies (13. Sept. 1585) dem Officiale mit und bemerkte, dass Baumburg seit 1574 für Sieghartskirchen bereits 750 fl. ausgegeben. habe 1)
1 ) Kerschbaumer a. a. O. S. 350-355.
Die Visitation des Jahres 1586 bemerkte von dem Pfarrer Lochmann : „ ist in Allem gerecht erfunden worden ausserhalb dass er nicht durch die ganze octavam Paschatis sondern nur in zweien (Tagen) fontem benedicirt hat. Bisweilen lasst er ihm auch den Wein zu lieb sein, in der Schule ist es ziemlich geschaffen. Kinderlehr soll gehalten werden. "
Sein Nachfolger Augustin Lehmann war eine erneute Auflage des Pfarrers Heiss. Die Visitatoren des Jahres 1600 bemerkten nur : quis et qualis ille sit jam notum est. Am 12. Feb. 1605 berichtete Pfarrer Johann Leutner zu Sieghartskirchen, dass der sectische Prädikant zu Rapottenkirchen wohl abgeschafft, die Pfarrei jedoch sehr armselig sei. Dem landesherrlichen Befehle vom 4. Dez. 1602 an Hanns Rehwein zu Ayrendorf den Prädikanten abzuschaffen sei wohl entsprochen worden, aber nur die Kirche sei frei , alles andere sei noch in sectischen Händen. Leutner bat nun um die Beigabe dieser Pfarrei. Er erhielt sie provisorisch und am 4. Dez. 1615 definitiv. Der Inhaber der Herrschaft Sigmund von Mallentheim und der Pfleger Hanns Paumgartner erlaubten sich gegen den neuen Pfarrer verschiedene Bosheiten. Nun bedeutete der Klosterrath dem Bestandinhaber: die Lehenschaft gehöre dem Landesfürsten, Mallentheim habe die Verpflichtung den Altar aufzustellen, Thür und Schloss in vorigem Stande zu setzen, das Dach repariren zu lassen und sich fernerer Eingriffe zu enthalten. Der Pfleger wurde in Arrest gesetzt ¹ ).
1) Klosterraths - Acten.
(Michelhausen) 1615 wurde die Pfarre dem Pfarrer Johann Leutner in Sieghartskirchen übergeben, doch blieb es auch diesesmal beim guten Willen, denn der Protestantismus und die Prädikanten sassen in Michelhausen bis zum Sturze Jörgers fest.
Am 9. Mai 1560 ersuchte Hillinger die n. ö. Regierung diesen gefährlichen Mann gefänglich einzuziehen , er könne ihn nicht zum Gehorsam bringen, überdiess sei dieser entlaufene Mönch jetzt gesonnen von dannen zu weichen, um an andern Orten, wie er in Lengbach gethan, die Kirchenceremonien und allen Gottesdienst zu ändern. In einem directen Berichte an Kaiser Ferdinand schilderte er wie Klaring in einer Umgebung von 5 Stunden und besonders in sechs Dörfern wie in Sieghartskirchen die kath. Kirchenceremonien gänzlich abgethan habe und beschwerte sich über die Gleichgültigkeit der Regierung. Jetzt kam Leben in die Mitglieder der Regierung ; am 1. Juni 1560 wurde der Befehl erlassen, Klaring gefänglich einzuziehen . Umsonst. Klaring hatte Neulengbach bereits verlassen ¹).
1) Klosterraths - Acten. In Barthel Pechler kam ein katholischer Pfarrer nach Neulengbach. Am 2. Jan. 1561 mahnte ihn das Consistorium pie et pacifice exercere nec ullas turbas vel confusiones damna vel pericula in spiritualibus et temporalibus movere. Consistorial - Protokolle.
(Heiligenkreuz?) Harlander wurde 11. Januar 1606 ernannt, stellte am 24. Februar den üblichen Revers aus, aber schon am 13. Mai 1607 wird der Vikar in Sieghartskirchen Martin Bunzel für die erledigte Pfarrei vorgeschlagen, die Pfründe jedoch am 14. August mit Felix Grundner, Kaplan in Himberg, besetzt.
Personenverzeichnis, mit Angabe der Seiten:
Hagenbucher Michael, Pfarrer in Abstetten, Sieghartskirchen, Langenlebarn 66, 69, 73, 84, 86, 93
Heiss Thomas, Pfarrer in Abstetten, St.. Andrä vor dem Hagenthale , Tulbing , Sieghartskirchen 65, 66, 78, 79, 81, 82, 83, 84, 85
Khanitz Johann, Schulmeister in Sieghartskirchen 86
Lehmann Augustin, Pfarrer in Sieghartskirchen, 87
Leutner Joh. , Pfarrer zu Sieghartskirchen, Michelhausen 87, 91
Schellhamer Joh. , Pfarrer in Sieghartskirchen 82
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Zu Tuln gehörte die Pfarrei Abstetten¹) , jedoch erst in späterer Zeit. In den Tagen der Reformation übte der Bischof von Passau das Patronatsrecht aus.
1) Weiglsperger , Geschichtliche Beiträge zu der Pfarrei Abstetten. (Geschichtliche Beilagen zu den Consistorial- Currenden der Diöcese St. Pölten. I. S. 3-25).
Am 9. Januar 1592 befahl nun Erzherzog Ernst in der neu erbauten Kirche das luth. Religionsexercitium einzustellen und die Kirche zu sperren. Jörger entgegnete am 8. Febr. 1592 : Judenau sei keine Filiale von Abstetten, er habe die Erbvogtei und sei Lehensherr, er habe es vom Rueber gekauft und dieser Kauf sei vom Kaiser ratificirt worden. Er sei Eigenthümer der Kirche, denn diese befinde sich im Schlossbezirke und innerhalb des äussern Schlossgrabens. Die Türken hätten 1529 Schloss und Kirche verheert und ausgebrannt, die Schlossbesitzer hätten etliche Jahre hernach die Kirche wieder erhebt, ausgebessert, ein neues Dach sammt einem Thürmlein darauf gesetzt und inwendig hergestellt, alles ohne die Hülfe des Pfarrers von Abstetten, ja sie hätten schon vor der Türkenzerstörung einen eigenen Priester auf ihre Unkosten erhalten, dessen Wohnhaus noch im Dorfe vorhanden sei. Diese neuerbaute Kirche wurde von dem Pfarrer von Michelhausen versehen, sei aber nun seit vielen Jahren schon mit einem eigenen Kirchendiener versehen, für welchen im Schlosse eine eigene Wohnung erbaut war, die er (Jörger) niederreissen liess als er den neuen Bau aufgeführt. Durch diesen wurde bisher ohne Irrung das evangelische Exercitium ausgeübt, wie es bei den Landleuten anderwärts Gebrauch ist. Die Besitzer von Judenau haben auch als Lehensherrn stets die Zechmeister aufgenommen und abgesetzt, Kirchenrechnungen gehalten, Schlüssel gehabt etc. was nicht gewesen wäre, wenn Judenau eine Filiale von Abstetten gewesen wäre. Der Umbau der Kirche sei durch das Erdbeben , welche das alte Kapellenmauerwerk erschütterte, nothwendig gewesen.
In Abstetten wurde wie erwähnt 1584 Pfarrer Hagenbucher wegen seines ärgerlichen Lebenswandels entsetzt. Am 4. Juni 1584 wurde der uns von Stockerau und Krems her wohl bekannte Christoph Villanus investirt. Villanus hatte manches Ungemach zu bestehen. 1590 stürzten in Folge des starken Erdbebens Kirche und Pfarrhof in Trümmer. Den Mangel einer Kirche benützten die Parochianen um „ an andere sectische und lutterische Orte zu laufen " . Villanus starb am 6. März 1591. Nach seinem Ableben verblieb dessen Sohn Paul und sein Weib nebst einem Dienstboten im Pfarrhofe, um die Wirthschaft zu führen und dem Provisor zu kochen, zu waschen etc. Allein Klesel war damit nicht einverstanden, sondern befahl dem Dechant von Tuln Molitor zu wiederholtenmalen, die Villanischen Kinder und das „ unnöthige Gesindel sogleich bei scheinender Sonne aus dem Pfarrhofe zu jagen" . Aufvielfache Bittschriften der Villanus'schen Erben um Ausfolgung der Verlassenschaft ihres Vaters, zu deren Begründung sie anführten, dass er als kath. Priester in der Diocese Passau 36 Jahre lang gedient und durch die Erhebung der Pfarrhöfe Stockerau, Krems und Abstetten sich verdient gemacht habe, entschied das Consistorium am 27. Nov. 1591: Obwohl nach canonischen Gesetzen Kinder und Erben in bonis sacerdotum, welche sie in Ansehung der Kirche erworben, nicht succediren und das Consistorium Priesterkinder nicht als rechtmässige Erben anerkenne, so will es doch ex mera gratia et canonica aequitate den Villanus'schen Kindern Folgendes erfolgen lassen : die heurige Weinfechsung , die fahrende (nicht inventarische) Habe, zehen Viertel Weingarten, die des Villanus Eigenthum waren, Alles zusammen wenigstens 1200 Gulden. Damit sollen sie zufrieden sein, um so mehr, da sie ohnehin dem Pfarrer stets am Halse gelegen, vom Kirchengut bis zu ihrer Vogtbarkeit und dann auf Heiraten und Studium Viel bezogen haben. Am 31. Januar 1592 wurden ihnen noch 24 Eimer Wein aus der Verlassenschaft bewilliget, woraufdie Kinder quittirten allen weitern Ansprüchen zu entsagen ¹). Die Administrirung der Pfarrei wurde dem Tulner Dechante Wolfgang Molitor übergeben, der seinem Vetter Christoph Halbmayer die Seelsorge und Führung der Wirthschaft übertrug (1591-1592).
1 ) Kerschbaumer, Die Protestantisirung des Tulnerfeldes . A. a. O. S. 344-347, 349-350.
Was die Kapelle zu Judenau anbelangt, so habe Jörger binnen sechs Wochen die Beweise, dass sie sein Eigenthum sei, bei der kaiserl. Hofkanzlei zu erlegen, sowie auch der Pfarrer von Abstetten ein Gleiches zu thun beauftragt werde. Inzwischen sei die Kirche zu sperren, und Jörger soll den dazu beorderten Commissarien kein Hinderniss in den Weg legen. Dabei blieb es. Am 22. Nov. 1602 erfolgte ein neuer Befehl, den Prädikanten abzuschaffen und die Kapelle zu sperren. Pfarrer Jakob Schwendtner, (früher Domherr in Wien, Klosterrath und Dominica trinitatis 1592 in Abstetten installirt) ¹ ) , berichtete dagegen, dass Jörger sich um den Befehl nicht kümmere, bat zugleich den Bischof Leopold, diese Sache doch bei Hofe zu betreiben. Es blieb wieder Alles beim Alten, mit der alleinigen Ausnahme, dass Jörger Judenau an Andreas von Hofkirchen verkaufte. 1607 beschwerte sich der Pfarrer, dass Hofkirchen die evangelische Religion gerade so fovire und begünstige wie Jörger. Alles umsonst. Am 14. Mai 1613 beschwerte sich Pfarrer Johann Grossthomann, dass er von der Herrschaft Judenau in spiritualibus et temporalibus heftig tribulirt werde : in Judenau seien zwei Prädikanten, welche die Abstetter Pfarrkinder in ihre dem Schlosse incorporirte Kapelle oder nach Michelhausen locken, das Altars- Sakrament verspotten, Beicht hören, copuliren, die Verstorbenen beerdigen, obgleich ihnen dies Alles verboten sei 2).
1 ) Ueber Schwendtner berichtete am 10. Juli 1599 der Klosterrath : Wir haben befunden, dass er vor 10 Jahren zu Kirchberg seine erste Messe gehalten und als er das Beneficium bei unserem Herrn zu Wien gehabt oft celebrirt habe, soll den Gottesdienst in Abstetten selbst versehen wie er auch zuvor als er Kaplane gehalten an den fürnehmsten Festen gethan und nicht allein zu Abstetten sondern auch in der Filiale Haghofen, hat einen verheuratten Mann bei sich, der versieht ihm die Wirthschaft und sein Weib die Kuchel". Klosterraths - Acten.
2) Kerschbaumer, A. a. O. S. 347 u. 348 ; Klosterraths - Acten.
1645 wurde Abstetten mit Tuln canonisch vereiniget. Zu Abstetten gehörte die Filiale Asperhofen.
Nun ist nicht zu übersehen, dass die geistliche Lehenschaft über Michelhausen dem Bischofe von Regensburg zustand. Am 7. Juli 1587 stellte Jörger als Erbvogt und Lehensherr des Pfarrhofes und der Kirche zu Michelhausen eine Einwilligungsurkunde aus, dass Heinrich von Odt von Ernegg auf Reinsberg und Wang zu Oedenthal (in der Pfarrei Abstetten) in der Pfarrkirche zu Michelhausen „ die ihm Jörger mit Erbvogtei, Lehenschaft, auf- und entsetzung der Pfarrer, auch aller anderer Obrigkeit und Herrlichkeit zugehörig" den Gottesdienst besuchen und ein Begräbniss sich bauen dürfe, doch müsse er jedesmal vorher seinen " Pfarrer zu Michelhausen darum ersuchen und auch keinen andern als unsern Pfarrer, so Gotteswort dem reinen Evangelio und der Augsburgischen Confession gemäss (lehrt) allda gebrauchen“ . In ähnlicher Weise erlaubte Jörger dem Ulrich Buzmann auf der untern Aumühle , Pfleger in Zwentendorf, Kirche und Predigt zu Michelhausen an Sonn- und Feiertagen mit den Seinigen zu besuchen, und sich unter der Emporkirche einen Stuhl machen zu lassen (24. August 1589) ¹) .
1 ) Kerschbaumer a. a. O. S. 364–369.
(Zwentendorf?) schuldigen Gehorsam zu verschaffen 2 ) . 1571 begegnen uns hier der von Abstetten und Judenau her bekannte Hieronymus Weichler und 1577 Isaak Eisenkeg.
Personenverzeichnis, mit Angabe der Seiten:
Grossthomann Joh. , Pfarrer in Abstetten, Michelhausen . 75, 90
Halbmayer Christoph, Vicar in Abstetten 74
Schwendtner Jakob, Pfarrer in Abstetten 74, 75, (218, 219)
Villanus Christoph, Pfarrer in Abstetten , Donnerskirchen, Oedenburg 69,73,86,406,407,408,425
Quelle 2 [Google Buchsuche, Juli 2023] (GESCHICHTE DER REFORMATION UND GEGENREFORMATION IM LANDE UNTER DER ENNS. BEARBEITET VON DR. THEODOR WIEDEMANN, CHEFREDACTEUR DER KAISERLICHEN SALZBURGER ZEITUNG. VIERTER BAND. 1884), Seiten 65, 67-68, 71, 73-75, 81, 82-87, 91, 101, 112
Letzte Veröffentlichung am 26.12.2023.