Inhalt.

                                                                                               Seite

         Vorwort

I.       Kinder= und Schuljahr......................................................   5

II.     Jugendzeit............................................................................. 10

III.    Leiden und Freuden in Kogel.......................................... 18

IV.    Trau, schau, wem................................................................ 23

V.     Gottes Segen....................................................................... 29

VI.    Verbesserungen der Wirthschaft und Vergrößerung des 

         Geschäftes............................................................................ 31

VII.  In Sieghartskirchen.............................................................. 37

VIII. Ausdehnung des Geschäftes............................................ 40

IX.    Familien=Ereignisse............................................................ 44

X.     In Tuln...................................................................................... 47

XI.    Reisen:

               Paris und London......................................................... 54

               Tirol und Schweiz......................................................... 59

               Rom und Neapel........................................................... 63

               Riesengebirge................................................................ 69

               Norddeutschland.......................................................... 71

               Ungarn............................................................................. 75

               Pyrenäen......................................................................... 79

               Holland und Belgien................................................... 83

               Rumänien....................................................................... 86

               Bosnien............................................................................ 89

XII.  Schluß...................................................................................... 93

Franz Pertsch, Bäckermeister                   um 1760

Franz Kreuterer,          ’’                              um 1790

Anton Gutscher,          ’’                             um 1820

Ignaz Gutscher,           ’’                              um 1860

Karl Gutscher,             ’’                              um 1890

Roman Gutscher                                        ab 1920

Herbert Gutscher *1921                           ab 1950

Herbert Gutscher *1954                           ab 1980

Zuletzt veröffentlicht am 22.12.2023.

Am 27. Jänner 1818 wurde ich zu Kogel in der sogenannten Ertlmühle bei Sieghartskirchen V.O.W.W. geboren.*) Der Pfarrer von Rapoltenkirchen, Namens Dungl, taufte mich auf den Namen Johann der Täufer. Mein Taufpathe war der Bruder meiner Mutter, Josef Pauser aus Röhrenbach bei Sieghartskirchen.

Mein Vater hieß Josef Gutscher und erbte die genannte Mühle von seinen Großeltern, die ihn auferzogen hatten.

Meine Mutter, eine geborne Pauser aus Röhrenbach, war das älteste Kind von 12 Geschwistern, und erst 13 Jahre alt, als ihre Mutter starb. Von meinen Eltern stammten 15 Kinder ab, 9 starben und 6 blieben am Leben, nämlich 3 Knaben und 3 Mädchen. Ich war das jüngste unter meinen Geschwistern.

In Kogel befand sich eine Filialschule von Rapoltenkirchen, welcher ein 70jähriger Greis, Namens Daniel Zeiler, als Lehrer vorstand, der schon meine Mutter unterrichtet hatte. Die Schulstunden waren von 7 – 10 und von 12 – 3 Uhr. Unsere Lehrbücher waren die Alfabettafel, der Katechismus und ein Lesebuch. Jeden Freitag kam der Herr Pfarrer von Rapoltenkirchen, um das Evangelium zu erklären und die Kinder auszufragen, denn den gewöhnlichen Religionsunterricht ertheilte uns im Auftrage des Herrn Pfarrers der alte Lehrer, und zwar so gut, daß ich den Katechismus und die ganze biblische Geschichte auswendig wusste. Wir hatten immer dieselben Bücher und Vorschriften, von einem Dictandoschreiben war keine Rede. Die Schule hatte übrigens zwei Klassen; Vormittags besuchten die großen Kinder die Schule, Nachmittags die kleinen;

*) Kogel ist ein unansehnliches Dorf mit etwa 40 Häusern und einer kleinen Kirche, die 1763 erbaut wurde. Auf dem nahen Schloßberge stand einst die Ritterburg „Kogl“, welche später in den Besitz der nahen Herrschaft Rapoltenkirchen überging. Ein Bächlein rieselt durch das anmuthige Thal und treibt die unterhalb des Dorfes einsam gelegene Koglmühle, auch Ertlmühle genannt. (Vgl. Dr. Anton Kerschbaumer, die Veste Kogl bei Rapoltenkirchen. Vortrag, gehalten im Vereine für Landeskunde in Niederösterreich, Wien 1880.)

Zuletzt veröffentlicht am 22.12.2023.

im Ganzen waren 70 – 80 Schulkinder. Vom 12. bis zum Ablauf des 15. Jahres mußten wir die Sonntagsschule und die Schriftenlehre besuchen; letztere entfiel oft, weil der alte Herr Pfarrer keine hielt. Das Einkommen des Lehrers war so spärlich, daß er den kleinen Gemeindegrund, der ihm zugewiesen war, selbst baute und pflegte und die Geschenke der Eltern gerne annahm. 

Als ich zum ersten Mal in die Schule kam und die ersten 5 Buchstaben aufsagen sollte, sagte ich sogleich die ganze Alfabettafel herab, worüber mich der Lehrer lobte mit dem Auftrage, am nächsten Tage das „Namenbüchl“ mitzubringen, worüber ich sehr erfreut war. Das Lernen ging gut von Statten. Nach Vollendung des zweiten Jahrganges durfte ich in die zweite Klasse aufsteigen und nahm auch bald dort den ersten Platz ein.

Leider wurde der Schulbesuch bald unterbrochen. Als ich nämlich ungefähr 9 Jahre alt war, gaben mich die Eltern zur jüngsten Schwester meiner Mutter nach Wien, deren Mann das Fasanenwirthshaus in der Mariahilfer-Hauptstraße gepachtet hatte. Ich sollte als Kellner dienen. Das war für mich sehr schlecht; erstens weil ich der Schule entzogen wurde; zweitens, weil mein Herr Vetter ein roher religionsloser Mensch war. Ich will nur Ein Beispiel anführen. Weil er wußte, daß meine Tante religiös war, so zwang er sie am Kharfreitag eine Gans zu braten und ich mußte mitessen; darnach fragte er mich, ob das Fleisch am Kharfreitag nicht eben so gut sei wie an einem andern Tage? – Obendrein wurde ich von meinem Collegen, der 6 Jahre älter war, zum Stehlen verleitet. Da ich die Kassaschlüssel hatte, so bewog er mich, 3 Kreuzer herauszunehmen und davon Zucker zu kaufen, weil die Tante beim Kaffeezuckern sehr sparsam war. Später wurde dieses sündhafte Geschäft auf Naschereinen ausgedehnt, so daß ich nach und nach bei 14 fl. veruntreute. Nun wurde allerdings das Gewissen wach und ich wußte mir nicht zu rathen und zu helfen. Unter Thränen betete ich in der Mariahilferkirche, daß ich doch von hier wegkommen möge. Den Eltern getraute ich mir nichts zu sagen, der Tante noch weniger.

Allein ich wurde abermals krank und bettlägerig. Der Hausarzt kam, besichtigte mich, schwieg und ging hinweg. Bald darauf kamen zwei Professoren aus der Stadt, die mich untersuchten und darnach mit der Tante im Nebenzimmer über mich sprachen. Ich hörte, wie einer derselben sagte, daß ich das Frühjahr nicht erleben werde, denn ich habe die Lungensucht. Wie vom Blitze getroffen, ergriff mich diese Aeußerung und ich fing bitterlich zu weinen an, so daß ich der Tante, die mich darob fragte, keine Antwort geben konnte.

Nach einigen Tagen kam meine Mutter mit einem Flechtenwagen und Bettgewand, um mich abzuholen. Es war im Monat November und bitter kalt. Der Transport ging schlecht und langsam, da ich stets mit Athem zu kämpfen hatte. Endlich kamen wir nach Hause und der Arzt erklärte, wie ich später erfuhr, daß es für die Lungensucht kein Mittel gebe.

Einen Monat später saß die Mutter Abends im dunklen Zimmer an meinem Bett – es ging mir gerade sehr schlecht. Da sagte ich zu ihr mit halb lauter Stimme: „Mutter, wenn ich gesund werde, dann gehen wir mitsamen nach Mariazell wallfahrten.“ Ich sah, wie die Mutter, die täglich meinen Tod erwartete, weinte. – Oefters kam die Bäckermeisterin des Dorfes zur Mutter und zu mir auf Besuch und sagte, wenn Frühjahr wäre, so würde sie Kräuter (besonders den gespitzten breitblätterigen Wegerer) sammeln, stoßen, den Saft auspressen und mir zu trinken geben; der Bub würde wieder gesund werden.

Ich erreichte das Frühjahr und trank täglich eine halbe Kaffetasse von diesem Saft und erholte mich so weit, daß ich ruhig herumgehen konnte; aber die mindeste Anstrengung verursachte mir Athemlosigkeit bis zur Ohnmacht. Die Leute sagten: bis zum Herbst wird er abreisen müssen.

Eines Tages lag ich rückwärts beim Ofen (man sagte gewöhnlich hinter der Höll). Die Mutter beachtete mich nicht. Da kam ein Weib des Dorfers und fragte die Mutter, wie viel „Leutln“ (Kinder) sie habe? Sie sagte „fünf“. Da antwortete das Weib: „Ich habe ja schon sechs gesehen; gehört der Kranke nicht auch Dir?“ – „Ja wohl“, sprach die Mutter, „aber diesen rechne ich nicht mehr; da ist es aus“. Von diesem Augenblicke glaubte ich erst recht, daß ich bald sterben müsse, denn die Worte der Mutter galten mir heilig. Von da an betete und weinte ich im Stillen tag und Nacht. Die Zeit vertrieb ich mir mit Lesen religiöser Bücher (andere gab es damals bei uns nicht) und mit Rechnen, wobei mich meine zwei älteren Geschwister unterstützten.

Gschladt von Heiligeneich dahin führte. Ich fuhr größtentheils im Wagen, der die Wallfahrer begleitete. Als wie die Thurmspitzen von Mariazell erblickten, wurde Halt gemacht und gebetet. Der Pfarrer hielt eine so ergreifende Ansprache an die Wallfahrer, daß Alle weinten, ich am ärgsten – vor Freude und Furcht. Am Gnadenort beichtete ich meine Sünden und gestärkt und neubelebt kam ich nach Hause zurück.

Im darauffolgenden Frühjahre durfte ich wieder die Schule besuchen. Das war eine Freude und Luft; ich konnte lesen, schreiben und rechnen, ohne daß mich die Krankheit hinderte. Bald wurde ich der Erste in der der^* Schule, bekam bei jeder Prüfung Geschenke und durfte – was mir das Liebste war – den Lehrer beim Dachsfangen begleiten.

* Anmerkung Markgemeinde, Andreas Bohnec: Diese Wortwiederholung ist kein Abschreibfehler!

Als ich 12 Jahre alt war, kam Bischof Frint von St. Pölten zur Kirchenvisitation und Schulprüfung.

Wir gingen processionsweise von Kogel nach Johannesberg, wo der Bischof predigte. Er bewies an dem Beispiele von zwei Kindern, wovon eines brav, das andere böse war, den Satz, daß es weit leichter ist in den Himmel zu kommen, als sich in die Tiefe der Hölle zu stürzen. – Nach dem Gottesdienste ging er zu Fuß mit nach Kogel, besah sich Kirche und Schule und fuhr dann nach Rappoltenkirchen, wo wir Kogelkinder zur Schulprüfung erscheinen mussten. Der Bischof predigte dort zuerst über den Text: „Wer steht, sehe zu, daß er nicht falle,“ und hielt dann die Schulprüfung ab, wobei er oft lamentierte und auf- und abgehend sagte: „So kann es nicht bleiben.“ Da ich schon zu den Wiederholungsschülern gehörte, holte mich der Herr Lehrer mit den Worten: „Komm Hansl, sonst habe ich gar keinen, auf den ich mich verlassen kann.“ Neben mir saß in der Bank der bischöfliche Secretär; wenn es stockte, sagte er zu mir: „Steh auf und sage es ihnen, sie wissen es ohnehin nicht.“ Und so war es auch beim Rechnen; sobald es nicht weiter ging, mußte ich zur Tafel gehen und es fertig machen. Der Bischof lobte mich und sagte wiederholt: „Das ist der Einzige, welcher etwas kann.“ Es war dies ein heißer Tag für die beiden Lehrer, obwohl es so kalt war (Mai 1833), daß an jenem Morgen alle Blüthen erfroren.

weiter lesen konnte, rieß ihn der Lehrer zornig aus der Bank (ich musste als Erster aus der Bank heraus), nahm den Kopf des Knaben zwischen seine Füsse, spannte das einfache Leinenhöschen stets an, und schlug mit dem Stocke fest darauf los. Das aber wurde dem Knaben zu toll. Schreiend und fluchend schloß er die Hände über beide Füsse des Lehrers, hob ihn in die Höhe und stürzte ihn in den nahen großen Kachelofen, auf dem das große vollgefüllte Tintenfaß stand. Der halbe Ofen fiel zusammen, das Tintenfaß ergoß sich über Beide und der Ofenruß überzog sie überdieß mit staubiger Schwärze. Aber der Knabe ließ die Füsse des Lehrers nicht los, bis dieser unterhandelte, wobei wir Kinder uns des Lachens nicht enthalten konnten. Als der Lehrer sich entfernte, um sich zu reinigen, packten wir zusammen und liefen alle davon. – Daraus kann man beiläufig entnehmen, wie es mit unserer Schule bestellt war.

Da ich in Folge meiner Krankheit im Wachsthum zurückgeblieben und sonst schwach und klein war, ließen mich die Eltern auch in meinem 14. Lebensjahre noch die Schule besuchen, was mich freute. Ueber Mittag blieb ich gewöhnlich in der Schule, weil das Elternhaus eine gute Viertelstunde entfernt lag, verzehrte dort das mitgenommene Stück Brod und versah nebenbei Meßnerdienste.

Eines Tages sollte ich um 12 Uhr zum Gebete läuten. Vor der Schule war ein Bach, der ganz zugefroren war. Mit einigen Buben belustigten wir uns mit Schleifen auf dem Eise, so daß ich ganz auf das Läuten vergaß. Endlich fiel mir meine Pflicht ein und ich läutete aus Leibeskräften. Doch siehe! die Leute kamen neugierig aus den Häusern und der Schullehrer sprang hastig in die Kirche mit der Frage: „Was gibt es?“ Ich sagte: „Zwölf Uhr-Läuten.“ Aber es war schon Ein Uhr vorüber und Alle glaubten, daß ein Feuer ausgekommen sei. Die Leute brummten mich aus und der Lehrer blitzte mich durch seine Gläser an. Fast hätte ich mich gefürchtet, wenn ich nicht sicher gewusst hätte, daß er mir nichts thue.

Mit den Schuljahren hörten meine guten Zeiten auf lange hin auf. Ich mußte zu Hause bleiben und Arbeit lernen.

Im sechszehnten Lebensjahre fing ich stark zu wachsen an und bekam damit großen Appetit. Eines Tages kam ich zu spät zum Mittagsessen und es war auch nichts übrig geblieben. Alle Hausleute waren bereits zur Arbeit fortgegangen und auch die Mutter wollte fort. Da sagte sie zu mir, ich solle mir die 5 hergelegten Eier weich sieden, es sei nichts anderes bei der Hand und sie habe keine Zeit mit etwas zu kochen. Auf meine Frage wie lange die Eier brauchen, bis sie gut gesotten seien, antwortete Sie: „wenn du schnell 5 Vaterunser und 1 Glauben betest, dann sind sie gut.“ Ich nahm eine Pfanne, schöpfte beim Brunnen Wasser hinein, heizte unter und als es zu brennen anfing, begann ich mein Gebet. Nachdem ich 5 Vaterunser und 1 Glauben gebetet hatte, nahm ich ein Ei heraus, schlug es aus und trank es – es war aber noch kalt. Nun fing ich abermals an, und als ich fertig war, nahm ich das zweite Ei, welches auch nicht anders war, und so betete ich 25 Vaterunser und 5 Glauben und mußte alle Eier kalt trinken, weil das Wasser nicht einmal warm geworden war. Abends wollte ich mich beklagen, wurde aber wegen meiner Dummheit recht ausgelacht.

Während des Tages mußte ich mit den Taglöhnern auf dem Felde arbeiten. Ich begriff die Feldarbeit leicht und erlangte bald eine solche Fertigkeit, daß mir schwer jemand nacharbeiten konnte. Das freute mich, und zwar um so mehr, weil ich jetzt vollkommen gesund und kräftig war.

Als meine zwei älteren Geschwister sahen, daß ich beinahe im Hause das Commando führe, suchten sie in die Fremde zu kommen, zumal wir Alle – sammt der Mutter – vom Vater viel zu leiden hatten. Ein Hauptgrund aber war, weil die Mutter im vorgerückten Alter noch in gesegnete Umstände kam. Die Schwester verehelichte sich und der Bruder verdingte sich als Mühljunge. Ich allein, der Liebling der Mutter, durfte zu Hause bleiben.

Ich war damals die einzige Arbeitskraft im Hause, und mußte daher überall zugreifen: jetzt der Mutter in der Küche helfen, dann Kuhstall und Pferde besorgen, bald dem Vater in der Mühle in die Hand arbeiten, bald mit den Taglöhnern zur Feldarbeit gehen, bald stundenweit und um Mitternacht zum Arzt oder in die Apotheke für die kranke Mutter laufen, so daß sie oft um mich in Sorge war. Schlaf gab es für mich wenig um jene Zeit, zum Glück hatte ich wenig Bedürfniß dafür.

Unter diesen Verhältnissen hatte ich manchmal recht unbehagliche Stunden. Es that mir leid, daß die anderen Geschwister in der Fremde etwas lernten, während ich zu Hause versäuerte. Wohl tröstete mich die Mutter damit, daß sie mir behilflich sein werde, das Elternhaus zu bekommen, aber ich war groß genug, um einzusehen, daß ich bei der beständigen Feld- und Hausarbeit unter Dienstboten und Taglöhnern das Müllerhandwerk nicht gut erlernen könne und bat daher unaufhörlich mich doch eine Zeit lang in die Fremde gehen zu lassen.

Obgleich die Mutter dies einsah, so stellte sie mir doch vor, daß sie bald sterben müsste, wenn ich sie allein lasse, weil Kränklichkeit und Kummer ihre wenigen Kräfte aufreiben würden. In das Unvermeidliche mich fügend, blieb ich also zu Hause. Da ich meine Wissbegierde nicht befriedigen konnte, verlegte ich mich auf die Freikünstelei. In unserm Hause hatte oft ein Zimmermann zu thun, der in verschiedenen Zweigen der Tischlerei und des Baufaches gut bewandert war. Von diesem Manne lernte ich so Vieles, daß mir der Vater, der sonst keinen Kreuzer hergab, eine alte Hobelbank kaufte. Und nun wurde mit Fleiß und Eifer in allen freien Stunden gearbeitet, selbst bei der Nacht, wenn ich statt des Vaters die Arbeit bei der Mühle versehen mußte. So verfertigte ich nach und nach einer Menge häuslicher Geräthschaften und besserte alle Gebrechen in der Mühle und im Hause aus, wozu man sonst die Handwerker aus der Ferne kommen lassen mußte. Die Mutter war damit sehr zufrieden, weil dadurch mehr Ordnung ins Haus kam und weil es – was das Beste dabei war – nichts kostete.

Indeß kamen dürre Jahre und wegen Wassermangel mußten  wir die Körner in der Traisenmühle mahlen lassen, wo mein Bruder Obermüller war. Es war dort ein großer Andrang von Malter, und mein Bruder, der von meinem Vater wenig Mahllohn erhielten, achtete nicht auf unser Malter. Daher ließ sich mein Vater herbei, mich in diese Mühle als Mühljung zur besseren Aufsicht auf unser Malter zu geben. Bei dieser Gelegenheit lernte ich das Mahlen. Ein Mühlbursche aus Oberösterreich war mein College. Wir beide mußten beinahe die ganze Arbeit bei vier Mahlgängen allein thun. In einer Woche wurden wir mit 600 Metzen Korn fertig. Wochenlohn hatten wir Feber 2 fl. C. M. oder 5 fl. W. W. Die Arbeit war so streng, daß wir oft eine ganze Woche keinen trockenen Faden am Leibe hatten. Zum Schlafen hatten wir täglich 6 Stunden frei. Jede Woche wurde gewechselt. Wer eine Woche vor Mitternacht die Wache hatte, mußte in der nächsten Woche nach Mitternacht arbeiten, so daß am Wechseltage einer 24 Stunden ohne Unterbrechung zu arbeiten hatte.

Bei dieser großen Plage muß ich etwas sonst Unglaubliches bemerken. Ich konnte früher keinen Wein trinken. In diese Mühle brachten nun die Bauern Wein in Ueberfluß für die Mühlburschen, die bei der außerordentlichen Kraftanstrengungen Durst ohne Ende hatten. Nun wurde der Wein anstatt Wasser (bei dem man noch mehr schwitzte) getrunken. Ich kann in Wahrheit sagen, daß wir beide in 24 Stunden 12 – 14 Maß Wein getrunken haben. Und doch hatte ich, als ich von dieser Arbeit wegkam, ebenso wenig ein Bedürfniß zum Weintrinken als früher.

Eilf Wochen war ich in dieser Mühle. Da kam der Bruder des Mühlherrn und suchte einen Oberjung. Das war damals eine gute Stellung, indem sich ein Oberjung 30 – 40 fl. in der Woche verdiente. Auf Empfehlung des Mühlherrn wurde mir diese Stelle angetragen. Ich entschuldigte mich mit meiner Jugend, weil die älteren Burschen mir den Gehorsam verweigern würden. Allein er versicherte mich, daß ich nichts zu fürchten hätte. Ich nahm also den Antrag, durch den ich mich geehrt fühlte, mit Dank an.

Einige Stunden später kam mein Vater an und forderte mich auf, sogleich nach Hause zu kommen, er könne mich nicht entbehren, die Arbeit werde ihm zu viel. Das war für mich ein harter Schlag. Ich mußte die schöne Arbeit und den großen Verdienst zurücklassen und nach Hause gehen.

und Fenster machte ich selbst, und da ich einen alten Ofen hineinstellte, so konnte ich in den langen Winterabenden in dieser Werkstätte arbeiten.*)

Im nächsten Frühjahre legte ich einen neuen Weingarten im Röhrenbacher Weingebirg an. Es war ein Joch großer Grund, der jedoch ganz verödet war. Den tiefer gelegenen Theil, der dem Reife ausgesetzt war, cassierte ich, den oberen Theil – circa ein halbes Joch – setzte ich neu aus und zwar nach der Methode, die ich gelegentlich meines Korneinkaufes jenseits der Donau kennen gelernt hatte; dabei verwendete ich die beste Gattung Reben als Setzlinge. Ich mußte fast die ganze Arbeit allein machen, da unsere Taglöhner sie nicht verstanden. Oft stand ich zur Sommerszeit um ein Uhr Nachts auf, um bei Tagesanbruch im Weingarten zu sein und zur rechten Zeit fertig zu werden. Anfangs schüttelten die alten Weinhauer den Kopf; als aber mein Weingarten als Muster in der Umgegend dastand, schickten sie ihre Arbeiter dahin, davon zu lernen.

Mittlerweile trat die Militärpflicht an mich heran. Der ältere Bruder hatte mit seinem ersparten Lohne die Taxe erlegt und war frei, was aber sollte mit mir geschehen? Mit dem Vater war nichts zu reden. Ich sagte daher der Mutter, sie solle mit dem Verwalter sprechen, daß er dem Vater rathe, mich auf das Haus vormerken zu lassen; wenn dies geschähe, wäre ich militärfrei. Der Verwalter war damit einverstanden, weil er einige hundert Gulden als Gebühr für die Herrschaft bekam; der Vater glaubte einen Kunstgriff gethan zu haben, daß er mit dem bloßen Vormerken seinen Sohn, den er für unentbehrlich hielt, so einfach militärfrei machte. Daß er aber von jener Stunde an nicht mehr Hausherr war, wußte er nicht, und die Mutter und ich hüteten uns wohlweislich etwas davon merken zu lassen. Als er es endlich doch erfuhr, ging es uns beiden schlecht; er ließ das Haus verfallen und die Felder, welche zum Hause gehörten, veröden.

Es war daher ein sehnlicher Wunsch der Mutter, von Kogel wegzukommen. – Ein kleiner Besitz, wo möglich in Heiligeneich, für dessen Pfarrer sie seit der Mariazell-Wallfahrt schwärmte, wäre ihr am Liebsten gewesen. Dieser Wunsch sollte in Erfüllung gehen.

Um Waizen einzukaufen kam ich eines Tages nach Heiligeneich. Im Wirtshause war davon die Rede, daß das Haus gegenüber mit dem Greißlergeschäft und einigen Joch Aeckern verkauft werde. Ich ging sogleich hinüber in das Haus und trug mich an. Die alten Leute saßen mit ihrem Schwiegersohn beim Ofen, zeigten mir den Katasterbogen und 

*) Mein Sohn hat jetzt noch zwei politirte ausgeschweißte Sessel, die ich selbst verfertigte, in seinem Zimmer stehen.

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Verlangten 4000 fl., ein Preis, der mir billig vorkam. Ich gab 50 fl. Angabe und das Haus war gekauft. – Des andern Tages bot man mir 500 fl. Entschädigung an, wenn ich vom Kauf abstünde, aber ich dachte mir: nichts weniger als das. Die Eltern hatten eine große Freude, als ich die Nachricht nach Hause brachte.

Als der Tag kam, wo wir bei der Herrschaft Atzenbrugg den Kauf gerichtlich abschließen wollten, fand ich (der Vater war zu derlei Gängen nicht zu bewegen) lauter verdrießliche Gesichter. Die Verkäufer wollten den Kauf rückgängig machen und der Verwalter erklärte den Verkauf als ungiltig, weil er mit einem Minderjährigen geschlossen wurde, der kein Vermögen besitze. Die Verkäufer wollten mir die Angabe von 50 fl. eilig zurückgeben, ich nahm aber das Geld nicht an, sondern ging zu unserem Verwalter in Rapoltenkirchen und erzählte ihm die Sache, zugleich um seinen Rath und seine Hilfe bittend. Dieser sagte lächelnd, ich solle mit dem Vater wieder kommen. Nun wurde ich großjährig erklärt. Mit diesem Documente eilte ich nach Atzenbrugg und der Kauf wurde – ohne Sträuben – gerichtlich abgeschlossen.

Inzwischen trat der Ernst des Lebens an mich heran: ich sollte das Vaterhaus übernehmen und heirathen. Ich hatte bereits meine Augen auf eine „Zukünftige“ gerichtet – eine Wirthstochter von Kogel – und erzählte davon meiner Mutter. Diese aber äußerte ihre Bedenken über diese Wahl, denn sie sagte: „Mit dieser Person wirst du nicht weit kommen, das ist ein verzogenes Kind und eine Putzgredl.“ Betroffen über dieses Urtheil wollte ich die Ansicht der Mutter widerlegen, allein diese blieb dabei und sprach: „Du kannst sie heirathen, aber du wirst es bereuen.“ Dessenungeachtet wäre ich bei meiner Wahl geblieben wenn es Gott nicht anders gefügt hätte.

Es sollte anders kommen.

Das in Heiligeneich angekaufte Haus, welches die Eltern beziehen sollten, bedurfte mancher Reparaturen. Ich ging hin, um das mit dem Hause verbundene Greißlergeschäft in Betrieb zu setzen und Alles in Ordnung zu bringen. In meiner dort aufgerichteten Werkstätte arbeitete ich früh und spät, mit Fleiß und Eifer. Da die Kirche nahe lag, so besuchte ich täglich durch drei Monate die Frühmesse und verrichtete knieend, ohne mich um jemanden zu kümmern, wie ich es gewohnt war, meine Andacht. Mein Fleiß und religiöses Benehmen gefiel den alten Leuten, denen ich das Haus abgekauft hatte, und ihr Schwiegersohn, welcher in einem benachbarten Dorfe verheirathet war, kam Abends öfter zu mir auf Besuch, und da wurde nach der Arbeit von verschiedenen Dingen gesprochen. – Indem er wusste, daß ich das Vaterhaus bald übernehmen sollte, lenkte er einst das Gespräch auf eine Braut. Natürlich wollte ich es ihm nicht sagen, daß ich schon einmal aufgesessen sei, sondern ich sagte einfach, daß ich selbst noch nichts wisse. „Nun,“ versetzte er, „wir wüßten eine Braut für Sie; diese wäre recht; sie ist brav, hübsch und wirthschaftlich; hätte schon eltliche Male gut und reich heirathen können, aber sie hat nicht eingewilligt.“ Neugierig fragte ich: „Warum heirathet sie nicht?“ Lächelnd versetzte Jener: „Weil ihr keiner gefallen hat; sie will einen haben, der ihr gefällt.“ Es wurde noch mehr von ihr gesprochen, z. B. daß sie die beste Chorsängerin weit und breit sei u.s.w. Ich erkundigte mich, bei welcher Gelegenheit es möglich wäre, sie zu sehen, ohne bemerkt zu werden, und da hieß es: „An Sonn- und Feiertagen, wenn sie auf den Chor singen geht.“ Das war für mich ein Leichtes. Ich ging statt der Frühmesse ins Hochamt, hörte ihren Gesang, sah sie persönlich und fand alles über sie Gesagte in Wirklichkeit bestätigt; besonders gefiel mir der feine Schlif ihres Benehmens. – Wie mit mir, so sprach der obengenannte Schwiegersohn, Namens Schmalzel, auch mit dem Mädchen, das Katharina Vogel hieß, und deren alter Vater (die Mutter war schon lange todt) im Nachbarhause Schmalzel´s wohnte. So machte sich Alles leichter, als ich glaubte.

die Bedingung, daß er den Waizen in die Kogelmühle führen sollte, wobei ich die Absicht hatte, daß er bei dieser Gelegenheit meine Realität sogleich sehen und ich schneller und unbemerkt ins Reine kommen könnte. Als wir fortgingen, begleitete uns das Mädchen bis zum Haustor, entließ uns freundlich und schloß das Hausthor hinter uns ab. Als ich mich bei meinem Begleiter für seine Gefälligkeit bedankte, sagte er still zu mir: “Johannes, es wird schon was“.

Es dauerte nicht lange, so waren ich und die Katharina Vogel einig. – Nun galt es noch, die Einwilligung des alten Vaters zu erhalten, der oft auf zehn Fragen keine Antwort gab. Als der Nachbar Schmalzel einst die gute Kellerstimmung benütze und davon erwähnte, daß das Mädchen einverstanden wäre, rief er aufgeregt: „So? die guten Plätze hat sie ausgeschlagen, aber da, wo nicht viel dahinter ist, da wäre es ihr recht?“ – Der guten Kathi wurde im Stillen bange, und zwar um so mehr, als ihr Vater öfters das Wort fallen ließ: „Die kleinen Mühlen sind nicht viel werth“. In ihrer Verlegenheit ging sie zu ihrer Tante nach Atzelsdorf, welche die einzige Person war, welcher der alte Vater Vertrauen schenkte, und dann zum Herrn Pfarrer in Heiligeneich, und erzählte beiden offen die ganze Angelegenheit. Letzterer erkundigte sich bei dem Pfarrer von Rappoltenkirchen, Namens Schütz, um meine Conduite, ließ Sonntags darauf den alten Vogel zu sich kommen und sagte ihm, daß er zu dieser Hochzeit rathen könne. Darauf zuckte Vater Vogel die Achseln, sprach kein Wort darauf und ging weg. - Nachmittags kam die Tante zu ihm, der er seine Bedenken mittheilte. Diese widerlegte seine Bedenken damit, daß bei einem Geschäfte es darauf ankomme, ob der Mann es zu betreiben verstehe, sei es nun ein Müller oder ein Bauer; bei diesem Brautwerber liege der Beweis vor, weil das Geschäft in Heiligeneich seit der kurzen Zeit, als er es führe, viel besser gehe als früher. – „Nun“, sagte der Alte, „wenn Du glaubst, so schicke Deinen Mann nächsten Sonntag herauf, daß wir mitsammen nach Kogel fahren, ich habe es zwar schon gesehen, als ich mit dem Waizen dort war; aber er soll es auch ansehen“.

Es war ein schöner Sonntag im Frühjahre. Die Gärten und Wiesen um das Haus herum waren in schönster Blüthe und die nahen Wälder athmeten ihren erfrischenden Duft aus. An diesem prachtvollen Frühlingstage kam mein künftiger Schwiegervater nach Kogel. Es gefiel ihm, nur das Heiratsgut, welches mit die Eltern gaben, nämlich 2 ½ Joch Felder in einem Werthe von 600 fl. C. W. war ihm zu wenig. Uebrigens wurde der Tag festgesetzt, an welchem bei der Herrschaft Sitzenberg, wohin das Haus meines Schwiegervaters gehörte, der Ehevertrag abgeschlossen werden sollte.

Im strömenden Regen fuhren wir nach Sitzenberg. Als ich beim Verwalter Namen und Alter angab (keiner der Anwesenden wußte, daß ich erst 21 ½ Jahre alt war), fragte er, wo mein Vater sei, da ein Minderjähriger keinen Vertrag abschließen könne? Dieser Verlegenheit machte ich ein Ende, indem ich meine Großjährigkeitserklärung hervorzog und sagte: „Hier ist mein Vertreter.“ Nun wurde der Ehevertrag fertig gemacht und bei heiterem Himmel fuhren wir zum Schwiegervater zurück, wo ein gutes Abendessen für uns bereit stand. Nachbar Schmalzel war auch dazu geladen. Bei dieser Gelegenheit wurde bestimmt, daß auf ausdrücklichen Wunsch der Braut die Trauung in Rapoltenkirchen und das frugale Mahl darnach in meiner Mühle zu Kogel abgehalten werden solle. 

An unserem Ehrentage fuhr die Braut directe nach Rapoltenkirchen und ich nach Kogel, um mich umzukleiden. Allein da kam ich in eine große Verlegenheit, denn der Schneider hatte meinen neuen Rock nicht gebracht und der alte war ziemlich abgenützt. In stillem Kummer wartete ich bis gegen eilf Uhr und hatte noch eine Stunde nach Rapoltenkirchen zu gehen. Es blieb also nichts übrig als mit dem alten Rock, der vielleicht älter als ich selbst war (es war ein umgewendeter Rock vom Vater), zum Altar zu gehen. Als der Pfarrer verwundert die Hände zusammenschlug, daß ich die Braut zwei Stunden warten ließ, sagte ich: „weil ich keinen Rock habe.“ Er lachte und meinte, daß die Trauung auch im alten Rocke gelte. Erst nach der Hochzeitmesse erschien der Schneider mit dem neuen Rock. 

Nun folgte die bescheidene Mahlzeit zu Kogel, wo es auch nicht ohne Kalamität abging. Die jüngste Schwester meiner Mutter half die Küche mitbesorgen und war daher nicht bei den Gästen. Da schlug mein Vater ein Höllenspectakel darüber vor allen Gästen, so daß ich mich vor Schande hätte in die Erde verkriechen mögen. Mutter und Schwester weinten über den Eigensinn des Vaters. Es thut mir noch heute weh, wenn ich daran denke.

Der Anfang unserer selbstständigen Wirtschaft bot viele Schwierigkeiten.

Die erste Schwierigkeit war, daß mein Vater bei seinem Auszug nach Heiligeneich das Haus ausleerte, so daß es licht wie eine Laterne war. Kaum war er fort, so kam er wieder zurück und durchstöberte das Haus, damit er nichts übersehe. Das, was wir unumgänglich nothwendig im Hause brauchten, mußte ich mit den etlichen Gulden, welche der Schwiegervater uns zurück gelassen hatte, theuer ablösen. Das waren traurige Aussichten. Vom Kleinsten bis zum Größten mußte ich Alles herbeischaffen, was nur Derjenige recht zu würdigen versteht, der es selbst erfahren hat. Es war nichts im Hause, als was meine Braut mitgebracht hatte, nämlich 1 Bett, 1 Kasten, 1 Kuh und 1 Paar Eßzeug, daher wir eines nach dem andern essen mussten, bis wir zu einem zweiten Besteck kamen. – Als Ausnahme mußte ich jährlich geben: 200 Eier, 360 Maß Milch, die Hälfte der Obstbäume, außerdem die Hälfte des oberen Gartens und der Scheuer und einen Raum im Stalle für zwei Kühe. Mein ganzes ligendes Besitzthum war die leere Mühle mit zwei Gärten, einer Wiese, und zwei Joch Aeckern, im Ganzen 6 Joch, im Werthe von 8000 fl.

Dies Alles wäre indeß noch zu ertragen gewesen, aber unerträglich war der Umstand, daß sich der Vater die ganze Feldwirthschaft vorbehielt und in meinem Hause betrieb, und zwar mit den von mir angeschafften Geräthschaften, da er alle Wirthschaftsgeräthe nach Heiligeneich mitgenommen hatte. Meine Frau hatte überdies die Last, für seine Taglöhner zu kochen. Und dies dauerte 14 Jahre!*) Um etwas Ruhe zu haben, droschen ich und meine Frau in der Winterszeit die dem Vater gehörige Frucht um den zehnten Metzen aus.

Dazu kamen finanzielle Sorgen. Das Heirathsgut der Frau hatte ich zu Zahlung der Anschreibgebühren und zur Herbeischaffung der nothwendigsten Hauseinrichtung verbraucht, auch mußte ich so Manches, was im Kaufe nicht ausdrücklich benannt war, eigens ablösen. So kam es, daß ich nach Uebernahme des Hauses dem Vater 10.000 fl. W. W. schuldig war, die ich mit fünf Perzent verzinsen und in Jahresraten per 500 fl. bezahlen solle. – Zum Unglück folgten drei heiße dürre Jahre, so daß meine Mühle stand und ich nichts verdienen konnte. Wir mußten

*) Meine Mutter starb im Jahre 1846, mein Vater im Jahre 1860.

Zuletzt veröffentlicht am 22.12.2023.

von dem Mehl- und Brodverschleiß leben, der aber wenig abwarf, da ich die Frucht auswärts mahlen zu lassen gezwungen war und die Leute anderwärts leichter ihre Vorräthe kauften als in dem abgelegenen Kogel. Um eine Fruchtladung zu kaufen, mußte ich das Geld irgendwo borgen, und wehe that es, wenn ich abgewiesen wurde. So wuchs mein Schuldenstand auf 2000 fl. über mein Vermögen, wovon ich die Zinsen monatlich abzahlte, damit nicht viel zusammen kam.

Bei solch traurigen Aussichten ging ich mit dem Gedanken um, das Haus zu verlassen und es dem Vater zurückzugeben. Doch das kleine Kind, das wir bekamen, war ein Hindernis. Wohin sollten wir uns wenden? Mein größter Trost während dieser bitteren Zeit war meine Frau, die nie verzagte und mich stets aufrichtete. Sie war so genügsam, daß wir Monate lang kein Fleisch assen, sondern mit Brod, Milchsuppe und Erdäpfel uns begnügten. Um das kleine Kind mit Wäsche und Kleidung zu versehen, zerschnitt sie ihre eigenen Röcke und Hemden. So verflossen drei Jahre voll Sorgen und Entbehrungen.

Im Jahre 1843 folgte einem schneereichen Winter ein wasserreiches Frühjahr, so daß ich in der Mühle wieder arbeiten konnte. An Kunden war keine Noth und so fing es an gemüthlicher zu werden. Gegen Ende 1845 hatte ich schon einen bedeutenden Theil meiner Schulden abgezahlt. Als die Leute sahen, daß wir uns emporarbeiteten, bekam ich auch mehr Credit. Besonders freute sich darüber mein Firmpathe, ein guter Wirthschaftsmann und christlicher Hausvater. Dieser trug mir selbst Geld an und streckte mir solches vor, so oft ich es brauchte. – Im Hause desselben lebte auch der Großvater, ein 80jähriger Mann, der mir oft von seinen Erlebnissen erzählte. Ich will hier eine Erzählung einschalten, die unglaublich klingt, aber wahr ist, dann der alte Großvater log nie. Er erzählte:

an Markttagen zu Neulengbach die Straßen kehren. Einmal fuhren acht Bauern aus Rust den Berg hinauf und lachten ihn aus. Wagner Karl lief dem Wagen trotz der Eisenfesseln nach und prügelte alle derb durch. – 3. In Aspern bei Tuln war ein nicht gar großer, aber sehr schlimmer Hengst. Der Bauer sagte zu dem Käufer Pauser, er solle zu dem Pferd nicht nahe hingehen, weil es fremde Leute schlägt. Wagner Karl, der dabei war, sagte: „Ha, dem werde ich es gleich abgewinnen“. Er ging hinzu und das Pferd schlug aus. Da packte er den Fuß des Hengsten, riß ihn sammt der Kette los, zog ihn in einer Hast zur Thür hinaus und schleuderte ihn auf den Düngerhaufen. Der Hengst sprang auf, ging in den Stall zurück, zitterte am ganzen Leibe und schlug seitdem nie mehr auf Fremde aus. – 4. In Anzbach hatte ein Fleischhauer einen Fleischstock gekauft und wollte ihn auf einem Wagen fortführen, aber die Knechte brachten den schweren Stock nicht hinauf. Wagner Karl kam zufällig dazu und wurde von dem Fleischhauer ersucht, den Knechten zu helfen. Dieser lachte und fragte den Fleischhauer, was er zahle, wenn er den Fleischstock auf dem Rücken nach Neulengbach trage? Dieser glaubte auf die Wette von zwei Eimer Wein leicht eingehen zu können. Nun machte sich Wagner Karl starke Tragbänder und trug den Fleischstock, der 7 Zehntner wog, nach Neulengbach. Vor dem Orte ließ er noch ein altes Bettelweib auf den Stock setzen und brachte beide – von hunderten Zuschauern umgeben – nach Neulengbach. – 5. Beim Wirth in Ried Wette Wagner Karl um einen Eimer Wein, daß das beste Zugpferd ihm den Finger nicht aufziehen könne. Er stellte sich zum Fenster und streckte seine Hand durch das Fensterkreuz hinaus; draußen wurde der Trittelring in den Finger eingelegt und das Pferd eingespannt; aber vergebens plagte sich das Pferd, es hing wie an einen Baum gebunden und konnte den Finger des Wagner Karl nicht aufziehen.

Diese Erzählungen spornten mich an, meine eigene Körperkraft zu erproben. Ich will ein paar Beispiele anführen.

Wägen zu schmieren und trug das ganze Korn allein hinab, ohne daß mir jemand half, so daß wir schon um zwölf Uhr Nachts wegfahren konnten. Der Beamte schlug die Hände über den Kopf zusammen und meinte, er habe nicht geglaubt, daß ein Mensch in so kurzer Zeit so viel leisten könne.

Noch eine Kraftleistung. Mit einem Einspänner fuhr ich Abends eilf Uhr vom Hause weg, kam – ohne einzukehren – um 5 Uhr Früh nach Wien, verkaufte dort die Ware (Erdäpfel oder Zwetschken) und fütterte gleich auf dem Platze mein Pferd. Meine ganze Zehrung war 4 kr. für ein Paar Würstel, Brod hatte ich in der Tasche. Der Erlös für meine Fuhr war gewöhnlich 5 fl. CW.

Mein Bedürfniß nach Schlaf war äußerst gering. In den Sommernächten wachte ich oft auf den Feldern, um die Diebe der Feldfrüchte zu erwischen. Einmal legte ich mich in einer finstern Nacht in den Friedhof, weil von dem Felde oberhalb des Friedhofes so viel Futterklee gestohlen wurde. Nach Mitternacht hörte ich die schwerbeladenen Diebe kommen. Ich machte das Friedhofsthor auf und trat auf sie zu, mit Mantel und Pelzmütze bedeckt. Diese erschracken dergestalt, daß sie zur Erde fielen und ich zu thun hatte, um sie zum Bewusstsein zu bringen.

Auch bei der Feldarbeit hatten zwei der geübtesten Arbeiter zu thun, mir nachzukommen, so flink ging mir Alles von Statten.

So lebte ich trotz aller Leiden und Entbehrungen glücklich und genoß viele stille Freuden im trauten Kreise meiner lieben Familie.

Es war im Jahre 1845, als ich vom Nachmittags-Gottesdienste nach Hause kam und dort meinen Nachbarmühler traf. Dieser erzählte mit, daß sein Bruder hier war und ihm unter Thränen mittheilte, daß seine Mühle in Altlengbach executiv verkauft werde, wenn er die eingeklagte Satzpost nicht einlösen könne; ob ich nicht Jemand wüsste, der da helfe, damit sein Bruder mit den Kindern nicht auf die Gasse gesetzt werde?

Ergriffen von der Erzählung, dachte ich an einen Bekannten in Wien, der oft mit Geld Anderen ausgeholfen hatte. Wir fuhren beide nach Wien, ohne jedoch etwas auszurichten. Nun begaben wir uns nach Altlengbach und von dort zum Executor nach Manzing, wo er wohnte. Ich bat ihn um Nachsicht, aber umsonst. „Machen Sie sich keine Mühe,“ sagte er zu mir, „es ist eine nichtswürdige Familie, es ist ihr nicht zu helfen. Sie würden es bitter bereuen.“

Diesem Manne hätte ich folgen sollen, so wäre ich vor dem größten Unglücke, das mich jemals treffen konnte, verschont geblieben. Hätte ich damals das Sprichwort schon gekannt: „Trau, schau, wem,“ so wäre ich nicht in die Falle gegangen, denn diese einst vermögliche Familie war durch Liederlichkeit so tief herabgekommen.

Möchten es sich doch Alle gut merken, was ich jetzt sage. Helfet wenn möglich, den armen, fleißigen und redlichen Manne, aber nie einem liederlichen. Beim ersten werden Ihr Dank, bei letzterem Fluch ernten. Je früher der Liederliche über den Haufen geworfen wird, desto besser für ihn und seine Umgebung, denn zu helfen ist ihm nicht, und selbst, wenn er Euer eigenes Kind ist!

Jung und unerfahren wir ich war, glaubte ich den Leuten Alles und gab das Versprechen, Geld aufzutreiben, um die eingeklagte Satzpost einlösen zu können, zumal sie mir sagten, daß mehrere Käufer wären, aber jeder auf den executiven Verkauf warte; in drei Monaten werde mir alles zurückgezahlt werden.

das Haus zu verkaufen und als ich dazu drängte, redeten sie sich aus, daß kein Käufer komme, weil das Geschäft steht, und baten mich um einen kleinen Urkauf, damit sie einen Verdienst hätten und die Mühle einen größeren Werth bekomme. Auch dazu ließ ich mich herbei und gab ihnen Geld und Frucht.

Aber ich sah bald ein, daß es auch auf solche Weise nicht vorwärts gehe und ich in der Klemme stecke. Nun trat ich selbst als Käufer auf. Ich versprach die Mühle um einen bestimmten Preis zu kaufen, damit alle intabulirten Schulden zu decken, den Leuten die Mühle in Pacht zu geben, und im Falle sie sich nicht behaupten können, als lebenslänglichen Unterstand das zu Mühle gehörige Neugebäudestöckel zu überlassen. Dieser Antrag wurde angenommen und ich ging zum Verwalter Konetschuy in Neulengbach, um den Kauf aufsetzen zu lassen. Dieser schalt mich unbesonnen, daß ich mich diesen Leuten einen solchen Contract abschließen wolle, und schlug es mir rund ab. Der Justiziär, welcher zugehört hatte, ließ mir jedoch später sagen, ich solle zu ihm kommen, er werde den Mühlkauf machen. Er schrieb ihn auch, aber unbedingt ohne die Klauseln, die wir verabredet hatten, denn, sagte er, diese kommen in den Pachtvertrag hinein. Für das Schreiben mußte ich 16 fl. und für Stempel 8 fl., zusammen 24 fl. CW., bezahlen.

Nun schickte ich den Kaufvertrag den Leuten durch meinen Bruder zur Unterschrift, aber diese schickten ihn ohne Unterschrift mit dem Bemerken zurück, es habe sich ein Käufer gefunden, der 6000 fl. mehr gebe, dann werden sie alles bezahlen.

Jetzt saß ich zwischen zwei Stühlen auf der Erde. Was anfangen? Ich fragte den Man, von dem ich die Satzpost übernommen hatte, um Rath, und bat ihn noch einige Zeit den Leuten zuzuwarten, vielleicht verkaufen sie doch. – Er lachte mich aus und sagte, ob ich noch nicht einsehen gelernt habe, daß mich diese Leute nur auf das Eis geführt haben? Allein da ich wiederholt darum bat und ihm eine Erkenntlichkeit antrug, versprach er es mir zulieb zu thun. Auf mein Bedenken, wie ich zu meinem Gelde käme, falls es eine Lüge wäre, daß sie soviel für das Haus bekämen und es am Ende doch verkauft werden müßte, sagte er: „Ihnen bleibt nichts übrig als Ihre Auslagen einzuklagen oder sich auf die Satzpost der Schwester, welche 1500 fl. auf dem Hause intabulirt hat, super einverleiben zu lassen, wenn Ihnen diese für die Forderung gutsteht.“

wobei ich ihr ausdrücklich sagte, daß ihr Geld verloren gehen, wenn das Haus nicht verkauft werde. –

Ich schrieb einen Schuldschein per 400 fl. womit ich auszureichen glaubte. Als ich mit diesem Schuldschein zum Unterschrieben am nächsten Sonntag dahin kam und zeugen zur Unterfertigung begehrte, redeten sich damit aus sich zu schämen, und als ich darauf bestand, daß wenigstens Ein Zeuge zugegen sein solle (für den zweiten wollte ich selbst sorgen), brachten sie einen Mann daher, dem sie – wie ich später hörte – vormachten, sie währen mir nur 100 fl. schuldig. Ohne den Schuldschein zu lesen, unterschrieb jener Mann, indem er sagte, er wisse es ohnehin.

Das war ein großer Fehler von mir, daß ich dieses Versteckenspiel duldete. Ich hätte auf der Gegenwart von zwei Zeugen bestehen und den Schuldschein laut vorlesen sollen. Uebrigens wurde der Schuldschein sichergestellt.

Es waren aber noch mehrere Schuldner, welche auf Bezahlung drängten, insbesondere die Schwester und der Bruder jenes Mannes, der mir obigen Rath gegeben hatte. Darum kamen die Leute abermals zu mir mit dem Wunsche, ich solle die restlichen 500 fl. (eigentlich 200 fl. C. W.) auch noch übernehmen und damit die Geschwister bezahlen. Ich hätte mich nimmer dazu herbei gelassen, wenn nicht andere Forderungen (Zinsen, Gebühren) von mir zu decken gewesen wären. Und so übernahm ich die ganzen 600 fl. C. W. von dieser Schwester, und weil ich Geld benöthigte, so verkaufte ich auch diese Satzpost jenem Manne, und beglich mit dem Gelde meine Auslagen und die Forderungen der Geschwister, obwohl es nicht ganz ausreichte. Uebrigens waren sie froh, das Meiste erhalten zu haben und auch ich war froh, von diesen Leuten mit heiler Haut los geworden zu sein.

Allein wie schrecklich hatte ich mich getäuscht. Jetzt fing erst recht mein Elend an. Die Leute kamen zu mir um Geld, und als ich ihnen erklärte, daß alles ausgeben sei, fluchten sie über mich und wurden meine bittersten Feinde. Am meisten schmerzte mich, daß meine edle Absicht so undankbar vergolten wurde, denn für Mühe, Kummer und Zeitverlust hatte ich keinen Kreuzer berechnet. Jetzt machte ich die Erfahrung, daß auch zur Ausübung der christlichen Pflichten eine gewisse Praxis gehöre.

Verwalter, der früher im Strafhause viele Jahre zugebracht hatte, bot sich ihnen als Rechtsfreund an und setzte eine Strafanzeige gegen mich auf. Der Verwalter Konetschny und der Justizär, welcher mir den oben erwähnten Hauskauf geschrieben hatte, wiesen sie kurz ab; allein jener starb bald darauf, dieser kam weg, und der bei der Herrschaft angestellte Hofmeister wurde an deren Stelle gesetzt.

Dieser war ein junger, im Justizsache unerfahrener Mann, der von der Ansicht ausging, jeder Angeklagte müsse verurtheilt werden. In der gegen mich überreichten Strafanzeige behaupteten die Leute, daß ich den ersten Schuldschein, der nur auf 100 fl. hätte lauten sollen, auf 400 fl. gestellt hätte, und daß ich den zweiten Schuldschein ohne ihr Wissen geschrieben; sie hätten nicht gewußt, was sie unterschrieben und die Schwester sei von mir dazu überredet worden. Diese Behauptungen beschworen sie vor Gericht.

Hierauf bekam ich eine Vorladung zum Landesgericht Neulengbach. Da ich gerade einen Mühlgründl benöthigte, so ging ich früher vom Hause weg und kaufte einen solchen zu Mantzing. Auf dem Rückwege kam ich zu dem Manne, der die öfter erwähnten Satzposten von mir zurückgelöst hatte, und erzählte ihm von meiner heutigen Vorladung. Er war neugierig zu wissen, was die Leute eigentlich von mir wollten, und ersuchte mich, ihm einige Zeilen zu schreiben, um was es sich handle. – Bei Gericht mußte ich zu Protokoll geben, auf welche Art ich zu den benannten zwei Schuldscheinen kam, was ich genau angab. – Um die Neugierde jenes Mannes zu befrieden, schrieb ich ihm im Gasthause wörtlich folgende Zeilen: „Geehrter Herr! Ich mußte vor Gericht angeben, wie ich zu den zwei Schuldscheinen gekommen bin und wie ich selbe beglichen habe, sonst nichts.“

Diesen Brief übergab ich dem Gerichtsdiener, der gerade auf die Post ging, ohne etwas Arges zu ahnen. Allein der Gerichtsdiener trug den Brief nicht auf die Post, sondern in die Kanzlei des Justiziärs. Es dauerte nicht lange, so bekam ich abermals eine Vorladung vor Gericht und wurde auf Grund jenes Briefes in Haft behalten.

ihn nicht „Euer Gnaden“ titulierte. – Da ich oft einen Monat auf ein Verhör warten mußte, gerieth ich in halbe Verzweiflung, ließ mich vorführen und bat, der Sache doch einmal ein Ende zu machen, weil ich sonst mit meiner Familie zu Grunde gehe. Er gab mir zur Antwort, ich solle die Sache darnach angeben, dann werde sie sogleich zu Ende sein. Weil ich ohnehin schon Alles zehnmal gesagt hatte, so vermuthete ich, daß meine Aussagen nicht formgerecht seien, und bat daher den Justiziär, er solle es so schreiben lassen, wie es sein soll, ich könne es nicht anders sagen, weil ich es nicht besser verstehe.

Das war ihm sogleich recht. Er fing an zu dictiren, daß ich endlich zum Geständnisse schreiten wolle, daß ich diese Leute betrogen und ihre Unwissenheit missbraucht habe u. s. w. Ich schlug die Hände über den Kopf zusammen und sagte, das sei unwahr, so etwas könne ich nicht unterschreiben. Da sprang er auf mich los und drohte, wenn ich nicht unterschreibe, so werde ich jahrelang sitzen müssen. Ich sah ein, daß ich – so wie so – zu Grunde gehen müsse, mir war es schon alles Eins und dachte mir, wenn ich einmal herauskomme, so werde ich zu einer höheren Behörde gehen und erzählen, was so ein Richter sich für Eigenmächtigkeiten erlaube.

Ich unterschrieb. O möchte doch Niemand den Kopf verlieren, wenn das Unglück hereinbricht, sonst ist Alles verloren! Hätte ich nicht unterschrieben, so hätte er mich in kürzester Zeit freilassen müssen. Nachdem ich aber unterschrieben hatte, frohlockte er, und allgemein hieß es, daß ich mindestens zwei Jahre Strafe bekommen werde.

Als mein Gemüth ruhiger wurde, widerrief ich beim nächsten Verhör und sagte, daß ich nur deßhalb unterschrieben habe, weil mir mit jahrelanger Haft gedroht wurde. Aber dieser Widerruf wurde so niedergeschrieben, daß er keine Wirkung hatte – er wollte mich eben verurtheilen. (Heutzutage würde man in einem ähnlichen Falle verlangen, vor ein anderes Gericht gestellt zu werden; doch bei der damaligen Gerichtsbarkeit ging das nicht leicht.)

Nach einem Monate kamen die Acten vom Appellationsgerichte zurück mit der Weisung, wenn ich nicht weiter antworte, solle zum Urtheil geschritten werden. Doch wurde ich gegen Erlag einer Caution von 1000 fl. auf freien Fuß entlassen. Sechszehn Monate waren inzwischen verflossen.

Nur wenige Tage war ich zu Hause, als das Urtheil in Judenau über mich gefällt wurde. Zufällig war ich gerade daselbst wegen einer Grundanschreibung, ohne zu wissen, was das für ein Unglückstag für mich war! Ein Ortsrichter, der mir verwandt war, erfuhr das Urtheil vom Verwalter, sah mich betrübt an, als er mir begegnete,

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und empfahl sich schweigend. – Abends kam ein Gerichtsdiener von Neulengbach und halte mich ab. Ich erkannte, daß es schlimm mit mir stehe und ging in Gottes Namen meinem Elende entgegen. Kein Schlaf kam in meine Augen und mit Zittern erwartete ich den kommenden Tag. Abends erhielt ich vom Gerichtsdiener einen Zettel, auf welchem mir meine Schwester mittheilte, daß ich zu fünf Jahren schweren Arrest verurtheilt sei. – So lautete das Urtheil.

Nachdem ich den Zettel gelesen, sprang ich vor Verzweiflung vom Sitze auf. In meiner Kammer hing ein Christusbild, vor dem ich immer betete. Vor dieses stellte ich mich hin und sprach mit lauter Stimme: „O Gott, siehe, ich habe dir von meiner Kindheit an bis jetzt treu gedient, du weißt es so gut wie ich, daß ich unschuldig bin; immer habe ich auf dich vertraut, und jetzt hast du mich doch verlassen, daß ich schändlich zu Grunde gehen muß.“ – Während ich so meiner gepreßten Seele Luft machte, klopfte Jemand an der Thür. Es war der Gerichtsdiener, der mir einen Zettel übergab, worauf die Worte standen: „Fürchte dich nicht, es geschieht dir nichts.“

Halb ohnmächtig sank ich auf mein Bett zurück. Wachte oder träumte ich? In jeder Hand hielt ich einen Zettel, den einen mit fünf Jahren Kerker, den andern mit der Versicherung: „Fürchte dich nicht.“ Es war mir unmöglich diesen Widerspruch zu enträthseln. Es war eine fürchterliche Nacht, die ich zubrachte, ein Seelenkampf zwischen Furcht und Hoffnung. – Erst später erfuhr ich, was in der Außenwelt vorgegangen war, wie jene Trostworte sich in mein Gefängniß verirrten und wem ich meine Freiheit verdankte.

Als nämlich meine Frau von dem oben erwähnten mir verwandten Gemeinderichter über meine Verurtheilung in Kenntniß gekommen war, fuhr sie sogleich in ihrem Jammer mit meinem Schwager nach Wien zu einem reichen Hausherrn, der mir stets zugethan war. Dieser ging zu dem Präsidenten des Appellationsgerichtes und theilte ihm mit, daß er mich von Kindesjahren her als ehrlichen Menschen kenne; es müsse hier eine Irrung obwalten, der Präsident möge sich meines Schicksales annehmen. Er sprach dies so bewegt, daß beiden die Thränen kamen. Der Präsident antwortete, es sei zwar nicht möglich, daß ich gleich freigesprochen werde, aber man möge sich an einen Doctor, dessen Namen er nannte, wenden, denn ein Recurs sei hier gerechtfertigt, weil die Untersuchungs-Protokolle mangelhaft wären; Recurs und Urtheil könnten zu gleicher Zeit fertig gemacht werden – Diese Trostesworte stärkten meine Frau, welche mir die wenigen Worte auf einem Zettel in mein Gefängniß schickte.

Nach 14 Tagen wurde ich vorgerufen und mir das Urtheil verlesen,

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worin es hieß, die erste Instanz habe mich zu 5 Jahren schweren Kerker verurtheilt, das Appellationsgericht aber die Strafe auf 10 Monate leichten Arrest gemildert. – Nach 6 Wochen wurde der inzwischen eingereichte Recurs entschieden. Man führte mich abermals vor und theilte mir aus einem Actenstücke mit, daß meine Strafe aufgehoben und ich allsogleich auf freien Fuß zu setzen sei; bezüglich der Rechtsansprüche an meine Gegner habe ich mich an das Civilgericht zu wenden.

Bevor ich diese traurige Episode meines Lebens schließe, will ich noch erwähnen, daß jene feindseligen Leute, die mich an den Bettelstab bringen wollten, elendig zu Grunde gingen. Als der Mann zum Sterben kam, drehte er dem Pfarrer, der ihn versehen wollte, den Rücken – er starb, wie er gelebt hatte. Nach einigen Jahren kam auch das Weib zum Sterben. Der Zufall führte mich in jenes Dof, wo ich mein Pferd füttern ließ, und erfuhr daselbst, daß das Weib oft jammere und sage, wenn sie nur Einmal noch mich sehen und sprechen könnte. Ich ging sogleich in ihre Wohnung. Als sie mich erblickte, raffte sie ihre letzten Kräfte zusammen, setzte sich im Bett auf, bat mich mit aufgehobenen Händen um Verzeihung und sagte es offen, daß ihr Mann sie zu dem falschen Eidschwur verleitet habe.

Einige Bemerkungen kann ich hier nicht unterlassen.

So lange ich lebe, hat mich noch kein Unglück getroffen, wo ich nicht herausfand, wozu es gedient hat. Es ist gut, sogar nothwendig, daß Gott manchmal schlimme Schicksale über den Menschen kommen lässt. Das soeben geschilderte Unglück traf mich, weil ich eine Handlung beging, bei der Vernunft und Gewissen nicht gang übereinstimmten. Als jene Person sich als Bürge antrug, stieg in mir sogleich der Zweifel auf, ob ich darauf eingehen solle oder nicht; das war die Stimme des Gewissens. Ich warnte sie zwar, daß ihr Vermögen verloren gehe, wenn ihre Verwandten nicht Wort halten; aber ich konnte nicht wissen, ob sie in die Lage komme, daß die Andern frei mit ihrem Vermögen verfügen können. Darum hätte ich nie dazu die Hand biete sollen; es reuete mich auch sogleich und ich nahm mir vor, falls sie wirklich verarmen sollte, sie in Schutz zu nehmen. Aber es half nichts; der Sünde folgte die Strafe, und ich mußte so lange büßen, bis ich mit meinen Thränen den Fleck von der Seele abgewaschen hatte. So eng als die Seele mit dem Leibe, ist das Gewissen mit der Vernunft verbunden. Sobald der Mensch etwas thut, wo beide nicht ganz übereinstimmen, ist es schon eine Sünde, und das habe ich damals zu wenig beachtet.

Gott sei Dank! Ich war nun wieder frei und konnte nach Hause zurückkehren. Aber wie sollte ich gehen, daß mich Niemand sehe? denn ich schämte mich, daß ich mich hätte in die Erde verkriechen können. Um drei Uhr Nachmittags verließ ich den Platz, den ich vor 18 Monaten eingenommen hatte.

Welch trauriger Anblick bot sich mir dar, als ich heimkam! In der Mühle war alles ruinirt; die Kunden waren weg; der Mehlverschleiß war eingestellt, weil die Mühlburschen so schlechtes Mehl herstellten, daß es niemand kaufen wollte; die Caution war verloren; meine Verpflegung durch 18 Monate – incl. des Gerichtsdienergesindels – hatte viele Auslagen verursacht; von meinen Schulden waren seit anderthalb Jahren keine Zinsen bezahlt, der Ausnahm des Vaters sammt Zahlungsraten war im Rückstand – kurz, wo ich hinsah, war nichts als Elend ohne Gleichen. Das Traurigste aber war noch, daß ich von Jedermann als ein schlechter Mensch angesehen wurde, da Niemand in mein Herz schauen konnte.

Ich ließ einen Zimmermann kommen, um die Mühle etwas auszubessern. Alles war derart vermodert, daß ich fast sämmtliche Böden herauswerfen mußte; ein durchlöcherter Dachstuhl lag auf den Mauern. Ich war jetzt ärmer als je; die ganze Mühe und Plage von sieben Jahren und alles während dieser Zeit Erworbene war zu Grunde gegangen. Woher sollte ich Geld zum Mühlbau nehmen? Es ist unmöglich zu beschreiben, wie mir zu Muthe war – eine Centnerlast lag auf meiner Seele. – Für die äußerste Noth gaben mir die beiden Schwäger etwas Geld, aber mehr wie ein Geschenk als ein Darlehen, und damit fing ich zu bauen an.

Eines Tages ging ich nach Sieghartskirchen um Eisenbestandtheile zum Mühlbau zu kaufen. Auf dem Heimwege – in Gedanken vertieft – stieg in mir plötzlich – wie eine Eingebung – die Idee auf, daß jetzt die Frucht theurer werde, und zwar so stark, daß ich dieser Idee nicht mehr los werden konnte. Es war dies um so sonderbarer, weil ich so lange Zeit mit der Außenwelt in keiner Berührung gestanden war.

Zu Hause theilte ich meiner Frau mit, daß ich fortzugehen gedenke, um Waizen zu kaufen. Verdutzt sah sie mich an und sagte: „Du bist ja nicht bei Sinnen; mit was willst du einkaufen? Wir haben nicht so viel Geld, um Samstag die Zimmerleute zu bezahlen; willst du mich allein

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bei den vielen Fremden und den kleinen Kindern stehen lassen?“– Allein keine Einrede half, ich nahm den Stock in die Hand und ging fort. Weinend schaute sie mir nach, denn sie glaubte wirklich, ich sei geisteskrank geworden.

Noch an demselben Tage – es war ein Donnerstag – kaufte ich 350 Metzen Waizen. Ein Bauer, der von St. Pöltnermarkt kommend mir begegnete, antwortete mir auf die Frage, wie die Fruchtpreise stehen: „theuer, theuer.“ Ein zweiter erzählte mir, daß der Metzen Waizen um 6 -7 Gulden gestiegen sei. – In einem Dorfe übernachtete ich. Am andern Tage kaufte ich noch eine bedeutende Parthie Frucht, so daß ich vollends über die Erntezeit gedeckt war. Es wurde schnell bekannt, daß ich so viele Frucht billig in Händen habe und es kamen massenhaft Kunden, die mir Frucht abkauften und gleich in Voraus bezahlten, so daß bald die ganze gekaufte Waare baar in meinen Händen lag.

Nachdem der Segen Gottes bei mir eingekehrt war, dachte ich an die Verbesserung und Vergrößerung meiner Wirthschaft.

Ein Acker neben meinem Hause war das erste Object, auf das ich meine Aufmerksamkeit lenkte. Eines Tages ging ich zu dem Eigenthümer dieses Grundes, der mir einige hundert Gulden schuldig war, und mahnte ihn an die Zahlung. Er antwortete, ich solle mich gedulden, denn er wolle das geerbte Haus, zu dem der benannte Acker gehöre, verkaufen. Ich stutzte und entwarf mir sogleich einen Plan, ob ich dieses Haus, zu dem auch ein nahegelegener Wald gehörte, nicht selbst kaufen könnte. – Mein Schwager hatte Geld und einen militärpflichtigen Sohn. Ich ging zu ihm und rieth ihm den Hauskauf an. Er ließ sich dazu herbei, und der Handel, bei welchem meine Forderung als Angabe galt, wurde geschlossen.

Drei Tage darnach brach die Märzrevolution 1848 in Wien aus. Der Schwager kam in seiner Angst zu mir und bat mich, die Angabe von 500 fl. fahren zu lassen, man wisse nicht, was geschehe; er wolle mir den Schaden ersetzen. Ich sagte, nachdem ich ihm zum Hauskauf gerathen habe, wolle ich auch den Schaden tragen, und dachte mit vollem Ernst daran, das Haus selbst zu behalten. Die Frage war nur, woher Geld nehmen? Die Wiener Sparcasse lieh kein Geld mehr aus, weil die Leute alles herausnahmen; die Herrschaft, welche sonst den Unterthanen mit Geld aushalf, borgte Niemand mehr. Die Sache stand also für mich nicht am besten.

Grübelnd ging ich zu einem vernünftigen Manne, dem ich meinen Plan mittheilte, und von dem ich wußte, daß er helfen könne. Dieser trug mir 1000 fl. zu leihen an. Das war etwas; allein woher das Uebrige nehmen? Dazu half mir ein neidisches Weib, eine Fragnerin aus demselben Dorfe, die in guten Verhältnissen lebte. Diese war dem Schwager neidig, daß er ein zweites Haus besaß, und borgte bei Anderen Geld für mich aus, daß ich auszahlen konnte. Unangenehm dabei war nur, daß ich so viele kleine Gläubiger mit kleinen Beträgen hatte; denn diese erzählten es wieder prahlend Anderen, und so wurde ich ausgerufen, daß ich jetzt zwei Häuser habe, aber drei schuldig sei. In der That kamen Käufer zu mir, die mir in’s Gesicht sagten, wenn ich nicht freiwillig mein Haus verkaufe, so wollten sie warten, bis es feilgeboten wird. Aus Vorsorge, wenn ich vielleicht doch das Haus verkaufen müßte, ließ ich den bewußten Acker und den Wald vom gekauften Hause abtrennen und zur

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Mühle stiften, damit ich jene Lieblingsgrundstücke erhielt, denn das wußte ich schon, daß ich für jenes Haus so viel bekommen würde, daß ich meine Schulden bezahlen konnte.

Indeß ging die Sache anders, als die Leute glaubten. Die Realitäten stiegen im Werthe, weil Robot und Zehent aufgehoben wurden. Es kamen fruchtbare Jahre und gute Fruchtpreise. Ich betrieb nicht die Dreifelderwirthschaft wie die anderen Bauern, sondern führte Wechselwirthschaft, wodurch ich mehr Grunderträgniß erzielte; durch Fleiß und practische Behandlung gewann ich die schönsten Ernten und es wurde sprichwörtlich, wenn irgendwo eine schöne Frucht auf dem Felde stand: „diese gehört gewiß dem Müller.“ So brachte ich es in kurzer Zeit dahin, das gekaufte Haus ganz bezahlen zu können.

Nicht genug, daß ich jetzt schuldenfrei war, so standen im Stalle 3 Paar Pferde, 8 Stück Rindvieh und etliche 20 Schweine. Auch im Innern des Hauses schaute es nicht mehr so licht aus wie früher, so daß wir uns dessen innig erfreuten.

Gerne hätte ich nun das primitive Mühlwerk verbessert und das Gebäude vergrößert, allein der Grund, der an meine Hausmauer stieß, gehörte der Gemeinde. Ich bot derselben für einen Complex von 1200 Quadrattklaftern 3000 fl. W. W. an (damals wurde bei uns allgemein noch in sog. Scheingeld gerechnet). Der Bürgermeister war damit einverstanden, aber einige Gemeinderäthe waren dagegen und verlangten als Bedingung den Tausch mit einer anderen ähnlichen Wiese, die zum Gemeinde-Grundcomplex passe. Ich fand wirklich eine solche, einen alten Hausgrund, auf dem hundertjährige Sätze hafteten; ich kaufte sie, bewirkte die Abtrennung vom Hause und glaubte nun mit dem Tausche am Ziele zu sein und meine Gründe commassiren zu können. Nun sagten die bornirten Gemeinderäthe: „Justament nöt“, und ich konnte nichts mehr machen.

Da entschied ein unerwartetes Naturereignis. Am 18. Mai 1851 entstand im Folge eines nächtlichen Ungewitters eine furchtbare Ueberschwemmung. Der Schutzdamm bei der Schupfe wurde abgerissen, so daß die Wände zusammenbrachen und die Schweinställe mit den Schweinen davon schwammen. Als ich bei stockfinsterer Nacht über diesen Schupfen in den Kuhstall klettern wollte, um Pferde und Rinder loszubinden, fiel auch die Schupfe um und ich stand im Wasser. Meine Frau schrie aus Leibeskräften um Hilfe, aber Niemand getraute sich zu nahen – ich selbst meinte, daß meine letzte Stunde geschlagen habe. Glücklicherweise trug der Wasserschwall den großen Mühlwagen an die Stelle, wo die Schupfe hinfiel, und diese Erhöhung hielt mich ober Wasser. Mit der Laterne kletterte ich wieder zurück, wo ich hergekommen war.

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Inzwischen war die Morgendämmerung herangebrochen und ich erkannte, daß Gefahr im Verzuge sei. Ich trug meine Frau und meine Kinder auf dem Rücken durch das Wasser an eine trockene Stelle, von wo sie in mein Haus im Dorfe gelangen konnten (das Dienstpersonale war längst ausgewandert). Ich selbst blieb auf dem Dachboden und sah, wie ein Theil des Hauses nach dem andern weggeschwemmt wurde. Hunderte von Personen standen außerhalb des Wasserrayons und wollten mir zu Hilfe kommen, aber es war nicht möglich. Endlich fiel das Wasser und ich eilte zu den Pferden und Rindern, die stundenlange bis über den Bauch im Wasser und ohne Nahrung gestanden waren; auch ich hatte nichts zu essen, weil ich wegen der Tiefe des Wassers nicht in das Zimmer kommen konnte.

Als die Leute diese große Verwüstung sahen, hatten sie Mitleid mit mir. Die fragliche Gemeindewiese, die ich hatte eintauschen wollen, war total versandet worden. Diesen Umstand und das allgemeine Mitleid benützend, suchte ich noch einmal um den Tausch der Wiese an, angeblich um mich gegen die Wassergefahr besser schützen zu können, sammelte Unterschriften von Haus zu Haus, und so erhielt ich endlich den Grund um 700 fl., für den ich früher 3000 fl. angeboten hatte. Ich hatte über diesen Tausch mehr Freude als Gram über den Wasserschaden; denn ohne diesen hätte ich mein Ziel vielleicht niemals erreicht.

Da kam aber eine andere Fatalität über mich. Die Wasserfluth hatte die einzige Brücke weggerissen, über die wir nach Rapoltenkirchen und nach Sieghartskirchen zur Hauptstraße fahren konnten. Nun mußten wir einen bei schlechtem Wetter unfahrbaren Feldweg mit Lebensgefahren für die Pferde und mit großem Zeitverlust benützen, um an jene Orte zu gelangen. Kein Bauer führte eine Frucht in mein Haus. Wenn ich eine Viertelladung auflegte, mußten vier Taglöhner mitgehen, welche streckenweise die Frucht auf dem Rücken trugen, weil die Pferde kaum den leeren wagen nachziehen konnten. Und doch kümmerte sich Niemand um die Herstellung der Brücke.

Eines Abends mußte ich abermals den Wagen in Sieghartskirchen stehen lassen, weil es im Finstern nicht möglich war auf dem Feldwege ohne Gefahr für Roß und Mann nach Hause zu kommen. Da klagte ich im Gasthofe über den schlechten Weg. Als dies der reiche Müllner Schwingenschlögel von Sieghartskirchen hörte, der seit der Zeit mein Gegner war als ich den Mühlverschleiß führte, fing er an über mich zu spotten, so daß sich Alle drüber verwunderten; aber Niemand getraute sich gegen den mächtigen Mann ein Wort zu sprechen; auch ich nicht.

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Aber ich nahm es mir so zu Herzen, daß ich gemüthskrank wurde. Ich wurde kraftlos, magerte ab und verlor alle Freude an der Arbeit; kopfschüttelnd fragten die Leute: „der lebt nicht mehr lange.“ Meine Frau fragte mich oft und bange, was mir fehle? aber ich schwieg, denn ich schämte mich, es jemand zu sagen, was jener Mann mir angethan.

Um jene Zeit besuchte mich der greise Vater des Pfarrers Schütz von Rapoltenkirchen, ein ehemaliger Lehrer und ein ebenso verständiger als christlich gesinnter Mann. Als er mich sah, fragte er meine Frau, was vorgefallen sei? Er vermuthete häusliche Zwiste, erfuhr aber von meiner Frau das Gegentheil. Mit seiner Welt- und Menschenkenntniß errieth er leicht, daß ich gemüthskrank sei und ließ mich nicht mehr los, bis ich ihm meinen Schmerz mittheilte. Er tröstete mich, indem er mir Beispiele erzählte, wo gerade ähnliche Menschen dem Beleidigten mit oder gegen ihren Willen zum größten Nutzen wurden. „Wer weiß“, sagte er, „wozu es gut ist. Nichts kommt von ungefähr – Alles kommt von Oben her.“ Seit jenem Besuche fühlte ich mich leichter und wurde von Tag zu Tag heiterer. – Ein ehrlicher und erfahrener Freund ist Goldes werth. Man hat das Gefühl, als ob man gebeichtet hätte, wenn man seine Anliegen einem solchen Freunde mittheilen darf.

so hatten wir endlich wieder eine Brücke. Ein ämtliches Schreiben ernannte mich zum Wegcommissär und ermächtigte mich, die Schrankbäume zu entfernen und einen Wegeinräumer zu bestellen. Meine Freude über dieses Resultat war groß; die Leute aber sagten: „Dieser Müller bringt das Unglaubliche zu Stande.“

Nun war das Schwierigste überstanden. Durch den Grundtausch mit der Gemeinde lag mein Haus frei, von meinigen Feldern umringt, und die Communication war durch die Brücke und den dazu angelegten neuen Weg hergestellt.

Jetzt ging ich an die Verschönerung des Hauses. Nach Anleitung des kunstsinnigen Pfarrers Schütz legte ich längs des breiten Gehweges, der durch den Hausgarten und den eingetauschten Grund führte, zu beiden Seiten eine Spalier an, die jährlich nach der Schnur beschnitten wurde und Allen gefiel, die den rein gehaltenen Weg beschritten. Die eingetauschte Wiese gestaltete ich in einen Obstgarten um. Die schlechte und unpractische Zufahrt zur Mühle wurde geändert, daß sie bequemer war, die Grenze des Feldes wurden mit Mostobstbäumen bepflanzt und die nassen Stellen des Thales trocken gelegt, indem ich einen großen Hügel abgrub, wodurch ich zugleich das Feld ins Quadrat brachte. Es war dies eine Arbeit von zwölf Jahren (1840 – 1852.) Vom Landwirthschaftlichen Vereine erhielt ich für diese Leistungen ein Belobungsdecret.

erlaubte mir auf mein Ansuchen einen abseitigen Theil mit Waldpflanzen anzubauen – natürlich auf meine Kosten. Ich hatte Glück. Nach zwei Jahren stand eine Unzahl Pflanzen auf der früheren Öde, die ich versetzte, so daß jährlich ein Theil gebaut wurde. Jetzt steht dort der schönste Wald, an dem Alle Freude haben. – Zuletzt legte ich noch einen neuen Fußweg nach Rapoltenkirchen auf meine Kosten an, schön beschottert, an beiden Seiten mit Rasen belegt, alle Gräben überbrückt, so daß Herr Pfarrer Schütz nicht mehr seine Überschuhe im Kothe verlor, wenn er seine Filiale Kogel besuchte. Leicht begreiflich, hatte er über diese Arbeit große Freude.

Der Plan zum Neubau meines alten Hauses war bereits entworfen. Die vor dem Wohnhause stehenden Wirthschaftsgebäude sollten rückwärts außerhalb der Wassergefahr zu stehen kommen; der entlegene Keller im Hause untergebracht werden; das ganze Gebäude sollte mit der Mühle ein Viereck bilden und das Mühlwerk nach neuer Art eingerichtet werden. Dieser Bau hätte viel Zeit, Mühe und Geld gekostet; darum gab ich ihn wieder auf. Ich hätte dann wohl ein schönes Haus und eine schöne Feldwirthschaft, aber kein Geld für meine inzwischen herangewachsenen Kinder gehabt. – Auch hier legte sich die göttliche Vorsehung ins Mittel und gab meinem Schicksale eine ganz neue Wendung.

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Da die halbzerstörten Wirthschaftsgebäude zu Kogel nicht in diesem Zustande verbleiben konnten, war ich zu bauen gezwungen. Ich baute zuerst das Mühlgebäude und ließ es mit Ziegeln decken, dann die westliche Facade über der Radstube, wo nebenbei der Keller untergebracht wurde; dann verhandelte ich bezüglich des Mühlwerkes mit demselben Mühlbauer, welcher stets bei meinem Gegner Schwingenschlögel in Sieghartskirchen arbeitete.

Eines Tages brachte mir dieser Mann die überraschende Nachricht, daß der genannte Müllermeister Schwingenschlögel in Sieghartskirchen ihn beauftragt habe mir zu sagen, ich solle das Bauen in Kogel stehen lassen, es lohne sich nicht; ich solle ihm dagegen seine Mühle abkaufen. Ich konnte es kaum glauben; es war ja derselbe Mann, der mich früher ruiniren wollte und vor einigen Jahren tödtlich beleidigt hatte. Da aber der Mühlbauer mich bei seiner Ehre versicherte, daß er jenen Auftrag erhalten habe, wagte ich es mich anzufragen und erhielt die Antwort: „er werde verkaufen, aber jetzt noch nicht.“ Daß ihm das Geschäft von Zeit zu Zeit lästig wurde, erfuhr ich auch von anderer Seite. Von da an ließ ich den Bau des Hauses stehen und wartete ab.

Im Herbste 1857 ging ich Nachmittags – es war an einem Feiertage – in die Kirche. Dort traf ich den Sohn des Schwingenschlögel, der zu mir sagte: „du sollst zum Vater kommen, er verkaufe die Mühle.“ Ich ging wirklich hin und erfuhr, daß es sein Ernst sei, nur solle ich wegen des Preises mit seinem Sohne sprechen. Dieser forderte 32.000 fl. Darauf ging ich wieder zum Vater zurück und fragte ihn, ob das wirklich das letzte Wort sei? Er antwortete, daß er nebst den Grundstücken auch Vieh und Fahrnisse dabei lasse, aber der Preis sei fest. Ich besann mich nicht lange, sondern gab 600 fl. Angabe mit der Bedingung, wenn ich meine Mühle verkaufen könne; im Nichtfalle müsse er mir die Angabe zurückgeben. Auf das ging er ein.

fort. Nach acht Tagen wurde der Verkauf in Wien abgeschlossen und ich erhielt dafür bar 22.000 fl., die ich sogleich in die Escomptebank legte. – Mit diesem Scheine ging ich noch an demselben Tage zu dem Müllermeister Schwingenschlögel in Sieghartskirchen und übergab ihm selben als Abzahlung. Jetzt erst wurde der Mühlkauf abgeschlossen; die Gebühren betrugen 1050 fl., so daß also die ganze Realität auf 33.050 fl. zu stehen kam.

Als Antritt des Geschäftes wurde der 1. März 1858 bestimmt. Da aber ein kalter Winter eintrat, so mußte ich schon im December 1857 die Mühle übernehmen, um für die Weihnachtsfeiertage Mehl herzustellen, damit der Verschleiß nichts in Stocken gerathe. So blieb ich in der Sieghartskirchner=Mühle allein bis 1. März 1858, wo meine Frau mit den Kindern nachkam.

Bei seiner Abreise übergab mir Vater Schwingenschlögel 12.000 fl. unter vier Augen – ohne Schuldschein und Zeugen – mit dem Bedeuten, daß ich das Geld nach Belieben zurückzahlen könne; er wisse, daß durch Geldmangel das Geschäft zuerst leide. Durch diese edle Handlung wollte er die Beleidigung gutmachen, die er mir im Jahre 1851 angethan hatte. Jetzt begriff ich die Worte des greisen Paters Schütz zu Kogel: „Lassen Sie es sein, wer weiß, wozu es gut ist.“ So lenkt die Vorsehung Alles zum Besten. Jene Beleidigung, die mich gemüthskrank machte, war der Anstoß zu meinem ferneren Wohlergehen und zu meiner Erlösung von Kogel, wo es für mich keine bessere Zukunft gab.

Trotz alledem war der Anfang in Sieghartskirchen nicht gar rosig. Die Bewohner waren über meine Ankunft nicht sehr erfreut, denn sie trauten mir nicht zu, daß ich das Geschäft so tüchtig wie der reiche Schwingenschlögel führen werde; Alle wussten ja, daß ich in Kogel geboren und aufgewachsen sei und wenig gelernt habe, mit einem Worte, sie glaubten, daß aus Kogel nie etwas Gutes hervorgehen könne. Das war indeß für mich ein neuer Sporn, alle Kräfte aufzubieten, um sie eines Besseren zu belehren. Sogar die Dienstboten, welche ich übernahm, bezeugten keine Achtung, und der Mühljunge sagte öffentlich, daß nur Er das Geschäft noch aufrecht halte. Als meine Frau mit den Kindern nach Sieghartskirchen übersiedelte, getraute sie sich nicht durch den Ort zu gehen, sondern kam rückwärts geschlichen herein, zwischen Angst und Furcht, wie es uns gehen werde.

kam noch anderes Unglück. Das schönste Pferd traf der Schlag und ging zu Grunde; die schwerste Kuh wurde krank und verendete; eine Ueberschwemmung rieß die Wehr hinweg. Rathlos stand ich da. Was ich manchen Tag mit 20 – 30 Arbeitern verpilotirte, war den andern Tag doppelt weggerissen; alles vorräthige Bauholz von Kogel und vom schlagbaren Walde wurde verbraucht; Material und Arbeit kostete über 4000 fl., und ich konnte nichts verdienen, weil die Mühle stillstand.

Das Emporblühen meines Geschäftes in Sieghartskirchen nöthigte mich auf Auswege zu denken, wie ich den gesteigerten Bedürfnissen entsprechen könne.

Zunächst nahm ich meinen Sohn Heinrich, der die Handlung erlernt hatte, nach Hause. Den älteren Sohn Anton, der 15 Jahre zählte, gab ich in eine Traisenmühle, wo viel Wasserkraft war, um dort meinen fehlenden Bedarf zu mahlen. Da der Mahllohn jährlich in die Tausende ging, pachtete ich 1863 die Brunnmühle bei Wagram an der Traisen, baute sie ganz neu, umd stellte den älteren Sohn und die ältere Tochter hin.

Da auch diese zweite Mühle nicht ausreichte meinen Bedarf zu decken, kaufte ich 1865 die feilgebotene Mühle zu St. Georgen an der Traisen um 10.000 fl., welche ich im Laufe der Jahre von Grund aus neu bauen ließ und mindestens dreifach vergrößerte.

Im Jahre 1864 waren alle Schulden abgezahlt. – Da ich schon vor zehn Jahren den Plan gehabt hatte nach Ungarn auszuwandern, wo die Realitäten damals sehr billig waren, so tauchte derselbe jetzt wieder um so mehr auf, als ich mich mit dem Gelde freier bewegen konnte. Im Familienrath wurde daher beschlossen meinem Sohn Heinrich nach Ungarn zu senden, um sich dort um den Ankauf einer passenden Realität zu bekümmern. Ich brache ihn gegen Bezahlung von 400 fl. zu einem wohlhabenden Bäckermeister, wo er nebenbei auch das Bäckerhandwerk erlernen sollte.

Es folgte das Jahr 1865 mit all seinen Nöthen. Die Preise fielen derart, daß die Frucht gar nicht mehr verkäuflich war. Ich hatte noch viele Waare von 1864 am Lager, weil man glaubte, es könne nicht mehr billiger werden (Waizen 4 fl., Korn 3 fl., Gerste 2 fl., Hafer 1 fl. 40 kr. per Metzen.) Allein im Jahre 1865 ging der Metzen Waizen auf 3 fl., Korn auf 2 fl., Gerste auf 1 fl. 40 kr. und Hafer auf 90 kr. herab, und selbst um diese Preise fand man keine Käufer. – Die Bauern drängten mich ihnen abzukaufen. Ich hatte alle Böden=Abtheilungen mit Frucht überfüllt. Wenn ich nicht – von einem Bauer am Christabend auf das Senken der Böden aufmerksam gemacht – schnell durch Zimmerleute hätte pölzen lassen, so wären die Böden mit allen Fruchtgattungen auf einen Haufen gefallen und hätten das Mühlwerk zerschmettert.

Nun wollte ich den Fruchteinkauf einstellen, theils weil der Platz mangelte, theils weil ich längst schon fremdes Geld in Anspruch nehmen mußte. Als ich einem Bauer sagte, daß ich nichts mehr einkaufen könne, sagte er weinend, wenn ich ihm seine Waare nicht abkaufe, werde morgen sein Haus verkauft. Beim Bezirksgericht Neulengbach und Atzenbrugg waren oft 50 Häuser executiv angenagelt und wurden um die Steuer verkauft. Ich selbst habe Grundstücke um den halben Preis gekauft. Das Geschäft ging so schlecht, daß man kaum so viel Loosung machte, als der Hausbedarf war. Das Pfund Semmelmehl kostete nur 4 kr. und doch konnten es die Leute nicht bezahlen, sondern nahmen auf Borg. Ich getraute mich fast nicht mehr in den Mehlladen zu gehen. Viele hundert Gulden, die ich im Kleinen auf Borg gegeben hatte, gingen verloren, aber auch die größeren Beträge bei der Bäckerei und Greißlerei, weil die Schuldenhaft gesetzlich aufgehoben war. Wer keinen Besitz hatte, war ohnehin nicht greifbar, und wer einen hatte, ließ schnell seine Frau an Besitz schreiben und die gläubiger hatten das Nachsehen. Schon damals hat der Schwindel begonnen, der 1873 zum Krach ausartete. Ich habe in diesem Jahre über 6000 fl. auf solche Weise verloren.

Da mir die Bauern erbarmten, so kaufte ich ihnen die Frucht ab und bezahlte sie. Um doch für viele Frucht Platz zu schaffen, mußten Anstalten getroffen werden. Ich ließ das Heu vom Schupfenboden abräumen, kaufte Läden und machte daraus einen Schüttboden, wo noch 2500 Metzen hinaufgebracht werden konnten; außerdem nahm ich noch den herrschaftlichen Schüttboden in Anspruch, bis der Verkaufsandrang aufhörte. Zu diesem Ankauf hatte ich 20.000 fl. Geld aufgenommen und war dabei der Gefahr ausgesetzt, um mein halbes Vermögen zu kommen. Auch

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das war bedenklich, daß die in solchen Massen beisammen liegende Frucht, welche wegen des feuchten Wetters nicht trocken eingebracht werden konnte, zu dunsten und munkeln anfing, so daß ich besorgen mußte, sie werde gänzlich zu Grunde gehen.

Nun brach der Krieg im Jahre 1866 aus. Oesterreich wurde von zwei Mächten zugleich angegriffen, nämlich von Italien und Preußen. Der Krieg nahm ein thrauriges Ende für uns, Italien ging verloren.

Ein so großes Unglück ein Krieg ist, aber für die Geschäftswelt war er ein Glück. Auf die Stagnation der letzten Jahre folgte ein frischeres Leben in Handel und Verkehr durch die großen Heereszüge, welche in unser Land kamen und Geld in Umsatz brachten. Auch bei mir entwickelte sich ein riesenhaftes Geschäft. Kein Mensch fragte, ob die Waare schön oder gut ist, wenn sie nur zu bezahlen war.

In Sieghartskirchen lag viel Militär einquartiert, namentlich Artillerie. Eines Tages kamen mehrere Stabsoffiziere mit dem Bürgermeister zu mir und verlangten Hafer, der in der ganzen Umgebung nicht zu bekommen war (die Fourage für das Militär sollte erst nach einigen Tagen nachkommen). Ich sagte: „Ja, sie könnten schon Hafer von mir bekommen, aber nur unter der Bedingung, daß ihn jemand von mir übernehme und dem Militär liefere“. Die Herren waren darüber wohl etwas verdutzt, ersuchten aber den Bürgermeister den Hafer von mir zu übernehmen und ihn dem Militär abzuliefern. Bald darauf kam ein Schwarm von Soldaten mit Säcken und Wägen und nahmen 300 Metzen vom Boden herab. Tags darauf holten sie dieselbe Portion und so auch am dritten Tage, bis ich endlich eine weitere Abgabe verweigerte, weil ich besorgte, für meine eigenen Pferde keinen Hafer mehr zu besitzen. Nächtlicherweise ließ ich eine Parthie Hafer zu meinem Bruder nach Kogel führen, eine andere Parthie versteckte ich. Als sie keinen Hafer vorfanden, hatte ich Ruhe.

Für den von mir durch Vermittlung des Bürgermeisters gelieferten Hafer bekam ich lange kein Geld, weil die Lieferscheine oder Geldanweisungen beanständet wurden. In höheren Auftrage berief der Bezirksrichter alle Bürgermeister des Bezirks, um die Localpreise zu constatiren, brachte es aber nicht zu Stande, weil die Differenzen zu groß waren. Zufällig kam ich in die Kanzlei und sagte wahrheitsgetreu, zu welchen Preisen ich dem Bürgermeister Hafer und Heu überlassen hatte; mein Preis sei deshalb billiger, weil ich nicht im Detail, sondern im Großen dem Aerar verkauft habe. Das mit mir aufgenommene Protocoll wurde an das Kriegsministerium eingeschickt und bald darauf wurden mir sämmtliche Lieferscheine baar ausbezahlt.

So war das Kriegsjahr 1866 eines meiner einträglichsten Geschäftsjahre, weil die Fruchtpreise in die Höhe gingen und bei meinem großen Fruchtvorrathe ein bedeutender Gewinn abfiel.

Im Jahre 1867 ließ ich (wie bereits erwähnt) die Mühle zu St. Georgen neu bauen, und auch eine Mehlkammer dazu, denn die modernen Mühlburschen wollten alles bequem haben und strengten nicht gern ihre Glieder an. Der Bau dauerte bis in den Sommer hinein und war wegen der Entfernung etwas beschwerlich. Aber mein Nachbar daselbst, ein herzlich guter Mann, behandelte meine Kinder Heinrich und Marie, welche dort waren, wie seine eigenen Kinder, so daß die Unannehmlichkeiten leichter zu ertragen waren.

Mein Familienleben war bisher ein wahrhaft glückliches gewesen. Namentlich waltete meine Frau, die Tag und Nacht thätig war, wie ein Schutzengel des Hauses; ihr verdanke ich großentheils die Hebung meiner Wirthschaft und meines Geschäftes. Meine vier Kinder wuchsen frisch und gesund zu unserer Freude heran. Aber in diesem Thränenthale bleibt Niemand von Leiden verschont.

Im Jahre 1866 brach – wahrscheinlich in Folge der Truppentransporte – der Typhus in Sieghartskirchen aus. Zuerst wurde mein älterer Sohn Anton davon ergriffen, dann die Mutter, darnach die Wärterinnen und beide Knechte; nur ich, ein Ladenmädchen und der Lehrjung blieben noch aufrecht. Meine zwei Töchter Marie und Lori hatte ich, um sie der Gefahr zu entrücken, nach Ungarn zu dem Herrn, bei welchem früher sich Heinrich aufgehalten hatte, geschickt, aber sie kamen nur bis Wien, weil die Preußen bereits bis Preßburg vorgedrungen waren. Dort wurde Marie krank und Lori mußte sie pflegen.

Mit Anton stand es am schlimmsten. Ich ließ die geschicktesten Doctoren von St. Pölten und Tuln kommen, aber alle gaben ihn auf und sagten, daß er kaum mehr fünf Tage leben werde. Rathlos stand ich am Krankenbette. Im Hofraume befanden sich 47 Militärpferde, in der Scheuer und Schupfe 150 Soldaten. Alles Stroh von zwei Jahrgängen wurde eingestreut, verfüttert oder in das Lager geschleppt; alles im Hause war preisgegeben, weil ich nicht über die Schwelle des Zimmers kam, da ich und das Ladenmädchen auf die Wartung des Kranken angewiesen waren. Wochenlange kamen wir in kein Bett und nicht aus den Kleidern. Selbst wenn wir die Krankheit nicht erbten, so konnte die Ueberanstrengung uns auf das Krankenbett werfen.

Da faßte ich den Entschluß, weil kein Doctor mehr helfen konnte, dem Kranken englische Morisonpillen, mein gewöhnliches Hausmittel, zu geben, zuerst kleine Portionen, dann immer stärker, denn ich dachte mir, mehr als Sterben könne nicht mehr geschehen. – Um Mitternacht verlangte der Kranke nach dem Priester. Ich lief um Doctor und Priester; beide kamen, und der Kranke empfing die heil. Sterbsacramente. Als beide fort waren, sagte der Kranke mit schwacher Stimme: „Betet für mich, vielleicht hilft mir die Mutter Gottes doch noch.“ Wir beteten im Nebenzimmer, bis uns die Kräfte verließen.

Damit war das Maß des Elends noch nicht voll. Ich wurde selbst

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krank; es trugen mich die Füsse nicht mehr, ich konnte kein lautes Wort sprechen und mußte mich zu Bette legen. Das ganze Hauswesen lag jetzt auf den Schultern einer einzigen Person, nämlich des Ladenmädchens, die mit dem besten Willen es nicht lange aushalten konnte. Daher schickte ich einen Mann nach Traismauer, um meinem Sohne Heinrich sagen zu lassen, er solle dort das Personale entlassen, die Mühle sperren, den Mann als Wächter dort lassen und nach Hause kommen. Auch Lori schrieb ich nach Wien, daß sie kommen solle, weil Marie schon auf dem Wege der Besserung war.

Plötzlich hieß es: Alles müsse auswandern, denn der Ort werde gegen den anrückenden Feind verschanzt. Wohin sollte ich meine armen Kranken bringen? Da fiel mir die Mühle in Kogel ein, wo mein Bruder war. Obwohl selbst krank, ließ ich Kühe, Schweine, Hühner, Futter, Einrichtungsstücke, Betten und Kisten dahin bringen, und zuletzt eine Tragbahre machen, um die Kranken dahin zu transportiren, allerdings besorgend, daß sie auf dem Wege dahin sterben. – Während ich in meiner Verzweiflung gedankenlos dahinstarrte, brachte das Ladenmädchen eine Zeitung und legte sie schweigend neben mir auf den Tisch. Ich nahm sie zur Hand und las darin, daß ein fünftägiger Waffenstillstand vereinbart worden sei, dem bald darauf der Friedensschluß folgte.

Bezüglich meines Sohnes Anton schwebten wir lange Zeit zwischen Furcht und Hoffnung. Endlich wirkte die Natur und er erholte sich langsam. Als ich ihn in das Krankenzimmer der Mutter führte, deren Zustand sich gleichfalls gebessert hatte, erkannte sie ihn nicht. Drei Monate hatte sie ihn nicht gesehen. Ich fragte sie, ob sie Anton nicht mehr kenne? Da weinte sie vor Freude, denn sie glaubte, daß er längst begraben sei. – Gottlob, es wurden Alle wieder gesund.

Ein anderes Familienereigniss muß ich noch erwähnen.

Es ist eigenthümlich bei meinen Kindern, daß sie nicht heirathslustig sind. Ich mußte fast eine Art Zwang anwenden, daß mein Sohn Heinrich sich herbeiließ zu heirathen. Dies kam so.

benütze diese Gelegenheit, um sich an mir zu rächen, weil ich beim Neubau seiner Mühle mich nicht übervortheilen ließ und er beim Notar den Kürzeren zog. Er schilderte uns als schlechte, ganz verschuldete Leute, und so wurde aus der Heirath nichts. – Heinrich war desparat darüber und beschloß keinen Schritt mehr in dieser Richtung zu thun. Ich aber dachte an den alten Vater Schütz, der das Sprichwort hatte: „Wer weiß, wozu es gut ist,“ und schlug eine andere Richtung an.

In Großenzersdorf lebte ein Fruchthändler, den ich seit 20 Jahren als Ehrenmann kannte. Er war vor einigen Jahren gestorben und hatte mehrere Töchter hinterlassen. Sein Schwiegersohn redete öfter davon, ich möchte einen meiner Söhne der älteren Schwägerin, die durchaus einen Müller heirathen wolle, geben. Ich machte dort einen Besuch und wurde freudig aufgenommen, auch von dem Mädchen, das ich schon als Kind gekannt hatte. Dann schickte ich meinen Sohn dahin, um sich selbst zu überzeugen, und so kam die Heirath schnell und glücklich zu Stande. Ich selbst hatte eine große Freude über meine Schwiegertochter. Es stellte sich später heraus, daß Heinrich mit der ersten Braut, welche er heirathen wollte, nicht glücklich geworden wäre. Gott und mein Feind halfen, daß es nicht geschah. Darum bleibt es wahr: „Wer weiß, wozu es gut ist.“

Meine ältere Tochter Marie wollte, obgleich sie wie eine Hausfrau seit Jahren selbstständig die Wirthschaft des Bruders führte, vom Heirathen ebenfalls nichts hören; ich hätte sie um jene Zeit auch kaum entbehren können. Erst im Jahre 1876 heirathete sie einen Fabriksbesitzer an der schlesischen Grenze.

Eine große Aenderung in meinen äußeren Lebensverhältnissen erfolgte durch den Bau der Kaiser Franz Josef=Bahn von Wien nach Prag mit der Ueberbrückung der Donau bei Tuln. Bisher hatte ich einen großen Theil der Kunden vom Tulnerboden und auch die Mehrzahl der dortigen Bauern verkaufte mit ihre Frucht, weil die Märkte zu Neulengbach und St. Pölten ihnen zu entfernt lagen. Es leuchtete mir ein, daß nun das abseits gelegene Sieghartskirchen vernachlässigt, dagegen Tuln, als Centralpunct, berücksichtigt werden müsse.

Da war keine Zeit zu versäumen. Ich suchte und fand zu Tuln einen passenden Platz für eine Mehlniederlage und zwar in dem Wachberger’schen Hause auf dem großen Platze. Ich nahm das Gewölbe und die zwei gegenüber befindlichen Zimmer in Pacht, richtete sie zum Mehlverkauf ein und stellte meinen älteren Sohn Anton als Verkäufer hin. Die Tulner spotteten anfangs und meinten, daß wir bald wieder zusperren werden. Allein das Geschäft wuchs von Woche zu Woche, so daß die energische Hausfrau es für angezeigt fand, mich im Pachtzins zu steigern.

So kam ich in den Besitz des schönsten Hauses in Tuln, das – der Sage nach – einst die Babenberger=Regenten bewohnten. Es war für meinen Gebrauch wie geschaffen. Ein schöner Obst- und Küchengarten, ein neuer Schüttkasten für 6000 Metzen, alle unteren Localitäten gewölbt, kurz, alles nach Wunsch. Ich hatte vielleicht etliche zwanzig Häuser (theils um nichts zu verlieren, theils aus Speculation) gekauft, aber alle fand ich im schlechten Bauzustand; nur dieses Tulnerhaus war noch besser als ich dachte.

Nun zogen ich und meine Frau nach Tuln. Der ältere Sohn Anton und die zwei Töchter Marie und Lori blieben mit dem Dienstpersonale in Sieghartskirchen, um dort das Geschäft fortzuführen, während der andere Sohn Heinrich die Mühle zu St. Georgen an der Traisen besorgte. Alle drei Geschäfte (Tuln, Sieghartskirchen, St. Georgen) wurden unter meiner Leitung als Compagniegeschäft geführt; ich besorgte am Hauptplatze den Einkauf der Waare, alle drei verkauften mitsamen das Mehl, welches auf beiden Mühlen erzeugt wurde, und am Schluße des Jahres mußte Jedes sein Inventar vorlegen, damit ich den Gewinn berechnen, beziehungsweise nach Gebühr vertheilen und gutschreiben konnte. Es ging alles sehr gut. Längere Zeit waren ich und meine Frau ganz allein im neuen Hause, so daß sie sagte: „Jetzt leben wir gerade, als ob wir erst geheirathet hätten, so ruhig und allein.“ Wir hatten darüber große Freude und dankten Gott für das Glück, das er uns bescheerte. 

Da ich zuvor von einem Speculationskaufe sprach, so will ich noch einen Fall erzählen, der gewiß selten vorkommen dürfte. - Zwischen Sieghartskirchen und Judenau liegt der kleine Ort Wagendorf, bestehend aus 4 kleinen und 4 größeren Häusern, welche mitsamen einen schönen Gemeindewald besitzen. Die tonangebenden größeren Häuser nützten auf Kosten der kleinen Häuser den Wald, der an den meinigen stieß, am meisten aus. Oft dachte ich mir, wenn ich in meinem Walde nachsah, wie leicht mein Vorgänger zu Sieghartskirchen alle acht Häuser hätte an sich bringen können, da diese inzwischen um Spottpreise an Fremde verkauft worden waren.

sich der Handel verzögerte. Als ich davon hörte, ging ich sogleich nach Wagendorf, wo eben die Inventur des Hauses aufgenommen wurde und die Herren Wagendorfer beisammen waren. Ich frug die Erben öffentlich, ob sie ihr Haus verkaufen? und rieth ihnen eine Licitation an, ich würde es um jeden Preis erstehen. Da die Wagendorfer das Haus nicht billig erhalten konnten, so beschloßen sie in der Sitzung, das Haus um jeden Preis zu kaufen, daß „der Müller“ es nicht bekomme; der Wald werde denn Kaufschilling schon abzahlen.

Nun entwarf ich folgenden Schachzugsplan. Ich ersuchte schriftlich die Erben früher zu mir nach Tuln zu kommen, bevor sie zur Licitation nach Wagendorf reisen. Eines Morgens kamen sie und ich bat sie das Haus für mich zu licitiren und legte ihnen eine Note von 100 fl. für diese Gefälligkeit vor. Diese sagten gerne zu, doch ließ ich mir protocollarisch bestätigen, daß sie mich an die Gewähr bringen lassen, wenn sie das Haus erstanden haben. – Als die Licitation begann, nahm ich neben den Erben Platz. Bei jedem Anbot blieben selbstverständlich die Wagendorfer im Meistbot, solange ich mitlicitirte. Als ich nichts weiter mehr bot, glaubten die Wagendorfer siegreich das Feld zu behaupten. Bevor jedoch abgeschlagen wurde, gab ich den Erben unbemerkt ein Zeichen, zehn Gulden darauf zu geben. Darüber aufgebracht, sagten die Wagendorfer: „Wenn der Eigenthümer mitlicitiren will, soll er es sich behalten; wir werden uns nicht zum Besten halten lassen.“ Die Erben blieben im Meistbot und ich entfernte mich. Die Wagendorfer wollten später den Erben 500 fl. über den Erstehungspreis geben, allein diese konnten es nicht mehr verkaufen, weil sie mir verpflichten waren. – So kam ich wohlfeil zu einem Hause, was mir die Wagendorfer lange nicht verzeihen konnten.

Noch einige Beispiele von glücklichen Käufen und Verkäufen will ich hier anführen. Im Jahre 1866, wo (wie ich früher erzählte) der Typhus in meiner Familie herrschte, trug mir ein Bauer sein Haus zum Kauf an. Obwohl selbst krank, kaufte ich es ohne es anzusehen; drei Tage darnach verkaufte ich es mit 1000 fl. Reingewinn. – Mein letztes Haus, das ich 1886 kaufte, war durch drei Jahre in den Zeitungen feilgeboten und war nicht an Mann zu bringen. 28 Tage, nachdem ich es gekauft, verdiente ich dabei 1000 fl.

Beim Frucheinkauf in Ungarn und Oesterreich war ich in der Regel glücklich, mitunter auch etwas kühn. So erfuhr ich einst, daß auf dem Markte zu Eggenburg der Waizen 1 fl. billiger sei als bei uns. Ich fuhr am Vorabend dahin und sagte einem neugierigen Bekannten, der mich dort sah, daß ich für den nächsten Morgen Herren erwarte, mit denen ich ein Geschäft abzuschließen hätte. Der Markt war sehr besucht und zufällig fanden sich keine Juden als Einkäufer ein. Da sagten die Müller, weil es sehr kalt war: „Heute lassen wir die Bauern umspringen, damit sie mürbe werden.“ Ich ging zur Einsetz und sah die Frucht an. Die Bauern fragten mich, ob ich Waizen kaufe? Als ich es bejahte und mehrere Muster sogleich kaufte, kam ein Bauer nach dem andern und fragte, ob er seine Waare bringen könne? Ich antwortete: „Alle können damit kommen,“ und die ganze Einsetz gehörte mir. In einer halben Stunde war der Platz leer, und die Müller bekamen nichts. Zu dem Bekannten aber sagte ich: „Die Bauern waren die erwarteten Herren, mit denen ich das Geschäft abgewickelt.“ – Als ich in der nächsten Woche wieder nach Eggenburg kam, ersuchten mich die Müller den Markt nicht zu verderben. Ich sagte, wenn sie mir so viel Waizen als ich kaufen will, um einen billigen Preis verschaffen, so wolle ich dem Markte ferne bleiben. Es wurde abgeschlossen. Der Markt war übervoll und die Preise fielen. Da fragte ich den dort heimischen Bruder meines Tulner Nachbarn Kraft, ob er für mich nicht Waizen einkaufen wolle? Dieser that es mit Freude (ich saß indeß ruhig im Kaffeehaus) und kaufte tüchtig ein, so daß der Fruchtpreis dadurch gehoben wurde. Die anwesenden Müller lobten zwar meinen Geschäftsgeist, aber sie trauten mir nicht mehr.

Die selbstständige Stellung meines Sohnes Anton machte es unbedingt nothwendig, daß er eine Frau ins Haus bekomme. Er erhielt mehrere Heirathsanträge. Da meine Kinder mir in Allem gehorchten, so folgte er auch hier meinem Rathe und wählte die Tochter eines der wohlhabendsten Häuser in Sieghartskirchen, Namens Anna Winhofer. Niemand wußte etwas davon, selbst der Messner nicht, weil Herr Pfarrer von Sieghartskirchen, Dr. Willvonseder, das Brautpaar von einem Zettel heraus Ein für dreimal verkündete. Tags darauf war die Trauung in der Mariahilferkirche in Wien und mein Sohn hatte eine sehr brave Frau bekommen.

war, von der Gemeinde Sieghartskirchen meinen Heimatschein. Der Bürgermeister von Sieghartskirchen schickte das Document nach Tuln mit dem Beisatze, daß es ihn freue, wenn Gutscher ein Sieghartskirchner=Bürger verbleibe. Er erzählte davon auch im Gasthause und nun wurde – wie es schon geht – allerlei darüber gesprochen. Einige sagten, diese Abforderung des Heimatsscheines deute an, daß es mit mir nicht gut stehen müsse, wahrscheinlich sei ich stark verschuldet; woher sollte auch mein Vermögen herkommen? ich habe ja in Kogel nichts gehabt. Das Gerücht verbreitete und vergrößerte sich, zuletzt hieß es, ich habe mit nichts weniger als 80.000 fl. Crida gemacht. In allen Gasthäusern und auf allen Stellwägen wurde bereits darüber gesprochen, ehe ich ein Wort davon hörte, denn ich saß zu Hause beim Ofen und unterhielt mich mit meinem Mündel, Mathias Gisterer, der gerade auf Urlaub bei mir war.

Eines Tages kam meine Schwester von Heiligeneich, schüchtern und niedergeschlagen, zu mir und erzählte nach vielem Hin- und Herreden, daß der Nachbar ihr von meiner Crida mitgetheilt habe, und daß mein Gewölbe seit einigen Tagen polizeilich gesperrt sei. Hellauf lachend sagte ich zu ihr, da habe ihr der Nachbar einen rechten Bären aufgebunden, und machte mir gar nichts daraus. Als ich jedoch bald darauf zu meinem Nachbar ins Gasthaus ging, hörte ich meinen Namen nennen und bemerkte, daß augenblicklich alles still war, als man meiner ansichtig wurde. Das fiel mir auf. – Am selben Tag erfuhr mein Sohn Anton dieselbe Geschichte im Gasthause zu Abstetten und kam sogleich zu mir, und bald darauf Heinrich mit derselben Hiobstunde.

Jetzt war mir der Spaß doch zu arg. Ich schickte sogleich meinen älteren Sohn nach Wien, um ein Zeitungsinserat zu besorgen mit der Auforderung, es möge sich Jeder öffentlich melden, der an mich eine Forderung habe, und ließ Placate ähnlichen Inhalts überall anschlagen. Glücklicherweise hatte ich zuvor alle alten Sätze, auf denen etwas haftete, im Grundbuche löschen lassen und neue Forderungen hatte Niemand zu machen. Die Sache legte sich allerdings langsam, aber ob es Alle erfuhren, daß es nur ein Gerücht war? Mich hat die Sache überdies sehr viel gekostet.

Ortsschulrathes und arbeitete in der Gemeindevertretung bis 1886, wo ich krankheitshalber resignirte. – 1871 wurde ich zum Cassier der neu errichteten Tulner-Sparcasse gewählt, 1883 sogar zu deren Director. Ein ähnliches Ehrenamt bekleidete ich im Spar- und Vorschußverein für Tuln und Umgebung und im Verschönerungsvereine.

Was mein Geschäft betrifft, so ging es besonders im Jahre 1872 sehr stark, da die eiserne Brücke über die Donau gebaut wurde. Es gab viele fremde Arbeiter, die viel brauchten. Ich füllte den Schüttkasten mit 6000 Metzen Körnerfrucht. Da unsere Mühlen nicht so viel mahlen konnten, ließ ich die Mühle zu Traismauer vergrößern und einen Mahlgang hineinbauen. Die Kosten waren auf 6000 fl. veranschlagt, stiegen aber auf 26.000 fl. Inzwischen gingen die Fruchtpreise von 3 fl. zurück, es kam der sogenannte Krach (1873). Ich verlor bei 12.000 fl.

Als wir ihre Leiche in den Friedhof begleiteten, trug der Nordwind die Klänge der großen Glocke zwei Stunden weit bis Sieghartskirchen und Kogel, wo wir 28 Jahre mühsam mitsamen gelebt hatten. Manche Thräne wurde um die edle Frau geweint, die in ihrer Einfachheit nicht wußte, wie tugendhaft und beliebt sie war. Der Herr Pfarrer Schütz von Rappoltenkirchen tröstete mich mit folgenden Worten: „Ich bezeuge Ihnen hiemit meine innige Theilnahme über den herben Verlust Ihrer überaus schätzbaren Frau Gemahlin, die ich als eine liebevolle zärtliche Mutter, treue Gattin, und als eine im Stillen mit Bienenfleiß thätige Hausfrau stets hoch geachtet habe. Ich begreife, daß Ihnen der Verlust einer solchen Lebensgefährtin unersetzlich fallen muß. Möge Sie der liebe Gott in Ihrer Trauer trösten und Ihnen besonders darin Trost finden lassen, daß er Ihnen gut geartete und dankbare Kinder gegeben hat, die gewiß auch bemüht sein werden Ihren Schmerz zu lindern und durch Theilung Ihrer Sorgen allmählich Ihren Verlust zu erleichtern. Und, sowie ich vor 36 Jahren den Segen über Ihre Verbindung gesprochen habe, so will ich nun auch Gott bitten um Tröstung für Sie und Ihre Familie, und um eine glückselige Ruhe für die liebe Verstorbene, die sie durch ihr thätiges Leben so sehr verdient hat.“

Da die größeren Kinder gut versorgt waren und ihren eigenen Familienstand hatten, führte nach dem Tode meiner Frau die jüngere Tochter Lori meine Hauswirthschaft.

Meine erste größere Reise – nach Paris und London – entschied der Zufall. Im Jahre 1864 hatte ich bei dem Verwalter in Rapoltenkirchen zu tun, der eben in der Zeitung las, daß nach einigen Tagen ein Vergnügungszug nach den genannten beiden Städten abgehe. Da sagte er zu mir: „Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, so würde ich mir dieses Vergnügen gönnen.“ Ich achtete nicht weiter darauf und machte mein Geschäft ab. Im Nachhausegehen aber wandelte mich eine Luft dazu an und erzählte davon meiner Familie. Die Frau schwieg, die Kinder waren dafür. Immer zu Allem schnell entschlossen, war ich es auch hier. Ich fuhr fort, löste mir einen Regierungspaß, kaufte die Reisekarte, welche mit Verpflegung und Freiquartier 220 fl. kostete, Marie packte den Koffer und nach zwei Tagen wurde abgereist. Früher hatte ich mein Testament gemacht, denn man weiß bei solchen Reisen nie, ob man die Heimath wiedersieht.

Am Wiener=Westbahnhof ging es bunt durcheinander. Solche Massen von Koffern habe ich noch nie gesehen. Das Verabschieden so vieler Hunderte, das Weinen und Küssen und Tücherschwenken machten mich nachdenken, denn ich dachte an Weib und Kinder. Bei der Station Purkersdorf stieg ein bekannter Bauerssohn aus Gablitz ein, Namens Schönwieser, den mir seine Angehörigen empfahlen. In Linz war der erste Aufenthalt; auf dem Perron wurde das Mittagmahl eingenommen; ein Mitglied der Reisegesellschaft wurde närrisch und mußte zurückbefördert werden. Dann ging’s über Salzburg nach Baiern. Bei der ersten Haltstation verlangten die Wiener bairisches Bier und da keine Bedienung für so Viele vorhanden war, wälzten Einige fluggs Bierfässer herbei, zapften an und tranken nach Herzenslust; jeder warf nach Belieben sein Geld in eine Schüssel auf dem Tische.*)

In München wurde das Nachtmahl genommen. Bei Tagesanbruch sah ich bei Ulm die Donau, die ich aber nicht kannte, weil sie so klein war. Dann ging es nach Karlsruhe und rheinaufwärts nach Köln und Straßburg. Hier war es mit meiner Sprachkunst zu Ende. Während der zwei Stunden Rast besah ich den Münster mit der berühmten Uhr und den hohen Thurm, von wo aus die Passanten unten wie Zwerge

*) Wie ich auf dem Rückweg hörte, war der Wirth mit der Bezahlung sehr zufrieden.

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aussahen. Darauf wurde die ganze Nacht gefahren bis zur Station Paris. Bei der Reisegesellschaft befand sich ein alter Herr, der Allen lästig war. Dieser hatte sich in Straßburg verspätet und Alle waren froh seiner los geworden zu sein. Siehe da! auf dem Perron von Paris ging der alte Herr spazieren, er war uns mit dem Schnellzug vorgefahren.

Mein College und ich wurden im Hotel Louvre, den Tuillerien gegenüber einquartirt. Ich habe viele noble Hotels gesehen, aber ein nobleres nicht. Im Speisesaal waren die 15 Fuß hohen Wände mit Spiegeln tapeziert, auch die Thüren, Tausende von Gasflammen brannten, Gold und Silber war verschwendet. Mir erbarmten die Stoffe der Sessel, auf denen wir saßen. Einen ähnlichen Luxus sahen wir in den Tuillerien, in den Parlamentshäusesrn, selbst der Federstiel des Präsidenten war von blankem Geld.

Vom Siegesthor laufen alle Straßen in gerader Richtung nach der Stadt; es mußten Hunderte von Häusern niedergerissen werden, damit kein Haus einen Vorsprung habe und gelegentlich einer Revolution die Straßen durch einige Kanonen leicht gesäubert werden können. Die Aussicht vom Siegesthore ist imposant. Straßen und Trottoir sind breit angelegt, letztere etwa 8 Zoll über die Straße erhöht, wie jetzt am Graben in Wien. Vor jedem Hause gehen kleine Wasserläufe unter dem Trottoir auf die Straße. Täglich 7 – 9 Uhr Vormittags wird mittelst Dampfmaschinen das Wasser aus dem Seine=Fluß in die Häuser getrieben, um sie zu reinigen; dieses Wasser läuft an beiden Straßenseiten neben dem Trottoir fort und die Arbeiter schwemmen es mit Kehrbesen über die Straße, bis selbe durchgehends gewaschen ist. Erst wenn diese Arbeit geschehen ist, kommen die Commis, um die Kaufsgewölbe zu öffnen; denn man steht in Paris erst um 9 Uhr auf. Nachmittags 3 Uhr erscheint die Noblesse. Um diese Zeit sah ich täglich den kaiserlichen Prinzen (Lulu) im offenen Wagen ausfahren. Er saß allein darin – ein sehr hübscher Knabe. Zwei Generäle ritten an den Seiten des Wagens und 28 Gendarmen vertheilten sich vor und nach demselben, ein Reitknecht an der Spitze.

Am Pfingstsonntag Vormittags fuhren wir nach dem kaiserlichen Lustschloß St. Cloud. In dem schönen Parke sind viele Wasserbecken mit tausenden Figuren, die Wasser speien; über künstliche Felsenwände stürzen in ungeheuren Massen ganze Bäche herab – eine kostspielige Sehenswürdigkeit, denn jede Stunde soll 3000 Francs kosten. Auf dem Rückwege sah ich Bauern Futter mähen und Dünger führen, auch in der Stadt arbeiteten die Maurer auf den Gerüsten – trotz des Sonntages.

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Nachmittags besichtigten wir die Kirchen. In der Notredame=Kirche war eben Vesper mit schöner Musik, aber wenig Andächtigen. – In der Magdalenakirche ist eine so große Orgel, daß in einer Baßpfeife ein Mann stehen könnte. – In der Invalidenkirche liegen die Gebeine Napoleon’s, welche von der Insel St. Helena hierher gebracht wurden; von einem Eisengitter kann man auf den Sarg hinabsehen. Um denselben sind Fahnen aus aller Herren Ländern aufgepflanzt, ebenso stehen außerhalb der Kirche eroberte Kanonen aus allen Reichen. Auf die Vendomesäule stieg ich nicht hinauf, weil sie aus lauter österreichischen Kanonen gegossen ist. – Dann gingen wir in den zoologischen Garten, wo ich das erstemal ein lebendes Nilpferd sah; wenn es im Teiche schwamm, trieb es das Wasser weit über das Ufer hinaus.

So fuhren wir durch sieben Tage herum, um die verschiedenen Merkwürdigkeiten von Paris zu sehen.

Dann ging die Tour nach London. Von Wien bis Paris wurde unsere Bagage befördert, ohne daß wir uns umsehen durften; von jetzt an mußten wir sie selbst besorgen. Da ist mir etwas Merkwürdiges passiert. Unsere Koffer wurden auf Lastwagen verladen und wir fuhren mit dem Handgepäck in Stellwägen zur Bahn. Als wir ausstiegen, gab jeder dem Conducteur ein Trinkgeld; ich hatte kein Kleingeld und ersuchte daher einen Collegen, mit einen Napoleondor zu wechseln. Während dieser Zeit fuhr der Wagen, in welchem sich mein Mantel befand, den ich erst neu gekauft hatte, davon. In der Meinung, daß er in das Hotel zurückgefahren sei, fuhr ich mit einem Comfortable schnell dahin, fand ihn aber nicht. Der deutsche Kellner fragte mich, ob ich die Wagennummer wisse? Als ich es verneinte, rief er: „Schauen Sie, daß die den Andern nachkommen, sonst können Sie auf eigene Kosten nach London fahren.“ Also schnell zurück zur Bahn. Als ich aus dem Wagen sprang und die Fahrt bezahlte, ging der Zug ab. Ich schrie und winkte den Reisecollegen, die einen solchen Höllenspectakel anfingen, daß der Zugführer halten ließ. Athemlos stieg ich in den Waggon und der Zug fuhr weiter. Als ich mich etwas erholt hatte, fiel mir ein, daß ich meinen Koffer nicht aufgegeben hatte, er also verloren sei. Ich war sehr verstimmt, denn nun besaß ich nichts als eine Hutschachtel und ein kleines Reisetäschchen.

bis auf das Handtäschchen. – Endlich ging das Schiff ab, es war eine ruhige See. Der Himmel war heiter, der Mond ging unter, die Nacht verschwand und mit ihr das Land, so weit das Auge reicht – nichts als Himmel und Wasser. Am Morgen stieg die Sonne aus dem Wasser empor und spiegelte sich in allen Farben an den Wellen ab, ein für mich neues Naturspiel, bei dem ich alles, selbst das Verlorne vergaß. Mir erbarmten die armen Segelschiffe, die unserem flotten Dampfer nachsehen mußten.

Nach acht Stunden kamen wir ans Land. Alles hatte vollauf mit den Koffern zu thun, weil neue Visitation war; nur ich konnte sorgenlos zusehen, und bewunderte indes die unzähligen Thiere, welche die Ebbe am Meeresrand zurückgelassen hatte. Da wurde mir zugerufen: „Einsteigen.“ Schnell sprang ich durch die Visitationsräume und bemerkte am äußersten Ende einen Koffer, der dem meinigen ähnlich sah; richtig trug er meine Nummer, ich packte ihn und lief davon, warf ihn in den Gepäckswagen, sprang in das Coupe und der Zug dampfte davon, obwohl die Finanzwächter mit Ungestüm meinen Koffer noch visitieren wollten; ich that aber, als ob ich nichts hörte. So wurden meine Sachen ohne Mühe nach England befördert. – Des andern Tages fuhr ich nach der Table d’hote, die 5 Uhr Abends war, auf einem Sofa des Salon mehrere Kleidungsstücke, darunter auch meinen Mantel mit meinen Notizbuche. Es ist richtig wahr, was das Sprichwort sagt: „Je ungeschickter der Mensch, desto größer ist oft sein Glück.“ Des andern Tages kam ich auch noch in den Besitz der verlorenen Hutschachtel, so daß ich alle meine Sachen wieder beisammen hatte.

Um die Sehenswürdigkeiten von London zu besuchen, war die Reisegesellschaft in Parthien von 15 – 20 Personen vertheilt, deren jede einen Führer hatte, der deutsch verstand und der in der Stadt mit uns herumfuhr. – Obwohl wir Alles unentgeltlich sehen konnten, brauchte ich doch täglich 14 fl.; eine Cigarre kostete z. B. 9 kr., für das Aufbewahren des Regenschirmes mußte man jedes Mal 1 Schilling bezahlen, was in Wien höchstens 10 kr. kostet (ich kaufte mir daher eine Ueberzieher, der innen ein Futter hatte; wenn es regnete, drehte ich ihn auswärts, dadurch ersparte ich so viele Schillinge als der Ueberzieher kostete.) Am Theuersten war das Uebernachten. Auch die Führer und Fiaker verschlangen viel Geld, mitunter wurden wir auch geprellt, so daß Jeder über seine Rechnung kam und ich meinem Reisecollegen mit Geld aushelfen mußte.

Das Merkwürdigste bleibt unstreitig die Großartigkeit des Anblickes

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der unzähligen Schiffe auf der Themse, die dort breiter ist als die Donau bei Wien. Zur Fluthzeit steigt die Themse – durch das Meer zurückgestaut – 18 bis 19’ in die Höhe. Außerhalb der Stadt sind eine Unzahl Gräben ausgemauert, welche Doggs heißen, etwa 4 Klafter tief und 40 Klafter breit, und mit einem eisernen Thore dem Flusse zu abgeschlossen sind. Sobald die Fluth eintritt, vermindert sich der Fall des Flusses bis er endlich stille steht und rückwärts geht, anfangs in kleinen Wellen, dann in größeren gleich hunderteimerigen Fässern. Jetzt erscheinen – wie ein Wald von Segeln – unzählige Schiffe, die eisernen Thore der Doggs werden durch den Druck des Wassers geöffnet und die Schiffe fahren in ihre Doggs hinein, deren jedes Land der Welt einen oder mehrere hat. Die Magazine bei den Doggs kamen mir zahlreicher vor als die Häuserzahl der Stadt Wien. Tritt dann die Ebbe ein, dann fallen die eisernen Thore von selbst zu und sperren das Wasser in den Doggs ab, so daß die Schiffe in denselben drei Klafter hoch stehen, während die eisernen Thore diesen ungeheuren Druck aushalten müssen. Man staunt über diese kunstsinnige Verwendung der Naturkräfte und vergisst dabei auf Essen und Trinken.

An einem Sonntag machten wir auf einem Dampfer eine Spazierfahrt von Morgen bis Abend, weil an diesem Tage in England Alles geschlosses ist; der Sonntag wird dort so geheiligt, daß es an diesem Tage nicht einmal ein Theater gibt. Um Alles zu beschreiben, was wir sahen, müsste ich ein ganzes Buch schreiben. Ich sage nur, daß ich ganz glücklich war, Englang kennen gelernt zu haben. – Einen freien Tagbenützten wir, um die Weltausstellung zu sehen. Für das Essen bezahlte Jeder nur einen Schilling (ohne Getränk.) Das Hinausfinden aus dem Riesengebäude war vie schwerer als der Eintritt in daßelbe. – Nach dem Abendessen fuhren wir gewöhnlich in einem Fiaker herum und sahen dies und jenes an; z. B. auch ein interessantes Wachscabinet, in welchem die berühmtesten Männer der Welt in Lebensgröße dargestellt waren, wie Napoleon, Maria Stuart, Orsini u. s. w.

Nach acht Tagen reisten wir auf einer andern Route nach Paris zurück, wo ein Tag gerastet wurde, was ich für eine Zeitverlust hielt, zumal ich schon reisemüde war und eine Sehnsucht nach der Heimat fühlte. In München glaubte ich schon zu Hause zu sein, weil ich mit den Leuten wieder reden konnte. Es war gerade Frohnleichnamsprocession, bei der sich auch der königliche Hof betheiligte. – In Linz begrüßte uns eine Musikkapelle und es wurde dabei getanzt, daß der Staub aufwirbelte. Alles freute sich, wieder im lieben Oesterreich zu sein. - Abends 9 Uhr kamen wir nach Wien, wo ich Tags darauf noch Einkäufe machte, um meinen Leuten ein Pariser=Andenken mitzubringen. Ich kam – Gottlob – gesund nach Hause und traf auch so die Meinigen.

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Es war dies die erste Reise, die ich in der Gesellschaft des hochw. Herrn Canonicus Dr. Kerschbaumer machte. Er wollte eigentlich nur seinen Freund Josef Leonard Mayer, der mit ihm in Jerusalem war, in Tirol besuchen, aber mir zuliebe dehnte er die Reise auf die Schweiz aus.

Am 29. April 1874 fuhr ich von Tuln nach Neulengbach, von dort auf der Westbahn nach Amstetten und von hier auf der Rudolfsbahn durch das Gesäuse über Villach nach Lienz, wo der obengenannte Pilgercollege wohnte. Das war für beide Herren ein freudiges Wiedersehen. – Nach einem kurzem Besuche bei dem Pfarrer von St. Lorenzen im Pusterthale, don der Herr Canonicus gleichfalls gut kannte, reisten wir über Brixen und Bozen nach Meran, den schönsten Punct in Tirol. Diese Stadt ist ein irdisches Paradies, wo schon viele Südfrüchte und ein guter Wein wachsen. Nun fuhren wir auf einem Stellwagen weiter in das Vintschgau. Der wagen war überfüllt und der Kutscher fuhr so leichtsinnig, daß ich mich fürchtete; er plauderte mit den Mädchen auf dem Bock, als bemerke er gar nicht die gefährlichen Stellen, die wir passirten. Das Nachtquartier in Schlanders war eines der billigsten, seitdem ich reise. Wir aßen Abends kälberne Schnitzel mit Compott, tranken dazu zwei Seitl guten alten Wein, benützten ein Zimmer mit zwei Betten, erhielten zum Morgencaffee noch eine Torte und bezahlten dafür Jeder nur 1 fl. 50 kr.

Von Schlanders fuhren wir mit einem Einspänner des Wirthes – es war der 3. Mai – nach Mals, wo ich die Tiroler in ihrer Andacht beim Gottesdienst bewunderte. Hier sahen wir auch den höchsten Berg unseres Kaiserstaates, nämlich die Ortlesspitze, welche 14.000´ hoch ist. Nebelfrei lag der majestätische Berg da und das ewige Eis spiegelte sich in den Strahlen der Sonne. Diese Naturschönheit hat aber auch ihre Schattenseite, denn das schöne Thalland wird von den Gletscherwässern oft überströmt und durch Schutt und Steingerölle verwüstet, so daß die Bewohner einer traurigen Zukunft entgegenschauen; namentlich gilt dies von der nahegelegenen Stadt Glurns.

Da wir uns mit einem schlechten Kaffee auf einer Zwischenstation den Magen verdorben hatten, so beschlossen wir den Weg über die Malserhaide

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bis Randers zu Fuß zu machen. Es war dies keine beschwerliche, aber eine lange Tour, denn sie dauerte von 12 Uhr Mittags bis 6 Uhr Abends. Interessant war auf dieser Strecke der Ursprung der Etsch, die sich in drei kleinen Teichen auf der Hochebene sammelt. – Wir besuchten noch die nahe von der Natur geschaffene Festung Finstermünz. Die Straße windet sich dort in einer engen Schlucht, so daß ein Eindringen unmöglich erscheint, wenn die Kanonen ihre Wirkung thun. In die Felsenschlucht stürzt sich der junge Inn mit seiner grünen Farbe hinab.

Ganz erschöpft kamen wir nach Rauders, wo wir auf der Post übernachteten. Ich sehnte mich nach einer guten Suppe, denn ich hatte seit dem fatalen Kaffee nichts gegessen; leider aber konnte ich die geselchte Suppe nicht einmal riechen und es fing an mich zu frösteln. Mir wurde bange, in einer so abgelegenen Gegend krank zu werden. Ich begab mich auf mein Zimmer, hüllte mich in den Mantel und leerte die halbe Bonteille Wein, die ich von Meran mitgenommen hatte. Es wurde mir besser und ich fühlte natürliche Wärme; nun leerte ich die Flasche ganz aus, worauf mir so wohl wurde, daß ich eine Cigarre schmauchte. Bald darauf kam Herr Canonicus und erzählte mir, daß im letzen Winter – wie man ihm mittheilte – viele Rinder in Rauders von Bären, die aus dem Engadinerthal in der Schweiz heraufkommen, zerrissen wurden. Und am nächsten Tag sollten wir dahin reisen. Gute Nacht!

Am nächsten Morgen setzten wir in einem guten Postwagen, der mit 4 Pferden bespannt war, die Reise fort und passirten bald die Schweizergrenze. Das Engadinthal ist enge und die Straße führt oft an Abgründen vorüber, aus denen Wassergetöse – wie ein ferner Eisenbahnzug – heraufmurrt; kurze Pflöcke oder Stangen markieren den Abgrund. Vor 14 Tagen wurde ein Dutzend Personen von einer Schneelawine in die Untiefe geschleudert, und lebendig begraben. Trotzdem fuhr unser Postwagen mit rapider Schnelligkeit auf dieser halsbrecherischen Straße. Mittags wurden die Pferde in Schuls gewechselt, ein reinliches, gepflastertes Städtchen, wo wir ein gutes Mittagessen um 10 Francs erhielten. Eine Bouteille rothen Ofnerweines brachte meinen Magen vollständig in Ordnung.

Das Thal stieg immer aufwärts, bis wir Abends gegen 8 Uhr um Ende desselben, nämlich in Samaden, ankamen. Ich staunte daselbst die nobelsten Hotels, der Stockwerk in der Höhe, auf das Geschmackvollste eingerichtet zu finden. Der Ort liegt 6800´ über der Meeresfläche, ringsum von Gletschern umgeben, so daß alle Lebensmittel viele Meilen weit auf der Achse hergeführt werden müssen. Und doch finden

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die Leute ihre Rechnung. Im Hochsommer wird es hier erst Frühjahr, und da kommen Engländer und andere reiche Leute und zahlen für zwei Monate so viel Zins, als ob sie das ganze Jahr daselbst wohnten.

Tags darauf ging es über die Alpen, und zwar über den Julierpaß, der erst seit drei Tagen für den Postverkehr frei war. Um 5 Uhr Früh fuhren wir ab, kamen um 9 Uhr auf eine Ebene mit drei fischreichen Teichen (Ursprung des Inn), dann ging es noch immer aufwärts bis wir die Wasserscheide (bei 8000´ hoch) erreichten. Dort mußten wir in Schlitten umsteigen, denn der Schnee lag noch 8´ hoch und durch denselben war eine stundenlange Gasse ausgeschaufelt. Es herrschte eine Bärenkälte und die Wagenfenster waren fingerdick gefroren. Alle Wegarbeiter gruben graue Brillen, um im Schnee nicht zu erblinden. – Dann ging es schnell abwärts. Die mit der Gefahr vertrauten Kutscher ließen die Pferde selbst an den Krümmungen so stark laufen, daß man glaubt, der Wagen müsse in den Abgrund fliegen. Allmählig wurde die Temperatur milder, der Schnee schmolz, die Wassermassen strömten nun von Osten nach Westen (Ursprung des Rheines), Gesträuche und Bäume kamen zum Vorschein, bald zeigte sich frisches Grün und im Thale unten stand Alles in der schönsten Frühlingsblüthe. Um 4 Uhr Nachmittags kamen wir in Chur an. Das war eine schauerlich schöne, aber reizende Fahrt; wir bezahlten dafür Jeder 25 Francs.

Bisher hatten wir schönes Wetter. Kaum aber saßen wir auf der Eisenbahn, fing es zu regnen an und es fiel ein Nebel ein, daß man kaum 50 Schritte weit sehen konnte. Abends 10 Uhr waren wir in Zürich. Zürich ist eine schöne Stadt, in der sich die Fremden der reizenden Lage wegen an dem von beflaggten Schiffen belebten See gerne aufhalten. – Während der Fahrt nach Luzern, sahen wir den schneebedeckten Pilatus. Dieser Wechsel der Landschaft macht das Reifen in der Schweiz so reizend. Die Berge glänzen im Schnee, und im Thale lacht frisches Grün und duftet es von Blüthen. Für das Umwechseln österreichischer Banknoten in Schweizergeld mußte ich 5 Frances bezahlen.

Da sich der Tag aufgeheitert hatte, fuhren wir auf dem Vierwaldstättersee, durch welchen der Rhein fließt, bis Brunnen und wollten den Rigi besuchen, aber die Eisenbahn dahin war der Jahreszeit wegen noch nicht eröffnet. Dagegen sahen wir das Monument des Wilhelm Tell. Ein Einspänner brachte uns bis auf den Sattel, von wo wir zu Fuß nach Richterswill bergab gingen, aber leider das Dampfboot nicht mehr erreichten. Herr Canonicus hatte sich in der Bemessung der Entfernung getäuscht. So mußten wir mit dem Nachtschiffe auf dem Zürchersee fahren,

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wo wir in demselben Hotel zur Krone wie gestern, gut und billig übernachteten.

Von Zürich fuhren wir zu dem Rheinfall nach Schaffhausen. Bei der Station Winterthur fiel mir auf, daß dort die Reben 12 – 14 Zoll hoch geschnitten und gleich an schief liegende Stangen angebunden werden; viele waren mit Stroh eingebunden – wahrscheinlich feinere Sorten. Der Rhein stürzt bei Schaffhausen haushoch über Felsen und macht dabei einen Lärm, daß man sein eigenes Wort nicht versteht. Auf einem Felsenblock sah ich auf der Spitze ein Dächlein wie einen Regenschirm. Ich zerbrach mir den Kopf, wie das wohl hinaufgebracht worden sei. Da rief mich Herr Canonicus zum Einsteigen in einen Kahn, der an allen Enden krachte. Der Schiffer fuhr mitten in die Wellen hinein und ich legte einen Mantel um, weil der Wasserstaub wie Regen herabfiel. Ich rief dem Schiffer zu umzukehren, aber er hörte mich nicht. Beim Felsen angelangt bestiegen wir, an ein Eisengeländer uns haltend, auf Felsenstufen die Spitze und saßen nun unter jenem regenschirmartigen Dache, wo wir mit Muße den Kampf der Wellen betrachten konnten. Mir kam vor, als ob der ganze Felsen zitterte. Daß dieser Felsen in hundert Jahren nicht mehr steht, darauf könnte man Gift nehmen. Anstatt den kürzeren Weg führte uns der Schiffer quer über die Wellen, um uns noch mehr Angst zu machen, und für diesen Schreck mußten wir beim Aussteigen jeder einen Franc bezahlen.

Da wir auf dieser Reise den Ursprung so vieler Flüsse gesehen hatten (Mur, Eisak, Drau, Etsch, Inn, Rhein), so wollte ich zum Schluße den Ursprung der Donau sehen. Deshalb fuhren wir über Ulm nach Donaueschingen im Schwarzwald. Die Donau entspringt in dem dortigen Schlosspark; die mächtige Quelle ist eingemauert und mit einem Eisengitter gesichert. Nicht weit entfernt kommen zwei Flüschen zusammen, daher die Schwaben sagen: „Die Briga und Brega bringen die Donau zuwega“; hier treibt das Wasser bereits eine Mühle mit vier Mahlgängen. In dem genannten Garten nisten auf Inseln alle Gattungen von Enten und Gänsen. – Von hier ging es über Eßlingen und Simbach direct nach Hause zurück.

                                             _________ 

Ich schließe hier sogleich meine Reise über den Arlberg nach St. Gotthard in der Schweiz an, die ich im Jahre 1885 ausführte. Bei sehr unfreundlichem kalten Maiwetter kam ich mit meinem gewöhnlichen Herrn Reisebegleiter nach Innsbruck. Letzterer wollte umkehren,

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aber ich sagte: „Da werden die Tulner uns auslachen.“ – So fuhren wir mit dem Schnellzug weiter durch das herrliche Innthal. Bei Imst sieht man eine Kapelle, die zum Andenken an den seligen König von Sachsen, de dort mit einem Wagen umgeworfen wurde und starb, erbaut ist. – Auf dem Arlberg fing es zu schneien an, wovon wir allerdings in dem langen – 21 Minuten langen – Tunnel nichts merkten. Der Bau dieser Bahn ist ein wahres Wunderwerk der Ingenieure; mich wundert nur, daß dort nicht mehr Unglücksfälle passiren, weil die Bahn gar so kühn gebaut ist. – In Vorarlberg schneite und regnete es um die Wette bis Bregenz. Wir waren sehr verstimmt darüber, daß diesmal die Witterung uns so ungünstig war. So schön der Bodensee bei Sonnenschein ist, so abscheulich ist er, wenn die nassen Wolken sich mit ihm vereinigen.

Zufällig sprach ich einen Herrn, der mir sagte, daß man mit dem Schnellzuge in einem Tage von Bregenz über St. Gotthard nach Mailand reisen könne. Sogleich war mein Entschluß gefasst, auf der Eisenbahn fortzufahren, bis wieder die Sonne scheint. Da mein Reisecollega meinen Entschluß nicht theilte, so fuhr ich allein, nachdem er mir noch einige Rathschläge bezüglich der Weiter- und Rückreise ertheilt hatte. Ich benützte den nächsten Schnellzug. Die Fahrt über den Gotthard ist bei weitem nicht so gefährlich wie über den Arlberg, den langen Tunnel verschlief ich zum Theile. Als wir aus dem Loch wieder in´s Freie kamen, zeigten sich die milden Sonnenstrahlen und am herrlichen Comosee lachte der heitere Himmel, so daß ich meinen Ueberzieher in eine Ecke warf. Um 8 Uhr Abends war ich in Mailand.

Die Fahrt reute mich nicht, nur war sie etwas langweilig, weil ich keine Ansprache hatte. Daher benützte ich am folgenden Tage den nächsten Zug und fuhr über Venedig nach Triest und Wien zurück. Da ich die Italiener nicht verstand, so hatte ich einige Unannehmlichkeiten, über die ich mich ärgern mußte; aber endlich kam ich doch an mein Ziel und es freute mich, daß ich meinen Plan allein ausgeführt hatte.

Rom und Neapel.

Im Jahre 1875 feierte Papst Pius IX. sein fünfundzwanzigstes Regierungsjahr. Aus diesem Anlasse pilgerten viele hundert katholische Christen nach Rom, um dem heiligen Vater ihre Huldigung darzubringen. Aus der Diöcese St. Pölten meldeten sich als Pilger: Anton Erdinger, Alumnatsdirector zu St. Pölten, Mathias Dimmel, Dechant und Pfarrer

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zu Groß-Siegharts, Gotthard Haberl, Pfarrer zu Loiben, P. Victorin Fröhlich, Pfarrer zu Dreieichen und Mitgied des Benedictiner=Stiftes Altenburg. Auf Anrathen und Vermittlung des hochw. Herrn Dr. Anton Kerschbaumer wurde ich in diese Pilgergesellschaft als Collega aufgenommen.

Der Verabredung gemäß hätte die Zusammenkunft am 4. April zu Wien im Hotel zur Stadt Frankfurt und um 3 Uhr Nachmittags die Abreise stattfinden sollen. Als ich Vormittags mich im Hotel anfragte, hieß es: „Die Herren sind schon nach Italien abgereist“. Ich dachte mir, ich sei als Laie den Herren vielleicht lästig, und beschloß allein nach Triest und Venedig zu reisen. Der Portier zog die Uhr und sagte: „Wenn Sie schnell mit einem Fiaker zur Südbahn fahren, können Sie den Schnellzug noch erreichen“. Gesagt, gethan. Als ich in den Wartesaal trat, traf ich alle Herren beisammen, machte aber von dem Vorgefallenen keine Erwähnung, und so fuhren wir in Gottes Namen ½ 10 Uhr Vormittags ab.

In Graz wurde übernachtet und dann nach Triest weiter gefahren. Der Karst ist ein trostloses Gebirge, von dem der Borawind allen Humus weggeblasen hat, so daß auf den Felsen nichts mehr wachsen kann. Dahin führt eine schlechte Bewirthschaftung des Waldgrundes. Früher standen dichte Wälder daselbst, aber weil die Hölzer bei den Hafenbauten am Meere guten Absatz standen, wurde Alles auf Einmal abgetrieben und nichts weiter cultivirt; in Folge dessen trocknete der Boden aus, die Sonne verbrannte den Rasen, das übrige that die Bora. Weit und Breit ist nichts als kahler Felsen zu sehen. Wo sie die Verstorbenen dort begraben, weiß ich nicht. – Von Triest machten wir einen Ausflug nach Miramar, wo vor Kurzem das Monument des unglücklichen Erzherzogs Max, der in Mexiko ein so tragisches Ende fand, errichtet worden war. Kunst, Geschmack und Luxus wetteifern in diesem romantischen Kaiserschlosse.

Von Triest fuhren wir mittelst Bahn über die italienische Gränzstation Comorns, wo ich glücklich mit meinem Cigarrenvorrath durchkam, nach Venedig. Die Lagunen sehen aus wie abgelassene Teiche. Eine Gondel brachte uns in das deutsche Hotel Bauer. Die ganze Stadt steht bekanntlich auf Bürsten; wohin man will, muß man zu Wasser fahren, daher es eine Massa Gondeln gibt; nur auf dem Marcusplatz kann man lustwandeln wie auf dem Graben in Wien. Die Stadt war beflaggt, weil Kaiser Franz Josef mit König Humbert von Italien hier zusammentraf; leider sah ich wenig österreichische Fahnen. – Das interessanteste Baudenkmal ist die Marcuskirche; alles darin hat einen Kunstwerth. Unser Cicerone redete darin laut wie auf der Gasse. Vom Thurme aus hatten

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wir einen Ueberblick über Stadt und Meer. Komisch sah es aus, wie die großen Segelschiffe von einem kleinen Dampfer, dessen Maschine einem eisernen Ofen glich, in den Hafen gezogen wurden; es kam mir vor, als ob ein großer Hund im Wasser vorausschwämme. Dann gingen wir in den Dogenpallast, wo zur Zeit der Republik die Dogen das Wohl und Weh der Stadt beriethen. Ein Uebergang darin heißt die Seufzerbrücke, weil über dieselben die Verurtheilten in das Gefängniß wandern mußten. Die Stadt geht der Verarmung entgegen, es wird nichts gebaut, kaum das Bestehende erhalten.

Die Reise ging nun nach Padua. Wir begegneten den beiden Monarchen, als sie von der Parade in Padua nach Venedig zurückfuhren. – Bei Verona übersetzten wir den Po und kamen in den ehemaligen Kirchenstaat. Der Boden ist hier besser bebaut als in Oberitalien und erinnert theilweise an das Bauat. – In Bologna übernachteten wir. Die hiesigen Kirchen haben keine Stühle, sondern Sesseln, die irgendwo zusammengeschlichtet werden, von wo man sie nach Belieben nehmen kann. Die zwei schiefen Thürme sehen aus, als ob sie umfallen möchten. – Die Stadt Florenz am Arnofluße gefiel mir am besten; schöne Lage, reinliche Häuser und Straßen, gesunde Luft. – Von dort ging es über die Appeninen durch 36 Tunnels. Diese Berge sehen erbärmlich aus, weil sie nicht bewaldet sind, höchstens bis zur Hälfte stehen verkrüppelte Eichen und Buchen; daher sind aber auch die Flußbeete voll Gerölle.

Bevor wir die Richtung nach Rom einschlugen, besuchten wir über Assisi, wo der h. Franz von Assisi lebte, und über Foligno und Aucona nach Loretto. Als wir dort ankamen, war es 11 Uhr Nachts. Wir hatten die Adresse an ein Privatquartier, aber der Kutscher hielt bei einem Gasthause, wo die Kellner und eine Menge Gesindel uns umlagerten. Da die geistlichen Herren darauf bestanden, so mußte uns der Kutscher in das Privatquartier in einer abgelegenen Gasse führen, wo schon Alles schlief. Mir war unheimlich zu Muthe, weil das Gesindel uns begleitete. Nach langem Pochen wurde geöffnet und nun verlangte das Gesindel noch eine Bezahlung dafür, daß es uns belästigt hatte. Im Gasthofe wären wir besser aufgehoben gewesen. Das Quartier bestand aus einem Zimmer und einem Kabinete, welches ich und Herr Pfarrer von Dreieichen bezogen. Letzterer wollte nicht schlafen gehen, weil er einen Ueberfall des Gesindels, welches uns drohend verließ, besorgte. Endlich übermannte ihn doch der Schlaf und wir schlummerten ein. Plötzlich fuhr der Herr Pfarrer auf und schrie: „Räuber sind da“. Ich stürzte mit ihm in das Nebenzimmer, wo auch die geistlichen Herren aus

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den Betten sprangen und fragten, was es gebe? Endlich klärte sich die Sache auf, daß unsere Nachbarn so schnarchten, als ob ihnen schon die Kehle abgeschnitten wäre. Mit dem Schlafen war es vorbei, weil auch schon der Morgen graute. Wir gingen in die große Kirche, in welcher das Häuschen steht, wo das erstemal das Ave Maria durch den Erzengel Gabriel ausgesprochen wurde. Da wir uns an diesem berühmten Wallfahrtsorte einen Tag aufhielten, hatten wir Zeit, die Kirche mit ihren Kunstschätzen genau anzusehen.

Sodann fuhren wir die ganze Nacht auf der Eisenbahn und langten am andern Tage Mittags in Rom an, wo wir im deutschen Nationalhospize Anima abstiegen. Da in der Anima wenig Platz war, wurden Herr Pfarrer von Dreieichen und ich in einer Privatwohnung untergebracht.

Der erste Gang war in die Peterskirche, um am Grabe des heil. Apostelfürsten zu beten. Es ist dies die größte Kirche der Welt, größer als 4 1/8 Joch. Die Kerzen beim Hochaltar haben die Stärke eines Weberbaumes, damit sie zur Größe der Kirche passen. Bei dem Hochaltar sieht man in die Gruft Petri hinab, bei der immer Leute beten und etliche 40 Lampen brennen. Wir wurden auch in der Gruft unterhalb der Kirche herumgeführt, wo man sich leicht verirren könnte.

Es ist nicht möglich, Alles zu beschreiben, was min in Rom Großartiges sieht; man würde auch in etlichen Monaten mit dem Sehen noch nicht fertig. Welche Kunstschätze befinden sich in den vielen hundert Kirchen! Mich interessirte besonders die Stelle, wo der h. Paulus enthauptet wurde (außerhalb der St. Pauluskirche); dort entsprangen drei Quellen, wo das abgeschlagene Haupt hinfiel, und diese Quellen bestehen noch. In einer anderen Kirche sahen wir die eisernen Ketten, mit denen Petrus gefesselt war, und wo er im Gefängniß saß; die Stiege aus Jerusalem, auf welcher Christus zu Pilatus geführt wurde; die Engelsburg; den Vatikan mit seinen 11.000 Zimmern; zuletzt auch den heiligen Vater selbst, der mir meine Rosenkränze persönlich weihte.

Nachdem wir Rom gesehen hatten, fuhr ich mit meinem Zimmercollegen nach Neapel, wo wir Abends ankamen. Da mich Herr Canonicus Dr. Kerschbaumer vor den Lazzaroni gewarnt hatte, so nahmen wir am Bahnhofe einen Wagen und der Herr Pfarrer, der etwas italienisch verstand, sagte dem Kutscher die Adresse des deutschen Withes, an den wir empfohlen waren. Fluggs saß ein Strizzi auf dem Bock – ich glaubte er sei ein Bekannter des Kutschers und sagte nichts. Als wir abstiegen, hatte er schon mit dem Wirthe gesprochen und theilte uns mit, daß hier

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kein Platz sei, und führte uns in das nächste Hotel. Dort parlamentirte er mit dem Withe, der ihm für jeden Gast 4 Francs bezahlen mußte, dann kam er noch zu uns in´s Zimmer und verlangte von Jedem einen Franc. So hatte er im Nu 10 Francs erschwindelt. Das geschieht Alles, ohne daß man irgendwo sein Recht suchen kann. Wo duldet in einem geregelten Staate ein Hotelbesitzer, daß ein solcher Mensch das Passagierzimmer betritt und den Reisenden belästigt? Uebrigens machen es unsere Vagabunden zu Hause bei den Besitzern auf dem Lande auch nicht viel anders! Das Nachtmahl nahmen wir in dem deutschen Hotel, wo wir uns heimisch fühlten. Der Vesuvwein (Lacryma Christi) mundete uns derart, daß wir jeder 2 Bouteillen leerten, wofür für 14 fl. bezahlten.

Den andern Tag fuhren wir zum Vesuv. Ich konnte mir diesen rauchenden Berg nicht genug ansehen. Der Rauch steigt fortwährend zum Himmel, als ob unten in der Tiefe eine Scheuer brennen möchte. Seit tausend Jahren brennt er schon und wie lange wird er noch brennen! Es ist ein herrliches Naturschauspiel.

Vor beiläufig 1800 Jahren hat dieser feuerspeiende Berg drei Städte, nämlich Stabiä, Herkulanum und Pompeji verschüttet. Pompeji, eine Stunde vom Vesuv entfernt, nahe am Meere liegend, ist mehr als die Hälfte ausgegraben. Die Gebäude stehen da (mit Ausnahme der verbrennbaren Theile), als wären sie erst gestern verschüttet worden. Man sieht darin die Malereien, die Benennung der Straßen, die Aufschriften der Monumente, das ausgefahrene Pflaster und die ausgetretenen Trottoirs. Ich sah eine Mühle mit 4 Mahlgängen, die von 4 Ochsen betrieben wurde, und im Kreise herum 7 Backöfen, wo das gemahlene Korn gleich gebacken wurde; die Mühlsteine liegen noch so nett übereinander, als ob die Ochsen erst ausgespannt worden wären; die Öfen sind so gut, daß man gleich darin Brod backen könnte. Die Verschüttung beträgt mehrere Klafter. Es arbeiten immer einige hundert Personen bei den Ausgrabungen und zwar unter strenger Kontrolle, daß nichts verschleppt werde. – Interessant sind die bei der Verschüttung umgekommenen Menschen und Thiere zu sehen; sie sind in derselben Form geblieben, nur haben sie statt der Haut eine fingerdicke Kruste; die Eingeweide sind vertrocknet. So sah ich einen Hund ganz vollständig, dessen Ohren und Schweif verkohlt waren. – In der Nähe befindet sich ein Ausstellungscabinet, wo die ausgegrabenen Gegenstände und Werthsachen gegen Bezahlung zu sehen sind. Davon werden die Ausgrabungskosten bestritten. Trinkgelder dürfen hier nicht gegeben werden. – Die zwei anderen Städte können nicht blos gelegt werden, weil sie zu tief verschüttet sind; es sind jetzt Weingärten

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dort angelegt, in denen der beste Wein Italiens wächst, nämlich der Lacryma Christi (Thränen Christi.)

Wir nahmen uns jeder eine solche Bouteille Wein mit; ich hätte aber mit der meinigen bald ein Malheur gehabt. Als wir nach Neapel zurückkamen, hätte ich die Weinbouteille, deren Hals aus dem Mantel herausguckte, versteuern sollen, was ich nicht wußte. Da lief mir ein Polizeimann nach, der mir die Bouteille wegnehmen wollte; er trug kein Abzeichen und ich hielt ihn für einen Lazzaroni, über die ich seit gestern eine große Galle hatte. Als er mit den Weg erstellte, rief ich im Zorne: „Du Lump, schau, daß du weiter kommst.“ Da er mich und ich ihn nicht verstand, gab er mir mit Zeichen zu verstehen, was ich thun solle; ich aber glaubte, er wolle mir die Flasche nehmen, packte ihn bei der Brust und schleuderte ihn mit aller Kraft von mir. So daß er in den Menschenknäuel hineinfiel. Bis er aus dem Gewirre sich herausarbeitete, war ich – vor mir fortbrummend, daß dieses Gesindel beim hellichten Tage einen Fremden ausrauben wolle – bereits verschwunden. Erst später erfuhr ich vom Pfarrer Fröhlich, der seine Flasche versteuert hatte, daß jener Mann ein Polizist war. Gut, daß er mich nicht mehr fand, sonst würden sie mich wohl eine Weile in Neapel aufgehoben haben.

Neapel ist eine der schönsten Städte Europas. Sie liegt an einer Berglehne und bildet dem Meere zu einen Halbkreis. Fast jedes Haus ist ein Pallast und hat einen mit den prächtigsten Blumen geschmückten Vorgarten. Aber trotzalledem möchte ich in Neapel nicht bleiben. Vom frühestens Morgen an bis in die späte Nacht schreien die Verkäufer ihre Waaren aus, und wo man geht und steht und sitzt, sekiren einen diese Leute mit dem Anbot ihres Schundes. Kaum ist Einer bei der Thüre draußen, kommt schon wieder ein Zweiter herein, während der Dritte etwas aus der Rocktasche zu erhaschen sucht.

Wir wollten einen Abstecher nach Sicilien machen, aber der Hotelbesitzer rieth uns entschieden ab. Auf dem Schiffe, sagte er, würden wir ganz gut hinkommen, aber ob wir wieder zurückkommen, möchte er nicht garantiren. Man fragte dort die Fremden auf offener Straße ab, schleppe sie ins Gebirge und gebe sie nur gegen ein großes Lösegeld frei. Das benahm uns den Gusto und so fuhren wir 8 Uhr Abends nach Rom zurück, wo wir 5 Uhr früh ankamen.

In dieser ehrwürdigen Stadt besuchten wir noch die Wasserleitung, welche schon die alten Römer bauten; den Corso, d. i. die schönste und belebteste Straße; den Pincio, d. i. einen Hügel mit prachtvollen Parkanlagen; das Colosseum, d. i. ein antikes Theater, wo einst die Christen

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von Bestien zerfleischt wurden und die Damen riefen: „Noch mehr Blut“. So sieht es aus, dachte ich mir, wenn die gebildete Menschheit keine Religion hat.

Nach achttägigem Aufenthalt verließen wir Rom. Wir fuhren über Civitavechia, Livorno, wo eine große Industrie zu herrschen scheint, nach Pisa, wo ich den dritten schiefen Thurm sah. Dann ging es weiter nach Florenz, wo wir den mit schwarzem Marmor bekleideten Dom besuchten, nach Genua und Mailand. Der dortige Dom ist ein vollendetes Kunstwerk aus weißem Marmor, an dem von 190 Künstlern durch 600 Jahre gearbeitete wurde – und doch ist er noch nicht fertig. Vom Dache des Domes genießt man eine prachtvolle Aussicht. Im Inneren gefiel mir die Kirche weniger. In diesem Dom ist das Grab des h. Karl Borromäus. Mailand ist eine Großstadt mit schönen, breiten, reinlichen Straßen.

In Verona kauften wir Seidentücher, wurden aber geprellt, weil wir von derlei Sachen nichts verstanden. Von da ging die Reise über Ala und den Brenner nach Innsbruck, wo wir einen halben Tag verweilten, und schließlich über Salzburg und Linz nach Hause.

Das Riesengebirge

Im Jahre 1876 machte ich mit Herrn Canonicus Dr. Kerschbaumer einen Ausflug nach Prag zum Johannesfeste. Es war eine ungeheure Menge andächtigen Volkes daselbst, so daß es fast schwer war über die Moldaubrücke auf den Hradschin zu kommen, wo sich die Domkirche mit dem Grabmale des viel verehrten Heiligen befindet. Nach anderthalbtägigen Aufenthalt fuhr Herr Canonicus wieder zurück nach Tuln, weil er daselbst an einem Mai=Schulfeste theilnehmen wollte.

Ich dagegen beschloß, nach dem nördlichen Böhmen weiter zu reisen und das Riesengebirg zu besuchen. Einige Herren, mit denen ich im Coupé zusammentraf, gaben mir gute Rathschläge für meine Tour, und versicherten mich, daß es 36 Stunden nicht regnen werde, dann aber sicher und da möge ich umkehren.

Die Tour ging über Reichenberg nach Friedland, wo ich übernachtete. Des anderen Tages fuhr ich per Post nach Liebstadtl, wo ein kleines Bad ist, dann mit eigener Gelegenheit dem Fluß Reisse entlang hinein in die Berge, bis der Fahrweg aufhörte. Dort stand eine große Dampfsäge des Grafen Clam=Gallas, welche aus 25.000 Joch Wäldern

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Holz schneidet und Schindeln verfertigt. Die daselbst befindlichen Beamten zeigten mir die ganze Einrichtung und waren in ihrer Abgeschiedenheit froh, mit Jemand plaudern zu können, der in der Nähe Wiens seinen Wohnsitz hat.

Inzwischen war der bestellte Führer erschienen, der mir auf die Wilhelmshöhe den Weg zeigen sollte. Dieser Führer war ein sechszehnjähriges Mädchen. Ich staunte und fragte, ob ihr der Weg nicht zu weit und zu beschwerlich sei; aber sie trat ohne Scheu auf mich zu und nahm meinen Mantel zum Tragen in Empfang. Nun ging es in einem dichten Walde aufwärts. Es begegneten uns ein junger Bursch, ein Gendarm und zwei alte Leute, dann aber durch dritthalb Stunden kein Mensch, bis wir auf das Hochplateau kamen, wo ein Gasthaus stand. Ich befragte das Mädchen, ob es bei seinen Begleitungen nie einen Anstand zu befürchten habe? Harmlos antwortete sie, es gebe hier keine Diebe und sie mache oft diesen Weg mit Reisenden. An andere Gefahren dachte sie gar nicht. – Im Gasthause genossen wir Butter, Käse, Brod und Bier, etwas anderes war nicht zu haben. Nach halbstündiger Rast setzten wir die Tour fort, es war nur vom Schnee niedergedrücktes Knieholz zu sehen. Endlich kamen wir auf den höchsten Punct, wo Glasschmelzereien sich befinden. Als ich dem Mädchen für seine Dienste drei Gulden gab, küsste es mir die Hand und lief freudig davon.

Ein anderer Wegweiser brachte mich zur Flügeleisenbahn, auf der ich Tags darauf nach Hohenelbe fuhr; zu Fuß wäre ich über das Gebirg schneller hingekommen. Dort nahm ich sogleich einen Wagen, fuhr mit demselben in dem engen Thale soweit es zu fahren möglich war, und ließ mir dann von einem Führer den Ursprung der Elbe zeigen. Im Hotel, wo ich nach der Rückkehr übernachtete, fragte ich unter anderm die Wirthin, wie das komme, daß alle Gäste rein deutsch sprechen, worauf sie antwortete: „In Böhmen spricht  jeder gebildete Mensch deutsch“.

Die Formation des Riesengebirges ist hier wirklich großartig. Riesige abgerundete Steine lagern da übereinander, unklammert von den Wurzeln der Bäume, die zwischen denselben stehen. Auf der Wilhelmshöhe entspringen drei Flüsse, darunter die Reisse, welche westlich nach Preußisch=Schlesien fließt und in die Oder mündet. Bevor man zum Ursprung der Elbe kommt, ist ein Wasserfall, der vielleicht hundert Klafter hoch in die Tiefe stürzt. Von einer Windhose entwurzelte Riesenbäume des Urwaldes liegen nach Hunderten herum, wovon man 5000 Klafter Scheiter spalten könnte. Schauerliche Gewalt der Natur!

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Am darauffolgenden Morgen furh ich von Hohenelde zur Hauptbahn, welche von Prag längs der Schlachtfelder von Königgrätz nach Olmütz und Prerau führt. In Olmütz fing es zu regnen an, so daß die Wetterprophezeiung jener Herren bei einer Stunde in Erfüllung ging. Mit dem Wienerzug kam ich glücklich nach Hause. 

Zwei Jahre später besuchte ich in Gesellschaft des Herrn Canonicus Dr. Kerschbaumer das Riesengebirg von der preußischen Seite. Von Schmiedeberg aus, wo eine Champagnerfabrik existirt, welche 300 Arbeiter beschäftigt, stiegen wir mit einem Führer auf die Schneekuppe – die höchste Spitze des Riesengebirges. Bis zur Mitte des Berges steigt der Berg sanft aufwärts, aber von dort wird er steil und ermüdend, da man zumeist über Gerölle gehen muß. Bei Sonnenuntergang kamen wir in das oben befindliche einstöckige und auf 300 Betten eingerichtete Hotel. Es ist zwar nur aus Holz gebaut, aber dessen ungeachtet erschienen hier die Kellner in schwarzen Fracks, was mich nicht anheimelte. Ich begab mich daher sogleich in mein Zimmer, trankt dort meinen Wein und rauchte eine Cigarre. Herr Canonicus telegraphirte von hier einen Gruß nach Tuln. Als er später vom Nachtmahle heraufkam, zeigte er mir die Aufschrift im Zimmer: „Hier ist das Rauchen verboten“. Ich fand das sehr begreiflich, denn wenn da während der Nach ein Feuer ausbräche, müßten alle Insassen verbrennen, denn aus dem Fenster springen hieße sich in eine thurmhohe Tiefe stürzen. Dieser Gedanke beschäftigte mich derart, daß ich nicht einschlafen konnte, zumal ein Sturmwind blies, daß das hölzerne Haus in allen Fugen krachte. Die ganze Nacht hindurch hörte in den monotonen Klang einer Aeolsharfe.

Morgens vier Uhr brachen wir auf und stiegen bei dichtem Nebel auf gefährlich steilen Wegen auf der böhmischen Seite den Berg hinab. Ich war froh, als wir die Region der Waldbäume erreichten, wo es auch windstiller wurde. Erst um acht Uhr erhielten wir ein Frühstück und dann hatten wir noch zwei Stunden bis zur Eisenbach zu Fuß zu gehen. Nach solchen Strapazen sitzt es sich doppelt gut in einem Bahncoupé. Wir gönnten uns ausnahmsweise die erste Klasse, um bequemer ausruhen und schlafen zu können. Erst in Absdorf erwachte ich. 

Norddeutschland.

Im August des Jahres 1876 lud mich Herr Canonicus Dr. Kerschbaumer ein, ihn zu einer Primizfeier im Mühlviertel zu begleiten. Als

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ich in der Richtung von St. Valentin gegen Budweis fuhr und den Eisenbahn=Conducteur studierte, kam mir der Gedanke: statt zur Primiz in die böhmischen Wälder zu fahren, die ich noch nicht kannte. Herr Canonicus gab mir nicht Unrecht und entwarf schnell einen Reiseplan. Wir trennten uns und ich fuhr directe nach Marienbad, das mir sehr gefiel.

Am andern Tag wollte ich Franzensbad besuchen. Der Himmel hatte sich umzogen, es fing zu regnen an und sah so aus, als ob es fortdauern würde. Mir gegenüber saß ein dicker Preuße, der mich fragte: „Wohin reisen Sie?“ – „Nach Franzensbad“, sagte ich. – „Was machen Sie dort“, sprach er darauf, „es regnet stark, da sehen Sie nichts“. – Ich entgegnete: „Was soll ich thun?“ - „Fahren Sie nach Berlin“, versetzte selbstbewusst der Preuße, „dort regnet es nicht.“

Im Stillen gab ich ihm Recht; doch ich zweifelte, ob meine Cassa dazu ausreiche und fragte daher, was er für seine Eisenbahnkarte bezahlt habe? Aus seiner Antwort konnte ich entnehmen, daß meine Baarschaft ausreiche. Bei der nächsten Station sprang ich ab und löste mir ein Billet nach Berlin.

Wir kamen nach Mitternacht in Berlin an und logirten zusammen in einem Hotel zweiten Ranges. Mir war wohl etwas bange, weil ich den dicken Preußen gar nicht kannte, und schlief daher wenig. – Als der Morgen graute, machte ich mich auf, nahm mir einen Führer, um die Merkwürdigkeiten der Stadt zu besehen. Nachmittags miethete ich einen feinen Comfortable und fuhr in den Thiergarten. Dort mußte ich meine letzte fünfzig Gulden=Banknote wechseln lassen, wo ich beim Gulden 20 kr. verlor. Da mir Berlin ohnehin nicht zusagte, eilte ich über Oderberg nach Oesterreich zurück. 

Im darauffolgenden Jahre machte ich die Reise über Troppan und Breslau mit dem Schnellzug nach Hamburg. In Berlin hielt ich mich gar nicht auf, sondern fuhr gleich von einem Bahnhof zum andern. Später reute es mich, daß ich mich nicht länger daselbst aufgehalten hatte, aber es war vielleicht gut; denn bald darauf wurde auf den alten Kaiser Wilhelm geschossen, und da hätten sie mich leicht etliche Tage einsperren können, weil ich kein Reisedocument bei mir hatte.

Die Fahrt von Berlin nach Hamburg ist trostlos. Nichts als gelber Sand, hie und da ein Stück Feld oder ein kleiner Wald oder ein Dorf. – In Hamburg ist das Interessanteste der Hafen. Eigentlich ist hier nicht

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das Meer, sondern nur die Elbe, die in das Meer mündet. Für tiefgehende Schiffe ist das Wasser zu seicht und können dieselbst daher nur halbe Ladung hier aufnehmen.

Nach anderthalbtägigen Aufenthalt fuhr ich in sechs Stunden nach Bremen. Diese Fahrt ist noch erbärmlicher als wie jene von Berlin nach Hamburg. Der Boden ist hier so arm, daß hundert Joch keine Ziege ernähren; nichts als Sand und Haidekraut, fast kein Zoll Humus. Ein Führer zeigte mir die wenigen Merkwürdigkeiten, darunter die sog. Bleikammer, d. i. ein Zubau zu einer Kirche, in welchem die Leichen in kurzer Zeit wie Mumien vertrocknen, ohne zu verfaulen. – Im Hafen, der ziemlich weit von der Stadt entfernt ist, wurde soeben ein Auswandererschiff mit 1800 Deutschen, welche in 18 Waggons angekommen waren, segelfertig gemacht.

Bevor ich abreiste, besuchte ich noch den großen Stadtkeller. Die Commune Bremen treibt nämlich auch den Weinhandel, der jährlich 90.000 fl. Reingewinn abwerfen soll. Der Wein wird zumeist in der Rheingegend eingekauft und von hier aus nach Deutschland versendet. – Entweder war der Wein zu stark, oder ich habe zu viel getrunken (oder eigentlich zu wenig gegessen, weil mir die dortige Küche nicht behagte), kurz, ich bekam Kopfweh und Schwindelanfälle, die mir um so mehr bange machten, als ich ganz allein in fremden Lande war.

Ich nahm daher die Landkarte zur Hand und suchte mir den kürzesten Weg in die Heimat. Um 10 Uhr Vormittags fuhr ich von Bremen über Osnabrück nach Münster, wo die Gegend schon schöner wird. Hier besuchte ich das Rathaus, in welchem der westfälische Friede nach dem dreißigjährigen Kriege geschlossen wurde; es ist noch Alles so erhalten, wie es damals war. Die Stadt machte mir einen traurigen Eindruck. In Folge des Culturkampfes stand der bischöfliche Palast leer (eigentlich war er in eine Kaserne verwandelt); auch die Parkanlagen sahen wüste aus und die Stadt scheint der Verarmung entgegen zu gehen. Wie zur Ironie hat man dort ein palastartiges Gefangenhaus neugebaut.

Interessant kam mir der große Fabriksort Essen vor, den ich am folgenden Tage besuchte. Hier ist die weltberühmte Krupp´sche Kanonengießerei. Die Stadt war mit Rauch umzogen, als ob sie in Flammen stünde. Auch Eisenbahnschienen und Eisenbahnschwellen werden hier in Massen erzeugt. Die Arbeit ist hier billiger, weil es genug Kohlen gibt. In einem Umkreis von zehn Quadratmeilen gibt es 258 Steinkohlenbergwerke. Bei einem sah ich zu, wie in kürzester Zeit 20 Waggons mit Kohlen gefüllt wurden. Eine Dampfmaschine hob die Kohlen in die mit

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dem Locomotive bespannten Waggons, sobald diese gefüllt sind, fährt ein zweiter Zug vor, und so geht es Tag und Nacht fort, so daß täglich über 20.000 Centner Kohlen aus Einer Grube herausbefördert werden.

Mittags kam ich nach Köln und bewunderte zum ersten Mal den unvergleichlichen Dom; die zwei Thürme waren ihrer Vollendung nahe; sie sind um 68 Fuß höher als der Stephansthurm in Wien. – Die eiserne Brücke über den Rhein ist ähnlich wie die Tulnerbrücke gebaut, nur macht sie mehr Prospect, weil sie an beiden Enden mit einem Portale versehen ist.

Tags daruaf fuhr ich längs des mit romantischen Burgruinen geschmückten Rheines nach Mainz, über das ich unsere alten Soldaten so oft mit Begeisterung reden hörte, an der ich aber nichts Besonderes fand. Mainz ist eine Festung. Ein Mainzer sagte zu mir: „Der Oesterreicher ist und bleibt ein gemüthlicher Mensch“.

Da ich den Schwindel nicht losbringen konnte, eilte ich über Stuttgart nach Hause. 

Ich füge hier gleich meine dritte Reise nach Norddeutschland an, nämlich in das Harzgebirg – ein Project meines bewährten Reisecollegen für das Jahr 1883. Wir nahmen die Richtung durch das schöne fruchtbare Thüringerland. Auf der berühmten Wartburg bei Eisenach sah ich die Wohnung des Martin Luther, in der er die Bibel in´s Deutsche übersetzte; er scheint dort – nach seinem Bilde zu urtheilen – keine Noth gelitten zu haben. – Von dort besuchten wir das gartenreiche Erfurt, das die ganze Welt mit Sämereien versieht.

Das Harz ist ein anmuthiger, mit famos cultivirten Wäldern geschmückter und mit allem modernen Comfort versehener Gebirgszug, der nach allen Richtungen von prächtigen Spaziergängen, Straßen und Eisenbahnen durchquert wird. Leicht begreiflich, daß die Norddeutschen in diesen Fichtenwäldern gern ihre Sommerfrische halten. Wir packten den Harz vom Süden, nämlich von Lauterberg, fuhren von Andreasberg längs des sagenreichen Brocken=Berges nach Harzburg und auf den sogenannten Hexentanzplatz, wo eine unvermeidliche Restauration neben der pittoresken Aussicht steht. Auf der Nordseite besuchten wir das blumenreiche Quedlingburg, das thurmreiche Halberstadt und die altehrwürdige Stadt Goslar, wo Kaiser Heinrich IV., der nach Kanossa ging, geboren wurde. Das Schloß wird soeben glänzend restaurirt. – Der Harz ist ein romantisches Hügelland, aber mit unseren Alpen nicht zu vergleichen.

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Den Rückweg nahmen wir über die Universitätsstadt Göttingen und die ehemalige Hauptstadt des Kurfürstenthumes Hessen, Namens Cassel. Auf dem nahen Schloße Wilhelmshöhe saß Napoleon III. nach der verlornen Schlacht von Sedan einige Zeit gefangen und hatte dort Ruhe und Muße über sein Geschick nachzugrübeln. Aus Neugierde besuchte ich das Schloß. Eine Locomotiv=Tramway besorgt eine schnelle Verbindung mit der Stadt. Der prächtige Park erinnert theilweise an Schönbrunn.

In der protestantischen Kirche zu Marburg besuchten wir das Grab der heiligen Landgräfin Elisabeth, welche einst auf der Wartburg lebte und hier starb. Die neugebaute katholische Kirche sieht noch armselig aus. – Schön ist die Fahrt an der Bahn, an welcher die Bischofstadt Limburg liegt; aber das Schönste ist der berühmte Badeort Ems, wo Kunst und Natur miteinander wetteifern, so daß es für gewöhnliche Sterbliche dort fast zu fein zum Leben ist. Im Kursalon wäre uns bald ein Malheur passirt. Mein Reisecollege wollte in das Lesecabinet hinabsehen ohne zu bemerken, daß ein Spiegelglas die Localitäten schied, und stieß mit seinem Kopf so an, daß es bummte. Zum Glück war das Glas dicker als der Kopf, sonst hätte es eine böse Rechnung gegeben. – In Frankfurt am Mai, wo ich mich an der Andacht der Gläubigen im Dome wahrhaft erbaute, beginnt bereits das südliche Deutschland. 

Ungarn.

Pest und Raab war mir aus früheren Jahren, wo ich dort Fruchtkäufe machte, gut bekannt. Im Jahre 1879 hatte ich Gelegenheit, in Gesellschaft des Herrn Canonicus Dr. Kerschbaumer einen großen Theil dieses gesegneten Landes näher kennen zu lernen.

Wir fuhren auf dem Donau=Dampfboot von Wien bis Orsova. Es war jenes Unglücksjahr, das durch seine Ueberschwemmungen unvergeßlich bleibt. Bei Basiasch (unter Belgrad) muß die Donau, welche dort bereits drei große Flüsse (Drau, Theiß, Save) in sich aufgenommen hat, eine Gebirgsenge passiren, die vielleicht 125 Klafter beträgt. Man kann sich denken, welche Rückstauung das zur Folge hat. – Die Donau ist dort so unruhig, das Manche davon die Seekrankheit bekommen.

Bei Orsova besuchten wir den Ort, wo Kossuth die ungarische Königskrone vergraben hatte; jetzt steht dort eine Kapelle. – Von dort fuhren wir im Wagen nach den sogenannten Herculesbädern (Mehadin). Der Anblick dieses luxuriösen Badeortes thut doppelt wohl, nachdem man

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früher nur ärmliche Hütten am Wege gesehen. Es war im Mai, und daher dufteten die Blüthen, und die Nachtigallen schlugen zu Tausenden in den Gebüschen.

Von da ging die Reise nach der Festung Temesvar und nicht ohne Hindernisse bis Szegedin. Auf dieser Fahrt sah ich zum ersten Male eine Fata Morgana d.h. eine Luftspiegelung. In Szegedin trafen wir ein gräuliches Bild der Zerstörung. Das Wasser stand – nach drei Monaten – noch zwei Klafter hoch in der Stadt. Mit Mühe fanden wir Unterkunft. Auf einem Boote fuhren wir in der Stadt herum bis hinaus, wo der Eisenbahndamm durchbrochen wurde, und wo jetzt Hunderte von Menschen an der Absperrung arbeiteten. Wie ein Herr mir erzählte, wurde der Damm bei der Nacht durchbrochen, die Gasflammen erlöschten und das Wasser stürzte klafterhoch in die Stadt, deren Häuser zumeist aus Lehm gebaut waren. Viele Menschen ertranken. Während unserer Anwesenheit wurden noch einige Leichen aus den Trümmern der Häuser herausgespült. Vo Kirchthurme aus überblickten wir die Unglücksstätte.

Mit einem Dampfboote fuhren wir auf der Theiß weiter bis Ungarisch=Kanischa, stiegen dort aus und nahmen einen Wagen nach Theresiopel, in dessen Nähe (bei Zenta) Prinz Eugen die Türken schlug. Tausende von Hügeln bezeichnen noch die Gräber der Gefallenen. – Die Eisenbahn brachte uns von hier nach Combos, wo das kunstsinnige Traject über die Donau ist; die Waggons fahren nämlich in ein bereitstehendes langes Schiff hinein und werden schnurgerade mittels Dampf an das andere Ufer gebracht, wo ohne Aufenthalt die Fahrt fortgesetzt wird. Eine geniale Erfindung.

Diesmal sollten wir aus dem Wasserbereich nicht hinauskommen. Wir kamen nämlich von Esseg über Dalia nach Ungarisch=Brod, wo die Save aus ihren Ufern getreten war. Die erst vor Kurzem für das Publicum eröffnete Bahn war noch sehr primitiv; es gab weder Bahnhöfe noch Wächterhäuser; zum Theil stand der Bahnkörper im Wasser oder war so durchweicht, daß wir im Schritte fahren mußten, weil die Schwellen einsanken. Die Waggons schwankten hin und her wie ein Betrunkener. Nach elfstündiger angstvoller Fahrt kamen wir nach Ungarisch=Brod, im wahren Sinne des Wortes ein Kothloch. Der Morrast lag 4 – 5 Schuh hoch in den Gässen, so daß man (wie bei uns im tiefen Schnee) in die Spuren hineintreten mußte, die die Vorgänger ausgetreten hatte. Wehe, wenn man ausweichen mußte!

Die Neugierde trieb uns an, mit einem Schifflein über die Save nach Türkisch=Brod zu fahren, um sagen zu können, daß wir in Bosnien

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gewesen. Diese Stadt stand ganz unter Wasser, so daß wir im Schiff darin herumfahren mußten. Die Türkenhäuser erkannte man an den eng vergitterten Fenstern aus Holzspännen. Da ein Gewitter drohte, eilten wir zurück und übernachteten, da nirgends sonst eine Unterkunft zu finden war, beim Dampfschifffahrts=Agenten. Als wir uns erkundigten, wie lange wir nach Serajewo zu fahren hätten, hieß es: 14 Tage. Auf eine solche Unterhaltung leisteten wir gerne Verzicht. (Jetzt fährt man auf der Eisenbahn in Einem Tage dahin.)

Um aus dem Kothloche hinauszukommen, bestiegen wir am Morgen den kleine Localdampfer, der bestimmt war die von Belgrad kommenden Passagiere durch die im Bau begriffene Eisenbahnbrücke zu befördern, weil das große Schiff bei dem hohen Wasserstande nicht durchfahren konnte. Die Traiteurin, welche uns reden hörte, fragte, ob wir nicht aus Wien seien? Wir antworteten: „Nicht weit davon.“ Darauf sagte sie, ob wir Zwentendorf kennen? Als wir dies gleichfalls bejahten, schrie sie vor Freude hellauf, denn dort war sie geboren. Ich kannte sogar ihren Vater, den 80jährigen Stegknecht bei der dortigen Dampfschiffstation. Sie gab mir einen Syrmier=Zwetschkengeist für ihn mit, den ich ihm auch getreulich später einhändigte.

Endlich kam das Dampfschiff, das sich verspätet hatte, und nun ging es saveaufwärts, durch die sogenannte Militärgrenze bis Sissek. Wir passirten eine Menge auf Piloten stehende Wachthäuser, die einst gegen die Bosnaken nothwendig waren, jetzt aber leer stehen. – Auf dem Schiffe befand sich ein Türke mit zwei Säcken voll Ducaten. – Ein vorlauter Reisender wollte immer sehen, was ich denn in mein Notizbuch hineinschreibe und er fragte einen auf Urlaub heimkehrenden Offizier vom Geniecorps, wer wir zwei Fremde doch sein mögen? Dieser machte sich einen Spaß und sagte ernsthaft: „Detectives.“ Als er es uns später erzählte, mußten wir aus Herzenslust lachen.

Von Sissek ging es schnell über Agram heimwärts, und ich fühlte mich doppelt glücklich wieder zu Hause zu sein. 

Des Kontraßtes wegen will ich auch eine frühere Geschäftsreise in Ungarn erzählen, bei welcher ich ein kleines Abenteuer bestand.

Anfangs der Sechszigerjahre erhielt ich von meinem Agenten (ein Jude) die Nachricht, daß ein großer Gutspächter in Ungarn mit mir ein Geschäft abschließen wolle. Dieser, ein polnischer Edelmann, hatte von einem ungarischen Grafen auf der kleinen Schüttinsel bei Preßburg

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1000 Joch gepachtet, und trug mir die sämmtliche Fechsung um den Preßburger Mittelpreis – nach Wien gestellt – an, wenn ich ihm 1500 fl. á Conto gebe. Ich ging auf den Handel ein, allein er lieferte stets weniger als er Geld beanspruchte, und so wurde er mir 3000 fl. schuldig. Eines Tages schrieb er, ich möge selbst hinabkommen, um sich mit ihm zu verrechnen. Ich fuhr hinab und traf dort einen zweiten Herrn, den er mir als Compagnon vorstellte. Beide theilten mir mit, daß sie eine Dreschmaschine ins Banat schicken wollen, wo Tausende zu verdienen wären; ich solle noch Geld hergeben. Um endlich einmal zur Verrechnung zu kommen, ließ ich mich herbei, so daß Beide mir 6000 fl. schuldig wurden.

Später erfuhr ich, daß der Pole total verschuldet und mein Geld verloren sei. Sogleich fuhr ich mit dem Agenten, der ungarisch verstand, hinab nach Ungarn. Dazumal – nach dem italienischen Feldzuge – wimmelte es daselbst von Räubern und fast täglich las man in den Zeitungen die grauenhaftesten Vorfälle. Abends 5 Uhr kamen wir eine Station vor Arad an, wo wir abstiegen und eine Wagen aufnahmen, um nach der drei Stunden entfernten Pusta des Polen zu fahren. Wir passirten eine sogenannte Czarda, d.i. ein einsam gelegenes Wirthshaus, in welchem sich die Räuber gerne aufzuhalten pflegen. Ein äußerst verwahrlostes Individium lehnte sich an der Mauer und sprach wallachisch mit unserem Fuhrmann, was wir beide nicht verstanden. Es kam mir unheimlich vor. Als wir um halb neun Uhr bei dem Hause ankamen, wo ich eine gute Aufnahme zu finden hoffte, erschracken die Leute (der Herr befand sich in Arad) und sagten, wir hätten in Arad übernachten und erst am Morgen herausfahren sollen. Ich sah bald ein, daß die Leute sich fürchteten unsertwegen ausgeraubt zu werden, und so blieb nichts übrig als zurückzufahren, was sie mit Freude anhörten. Beim Abschiede gab mir der Sohn des Pächters einen sechsläufigen geladenen Revolver mit, den ich in Arad wieder zurücklassen solle. Als ich ihn verwundert ansah, sagte er: „Nehmen Sie ihn nur mit, er ist besser als eine Feder auf dem Hut.“ Jetzt erst erkannte ich, in welcher Gefahr wir uns befanden.

Mit Todesangst bestieg ich den Wagen und zitterte bei jeder Begegnung. Endlich kamen wir zu der oben beschriebenen Czarda. Glücklich ging es an ihr vorbei, allein etwa 500 Schritte darnach lenkte der Fuhrmann vom Wege seitwärts, stieg auf der Weide ab, zog einen Prügel aus dem Wagen und that, als ob er damit das Koth von den Rädern abstreifen wolle. (Es war mir klar, daß wir hier nur abwarten sollten, bis die

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Herren Räuber aus der Czarda herbeikämen, um ihr Geschäft abzumachen (ich hatte ziemlich viel Geld bei mir.) Daher zog ich den Revolver, spannte den Hahn und rief in großer Aufregung: „Augenblicklich weiter fahren oder ich schieße dich nieder.“ Als er die Waffe glitzern sah, setzte er sich und fuhr weiter.

Es war eine schauerliche Fahrt. Das Koth spritzte über Pferde und Wagen und die Wolfshunde der umliegenden Hirten sprangen heulend auf uns los. Wie froh war ich, als ich um Mitternacht die Lichter des Bahnhofes erblickte! Doch siehe da, ein neues Hinderniß! Die Bahnwächter duldeten uns nicht im Wartesaal, drängten uns auf die Straße und verweigerten uns in einem Ochsenwaggon zu übernachten, damit wir doch vor den Wolfshunden sicher wären. Erst als ich den Stationschef wecken ließ und ihm vorstellte, was er an unserer Stelle machen möchte, fanden wir insoferne Erhörung, als er sagte: „er habe den Auftrag bei Dienstesentlassung Niemand zur Zeit, wo keine Züge verkehren, auf dem Bahnhofe zu dulden; doch wolle er unsere Existenz im Wartesaal ignorieren.“

Mit dem nächsten Morgenzug fuhren wir nach Arad, wo das Geschäft abgemacht wurde. Doch dauerte es noch längere Zeit, bis ich von den Schwindlern los wurde, ohne etwas zu verlieren. Diese ungarische Reise schwebt mir in lebhafter Erinnerung, obwohl sie weniger angenehm war als die zuerst beschriebene. 

Pyrenäen.

Herr Canonicus Dr. Kerschbaumer, dem ich es verdanke, daß ich in meinen alten Tagen noch die große schöne Welt kennen lernte, ist ein wahrer Meister im Entwerfen von Reiseplänen. Meistens im Frühjahre, wenn die Schwalben kamen, theilte er mir seine Projecte für das laufende Jahr mit. Es waren zumeist große Touren – innerhalb der Schranken von vierzehn Tagen, weil ihm seine Stellung und mir mein Geschäft keinen längeren Urlaub ermöglichte. In diesem Puncte passten wir gut zusammen. Beide reisten wir gern und schnell. Jeder ertrug mit Leichtigkeit alle Strapazen. Keine Stunde des Tages ging da ungenützt verloren vom frühen Morgen bis zum späten Abend, nur ging der Herr Canonicus stets früher schlafen, während ich noch bei einer Cigarre mein gutes Gläschen trank, bis die nöthige Bettschwere sich einstellte.

An einem Frühlingstage 1880 theilte er mir mit, daß er heuer den Gnadenort Maria Lourdes in den Pyrenäen besuchen wolle und,

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wenn Alles klappe, so könnten wir zum Schlusse der Reise noch das Passionsspiel in Oberamergau mitansehen. Ich fügte mich gern seinen Anordnungen, weil ich aus Erfahrung wußte, daß es stets gut ausfalle; also auch hier.

Am 30. August traten wir die Reise über Tarvis nach Genna an, um von dort die schönste Eisenbahnfahrt der Welt, nämlich an der Küste des mittelländischen Meeres – der sogenannten Riviera – bis Marseille zu machen. Es ist dies wirklich eine Fahrt durch ein irdisches Paradies zu nennen. Orangen und Feigen wachsen dort im Freien und eine Menge Pflanzen, die bei uns nur in Treibhäusern gezügelt werden, wie Cactus, stehen dort wild am Meeresufer; die Olivenbäume bilden ganze Wälder; Oleander, so groß wie unsere Zwetschkenbäume, können kaum ihre zahllosen Blüthen tragen.

Wenn man die italienische Grenze verlässt und französischen Boden betritt, so merkt man einen großen Unterschied. Dort sieht man verödete Städte und verfallene Paläste, hier luxuriöse Neubauten; überall merkt man die Sorgfalt für Comfort und Nettigkeit; vor jedem Hause befindet sich ein kleiner Park mit duftenden Blumen, die Straßen sind mit Platanen besetzt und die Sparziergänge mit mannsdicken Palmen. Und doch gehört dieser italienische Himmelsstrich erst seit Napoleon III. zu Frankreich. Wie haben sich die Städte Mentone und Rizza seitdem gehoben! Zu Tausenden pilgern die Brustleidenden dahin, um den Winter in diesem milden Klima zuzubringen und lassen ihr Geld daselbst. In Rizza nahmen wir Aufenthalt und fuhren in einem Comfortable nach allen Richtungen herum, geschützt von den Sonnenstrahlen durch einen großen Schattenspender, der wie ein Dach über den Wagen gespannt war, so daß er die Aussicht nicht hinderte. – Wo möglich noch schöner und luxuriöser präsentirt sich St. Marino, eine kleine republicanische Enclave mit der bekannten Spielhölle St. Karlo.

Von da ging es längs der Meereslüfte fort bis Toulon und Marseille. Im Hotel zur Stadt Rom verlangte ich eine Bouteille echten Bordeaux, die mir den Schweiß aus allen Poren trieb; doch schlief ich sehr gut drauf. – Am nächsten Morgen besuchten wir die auf einem Berge gelegene Wallfahrtskirche Notre Dame dela Garde (Maria Schutz), die größtentheils von Opfern der Matrosen gebaut wurde. Wie Viele werden schon in dieser Kirche andächtig gebetet haben, nachdem sie die gefährliche Seefahrt glücklich überstanden! – Wenn man das Getriebe im Hafen und die aus allen Welttheilen dort aufgestappelten Waaren sieht, so begreift man, daß die Franzosen die fünf Milliarden Kriegssteuer an die Preußen so schnell abzahlen konnten.

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Schon in Marseille war es heiß, aber die Hitze stieg noch mehr, als wir die Stadt verließen und mit der Bahn über Arles weiter fuhren. Ich glaubte im Coupé schlafen zu können, aber es war überfüllt, namentlich brachte mich das Kindergeschrei zur halben Verzweiflung. Lange Zeit fuhren wir durch Weingärten; einige derselben waren reihenweise gut gepflegt, andere aber sahen traurig aus, vielleicht in Folge der Reblaus. Zahllose Weinfässer lagen in den Bahnhöfen zur Versendung bereit; die Weinbesitzer sollen, sagte man mir, von ihren eigenen Producte wenig genießen, weil Alles auswärts verkauft wird.

Nachmittags zwei Uhr kamen wir nach Lourdes, eine kleine Stadt in einer schönen Gebirgsgegend, am Fuße der Pyrenäen. Wir logirten in einem einfachen Gasthause, dessen Küche mir nicht zusagte; aus dem Beefsteack spritzte das Blut heraus, was mich aneckelte, so daß ich lieber nichts aß. – Außerhalb der Stadt befindet sich die merkwürdige Felsengrotte, in welcher im Jahre 1858 die unbefleckte heilige Jungfrau Maria einem armen Hirtenmädchen erschien. Seitdem ist daselbst über der Grotte von den Opfergaben der Gläubigen eine große prachtvolle Kirche gebaut worden. Als ich vor der Grotte so viele Andächtige auf den Knieen liegen sah, darunter Kranke mit verschiedenen Gebrechen, dann die Krücken und Stäbe, welche die Geheilten daselbst als Andenken zurückließen, da überfiel mich ein heiliger Schauer und ich sagte zu mir selbst: Wahrhaftig, dieser Ort ist wunderbar! – Am nächsten Morgen las Herr Canonicus die h. Messe in der Kirche. Darnach gingen wir nochmal zur Grotte, wo ich unter freiem Himmel so recht nach Herzenslust beten konnte. Hinter uns murmelten die Wellen des vorübergrüßenden Flußes Save. – Durch einen neuangelegten Park gingen wir in unser Hotel zurück und richteten uns zur Abreise. Einen lieblicheren Ort hätte die heilige unbefleckte Jungfrau sich kaum auserwählen können. Es wurde uns erzählt, daß erst einige Tage vor unserer Ankunft ein Lahmer vor der Grotte die volle Kraft seiner Glieder erhielt. Mein ganzes Leben lang wird mir dieser Ort unvergesslich bleiben.

Da wir an den Pyrenäen so nahe der spanischen Grenze waren, so bat ich meinen Reisebegleiter mit mir nach Spanien, wenigstens bis Madrid, zu reisen. Allein er war nicht dazu zu bewegen; nur so viel erreichte ich, daß wir miteinander nach St. Sebastian fuhren, welches die erste jenseits der französischen Grenze gelegene spanische Stadt ist, damit ich doch sagen konnte, ich sei in Spanien gewesen.

Wir fuhren über die vornehme Stadt Pau, wo die vertriebene Königin Isabella sich lange Zeit aufhielt, nach Biarritz, ein Seebad,

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wo Bismarck mit Napoleon III. den Krieg des Jahres 1866 gegen Oesterreich plante, und von da über die Grenze nach St. Sebastian, wo wir Abends neun Uhr anlangten. Die Leute promenirten bei den Klängen einer Militärmusik und mir kam vor, als ob hier die schönsten Leute der Welt wären, männlich und weiblich. Erst um Mitternacht gingen wir in unser gutes Hotel, und von dem Balkon unserer Wohnung sah ich lange Zeit in den gegenüberliegenden Circus, wo ein Wajazzo solche Spässe machte, daß ich selbst mitlachen mußte. Ich vergaß darüber, daß ich im Schweiße war und vom Meere eine kühle Luft hereinstrich. Plötzlich fing es an mich zu frösteln, ich bekam Diarrhöe und ein Fieber, so daß ich weder schlafen noch stehen konnte. Nun war die spanische Reise von selbst entschieden. – Ich brachte den nächsten Tag im Bette zu. Nachmittags ging ich noch an den Hafen und an den Strand, wo die Leute das Seebad gebrauchen. Der Ocean wirft dort mit aller Gewalt seine Wellen an den seichten sandigen Strand und die Badenden bilden mit den Händen eine Kette, um sich gegen die Meereswellen aufrecht zu erhalten. Plötzlich kommt die Riesenwelle dahergerollt und bedeckt die Köpfe der Badenden. Bis sie sich wieder sammeln, kommt eine zweite Welle, und so fort. Derlei Seebäder sollen sehr gut für Nervenleidende sein. Herr Canonicus nahm ein solches Bad, ich schenkte es mir.

Es war mir lieb, daß wir der unerträglichen spanischen Hitze (es war anfangs September) Lebewohl sagten. Ich kaufte mir noch einen Vorrath spanischer Cigarren, die sehr gut und billig sind. Dann eilten wir nach Bordeaux und von da quer durch Frankreich über Lyon nach Genf. Mein Zustand war während dieser Fahrt nicht am besten, namentlich war der Magen in Unordnung, da ich mehrere Tage lang kein Fleisch genossen hatte. Dazu hatten wir das Pech, daß zwei Damen sich im Coupé so breit machten, daß uns kaum ein Platz zum Sitzen blieb; auch erlaubte Herr Canonicus aus Etikettsrücksichten nicht, daß ich rauche. Auf einer größeren Zwischenstation bat ich ihn, er möge mir, wo möglich, etwas Brod und Fleisch verschaffen. Während er dies besorgte, warf ich alle Habseligkeiten der Damen in ein Eck zusammen und zündete mir eine Cigarre an. Fluggs verließen diese das Coupé und als Herr Canonicus wieder einstieg, sagte er: „Gottlob, daß die draußen sind.“ Von dem einfachen Mittel, wie ich sie losbrachte, sagte ich nichts. Das gebratene Huhn schmeckte vortrefflich und gesund kam ich in Genf an.

Genf ist eine reiche Stadt, es sollen dort 80 Millionäre wohnen. Die Lage ist prächtig. Aus dem blauen Genfersee fließt hier die Rhone ab, Weingehege zieren die Ufer und in der Ferne erheben sich die im

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Sonnenlicht glitzernde Gletscher. Hier fand ich wieder die gewohnte Wienerküche und einen ausgezeichneten Wein, und in Folge dessen einen vortrefflichen Schlaf. Des andern Tages ging es über Bern nach Luzern, von wo wir einen Ausflug auf den Rigi machten. Ich staunte über die oben befindlichen luxuriös ausgestatteten Hotels. Im Zug traf ich den hochw. P. Sadler, einen gebornen Finsterhofer, aus der Pfarre Neulengbach. – Von dort ging es nach Zürich und über den Bodensee nach Lindau und Kempten.

Ein Furhwerk brachte uns Samstag Abends nach Oberammergau, so daß wir am folgenden Tage dem Passionsspiele beiwohnen konnten. Nach Schluß desselben fuhren wir nach München, wo ich mich an einem Glase echten Oesterreicherweines erquickte und gänzlich restaurirte. Der Schnellzug brachte uns zum grünen Baum nach Linz und das Dampfboot nach Hause. So viel leisteten wir in 14 Tagen! 

Holland und Belgien.

Schon besorgte ich, daß meine Reisen abgeschlossen seien, weil mein bisheriger Reisemarschall, Dr. Kerschbaumer, von Tuln nach Krems kam und die Würde eines Probstes von Ardagger erhielt. Allein er dachte auch in seiner neuen Stellung an mich und ließ mich an den Ausflügen, die er jährlich zu seiner Erholung auf etliche Wochen machte, theilnehmen. In der Regel war damit irgend ein Zweck oder doch ein Besuch verbunden.

Im Jahre 1881 lud er mich ein ihn nach Fulda zum Grabe des heil. Bonifacius, des Apostels der Deutschen, und nach Köln zu begleiten, wo das 25jährige Jubiläum des Bestandes der katholischen Gesellenvereine gefeiert wurde. Da ich Köln schon kannte, so ersuchte ich ihn eine neue Reiseroute zu entwerfen, und er schlug Holland und Belgien vor, obwohl ihm beide Länder nicht fremd waren. Mir war es recht und so traten wir Anfangs Juli die Reise an.

In Augsburg trafen wir auf dem Bahnhofe eine solche Menschenmenge, daß es wie eine Völkerwanderung aussah. Es wurde das Fest des heil. Ulrich, der einst Bischof von Augsburg war und jetzt Patron der Diöcese ist, gefeiert. Man konnte bei dieser Gelegenheit noch alte Landestrachten sehen. Aus dieser reichen Handelsstadt stammten die Fuggers ab, die Rothschilde ihrer Zeit, und die schöne Bürgerstochter Philipine Welser, die den Prinzen Ferdinand von Tirol heirathete.

Die Rheinreise machte ich diesmal zu Wasser, eine der schönsten

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Fahrten, die es gibt, und die in manchen Parthien an die Wachau erinnert. An beiden Ufern des Rheines zieht sich eine Eisenbahn, ein Beweis, wie lebhaft dort der Verkehr ist. In Köln, wo aus allen Theilen Deutschlands die Präsides der katholischen Gesellenvereine beisamen waren, wurden wir vom Generalpräses freundlich aufgenommen und sogar mit einem Toaste bedacht. Es herrschte eine frische, fromme und doch heitere Gesinnung unter diesen jungen Handwerkern. – Unter anderen redete ich mit einem Bindergesellen, (dort heißen sie Böttcher), der mir sagte, er habe noch nie ein Faß gemacht; seine Kunst bestehe im geschickten Füllen und Verkorken der Weinflaschen. Tags darauf las Herr Probst die heil. Messe am Grabe des seligen Adolf Kolping, des Stifters der Gesellenvereine.

In Köln ließen wir uns ein Rundreisebillet nach Holland und Belgien zusammenstellen. Unser erstes Ziel war Amsterdam, die größte See= und Handelsstadt in Holland, aber nicht die Residenz. Sie steht auf Bürsten und ist mit kleinen und großen Kanälen durchzogen, welche 88 Inseln mit 290 Brücken bilden. Der Unterbau eines Hauses kostet hier gewöhnlich so viel, als was ober der Erde steht. Die Kanäle werden fortwährend mit Baggermaschinen geräumt. Das Trinkwasser muß weit hergeführt werden. Die Schiffe können überall verkehren und in den Doggs sind stets circa tausend untergebracht. Letztere bilden zugleich einen Schutz gegen Ueberschwemmungen, welcher Gefahr die Stadt stets ausgesetzt sind. Der Thurm, wo die Schiffe absegeln, heißt Thränenthurm, weil bei der Abreise der Väter von Weibern und Kindern viele Thränen geweint werden. – Wir hatten Gelegenheit die Seemanns=Erziehungsanstalt zu besuchen, ein uns ebenso neues als lehrreiches Institut, das auf einem großen Schiffe untergebracht war. – Der Rathssaal soll der größte Eurapa’s sein. – Die Leute sind übrigens sehr schweigsam; sogar in den Gasthäusern wird man nicht gefragt, was man wünsche.

Von dort fuhren wir nach Leyden, einer einst berühmten Stadt, die aber jetzt eine wehmüthigen Eindruck macht. Man zeigte uns den Werktisch des Johannes von Leyden, des Stifters der Wiedertäufer. – Desto schöner ist Haag, die Residenzstadt von Holland, für reiche Leute ein beneidenswerther Aufenthalt. Viele Störche werden hier von der Stadt, die den Storch im Wappen führt, gefüttert. Eine schattige Allee führt eine Stunde lang zum Meere. Dort stehen hunderte von kleinen Badhäusern auf zweirädrigen Wägen, in welchen die Badgäste bis zu einer bestimmten Entfernung in die Brandung geführt werden. Man kann sich nicht satt sehen an dem mächtigen Wellenschlag.

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Rotterdam liegt vom Meere ziemlich weit entfernt; aber die Maas durchkreuzt die Stadt in vielen Kanälen und diese sind so breit und tief, daß die größten Indierschiffe mit Leichtigkeit darin sich bewegen können. Zur Zeit der Fluth steigt das Wasser acht Schuh hoch. Hundert Dampfschiffe fahren täglich ab und zu, es ist ein bewegtes Leben. – In Utrecht sahen wir das Haus, wo Papst Hadrian VI., der letzte deutsche Papst, geboren wurde. Am Dom befindet sich ein Glockenspiel mit 42 Glocken. Eine große Einnahme erzielt diese Stadt durch Verfertigung von kleinen Ziegeln, die überall hin verführt werden, weil nirgends sonst ein ähnliches Material zu bekommen ist. Der Rhein theilt sich hier in zwei Arme, bevor er in das Meer mündet.

Von hier ging es weiter nach Belgien, und zwar zuerst nach Antwerpen, einst die bedeutendste Handelsstadt in Europa. Die Schelde stiegt hier klafterhoch zur Zeit der Fluth, obwol das Meer zwanzig Stunden entfernt ist. – Brüssel, die Hauptstadt Belgiens, ist ein kleines Paris; es wird auch überall französisch gesprochen. Auf einem Platze steht die Reiterstatue des ersten Königs von Jerusalem, Gottfried von Bouillon, der den ersten Kreuzzug anführte. Wir durchfuhren mit einem Wagen die Stadt und reisten dann nach Löwen, wo eine katholische Universität ist. Herr Probst machte einen Besuch in einem Kloster und ich trank dort den besten Kaffee seit meiner Reise. Das Rathhaus ist das schönste Gebäude der Stadt, in der besonders viele Tuchmanufacturen sich befinden. – Ueberhaupt macht das Land mit seiner Industrie den Eindruck der Wohlhabenheit, besonders in Lüttich, wo vor 800 Jahren das Frohnleichnamsfest zuerst gefeiert wurde.

Wohlthuend klangen wieder die ersten Klänge der deutschen Sprache in Aachen, die erste Stadt an der deutschen Grenze. Wir besuchten das Grab des Kaisers Karl des Großen und die werthvollen Reliquien im Dome. Dann ging es wieder nach Köln zurück, wo das Rundreisebillet endete.

Der Courierzug brachte uns nach Aschaffenburg, wo ich den früher schon erwähnten Missionär P. Stadler besuchte, der sich damals dort aufhielt. Im Parke ließ ich meinen Ueberzieher auf einer Bank liegen, erhielt ihn aber später nachgesendet. – Das letzte Ziel der Reise war Fulda, wo der h. Bonifacius begraben liegt. Der bischöfliche Pallast stand leer wie in Münster, und im Seminar wohnten weltliche Miethparteien. Die Leute jammerten über den Culturkampf. – Ueber Würzburg, Regensburg und Passau kamen wir glücklich nach Linz und in unsere Heimat.

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Er Zeitpunkt dieser Reise war so gewählt, daß wir das Nationalfest der Ungarn, den Festtag des ersten apostolischen Königs, des h. Stephan (20. August) in Budapest mitfeiern konnten. Einer hohen Empfehlung an einen ungarischen Officier, welche Herr Probst erhalten hatte, verdankten wir eine gute Unterkunft im Hotel Hungaria und ein Straßenfenster, von dem wir den Festzug bequem mitansehen konnten. Der hochw. Herr Burgpfarrer, ein feingebildeter Herr, zeigte uns die Reliquie des h. Stephan (die rechte Hand desselben), welche wir ehrfurchtsvoll küssten; ebenso durften wir die königliche Burg und die daran stossenden Gärten besuchen. Der Festzug war glänzend. Derselbe bewegte sich zwischen Soldatenspalieren und einer ungeheuren Menschenmasse von der Burgkapelle in Ofen bis zur Pfarrkirche. Zuerst kamen Vereine mit ihren Fahnen, Bürger, Militärmusik, Offiziere und Generäle, Geistliche, und nach der h. Reliquie, welche von Geistlichen getragen und von Gemeinderäthen begleitet wurde, drei Bischöfe und fast sämmtliche Minister mit entblößtem Haupte; Militär und Volk bildeten den Schluß. – Nachmittags besahen wir das Volksfest im Stadtpark.

Mit dem Nachtzug fuhren wir nach Basiasch, bestiegen dort das Dampfschiff und passirten das sogenannte Eiserne Thor, das man eigentlich das steinerne Thor nennen sollte. Die Wassermassen der Donau stürzen dort mit aller Gewalt über unzählige Felsenklippen, durch die nur ein geübter Lootse das Schiff steuern kann, ohne daß das Schiff jämmerlich zerschelle. Diese prächtige Fahrt durch das Eiserne Thor dauerte zwei Stunden. In Turnseverin, wo wir landeten, lagen 16 Dampfschiffe vor Anker. Wir besuchten den nahen Park, in welchem sich römische Alterthümer befinden, und übernachteten auf dem Schiffe, wo wir sehr gut aufgehoben waren.

Am nächsten Morgen setzte das Schiff die Reise fort und wir passirten die Gegenden, in welchen der letzte türkisch=russische Krieg sich abspielte. Auf den Ebenen, durch welche jetzt die Donau einen langsameren Lauf nimmt, lagern unzählige Büffelochsen, welche das Wasser zu lieben scheinen; viele lagen in der Donau und ließen die Wellen des Dampfschiffes ruhig über ihre Köpfe gehen. Einmal sahen wir einen mit Büffelochsen bespannten Wagen, der trotz des Abwehrens von Seite des jungen Bursches, der den Wagen leitete, eilig in die Donau fuhr, bis endlich ein Berittener der Ochsen beim Nasenring faßte und an das trockene Land zog. Auch Schweine und Schafe gibt es dort in Unzahl. Die Frucht wird unter freiem Himmel von Pferden ausgetreten und durch

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das Werfen mit der Schaufel in die Luft halbwegs geputzt. Eine Menge von Segelschiffen, die vom schwarzen Meere kommen, begegnete uns.

In Rustschuk verließen wir das Schiff. Gerne wäre ich von da mit der Eisenbahn nach Barna und von dort mit dem Schiffe nach Konstantinopel – eine Tagreise – gefahren; ich hatte den visirten Paß und das nöthige Geld bei mir; allein meinen Reisecollegen fehlte leider beides, und allein getraute ich mich nicht unter die Türken. Ich gab also den Plan auf, und so kam ich nach Rumänien.

Gegenüber von Rustschuk liegt am linken Donauufer die große rumänische Handelsstadt Biurgewo, wo eine mit uns reisende Rumänin die von Karlsbad kam, den Dolmetsch machte. Nach dem abscheulichen Mittagsessen machte ich ein Schläfchen. Plötzlich weckte mich mein Reisecollege und sagte, er wolle mir etwas Merkwürdiges zeigen. Er führte mich auf einen ungeheuer großen Platz außerhalb der Stadt, wo eben Jahr= und Viehmarkt gehalten wurde. Tausende von Ochsen, Pferden, Schafen und Schweinen standen auf der einen Seite, während auf der andern Verkaufsbuden mit verschiedenen Producten in reizender Unordnung sich befanden. Unter freiem Himmel wurde ausgekocht, aber fragt nur nicht, wie? Bei uns würde die Hunde eine bedenkliche Miene machen, wenn sie die Zubereitung sähen. In der Mitte des Platzes saßen die Wechsler mit Haufen Goldes, weil die Bauern kein Papiergeld annehmen. Alle erdenklichen Nationen waren da vertreten. Noch interessanter wäre es gewesen, wenn man aus der Vogelperspective in dieses Gewirre von Menschen und Thieren hätte hinabschauen können, ohne befürchten zu müssen, niedergeritten oder niedergefahren zu werden.

Der nächste Eisenbahnzug brachte uns nach Bukarest. Man fährt durch fruchtbare Ebenen. Das Vieh weidet dort das ganze Jahr im Freien, wobei freilich vieles krepiert, aber dessen ungeachtet verzehrt wird, wie uns ein Handelsmann erzählte. Bukarest ist eine große Stadt auf einer großen Ebene, in der feinster Luxus und schmutzige Barbarei miteinander wetteifern. Neben eleganten Häusern stehen hölzerne Hütten und stinken riesige Düngerhaufen; hier ist eine Straße wie in Wien gepflastert, dort kann man sich Unebenheiten halber den Fuß brechen. Der königliche Palast, die katholische Domkirche und Schulen werden soeben gebaut. Man sieht, es ist eine Residenz im Werden. – Wir logirten im ersten Hotel sehr gut und sehr theuer. Für das Nachtmahl bezahlten wir einen Ducaten, und für das Zimmer 8 fl. die Fiaker sind beispiellos billig. Wenn mit der König von Rumänien jährlich 5000 Goldgulden geben möchte, so würde ich mich bedanken und lieber nach Oesterreich gehen.

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Wir hielten uns nicht länger auf als bis der nächste Zug nach Siebenbürgen abging. Auf dieser Route passirt man den Predilpaß, gegen welchen der Semmering eine Kleinigkeit ist. Sinaia heißt die Station, bei welcher sich der König ein prachtvolles Schloß erbaute, um das sich jetzt eine Menge eleganter Villen gruppiren; es liegt aber auch in einer unvergleichlich schönen Gebirgslandschaft, und man begreift, wie die reichen Bulgaren zur Sommerszeit gerne dorthin kommen, um frische Luft zu schnappen.

An der siebenbürgischen – oder wie man jetzt sagen muß ungarischen – Grenze mußten wir absteigen und unsere Pässe visiren lassen, was mir seit meinen zehnjährigen Reisen im Ausland noch niemals passiert ist. Nun ging die Fahrt abwärts durch eine anmuthige Thalschlucht, bis wir in eine Ebene kamen, wo eben erst die Ernte begann (also fünf Wochen später als bei uns.)

In Kronstadt, wo mein Reisecollega einen ihm bekannten General besuchte, hielten wir Rast. Diese Stadt ist größtentheils von seiner Zeit eingewanderten Sachsen bewohnt, die sich hier sehr behaglich fühlen. Die Reinlichkeit der Straßen und Häuser macht einen wohlthuenden Eindruck. – Nachdem wir den Kapellenberg, wo man eine prachtvolle Aussicht genießt, bestiegen hatten, fuhren wir nach Schäßburg, das gleichfalls von gemüthlichen Sachsen bewohnt ist. Interessant ist, wie die siebenbürgischen Orte meistens an Berglehen angebaut sind, welche von einem Schloße gekrönt wird, von wo aus sie sich zur Türkenzeit gegen den Feind vertheidigten. – Auf einer Zwischenstation ließ ich mir meine Bouteille mit dem dort wachsenden sehr guten „Kugelwein“ füllen, und Herr Probst meinte, ich solle diese Bouteille als Rarität nach Hause bringen. Als ich darauf sagte, daß ich dafür nicht mein Ehrenwort geben könne, lachte der Restaurateur – ein Wiener – aus vollem Herzen, denn er hatte eine sichtliche Freude, daß sein Wein so gut mundete.

Hermannstadt ist die größte Stadt Siebenbürgens und liegt in einer Ebene. Wir benützten den freien Nachmittag zum Besuche eines Fabrikanten, den wir während der Fahrt kennen gelernt hatten und der in Heltau – eine Stunde entfernt – wohnte. Er empfing uns gastfreundlich und credenzte Siebenbürgerwein, sein eigenes Erzeugnis. Diese nur von Sachsen bewohnte Gemeinde hat von ihren Waldungen so viel Einkommen, daß sie ihre Lehranstalten selbst erhaltet und für alle Bewohner die Steuer zahlt. – Auf dem Wege nach Klausenburg liegen die Eisenbahnschwellen neune Kilometer lang auf Steinzalz, daher immer nachgearbeitet werden muß. Die Salzlager sollen dort enorm groß

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sein. Wir passirten auch den Goldfluß, der aus einem Goldbergwerk herfließt und Gold mit sich führt, so daß ein fleißiger Arbeiter sich täglich 80 kr. durch Goldwaschen verdienen kann. Siebenbürgen ist ein reiches und noch nicht erschöpftes Land.

Endlich kamen wir in die unabsehbaren Ebenen von Großwardein und Debreczin, wo die meisten Kalviner wohnen, schlankgewachsene, stolze und reiche Leute. Bei der Station Nyiregyhaza, wo einst der lange Proceß über die verschwundene Esther verhandelt wurde, brach ein Donnerwetter los und schlug der Blitz so nahe ein, daß ich glaubte, daß ganze Stationsgebäude müsse in die Luft gehen. Es geschah aber nichts – wahrscheinlich fuhr der Blitz auf den Schienen ab. – In Tokai restaurirten wir uns an einem so vortrefflichen Tokaier, daß wir davon einen Hectoliter (als Fracht) bestellten.

Von Kaschau machten wir noch einen Abstecher nach dem ungarischen Luftbadeort Schmeks, das ziemlich hoch in den Karpathen liegt. Wir froren so, daß uns der Kutscher die Pferdekozen geben mußte, um uns etwas zu decken. Es ist ein primitiver Kurort mit nette Willen und Parkanlagen. – Von hier aus telegrafirte ich meiner Tochter Marie nach Fulneck, zu welcher Stunde sie uns am Bahnhofe erwarten solle, und trafen auch wirklich über Oderberg zur festgesetzten Stunde dort ein.

Bosnien.

Nachdem es mir nicht gelungen war, in die Türkei zu kommen, so bekam ich eine Sehnsucht nach Bosnien, das ja so lange türkisch war, jetzt aber halb und halb zu Oesterreich=Ungarn gehört. Mir war es daher angenehm, daß Herr Probst Dr. Kerschbaumer denselben Reisegedanken hegte. Im Monat Mai des Jahres 1886 wurde er ausgeführt.

Wir schlugen die Richtung über Belgrad nach Agram ein. In dieser Stadt besahen wir die von dem Erdbeben hart mitgenommene Domkirche, sodann das croatische Abgeordnetenhaus, in welchem es mitunter so stürmisch hergeht. Agram ist eine recht reinliche hübsche Stadt. Um 9 Uhr fuhren wir auf der Eisenbahn nach Sissek, wo wir Billeten bis Banjaluka nahmen. Auf de Station Bolinja begann die bosnische Grenze. Von da an übernahm das Militär die Leitung des Eisenbahnzuges. Ein einfacher Soldat zwickte als Conducteur die Karten ab, als Stationschef fungirte ein Offizier, Telegraf und Maschine wurden von Militärpersonen besorgt. Mir kam das sehr gemüthlich vor, zumal man mit diesen Leuten doch deutsch reden konnte.

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Um halb acht Uhr Abends kamen wir nach Banjaluka und fuhren in das uns empfohlene Hotel Lamm. Es war allerding kein Wiener Hotel, sondern nur ein hölzernes Haus; aber es sah reinlich aus, die Wände hatten einen Anstrich und Kaiserbilder schmückten dieselben. Ich bestellte ein gesottenes Huhn und war zufrieden damit. Das Bier wird aus Pest bezogen, der Wein aus Slavonien.

Am nächsten Morgen stand Herr Probst schon um vier Uhr auf und ging zu Fuß in das zwei Stunden entfernte Trappistenkloster. Die dortigen Mönche reden das ganze Jahr kein Wort, essen nie Fleisch und verrichten alle Wirthschaftsarbeiten in der groben Kutte, die sie am bloßen Leibe tragen. Ich sah einen solchen Frater, wie er Erde auf einen Wagen lud. Wie man, ohne zu reden, wirthschaften kann, begreife ich nicht. Um 6 Uhr stand ich auf und fragte um die katholische Kirche. Der Gefragte zeigte lächelnd auf ein kleines mit Blech gedecktes Thürmchen in einer abgelegenen Straße. Als ich hinkam, verstand ich sein Lachen. Es war eine Holzschupfe, inwendig mit blauer Farbe angestrichen, in der Wölbung etliche Sterne; der Fußboden mit Brettern gedielt, ein Betstuhl und eine Bank, ein primitiver Altar, vor dem eine kleine Lampe hing. Nachdem ich mein Morgengebet verrichtet hatte, ging ich in das Kaffeehaus, welches neben einem neuen – nach Wienerart hergerichteten – Hotel sich befindet und nahm auf der Terasse mein Frühstück. Plötzlich hörte ich das Glöcklein der katholischen Kirche, das zum Gottesdienste rief. Ich ging hin und kam recht zur Messe. Auf dem Betstuhle knieten zwei Nonnen, rechts standen etwa 40 Knaben und links ebenso viele Mädchen. Die Mädchen sangen ein sehr hübsches Marienlied in bosnischer Sprache. So armselig das Kirchlein war, so feierlich stimmte mich diese Andacht.

Banjaluka hat eine freundliche Lage in einen breiten fruchtbarem Thale, welches der Fluß Brbas durchzieht. Die Straßen sind alle von unserem Militär gut angelegt; aber es werden wohl ein paar hundert Jahre vergehen, bis die Zustände so werden, wie bei uns. Wir bezahlten für Zeche und Quartier 4 fl. 98 kr.

Unser nächstes Ziel war Serajewo. Man rieth uns ab, von hier aus die Reise dahin zu machen, sie dauere drei Tage auf schlechten offenen Wägen, auch sei die Unterkunft sehr schlecht. Daher zogen wir es vor, über Gradiska nach Brod zu fahren und von dort die Eisenbahn zu benützen. – Ein Türke brachte uns in fünf Stunden nach Gradiska; die kleinen Pferde liefen im Galopp und bekamen während der ganzen Zeit weder Futter noch Wasser. Unsere bessten Pferde würden das nicht leisten. Auf dieser Fahrt passierten wir die deutsche Kolonie Windhorst

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und erkannten an Feldern und Häusern, was deutscher Fleiß und Ordnungsgeist zu schaffen vermag. 

In Gradiska bestiegen wir das Savedampfboot, das uns um 9 Uhr Abends in Ungarisch=Brod ans Land setzte. Im „gelben Hause“ fanden wir treffliche Unterkunft. Ich staunte über die Veränderungen, welch seit fünf Jahren hier stattgefunden! Schöne Parkanlagen erfreuen das Auge, wo man früher im Kothe stecken blieb, und neue Stadttheile mit hübschen Häusern sind inzwischen entstanden.

An nächsten Morgen fuhren wir auf der Staatsbahn über die neue Eisenbahnbrücke nach Bosnisch=Brod, wo die Bosnabahn unter militärischer Leitung beginnt. Diese Bahn ist 269 Kilometer lang und schmalspurig. Die Hauptstationen sind Doboj, Maglai und Zenica. In Maglaj wurde eine gute Table d’hôte serviert. Man kann diese Strecke nicht passiren, ohne an die vielen Tausende zu denken, die hier im Kampfe um die Occupation dieser Provinz ihr Grab gefunden. Nach acht Uhr Abends kamen wir nach Serajewo.

Diese Stadt hat eine prachtvolle Lage. Ein Flüßchen theilt sie in zwei Theile, ringsum erheben sich bewaldete Berge, und ein stolzes Kastell thront auf einen derselben. Die kleinen hölzernen Häuser liegen zumeist in Gärten, doch sieht man auch eine große Anzahl neugebauter Häuser, die in jeder Residenz stehen könnten. Ueber hundert schlanke Thürme, Minarets genannt, erheben sich neben den türkischen Moscheen, die stets von Friedhöfen umgeben sind; wahrscheinlich werden diese nach und nach verschwinden (einen hat man bereits in einen Park verwandelt, doch ließ man die türkischen Grabsteine darin stehen, um das Pietätsgefühl nicht zu verletzen). Von den Minarets ermahnt ein türkischer Messner täglich dreimal die Leute laut singend zum Gebete. – Der Bazar ist ein Verkaufsplatz, wo alles Mögliche im bunten Durcheinander zu bekommen ist. Wir machten zu Wagen einen Ausflug zu den Quellen der Bosna, die wie ein Fluß aus dem Berge herausströmt. Ich habe den Ursprung von 50 Flüssen gesehen, aber keinen, der an Stärke diesem gliche. – Wir waren im ersten Hotel der Stadt „Europe“ sehr gut untergebracht und bezahlten für Zimmer und Fahrgelegenheit nur 14 fl. – Da die Ankunft des Erzherzogs Albrecht erwartet wurde, waren alle Häuser mit österreichischen Fahnen beflaggt.

Nach zweitägigem Aufenthalt reisten wir auf der Bosnabahn wieder zurück, machten aber noch einen Ausflug auf der erst vor Kurzem eröffneten Zweigbahn von Doboj nach Tuzla. Der Stationschef gab uns einen Führer mit in das Hotel, wenn man es so nennen darf, wobei

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uns ein Rudel von zudringlichen Faullenzern begleitete. Ich besorgte Ungeziefer, aber dieses belästigte weniger als der nächtliche Grillengesang. – In der Nähe von Tuzla befinden sich reichhaltige Salinen und Kohlenwerke. Ich sah mit eigenen Augen am tage liegende Kohlen, die von den Arbeitern wie Schotter in die bereitstehenden Wägen geworfen wurden. – Jedenfalls hat das Land, wenn es uns bleibt, eine bessere Zukunft, und wer jung ist und Unternehmungsgeist hat, mag dort leicht und schnell sein Glück machen. Ein Kroate erzählte uns im Waggon, daß er mit der Regierung einen Vertrag auf zwölft Jahre abgeschlossen habe, kraft welchem er aus dem ärarischen Urwäldern Holz für die von ihm errichtete Sägemühle nach Belieben schlagen darf, den Kubikfuß Eichenholz um 9 kr., Fichten und föhren 5 kr. Buchen 2 kr. Die geschnittenen Blätter bringt er auf Flössen von der Bosna in die Save, resp. nach Sissek und von dort per Bahn nach Italien. Dieser Mann muß reich werden, denn er sagte, nach hundert Jahren habe er noch Holz für seine Sägemühle. 

Die Rückfahrt ging über Diakovar, wo der hochw. Herr Probst den berühmten Bischof Stroßmaier besuchte, während ich die prachtvolle Domkirche besichtigte. Von da bis Essegg hatten wir viel Hitze und Staub zu erdulden; doch von dort bestiegen wir das Dampfboot, welches uns stromaufwärts trug.

Obwohl ich während dieser Reise etwas magenleidend war, so hat mir dieselbe doch nicht geschadet; im Gegentheile, ich befand mich wohler als zu Hause.

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Nach so vielen Reisen (von den kleinen Ausflügen will ich gar nicht reden) steht mir jetzt noch die große Reise in die Ewigkeit bevor. Wenn man in jungen Jahren noch so stark war, im Alter wird man schwach. Einst hatte ich einen unverwüstlichen Magen und wenig zu essen, jetzt hätte ich genug zu essen, aber der Magen verträgt es nicht. So geht Alles vorüber.

Auf meinen Lebenslauf zurückblickend, kann ich mit gutem Gewissensagen, daß ich meine Zeit und meine Kraft treu und fleißig benützt habe. Gott, auf den ich stets vertraute, hat mich geprüft, aber nie verlassen, ja er hat mich zeitlich gesegnet. Niemand sage, daß sein Geschäft darunter leide, wenn er den vorgeschriebenen Gottesdienst besuche. Im Gegentheile. Ich ging seit dem Jahre 1839 bis jetzt – wenige Tage ausgenommen – selbst in Kogel, wo ich eine Stunde von der Kirche entfernt war, täglich in die heil. Messe, und doch war meine Ernte gesegnet und stand mein Geschäft nicht stille. Ewig wahr bleibt das Wort des Herrn: „Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, dann wird euch das Uebrige dazu gegeben werden.“

Um meinen Dank gegen Gott einigermaßen durch die That zu beweisen, ließ ich das Kirchlein zu Kogel ganz restaurieren, den Hochaltar zu Sieghartskirchen vergolden und ein gothisches Fenster im Presbyterium der Stadtpfarrkirche zu Tuln mit Glasmalereien schmücken (St. Johann der Täufer und St. Katharina – die Namenspatrone von mir und meiner seligen Frau); auch liegt es noch in meinem Wunsche, den Hochaltar in der Minoritenkirche zu Tuln zu renovieren.

Mein Vertrauen steht felsenfest, daß Gott mich auch in meiner letzten Stunde mit seiner Gnade nicht verlassen wird, damit ich in einem besseren Leben mit meiner unvergesslichen Frau wieder vereinigt werde.

Ueber die Ereignisse der Gegenwart brauche ich nichts niederzuschreiben, da sie ohnehin Allen, die dieses lesen, bekannt sind. Merket Euch die Trostesworte, wenn Euch ein Unglück trifft: „Wer weiß, wozu es gut ist“.

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Zum Schlusse kann ich es nicht unterlassen, meinen wärmsten Dank dem hochwürdigen Herrn Probst Dr. Anton Kerschbaumer dafür auszusprechen, daß er mein mangelhaftes Manuskript für den Druck bearbeitete und die vielen Lücken desselben mit seiner bekannten schriftstellerischen Gewandtheit ausfüllte. Er konnte dies zwar um so leichter thun, weil er mich, mein Leben und meine Familie durch und durch kennt; daß er es aber so liebenswürdig, opferwillig und meisterhaft that, dafür werden ihm gewiß auch Alle herzlich danken, welche dieses Buch in die Hand bekommen. Möge Gott, der Allmächtige, ihm diesen, sowie alle anderen mir erwiesenen Freundschaftsdienste reichlich vergelten für Zeit und Ewigkeit!

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Folgende weitere Quellen waren zu diesem Zeitpunkt bekannt und wurden mit der Abschrift des Buches an Herrn Gutscher übermittelt:

Quelle: Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt 

VII. Band, St. Pölten 1903 

Beiträge zur Geschichte der Pfarre Rappoltenkirchen:

Seite 41-70

Von Pfarrer Leopold Wiedermann

1882, 20. August, kamen die Renovierungsarbeiten in der Filialkirche zu Kogl zum Abschlusse. Dazu hatte Johann Gutscher, einstigen Besitzer der „Ertelmühle“ in Kogl, dann Bürger in Tuln, 500 fl. gespendet²⁾.

1883, 9. Mai, brach in Kogl Feuer aus, dem die Kirche, das alte Pfarrhaus, die Schule und noch fünf Häuser zum Opfer fielen. Das Innere der Kirche und die Sakristei blieben unversehrt, dagegen zersprangen die Glocken beim Falle. Im nächsten Jahre war die Kirche für 1059 fl. und das Pfarrhaus für 1032 fl. wieder hergestellt. Der schon genannte Wohlthäter Gutscher spendete um 350 fl. eine Thurmuhr, und bestritt die Kosten per 538 fl. für die zwei neuen Glocken³⁾. Die Weihe des Thurmkreuzes vollzog 1884 der Dechant Georg Litschauer von Neulengbach.

(2 u. 3  Pfarrgedenkbuch)

Quelle: Abschrift aus dem Pfarrgedenkbuch

Seite 77

„20. Aug. 1882 Renovation der Filialkirche in Kogel“ 

Seite 91

„Filialkirche zu Kogel 1884“

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Der Originaltext aus der Pfarrchronik lautet:

20 Aug (1)882 - Renovation der Filialkirche zu Kogel
"Durch den Hochherzigen Wohlthäter Herrn Johann Gutscher einstigen Besitzer der Ertelmühle in Kogl, gegenwärtig Bürger zu Tulln wurde das Innere der Kirche renoviert ..... am Tage des Hl. Rochus 1882 unter den Hochw. Hr. Pfarrer Leopold Wiedermann zu Rappoltenkirchen." Diese Worte stehen in Goldfarbe geschrieben auf einer schwarzlakirten Blechtafel, welche an der Rückwand des Kirchenchores aufgehängt ist.  (Seite 77)

Filialkirche zu Kogl - 1884
[...] Der Thurm trägt auch jetzt als neuen Schmuck eine Uhr mit drei Zifferblätter angefertigt durch den Uhrmachermeister Herrn Lehrner aus Sieghartskirchen. Die Thurmuhr ist ein Geschenk des Herrn Johann Gutscher Bürgers und Hausbesitzer zu Tulln, der als hochherziger Wohlthäter dieses Gotteshauses schon mehrmals in diesem Gedenkbuche verzeichnet ist. Die Anschaffungskosten dieser Uhr betragen 350 fl. ö. W.
[...]
Glocken bei der Filialkirche zu Kogl
Im Thurme befinden sich zwei Glocken. Die größere Glocke Ton D im Gewichte von 191 Kilog. Gewicht auf den Namen des hl. Johannes des Täufers trägt die Inschrift: "Hl. Johannes bitt für uns und für den Wohlthäter dieses Gotteshauses Herrn Johann Gutscher Bürger der Stadt Tulln."
[...]
Die Kosten der Glocken samt schmideisernen Helmen (66 fl) und Weihekosten (8 fl.) betragen 538 fl. ö. W. Das alte Glockenmetall (!) pr. 300 Kilog. wurde vom Glockengießer übernohmen und zwar 100 Kilog. zu 90 fl. ö. W. Das Übrige wurde durch den obgenannten Wohlthäter Herrn Gutscher bezahlt.   (Seite 91)


Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
Die Genehmigungen zur Einsicht in die Pfarrchronik und zur Veröffentlichung des geschichtlichen Inhaltes seitens der Diözese St. Pölten liegt vor!

Abschrift und zuletzt veröffentlicht am 22.12.2023

Zur Weihnachtszeit des Jahres 2012 wurde das Buch in einer zweiten Auflage neu herausgebracht.

Vorwort zur überarbeiteten Auflage

Dieses Buch, das vor über 125 Jahren im Original gedruckt wurde, erzählt die beeindruckende Geschichte eines weitgereisten Familienmenschen und großen Unternehmers der in einer Zeit und unter Bedingungen die heute für uns kaum vorstellbar sind, Großes geschaffen hat. Noch heute wird das unternehmerische Werk von Johann Gutscher in unterschiedlichen Ausprägungen von seinen Nachkommen erfolgreich fortgeführt.

Sein Wunsch diesen Lebenslauf für seine Kinder und Bekannten niederzuschreiben war die Motivation das Buch neu aufzulegen und es damit seinen Nachfahren zugänglich zu machen. Vor allem die altdeutsche Schrift aber auch die Rechtschreibung machen es für unsere Generation schwer das Original zu lesen. In der neuen Auflage wurde der gesamte Text in moderne Schrift konvertiert und die Rechtschreibung dem aktuellen Stand angepasst um den Lesefluss durch heute unkorrekte Schreibweisen nicht zu stören. Die Satzstellung sowie Wortwahl und Grammatik wurden nicht geändert und entsprechen dem Original um den Stil und Charakter zu bewahren.

Die Wirkung dieser Erzählung entfaltet sich aber nur dann vollständig wenn man die vielen Begriffe, geographischen Bezeichnungen und historischen Umstände aus dieser Zeit versteht. Deshalb habe ich mich bemüht ein umfangreiches Glossar sowie einen Anhang mit Erklärungen zu den geschichtlichen Zusammenhängen, den geographischen Begebenheiten und einigen illustrativen Fotos zusammenzustellen. All diese Informationen sollen es ermöglichen einen kleinen Einblick in das Leben von damals zu bekommen.

Das Buch soll allen Nachfahren von Johann Gutscher und all jenen Menschen die Interesse an der Geschichte und am Leben im 19. Jahrhundert haben eine kurzweilige Freude bereiten. Es soll inspirieren und motivieren, und das Andenken an einen großen Vorfahren bewahren.


Anmerkung Marktgemeinde, Andreas Bohnec:
Die "überarbeitete Auflage 2012" befindet sich nicht im Gemeindearchiv, aber in Privatbesitz.
Die erklärenden Anmerkungen des Herausgebers, die Fotos, der Glossar (Abkürzungen und Maßeinheiten, Geldeinheiten der damaligen Zeit, Begriffe aus der damaligen Zeit), der Anhang (Städtenamen und geographische Bezeichnungen, Historische Ereignisse und Figuren, Bilder aus der damaligen Zeit) werden zu einer späteren Zeit veröffentlicht.

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